Zwei Popplet-Kraut

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        Ich schloss hinter mir die Tür und trat zu einer wartenden Lichi hinaus auf den Gang. Neben ihr stand ein Küchenmädchen, das mir hastig eine Notiz von der Köchin überreichte, ehe sie wieder den Gang hinunter wuselte.
„Wie hat er es aufgenommen?" Meine Kammerzofe nahm mir Karaffe und Glas ab, ehe wir unseren Weg in mein Zimmer fortsetzten.

Ich strich mit beiden Händen über meinen Rock. 
„Er wollte den Brief haben und lässt ausrichten, dass ihr sein Zimmer herrichten sollt. Er hofft, dass Marus zum nächsten halben Mond wieder hier schläft."

„In zwei Wochen?", Lichi nickte, doch auch ihre Lippen waren angespannt. Sie starrte auf die Karaffe runter und wäre fast in ein anderes Zimmermädchen hineingelaufen, das uns entgegenkam.

Ich nahm an, dass es etwas mit dem Datum zu tun hatte, auf das Yessi hoffte.
„Was genau ist in zwei Wochen?"

Abgelenkt antwortete sie erst, als ich die Frage wiederholte. „Yessis Geburtstag. Wir planen bereits die Feier."

Ich verzog den Mund. Erinnerungen an meinen Traum kehrten zu mir zurück. Feiern hatten für Moira immer bedeutet, dass sie bis spät in den Abend Patienten heilen durfte, die entweder im betrunkenen Zustand dachten, sie könnten vom Balkon springen oder so viel gegessen hatten, dass sie bei dem Versuch sogar einen Krater in den Boden geschlagen hätten.

Lichi sah das anders. „Du musst kommen", erklärte sie mit der Entschlossenheit eines Feldgenerals, der einen Schlachtplan entworfen hatte, „Die Leute werden es erwarten."

Ich schüttelte den Kopf und öffnete meiner Kammerzofe die Tür zu meinem Zimmer.
„Königin Liona sieht das ziemlich sicher anders. Ich würde nur für Ärger sorgen. Selbst, wenn ich mich hinter einem Busch verstecken würde."
Mit einem Plumpsen ließ ich mich auf mein Bett fallen und streckte die Arme aus. Der Traum saß mir in den Knochen wie ein kalter Luftzug.

Karaffe und Glas wurden auf meinem Tisch abgestellt. Lichi sprach mehr mit sich selbst als mit mir. Zweifel schlichen sich in ihre Worte, als sie sagte: „Oh, sie wird sich noch viel mehr ärgern, wenn Marus zu früh zurückkommt."

Ich hob den Kopf, was aus meiner Position gar nicht so leicht war. Zu früh zurückkommen? Ich hatte nicht gewusst, dass das eine Option war. Oder was Liona damit zu tun hätte. 
„Marus ist in seinem... diesem Jahr im Moor, nicht wahr? Habt ihr keine Sorge um ihn?"

Lichi schnaubte.
"Sogar ich war schon alleine draußen im Moor, um einem Freund zu helfen. Da hat sich auch niemand Sorgen gemacht." Lichi machte eine abwehrende Handbewegung, wartete jedoch kurz, als es an der Tür klopfte. Ein kleiner Junge steckte seinen Lockenkopf ins Zimmer und informierte Lichi, dass der Baumeister für das Loch im Speisesaal mehr Holz benötigte und deshalb ausgeritten war.
Lichi übersetzte für mich und fuhr nach seinem Verschwinden fort: „Marus ist Yessis Bruder. Natürlich macht sich keiner Sorgen- oder zumindest erst, wenn er Lionas Feier sprengt und ihr die Aufmerksamkeit stiehlt."

Ich hob die Augenbrauen. 
"Liona hat etwas gegen Marus?" Ich mochte ihn vielleicht jetzt schon. 

Lichi zuckte nur mit den Achseln, ein feiner rötlicher Schimmer auf den Wangen. 
"Marus hat sich laut gegen ihre Hochzeit mit Yessi ausgesprochen."

Und schon waren wir wieder bei dem Thema, das sie seit knapp einer Woche mindestens genauso verbissen mied, wie ich es ansprechen wollte.
„Warum hast du Eslaryn verlassen?"

Lichis Hände hielten abrupt in ihrer Tätigkeit inne und ich fürchtete für einen kurzen Moment, dass sie mich komplett ignorieren, oder einfach das Zimmer verlassen würde.
„Wer sagt, dass ich deine Sprache nicht hier irgendwo gelernt habe?"

Die letzte NevanamWo Geschichten leben. Entdecke jetzt