Kapitel 18

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Gold. Gold, Gold und noch mehr Gold. Ich besitze jetzt für jeden Körperteil Goldschmuck. Die Geschenke hören gefühlt nicht auf, die ich gerade im Schlafzimmer mit allen Frauen aufmache. Goldketten, Goldgürtel, Umhängeketten aus Gold, Armbänder und -reifen, Ringe, Ohrstecker! Alles! Alles, was sich eine kurdische Braut träumt zu besitzen, damit sie im schlimmsten Fall abgesichert ist, wurde mir von jeder Schwester, jedem Bruder und jeder Schwägerin der Familie gerade hübsch verpackt gegeben. Ich habe wahrscheinlich noch nie so oft Danke gesagt wie heute. Ich bin baff. Und Dijan erst. Sobald wir alleine sind, werde ich sie erst einmal über Aras ausfragen. Sie haben viele, viele Blicke und Sprüche ausgetauscht, als wir nach dem Essen noch die Süßspeisen im Wohnzimmer gegessen haben. "Und hier, damit du dir Kosmetik und Kleidung kaufst. Gib mir Bescheid, wenn du mehr brauchst." Die Mutter hält mir einen Stapel an Fünfzigeuroscheinen hin. Oh Gott. "Nein, alles gut! Das ist alles schon viel zu viel." Doch sie winkt nur ab. "Doch, das muss so sein. Wir waren uns wegen der Parfüms nicht sicher und wollten, dass du es dir selbst aussuchst. Azad meinte, du hast Asthma und bist deshalb sensibler." Aber das ist alles schon viel zu viel! "Passt schon, wirklich! Ich habe genug Parfüms. Ich kann das nicht annehmen. Das ganze Gold ist schon zu viel", flehe ich schon. Heute sind mir zu viele hohe Zahlen um mich herum.

"Doch, mein Kind. Ich bestehe darauf." Sie packt das Geld auf die Box mit der Goldkette. Oh Gott, das ist zu viel! "Kauf dir etwas Schönes." Ich weiß, dass es Tradition ist, dass die Eltern des Bräutigams eine Summe an die Braut geben, damit sie sich Sachen kauft. Es ist ein wenig unangenehm zu wissen, dass jede hier weiß, dass das Geld unter anderem auch dafür genutzt werden soll, schöne Unterwäsche zu kaufen. Ich habe aber schon genug schöne Unterwäsche. Ich denke nicht weiter daran. "Dankeschön", murmele ich beschämt. Azads Mutter lächelt sanft und fährt mir über meinen Oberarm. "Meine schöne Braut. Ich würde die Tage einen Schneider vorbeischicken, damit er dir dein Xeftan für die Vermählung schneidert. Dann kann er auch all die anderen Stoffe für dich schneidern." Ich habe so viele schöne Stoffsets von der Familie geschenkt bekommen. Wunderschöne Blautöne unter anderem. Der weiße Stoff sieht wirklich sehr vielversprechend aus. Ich schaue einmal zu meiner Mutter, welche nickt. Würden wir es zu meiner Tante schicken, könnte es vermutlich länger dauern, weil sie ja noch andere Kunden hat. Ich will sie nicht allzu sehr damit belasten. Meine Familie aus ganz Deutschland und weiteren Ländern wird anreisen. Sie werden hier nicht in die Wohnung passen, weshalb ich vorgeschlagen habe, die kommenden Feten in Azads Haus zu verlegen. Da ist genug Platz, auch wenn ich nur im Wohnzimmer war.

"Habt ihr schon einen gewissen Tag im Kopf?" Ich verneine die Frage meiner Mutter. Keine Ahnung, wann es komplett besiegelt ist. Ich bin wirklich verdammt gespannt, was Azad mir zu berichten hat mit seinen dubiosen Geschäften. Wie es den Anschein hat, ist er nicht alleine damit. Meine Mutter unterhält sich wieder mit seiner. Sie ähneln sich. Beides sind kleine, pummelige Frauen, die gerne ihre Hände beim Reden verwenden. Dadurch, dass sie Armreifen tragen, klirren sie jedes Mal. Nur ist der Unterschied, dass seine Mutter kein Kopftuch trägt, sondern ihre braunen Haare in einem ordentlichen, tief sitzenden Dutt. Die Töchter ähneln ihr, vor allem mit den fülligen dunklen Lippen. Ich bin nicht wirklich warm mit ihnen und den Schwiegertöchtern geworden, weil ich einfach zu verschlossen bin, um mit ihnen zu sprechen, sondern nur Fragen beantwortet habe, falls sie mich angesprochen haben, aber Dijan und meine Schwägerin sind wahre Weltmeisterinnen. Alle scheinen beschäftigt zu sein, nur ich sitze alleine da. Ich spiele ein wenig an meinen Nägeln herum. Diesen dunkellila Nagellack muss ich mir nachkaufen. Der ist wirklich sehr gut! "Sind das gemachte Nägel?" Ich werde bei der sanften Stimme neben mir aufmerksam. Blaue Augen schauen mich warm und zögernd zugleich an. Ich verneine es kopfschüttelnd. "Das sind meine eigenen." "Die sind echt schön. Ich schaffe es nie, sie so lang werden zu lassen. Sie brechen immer wieder ab, deshalb habe ich Gelnägel." Azads kleine Schwester hält ihre schmalen, manikürten Finger hoch. "Ich hatte eine Zeit lang auch aus dem Nichts brüchige Nägel. Oft liegt es am Eisen- und Biotinmangel. Aber je öfter du dir deine Nägel machen lässt, desto brüchiger werden sie und vor allem desto schneller altert deine Haut." Ihre Augen weiten sich.

Durch den Weg deines HerzesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt