10.2: So oft es nötig ist.

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Ein zentnerschweres Gewicht machte es sich auf Chanders Brustkorb bequem und bohrte gleichzeitig lange Haken in sein Fleisch. Das Weltall über ihm schwankte, dehnte sich aus und zog sich zusammen. Am liebsten hätte er sich zusammengekrümmt, um den Schmerz in seinem Brustkorb herum, aber der Doktor ließ ihm keinen Bewegungsfreiraum. Es blieb ihm keine Möglichkeit, außer stumm in der Luft zu hängen und innerlich zu schreien. Bevor alles schwarz werden konnte, begann sein Herz zu rasen. Etwas über ihm polterte. Er rang nach Atem, immer hektischer. Sein Geist gab das Pläneschmieden auf und bestand nur noch aus einer Abfolge von: ‚Nein bitte es muss einen Ausweg geben hör auf bitte weg aufhören BITTE! Tränen rannen ihm das Gesicht herunter, vermischten sich mit dem Schweiß hervorgerufen von dieser unsäglichen Hitze in seinem Inneren.

Hinter dem Kinderzimmerfenster flogen Sternschnuppen vorbei. Die Maschendrahtzaunbarriere gab nach. Ein Teil von ihm freute sich, auch wenn der andere Teil nicht verstand warum. Sein Herz stolperte in seiner Brust, er konnte es spüren. Spüren, wie sich eine kalte Hand darum schloss, zudrückte, Finger herumstocherten.

Jemand fauchte: „Was soll das? Das ist nicht unser Vorgehen, was Sie hier tun, ist gegen das Gesetz."

Chander starrte die Person an und erkannte Michelle erst nach ein paar Sekunden.

„Ganz ruhig, ich habe lediglich Ihre Arbeit auch noch erledigt." Brandt lächelte breit und ließ Chander wieder runter. „Sie sollten mir dankbar sein."

„Ab hier übernehmen wir. Yuri, hol Raphael."

Der Feuerteufel beugte sich zurück, streckte den Kopf in den Flur. „Rapha, schieb deinen Arsch hier runter, wir brauchen einen Heiler!", schrie er nach oben.

Erneut polterte es auf dem Dachboden. Bevor Anatol durch die Decke fiel, auf den Füßen landete und in die Runde blinzelte. „Hi", flötete er, öffnete einen Riss im Raum und warf sich auf Chander, der nur noch von Brandts Magie aufrecht gehalten wurde. „Bye."

Ein „Fuck!", ein „Verdammt noch mal!" und ein „Auf Wiedersehen, mein Junge." begleiteten ihren Abgang.

Zusammen stürzten sie in einen grauen Strudel, der sich als nicht viel angenehmer als Brandts Experiment entpuppte. Chanders Masse dehnte sich in alle Richtungen, genauso wie sein Schrei, der überall und nirgends widerhallte. Dann landete er auf dem Esstisch in seinem Unterschlupf, immer noch einen Schrei auf den Lippen, mit Herzrasen und Übelkeit. Allerdings war nicht er es, der Töne von sich gab, sondern der Reine, der sich neben ihm zusammenrollte und wiederholt den Kopf auf den Tisch knallte. Um sich nicht auf ihn zu übergeben, drehte sich Chander zur anderen Seite.

Wiesel fuhr hoch, starrte auf die Pfütze, die sich beinahe auf sie ergossen hätte, auf Chander, auf Anatol, wieder Chander.

Dann durchzuckte Schmerz seinen Brustkorb, er röchelte nach Luft und streckte die Hand in ihre Richtung aus. Sie verschwamm vor seinen Augen.

„Leute!? Oh fuck ... nein, nein, nein. Ihr dürft nicht ... Bitte. Scheiße! Thot! Weberin! Bitte, Hilfe! Fuck, kommt her!"

Der Schmerz ertrank gemeinsam mit seinem Geist in schwarzem Nichts.


Anscheinend lag ein Marathon hinter ihm, denn wirklich jeder Muskel in seinem Körper jammerte leise vor sich hin. Er öffnete die Augen und blinzelte in eine kleine Lichtkugel, die über seinem Bett schwebte.
„Was?", krächzte er. Seine Kehle war staubtrocken, das Schlucken war eine Qual. Nach einem tiefen Atemzug brachte er sich in eine sitzende Position, rieb sich übers Gesicht.

Neben ihm regte sich etwas. „Oh ... au ..." In Zeitlupe richtete sich Anatol im Sessel auf und streckte sich. Seine Mimik drückte pure Agonie aus.

„In Eleganz ist der Sessel nicht zu schlagen, aber dafür bringt er deinen Rücken um", meinte Chander heiser.

Der Tanz von Sonne und Mondحيث تعيش القصص. اكتشف الآن