10.1: So oft es nötig ist.

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Chander winkte ab. Er war ein Mann ohne Magie, in seinen Augen hielt er sich quasi immer zurück. „Werde ich. Versprochen. Wandler sind selten harte Nüsse." Er schnappte sich den Mantel, der über der Lehne des Sessels hinter seinem Schreibtisch hing. „Sie sind nicht sonderlich stur oder kämpferisch", ergänzte er prophylaktisch.


Das bewies wenige Zeit später dann auch der kleine Wandler, der ihnen mit einem zu breiten Grinsen zwar nicht die Haustür des netten Einfamilienwürfels, aber dafür die Gartentür öffnete.

„Hallo. Tut mir leid, ich hoffe, Sie warten nicht zu lange. Ich kümmere mich gerade um die Blumenbeete." Vage wedelte der gänzlich unbemerkenswerte und unschuldig wirkende Mann mit Halbglatze hinter sich und verschränkte die Finger vor seinem rundlichen Bauch. Wandler übertrieben es immer, selbst mit Normalität. „Kann ich Ihnen behilflich sein?"

Ohne ein Wort stolzierte Chander an ihm vorbei in den Garten, Anatol folgte nach kurzem Zögern und entschuldigte sich dafür doppelt.

Es war ein schöner Garten, für so ein durchschnittliches Haus. Ein Swimmingpool direkt hinter dem Metallwürfel, eingerahmt von bunten Teppichen aus Blumen und dahinter ein paar Quadratmeter Wiesenfläche, die für drei Bäume und zwei Büsche reichte.

„Mein Name ist Chander Ainsworth. Klingelt da was?" Gemächlich schlenderte er um den Pool herum, behielt seine Beute aber aus dem Augenwinkel im Blick.

Der Wandler schluckte, wankte ihm hinterher. Er war es. Er musste es einfach gewesen sein, so nervös wie das Kerlchen war.

„Hören Sie ..." Der Wandler, Achim, stockte, begann von vorne. „Ja, ich weiß, wer Sie sind. Aber ich habe mit der Sache nichts zu tun. Ich hatte damals nur Urlaub in Landra gemacht, als Sie ...", fing er an, zog die Brauen zusammen, wedelte mit einer Hand durch die Luft, „oder nicht Sie ... diesen Auftritt hingelegt haben. Ich war zufällig da und jetzt sind Sie hier und die Bullen auch und meine Familie ist da und ... ich kann das alles hier nicht gebrauchen, sonst schießt mein Puls in die Höhe und –"

„Happy, wir müssen sofort –" Chander wusste, dass das der Moment war, an dem alles den Bach runter gehen würde. Denn sowohl der Wandler als auch der Reine, der seine Lebensversicherung darstellte, wurden vom Erdboden verschluckt. Wortwörtlich.

Ein Feuergeschoss prallte an der Magie eines Rings an Chanders Mittelfinger ab. Dass der Schütze nur mit ihm spielte, wurde klar, als ihn ein Flammenring einkesselte und eine schwarze Schneise durch Blumen und Wiese fraß. Das Feuer tanzte, wurde größer, kleiner, streckte sich nach ihm aus, und spiegelte so die Ungeduld seines Herren wieder. Dahinter konnte er verschwommen Yuri und Michelle ausmachen, die sich der tosenden Wand näherten.

„Chander, sei nicht dumm und ergib dich einfach", rief Michelle zu ihm herüber.

Ein Schnauben brach sich Bahn. „Aber meine Liebe, das widerspricht sich doch."

Er umschloss ein Armband und konzentrierte sich auf den Pool. Wasser schwappte vor und zurück, türmte sich zu einer Welle auf, die in einem Bogen über ihn führte und sich auf die beiden Erzengel ergoss. Feuerteufel Yuri sah aus, als wolle er ihn bei lebendigem Leib grillen. Aber momentan kochte er nur selbst, wenn man von den Schwaden ausging, die von ihm nach oben waberten.

Das Spritzwasser löschte den Flammenring fast ganz und Dampf stieg in die Höhe, der von einem weiteren Ring unterstützt wurde. Auf dem Absatz machte Chander kehrt, einen Arm auf Mund und Nase gepresst, aktivierte einen Ring und tänzelte dadurch auf dünnen Membranen übers restliche Poolwasser. An der Poolwand gegenüber zog er sich wieder hoch, setzte den Marathon fort, sprengte das Glas aus der Terrassentür, warf sich hindurch und stolperte über einen Stuhl.

Der Tanz von Sonne und MondWo Geschichten leben. Entdecke jetzt