• fünfundfünfzig •

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Ich atmete tief ein und aus, sah Nate an. "Sex am Morgen sollten wir öfter haben", erwiderte ich und gab ihm einen Kuss. "Guten Morgen", erwiderte Nate dann. "Ich kam ja schließlich nicht dazu, etwas zu sagen", fuhr er fort, weshalb ich grinste. "Wir brauchen keine Wörter."

Ich nahm mein iPhone und sah auf die Uhr. "Verdammt, ich muss aufstehen, sonst ist Spencer angepisst", erwiderte ich und setzte mich auf.

"Ich hoffe, Finn meldet sich langsam mal bei ihm. Ich meine, ich verstehe es ja. Harvard ist sein Traum und er ist dort neu und muss sich eingewöhnen, hat Seminare wo er aufholen muss, aber man wird doch mal fünf Minuten Zeit finden, um seinen Freund anzurufen, oder?" Nate hatte sich dabei aufgesetzt.

"Also wenn ich studiere, rufe ich dich jeden Tag an. Versprochen", lächelte ich und küsste Nate. "Das will ich dir auch geraten haben. Und jetzt los, geh duschen. Ich mach dir schon mal Frühstück." "Kommst du nicht mit?" "Nein. Dann kommst du viel zu spät bei Spencer an."

Seufzend nickte ich, stand auf und lief elegant in das Badezimmer. Oh ja, ich hatte es drauf. Eindeutig.

Ich duschte und putzte Zähne, trocknete mich danach ab und zog mich an. Immerhin musste ich Spencer aufmuntern.

Außerdem sollte ich mal bei Liam nachhaken, warum Finn sich nicht mehr bei Spencer meldete.

Mein armes Bunny!

In der Küche stellte Nate gerade den Teller mit den Toastscheiben auf die Kücheninsel. "Ich wollte sie dir gerade mit Salami belegen", lächelte er. Dazu dieser Oberkörper- einfach göttlich!

"Damit sie schön fertig wird", lächelte ich. "Genau." Nate gab mir einen Kuss. "Setzen Sie sich, Mr Clare." "Ich muss mich beeilen, wenn ich pünktlich sein will."

Ich inhalierte meine Toasts, trank meinen Kaffee aus und zog mich anschließend fertig an. "Okay, ich bin am späten Nachmittag zurück, okay? Bis dahin bist du brav."

Nate zog mich an sich. "Ich werde Peter schon mal beim packen helfen. Die drei wollten schließlich Umzugskartons besorgen. Kaum zu glauben, dass sie dieses riesige Anwesen gekauft haben." "Ist gut für uns. Und außerdem ist er nicht weit weg. Bis später."

***

"Du siehst sehr unmotiviert aus", erwiderte ich, nach dem wir schon zwanzig Minuten unterwegs waren. Wahrscheinlich war das Wandern keine gute Idee gewesen, denn immer wieder sah Spencer auf sein iPhone.

"Lass uns Pause machen", erwiderte ich und setzte den Rucksack ab. Spencer setzte sich ohne ein weiteres Wort an den kleinen Bachlauf und starrte darauf. Also holte ich ein paar Sandwiches aus meinem Rucksack, welche Nate noch für uns gezaubert hatte. Kochen konnte er nicht, aber dafür Sandwiches belegen!

"Hier." Ich reichte Spencer eine Hälfte und setzte mich. "Danke", murmelte er. "Gern. Nate hat extra mehr gemacht", erwiderte ich und entlockte ihm ein kleines Lächeln. "Weil du so viel isst." "Bei seinen Sandwiches kann man einfach nicht widerstehen. Mum will ihm das Kochen beibringen." Ich lachte kurz. "Er schafft es ja nicht mal, Nudeln zu kochen", fügte ich hinzu. Aber es war süß, wie er sich bemühte.

Wieder holte Spencer sein iPhone heraus. Und seinem Blick nach zu urteilen, hatte er immer noch keine Nachricht von Finn bekommen. "Hey, Kopf hoch. Er ruft bestimmt bald an. Es muss ziemlich aufregend für ihn sein, dass das alles so schnell ging und er seinem Traumjob nun ein ganzes Stück näher ist." Ich legte einen Arm um seine Schulter. "Aber eine Nachricht, dass es ihm gut geht, ist doch nicht zu viel verlangt, oder?" Spencer sah mich an.

"Die kommt bestimmt noch. Schau mal, wenn wir erst mal in Yale sind, beginnt für uns auch ein völlig neuer Lebensabschnitt." "Aber du würdest Nate anrufen", murmelte er und aß das Sandwich. "Wir machen uns heute erst mal einen schönen Tag!"

Als wir fertig gegessen hatten, wanderten wir weiter. Ich wollte ihn ablenken, doch ich wusste auch, dass es nicht wirklich funktionierte.

An dem Bachlauf sprang ich auf die einzelnen Steine. "Weißt du, was komisch ist?", fragte ich ihn. "Nein, was denn?", stellte er die Gegenfrage. "Ich hätte niemals gedacht, dass ich mich einmal festlege und so. Also zumindest nicht so schnell. Aber irgendwie glaube ich, dass Nate der Eine ist. Weißt du?" "Ja, das verstehe ich. Ich bin froh, dass du ihn hast. Er tut dir gut."

"Willst du mein Trauzeuge werden? Also die Hochzeit ist wahrscheinlich erst in ein paar Jahren, mal schauen. Vielleicht auch nächstes Jahr, kommt auf meine Noten drauf an. Ich muss mich auf die Schule konzentrieren, bevor ich planen kann. Und wir bekommen das Haus von Peter geschenkt. Da muss auch einiges verändert werden", redete ich drauf los.

Spencer nickte. "Aber ja, ich wäre gern dein Trauzeuge", lächelte Spencer. "Wenn du dir sicher bist. Du hast ja immerhin noch zwei Brüder", fügte er hinzu.

"Ja, klar. Ich verstehe mich zwar mit denen, aber sie sind mir immer noch fremd. Und Patrick sehe ich ja nicht oft, obwohl er jetzt entlassen werden will. Er möchte Zeit mit mir verbringen und sowas. Thomas meint, es geht bergauf mit ihm, seit sie mich quasi wiederhaben", erzählte ich. Trotzdem standen wir uns nicht nahe. "Das ist doch gut."

"Ich dachte, es soll heute nicht regnen", meinte Spencer, weshalb ich ihn ansah. "Soll es auch nicht." Ich sah zum Himmel. "Aber ich habe einen Regentropfen abbekommen", erwiderte er. "Ach Quatsch. Du spinnst", meinte ich und wir liefen weiter.

Es war kein Vogel zu hören, kein einziges Tier. Man hörte nur den Wind in den Bäumen rauschen. Es war unheimlich und doch wunderschön.

"Wo laufen wir eigentlich hin?", fragte er mich, womit diese herrliche Stille nun vorbei war. "Zu einem meiner Lieblingsplätze. Dad und ich sind hier oft her gewandert, wenn er zu Hause war und ich wieder Alpträume hatte. Es hat mir immer geholfen und waren erst spät abends zurück."

Und plötzlich spürte ich selbst einen Regentropfen auf meiner Stirn.

"Milo, ich glaube-" "Ja, ich habe auch einen Tropfen abbekommen", unterbrach ich ihn. In der Ferne hörten wir ein Grollen. "Wollen wir umdrehen?", fragte ich, lief jedoch weiter. "Was sagt denn die Wetter-App?", stellte Spencer die Gegenfrage und holte sein iPhone aus der Jackentasche, um die Wetter-App zu öffnen. "Hm, es soll gleich regnen", meinte er dann und blieb stehen, sah mich an. "Na ja, tut es ja schon." Ich lachte kurz, als die Regentropen stärker wurden. "Komm, weiter. Das geht bestimmt gleich wieder vorbei." Spencer nickte und lief nun wieder neben mir her.

"Wann sind wir da?" "Du nervst", lachte ich. Heute hatte ich wirklich gute Laune. Lag bestimmt am Sex heute morgen. "Aber rein theoretisch in ein paar Minuten", antwortete ich.

Nach einigen Minuten waren wir an meinem wunderschönen Ort angekommen. Eine Wasserfallquelle, abgegrenzt von großen Steinen, überall sprießten Wildblumen aus der Erde. "Wow", erwiderte Spencer neben mir. "Das Beste ist, dass hinter dem Wasserfall eine Höhle ist. Hier kommt nie jemand her- zumindest nicht, wenn Dad und ich hier waren. Dieses Fleckchen Erde sieht so unberührt aus, ich weiß nicht mal, ob jemand davon weiß." Sanft lächelte ich ihn an. Vielleicht war es doch eine gute Idee gewesen, hier her zu kommen.

Dann ertönte ein lauter Donner. "Oh je", murmelte ich dann. Das war echt nicht geplant für heute! "Ich wollte doch Sandwiches mit dir essen. Und schnattern. So über heiße Jungs und sowas. Wir haben uns drei Wochen nicht gesehen", schmollte ich.

"Wenn nicht, laufen wir zurück und ich kann ja bei dir übernachten", schlug er vor. "Ja! Das ist eine gute Idee! Nein, eine großartige Idee!", rief ich begeistert. Diese Idee hätte doch von mir kommen müssen! Warum hatte ich nicht daran gedacht?! "Aber erst brauche ich ein Sandwich, sonst schaffe ich den Rückweg nicht", seufzte ich dann geschwächt.

Ich setzte seinen Rucksack ab und diesmal bekam auch ich mehrere Tropfen ab. "Beeile dich lieber." "Jaja, wir können dann schön heiß zusammen duschen gehen." Spencer verdrehte meine Augen. Was hatte er denn nur immer dagegen?!

Als ich mir ein extra großes Salami-Sandwich genommen hatte, drehten wir um und liefen etwas zügiger zurück. Wir würden bestimmt eine Stunde brauchen, trotz unseres schnellen Laufschrittes.

Der Regen wurde mittlerweile immer doller, der Donner immer lauter. Wir waren nass. Klitschnass. Gott sei Dank hatte ich mein Sandwich inhaliert!

"Hier müssen wir aufpassen!" Wir waren an dem Bach angekommen, die Steine sahen ziemlich glitschig aus. Ich ging voran und hörte hinter mir nur noch einen nassen Platscher.

Als ich mich umdrehte, lag Spencer mit dem Kopf auf einem der Steine!

Dark Times ∣ boyxman ✔️ Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt