Kosotus-Kerne Teil 3

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Der Gesandte Tacias fluchte, als sein Pferd einige Schritte weiter galoppierte, ehe er es mühevoll zum Stehen bekam. Es warf protestierend den Kopf in den Nacken, die Mähne nur ein dunkler Schatten.

Ich stützte mich vom Boden ab, griff den Saum meiner Kutte und rannte los. Matsch spritzte aus Pfützen auf, in denen meine Schuhe versanken. Unebener Boden ließ meine Beine umknicken, doch zumindest waren die Spuren des Pferdes gut zu sehen.

Ich hechtete an ihnen entlang, bis ich das silbrige Blitzen des viel zu großen Steines zwischen Moos und Dreck fand. Er war nicht nass geworden. Kaar sei Dank.
Im Rennen griff ich ihn aus dem Dreck und stürzte dann weiter. Zurück in den Wald. Zurück. Geradeaus zwischen den Bäumen hindurch, deren Formen links und rechts von mir verschwammen. In das schattige Grün, das die Farbe meiner schmutzigen Kutte verschluckte.

Ich hörte meinen eigenen keuchenden Atem viel zu laut in meinen Ohren. Meine dünn besohlten Schuhe spürten jede Wurzel, jeden Stein unter meinen Füßen.

Hinter mir rief der Gesandte etwas Undeutliches, verschluckt von dem Lärm, den sein Pferd im Unterholz machte. Äste brachen. Dreck flog.

Ich sah nach hinten. Er war viel zu nahe. Mein Fuß blieb in einer Höhle hängen und ich fiel einen Abhang hinunter. Ellenbogen traf auf Holz. Knie ratschte durch ein winziges Gebüsch, das den Saum meines Kleides reißen ließ, ehe ich ein zweites Mal kopfüber ging. Ich umklammerte den Ring, als hinge mein Leben davon ab.

Das Schnauben des Pferdes wurde lauter. Durch den Boden spürte ich die Vibration seines Hufschlages. Ich rollte mich auf meine Füße.

In hektischen, ungeschickten Bewegungen kletterte ich über einen Baumstamm. Danach ging es bergab. Immer schneller trafen meine Füße auf den Nadelbestreuten Boden. Mein Puls hämmerte in meinen Ohren.

Unter einem tiefen Ast hindurch. Über einen niedrigen Busch. Wieder riss ein Stück aus meiner Kutte.

Ich hörte den Atem des Pferdes, drehte mich halb und-...

Er erwischte mich an der Schulter. Es war eine dumpfe Berührung, die mich in meinem Tempo Gesicht voraus zu Boden sandte.

Die Haut meiner Hände riss sich am rauen Boden auf. Ich schlitterte bäuchlings ein Stück und endete mit der Schulter an einem runden Stein. Mühsam und mit zitternden Ellenbogen stützte ich mich ab, doch noch bevor ich wieder auf den Beinen war, landete ein Paar Stiefel vor meiner Nase.

Ich ließ mich wieder auf den Boden fallen.

Nur um im nächsten Moment am Kragen gepackt und in die Luft gehoben zu werden, als würde ich nicht mehr wiegen als ein Hund. Grob stellte er mich auf meine schmerzenden Füße. Auf Augenhöhe begegnete ich brodelnden grauen Augen.
„War das notwendig?" Er brüllte nicht, doch es fühlte sich an, wie ein Schlag in den Magen, „Für ein Schmuckstück?"

Jetzt hasste er mich.
Ich schob mein Kinn vor, sagte aber nichts. Das war kein einfaches Schmuckstück und außerdem meine letzte Chance zur Flucht gewesen. Und ich hatte sie vermasselt.

Ohne den Blick von mir zu nehmen, schüttelte der Gesandte den Kopf. Dann, in einer einzigen flüssigen Bewegung, packte er mein Bein und warf mich wieder auf sein Pferd.
„Versuch das noch einmal und du läufst Gefahr in einem der Sumpflöcher zu versinken", ließ er mich wissen, als wir das zweite Mal aus dem Wald herausritten.

Mir tat jeder Muskel und jeder Knochen weh. Dreck klebte auf meinen Händen und in meinem Gesicht. Moiras entliehene Kutte hatte Risse und Löcher, die mich fast noch mehr schmerzten. Mit zaghaften Fingern fuhr ich die Nähte nach, den Blick abgewandt von der grauen Hölle, in die ich mit jedem Schritt weiter hineingezogen wurde.

Die letzte NevanamWhere stories live. Discover now