Kapitel 27.

2.3K 171 14
                                    

Ich saß an meinem Schreibtisch und starrte völlig in Gedanken versunken auf meinen Bildschirm, als plötzlich die Tür aufgeschoben wurde, ohne davor zu klopfen.

"Margaret, wie oft habe ich gesagt-", fing ich an, wurde aber sofort von einem wütenden Davis unterbrochen.

"Ich hab' keinen Bock mehr, immer hinter dir aufzuräumen, du dämlicher Vollidiot", keifte er mich an und warf die Tür hinter sich in das Schloss. Er verschränkte die Arme und musterte mich böse. "Bekomm' dein Leben endlich auf die Reihe, oder du darfst mich bald nur noch Mr. Galliant nennen und wir reden nur noch auf der Arbeit miteinander."

"Was ist denn jetzt los, man?", fragte ich ebenso gereizt und wandte meinen Blick wieder auf den Bildschirm. Wenn er Probleme mit Esther hatte, sollte er sie gefälligst nicht an mir auslassen.

"Einen Antrag, wirklich?" Meine volle Aufmerksamkeit war wieder auf Davis gerichtet und ich zog verärgert meine Augenbrauen zusammen. Eric hatte es ihm sicherlich nur erzählt, damit er meinen besten Freund auf seine Seite ziehen konnte.

"Das kann dir doch egal sein, was ich mache", schnaufte ich nur und lehnte mich in meinem Bürostuhl zurück.

"Mein Assistent, der Beste, den ich jemals hatte, hat zusätzlich zum Liebeskummer auch noch Existenzangst, weil du dich wie der letzte Penner aufführst und den Kerl, den du liebst, einfach rausschmeißen willst."

"Er wird nicht mehr hier arbeiten, Davis", blieb ich hartnäckig und versuchte eisern seine Worte auszublenden.

"Du hast ihm einen Antrag gemacht, um Eric und seine Tochter zu unterstützen, und jetzt willst du ihn arbeitslos sehen?" Ich erhob mich und wollte etwas entgegnen, aber ich blieb stumm. Langsam dämmerte mir, wie sehr ich mich als Arschloch aufführte, und ich presste die Lippen aufeinander.

"Du weißt anscheinend nicht, was es heißt, ein Ehemann zu sein." Davis schüttelte enttäuscht den Kopf, dann drehte er sich um und verließ den Raum. Ich ließ mich wieder auf meinen Schreibtischstuhl sinken und drehte mich, um aus dem Fenster sehen zu können. Die Erkenntnis traf mich wie ein Schlag, und ich fühlte mich so elend wie noch nie.

Ich musste Eric so sehr verletzt haben, mein Verhalten war so falsch und jetzt hatte ich mich auch noch hingestellt wie der größte Idiot. Davis hatte Recht, ich konnte Eric nicht rauswerfen, das würde ihm den Rest geben. Ich musste ihm versichern, dass ich überreagiert hatte, aber wenn ich jetzt zu ihm gehen würde, dann könnte ich mich ganz sicher auf etwas gefasst machen.

Frustriert raufte ich mir die Haare und starrte in den blauen Himmel. Ich fühlte mich furchtbar, also erhob ich mich und packte meine Sachen, um das Büro zu verlassen. Davis sah ich nicht mehr auf den Weg nach draußen, aber ich wollte seinen bösen Blick jetzt auch nicht unbedingt abfangen. Also schlich ich mich eher unauffällig aus dem Gebäude, rief mir ein Taxi und fuhr nach Hause.

Ich lag die ganze Nacht wach und versuchte mir eine vernünftige Entschuldigung zurecht zu legen, aber alles, was ich mir ausdachte, klang nur noch schlimmer. Mit Bauchschmerzen quälte ich mich am nächsten Morgen aus dem Bett und schleppte mich wieder in die Firma. Davis nickte mir nur knapp zu und organisierte dann weiter irgendein Projekt mit ein paar Studenten, während ich mich in mein Büro verkroch und darauf wartete, dass Eric zur Arbeit kommen würde. Ich hatte extra Margaret gebeten, mir umgehend bescheid zu geben, sobald er auftauchte, aber es blieb den ganzen Tag über ruhig. Meine Arbeit lief nur schleppend voran und ich hing die ganze Zeit mit den Gedanken an Eric.

Auch am Tag darauf erschien Eric nicht auf der Arbeit, und langsam machte sich Panik in mir breit. Ich hoffte inständig, dass ihm nichts passiert war und dass es ihm gut ging, denn Davis erzählte mir rein gar nichts. Ich starrte ständig auf das Handy und hoffte auf eine Nachricht oder einen Anruf, was völlig wegzudenken war. Eric würde mich nicht mehr anrufen, damit war ich mir sicher.

"Jason, wir brauchen dein Okay, hast du jetzt endlich die Vorstellung gelesen, die ich dir geschickt habe?" Davis stand plötzlich vor mir und ich zuckte erschrocken zusammen, denn ich hatte nicht bemerkt, wie er in mein Büro gekommen war. Ich räusperte mich und setzte mich aufrecht in meinem Bürostuhl hin.

"Entschuldige, ich hatte sie nur überflogen. Ich mach es sofort, gib mir 10 Minuten, okay?" Davis seufzte tief und drehte sich, um die Tür zu schließen, dann wandte er sich wieder zu mir und verschränkte die Arme vor der Brust.

"Du weißt, dass ich dir das gesagt habe, weil du mein bester Freund bist?" Ich nickte zur Bestätigung und ließ meinen Kopf gegen die Lehne sinken. Erschöpft schloss ich die Augen und rieb mir die Schläfe.

"Ich weiß, Davis. Und es war auch mal wieder nötig, dass du mich wieder in die Bahnen lenkst." Ich öffnete meine Augen wieder und sah ihn dankbar an. "Ich bin mir nur nicht sicher, was ich jetzt tun soll. Dieses Mal habe ich mich echt in die Scheiße geritten." Davis lachte leise auf.

"Das kannst du wohl laut sagen." Ich richtete mich wieder auf und suchte mir schnell die Mail raus, über die Davis kurz vorher gesprochen hatte.

"Geht es Eric gut?", fragte ich vorsichtig, obwohl ich nicht mit einer Antwort rechnete. Davis zuckte mit den Schultern.

"Ich habe ihm gesagt, er soll mich erst wieder anrufen, wenn es ihm gut geht. Also ich denke aktuell noch nicht."

"Sagst du es mir, wenn er dich anruft?"

"Nein. In 10 Minuten hätte ich gern dein Okay oder deine Absage." Damit wandte er sich wieder von mir ab und verschwand aus der Tür. Augenrollend machte ich mich daran, die Texte aufmerksamer zu lesen, aber ich gab nach drei Seiten auf und antworte Davis mit einem Daumen-Hoch Emoji, wofür ich einen gereizten Blick kassierte. Ich grinste leicht. Wenigstens munterte es mich immer wieder auf, wenn sich mein bester Freund darüber aufregte, wenn ich Emojis in Mails versandte.

Nach der Arbeit ging ich etwas besser gelaunt nach Hause, aber schon bald war ich wieder mit meinen Gedanken allein und sie machten mich regelrecht wahnsinnig. Ich aß nichts mehr, sondern legte mich gleich ins Bett und starrte bedrückt die Wand an. Ich wollte unbedingt mit Eric reden, aber persönlich. Wenn ich zu ihm fuhr, dann würde er entweder gar nicht erst öffnen oder mich sofort wieder rausschmeißen, das wusste ich einfach. Ich konnte auch nicht einschätzen, wie gut Emily auf mich zu sprechen war, aber ich hatte ein ganz schlechtes Gefühl.

Der dritte Tag war ebenfalls ohne ein Zeichen von Eric, und am vierten konnte ich nicht mehr. Ich rief Margaret an, dass sie meine Termine am Vormittag absagen sollte, dann rief ich mir das nächstbeste Taxi und gab ihm die Adresse von Eric durch.

Selbst wenn er nicht mit mir reden wollte, konnte ich mich wenigstens versichern, dass es ihm halbwegs gut ging.

Angekommen, drückte ich dem Taxifahrer das Geld in die Hand und sprang aus dem Auto, ohne auf das Rückgeld zu warten. Ich schlug die Tür zu und lief zur Wohnung, eilte die Treppen hoch und klopfte dann aufgeregt an die Haustür. Als keiner öffnete, klingelte ich einmal kurz, aber es gab erneut keine Reaktion. Ich klingelte noch einmal etwas länger, und erneut erschien kein Eric in der Tür, der mich anmaulte, dass ich gefälligst nicht so eine Welle machen sollte.

Frustriert lief ich wieder aus dem Gebäude und sah mich nach Erics Auto um. Als ich es nicht entdeckte, zückte ich mein Handy und schwebte kurz mit meinem Finger über Jims Telefonnummer. Ich wusste nicht, ob er ebenfalls sauer auf mich war, nach dem, was ich Eric alles an den Kopf geworfen hatte. Aber es war mir wichtig, mit ihm zu reden, also atmete ich kurz durch und drückte dann auf den grünen Knopf.

"Hi Jason", ging Jim relativ fröhlich ans Telefon, und mir fiel ein kleiner Stein vom Herzen. "Was gibt's, alles okay?"

"Hallo Jim, ja, also nein, nicht okay. Ist Eric bei dir?" Jim gab einen enttäuschten Laut von sich.

"Ich dachte, du rufst mich an, weil du mit mir reden willst, aber es dreht sich wieder alles nur um Eric." Jim lachte leise. "Nein, Eric ist nicht hier, und ich kann dir auch echt nicht sagen, wo er ist, ich dachte, er ist noch Zuhause."

"Okay", sagte ich resigniert und ließ mich langsam auf die Steine vor der Eingangstür des Wohnhauses sinken. "Tut mir leid, wenn ich dich gestört habe."

"Quatsch, du störst nicht. Mira kommt erst nächste Woche wieder aus dem Krankenhaus zurück und mir fällt hier fast die Decke auf den Kopf. Ich darf sie nicht so oft besuchen, sonst kriegt sie noch die Krise mit mir." Ich konnte Jim deutlich schmunzeln hören und auch meine Gesichtszüge wurden weicher. Es war schön, einfach mal wieder etwas anderes zu hören als die eigenen Gedanken.

Kissable Daddy (ManxMan)Where stories live. Discover now