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Der nächste Tag

Die Mission mit Simon war einwandfrei abgelaufen. Simon hatte sich das eine oder andere Mal komisch verhalten, nur war das nicht mein Problem. Ich hatte mir ein paar Informationen über Negans Mission angeeignet, stand nun draußen und wartete auf seinem Aussichtspunkt, von dem man alles gut überblicken konnte, auf ihn. Nach ein paar Stunden, die in der milden Sonne und dem auffrischenden Wind sehr angenehm gewesen waren, sah man ihre Trucks am Horizont. Mit jedem Meter, den sie näher kamen, bildete sich wieder dieses beschissene Gefühl in mir. Es war an der Zeit. Die Patriots waren längst in unserem Gebiet und hatten den Treffpunkt sicher schon längst umstellt. Jetzt fehlte nur noch ich.
Ich hatte mir von einem Freund noch eine Waffe extra geholten und versteckte sie hinten in meinem Rücken.

Die Trucks hielten und sie alle kümmerten sich um das Verladen der neuen Vorräte. Sie hatten wirklich einen großen Fang gemacht. "Und? Wie viele Leute musstest du umlegen damit sie dir gaben, was du wolltest?", rief ich grinsend zu ihm runter. Sein unvergleichliches Lächeln fand seinen Weg zu mir und ehe ich mich versah, stand er schon oben bei mir. Negan stellte Lucille beiseite und drängte mich an den Rand des Geländers, wie er es früher getan hatte, als wir von hieraus Daryl beobachtet hatten. "Was machen wir denn hier oben?", raunte er und stützte seine Arme jeweils neben mir ab. "Ich muss doch aufpassen, dass in der Abwesenheit unseres Anführers nicht passiert." "Sag das nochmal." "Ich muss aufpassen, dass in Abwesenheit meines Anführers nichts passiert.", schmunzelte ich flüsternd. "Schon besser. Braves Mädchen." Bei seinem Blick auf meinen Lippen konnte er es sich nicht verkneifen und biss sich auf seine Unterlippe. "Hast du ein Glück, dass ich mich noch um etwas kümmern muss, Liebes.", sprach er verführerisch, griff mich am Gürtel meiner Hose und zog mich ruckartig gegen sich. Sein Geruch raubte mir den Verstand. "Küss mich.", hauchte ich fast überhörbar. Er löste seine Hand an meinem Gürtel, legte sie an mein Gesicht und strich mir mit dem Daumen über die Lippen. "Bitte." Mein Betteln löste irgendetwas in ihm aus. Er hatte mich noch nie in der Öffentlichkeit geküsst. Aber ich sah, wie er es auch wollte. "Du gehörst mir.", raunte er, bevor sich unsere Lippen berührten. Unsere Küsse tanzten zusammen einen gefährlichen Tanz. Seine Hand wanderte über meinen Hals nach hinten in meine offenen Haare. Ich ließ mich komplett fallen, in dem Gedanken, dass das unser letzter Kuss sein könnte, und legte meine Arme über seine Schultern um ihm noch näher zu sein.
Sie alle konnten uns sehen. Sicher schauten schon viele und konnten sich die Kommentare untereinander nicht verkneifen, doch uns war das egal. Erst dieser "Negan, wir sind f-" abgebrochene Satz von Simon brachte uns aus unserer Zweisamkeit. Verflucht schlechtes Timing, wie immer. Du Wichser.
Negan löste sich unter einem genüsslichen, leisen Schnaufen von mir und schenkte ihm einen der tödlichsten Blicke, die ich je an ihm gesehen hatte. Das Grinsen konnte ich mir nicht verkneifen. Simon hob unschuldig die Hände und zog sich zurück. "Merk dir, wo wir stehengeblieben sind.", flüsterte er, gab mir einen sanften Kuss auf die Wange und ließ mich hier oben allein. Ich sah ihm noch hinterher, bis er aus meinem Sichtfeld verschwand. Dann ballte ich meine Fäuste und schlug mit aller Kraft auf das Geländer.

Negans Sicht
Ein paar Stunden später

"Negan!!", hallte ihre Stimme durch den langen Flur. Ich warf meinen Blick über die Schulter und sah, wie sie in schnellen Schritten zu uns gelaufen kam. "Was ist?", fragte Simon leicht besorgt, doch mein Mädchen würdigte ihn keines Blickes. Sie gehörte nur mir.
"Die Männer haben etwas im Wald gefunden. Das solltet ihr euch ansehen." Ihre schwarzen Locken fielen über ihre Schultern. Das enge Oberteil, das sie trug, stand ihr so gut. Ihre hellen, leuchtenden Augen funkelten besorgt und energisch zugleich, doch man erkannte genau wie sich ihre Pupillen weiteten, als wir uns direkt ansahen. Ich würde niemals zugeben, wie schön ich sie fand. Aber sie ist eins der schönsten Geschöpfe, die ich je gesehen habe.
Mit einer stumpfen Handbewegung signalisierte ich Simon ihr zu folgen und zu dritt liefen wir nach draußen. Athena lief voran zu einem Auto und setzte sich ans Steuer. Verwundert grinsend setzte ich mich auf den Beifahrersitz und Simon quetschte sich nach hinten. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, fuhr sie auch schon los. Ihr Blick fiel die ganze Zeit in den Rückspiegel, sie sah jedoch nicht zu Simon sondern auf die Straße. "Ist alles in Ordnung, Liebes?" "Ja.", lächelte sie kurz zu mir rüber und sah wieder in den Spiegel. Lachend schüttelte ich den Kopf und ließ meine Hand auf ihrem Oberschenkel nieder. "Was haben die Jungs eigentlich gefunden?", harkte ich nach. Athena schien angespannt zu sein. "Das solltest du dir lieber selbst ansehen. Glaub mir."
Nach einigen Meilen hielt sie mitten im Nirgendwo an. "Wir sollten still sein und die Schusswaffen lieber hierlassen. Hier wimmelt es nur so von Beißern." Wir stiegen aus und folgten Athena in den dichten Wald. Komischerweise war das Gras hier überall niedergetreten. Skeptisch nahm ich Lucille von der Schulter und musterte Simon, der das auch gerade bemerkte. Mein Blick wendete sich wieder Athena zu. Die Hüfte langsam von rechts nach links bewegend, zeichnete sich auf ihrem Rücken ein Umriss oberhalb ihrer Hose ab. "Wo sind unsere Männer, Athena?" Sie lief weiter ohne sich umzudrehen. "Sie sind hier. Ganz in der Nähe." Auf einmal hörte man zerstreute Schritte hinter uns. Simon und ich drehten uns hastig um und sahen in vier Gesichter und vier auf uns gerichtete Waffen. "Keine Bewegung!", spuckte mir einer dieser Männer ins Gesicht. Der Griff um meine Lucille verfestigte sich und ich wollte gerade ausholen, als sich der Lauf einer Pistole direkt an meinen Hinterkopf legte. "Nimm sie runter.", kam ihre Stimme düster und emotionslos hinter mir hervor. Ich konnte es nicht glauben. Ein hassvolles Grinsen machte sich in meinem Gesicht breit. "So ist das also." "Du warst längste Zeit ein Tyrann. Du stehst ab jetzt unter der Kontrolle der Patriots.", zischte der Typ mir psychopathisch entgegen, "Wir werden dich töten." Ich leckte mir über die Lippen und verdrehte die Augen. "Da musst du dich hinten anstellen, Wichser." Ich festigte wieder meinen Griff, als sich der Druck an meinem Hinterkopf plötzlich löste. "Nein. Ihr seid die, die untergehen." Athenas Pfeifen durchfuhr das angespannte Umfeld und auf einmal pfiff der ganze Wald mit ihr. Es war mein Pfeifen. Das Zeichen der Saviors. Die vier Männer dieser beschissenen Patriots zuckten zusammen und sahen sich um. All meine Männer, oder zumindest ein großer Teil von ihnen, kam von allen Seiten aus dem Wald hervor. "Das Spiel ist vorbei.", grinste ich den Wichser an, bei dem ich mir sicher war, dass ich ihn schonmal gesehen haben musste. Ein Schuss. Noch ein Schuss. Ich drehte mich hastig zu Athena um. Meine Männer ergriffen die 'Patriots'. Die Zeit blieb stehen. Für einen kurzen Moment sahen wir uns wie in Zeitlupe in die Augen. Sie war unversehrt. Gott sein Dank. Doch dann holte mich die Realität ein. Mein Blick verfinsterte sich. Der Moment war verstrichen. Hasserfüllt schlug ich ihr mit einem sauberen Schlag die Waffe aus der Hand und musste mich zusammenreißen, sie nicht auf der Stelle zu töten. "Sie auch." Meine Männer griffen sie brutal an den Armen und ein Dritter schlug ihr auf den Hinterkopf, bevor sie sagen konnte, was sie wollte.

Sie hat mich verraten.

Butterflies From Hell || TWD NeganWhere stories live. Discover now