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Wir kamen wieder am Sanctuary an. Die Tag neigte sich dem Ende zu und die Männer stiegen mit siegreichem Grinsen aus den Trucks aus. Sie alle waren glücklich, grinsten gehässig und machten Witze über Rick, Daryl und seine Leute. Nur Negan war ungewöhnlich still. Er lief die Treppen hoch, blieb nochmal stehen und drehte sich zu mir um. Sein Blick sagte alles. Um ihn nicht noch launischer zu machen, folgte ich ihm. Natürlich ging er strikt, ohne ein Wort zu sagen, auf sein Zimmer.

Er würde murrend die Tür aufmachen, seine Lucille abstellen, sich ein oder gleich zwei Gläser Scotch eingießen, mich fragen, ob ich auch eins wollte, auf mein Nein hin noch mürrischer werden und die Gläser direkt trinken. Anschließend würde er sich zu mir umdrehen und mich erwartungsvoll anschauen.

Er seufzte tief, öffnete seine Tür mit Schwung und trat ein. Ich folgte ihm und schloss die Tür. Der Weg direkt zum Scotch. Lederjacke und Schläger auf die Couch. Ich lachte innerlich. "Auch eins?" "Nein, danke." "Mh." Glas eins und zwei verschwanden und er drehte sich zu mir um. An den Schrank gelehnt, beobachtete er, wie ich über das verstaubte Regal mit seinen Büchern fasste. "Willst du reden? Ist alles in Ordnung? Oder warum bin ich hier?", sprach ich genauso kalt wie vorhin zu ihm. "Du hast dich da draußen heute gut geschlagen." "Trotzdem bist du nicht zufrieden. Wieso?" "Rick ist immer noch da draußen." "Aber er ist geschwächt. Du hast ihn besiegt, ihm sein Zuhause und genommen und ihm gezeigt, wer die Macht hat. Du solltest dich freuen. Nein, du kannst dich freuen. Du hast Daryl." "Und genau deswegen wird er irgendwann wieder angeschlichen kommen." "Das glaube ich nicht. Er wird denken, dass du ihn getötet hast, nachdem er uns hier eingesperrt hatte. Er hätte zumindest jeden Grund das zu denken.", lachte ich und schaute im Augenwinkel zu ihm rüber. Sein Lachen konnte er sich nicht verkneifen. "Ist noch was? Sonst würde ich jetzt gehen." Auf einmal stand er direkt neben mir. "Eins wäre da noch." Seine Hände legten sich an meine Taille und zogen mich näher zu sich. "Lass wir das Berufliche erstmal beiseite.", raunte er an mein Ohr, strich mir die Haare von der Schulter und küsste meinen Hals. "Stopp.", flüsterte ich ohne großen Ausdruck dahinter. Nein. Ich konnte das nicht zulassen. Er war ein Arschloch. "Stopp!", ich drückte ihn etwas kraftvoller von mir weg. "Komm schon. Ich weiß ganz genau, dass du mich vermisst hast. Du bist nur sauer wegen Sherry. Das gefällt mir.", grinste er und kam mir wieder näher. Seine Hände fassten mich viel kräftiger und seine tiefe Stimme raubte mir fast das Gleichgewicht. "Negan!", ich schubste ihn wieder weg, "Fass mich nicht an! Ich bin keine deiner Frauen!" "Okay, Liebes, du weißt ich steh auf Herausforderungen.", grinste er wieder und dachte er hätte mich. Nicht mit mir. Nicht mehr. "Es kann keine Herausforderung geben, wenn ich kein Spiel spiele." Er griff mein Kinn und fuhr mit seinem Daumen über meine Lippen. "Ich muss dich enttäuschen, aber das Spiel hast du längst verloren." "Nein, ich muss dich enttäuschen, denn das war sicherlich kein Spiel.", zischte ich und entriss ihm mein Gesicht. "Und warum hast du es dann zugelassen, mh?", konterte er ernst und verführerisch gleichzeitig. "Es war einfach eine Zeit her, das ich ein Arschloch hatte. Ich wusste nicht mehr, wie es sich anfühlte. Jetzt schon, und das war es nicht wert." Abwertend und gereizt schaute ich in seine Augen, die sich direkt in meine Seele brannten. "Ach ja? Das hat sich aber anders angehört." Ich konnte seinem Blick nicht mehr standhalten und ging auf direktem Weg zur Tür. "Wag es dir mir jetzt den Rücken zuzudrehen! Ich glaube nicht, das ich dir erlaubt hatte zu gehen!", schrie er mir energisch hinterher. Ich drehte den Spieß einfach um. Lächeln wendete ich mich ihm wieder zu. "Kann ich irgendetwas für dich tun? Allmächtiger Negan." "Du kannst gehen.", lachte er gehässig, "Aber schick Sherry bitte noch zu mir."
Meine Fingernägel krallten sich in meine Handballen. Wie konnte ein Mann nur so ein dermaßendes Arschloch sein?
"Warte, wenn wir gerade bei Sherry sind", fing er wieder an und kam zu mir, "Was hat sie dir erzählt? In der Nacht? Du weißt, es deine Aufgabe mir alles zu erzählen, was du hörst." Ich atmete tief durch. "Nichts besonderes." "WAS hat sie dir erzählt?" Gekonnt wich ich seinen Blicken aus und überlegte, als es mir auffiel. Ich lachte und machte einen Schritt auf ihn zu. "Du hast Angst.", lachte ich fassungslos und zeigte auf ihn, "Du hast Angst." "Was zum Teufel redest du da? Wieso sollte ich vor einer FRAU Angst haben?" "Weil FRAUEN Geheimnisse teilen. Du hast Angst. Du hast Angst, dass sie mir erzählt haben könnte, das du den falschen Namen gestöhnt hast." Er griff meine auf ihn zeigende Hand am Handgelenk und versuchte mich zu stoppen. Erfolglos. Er wusste nicht, was er sagen sollte. "Du hast dir vorgestellt, wie ich da liege, nicht wahr?", ich kam ihm näher, so nah, dass er mich auch genau verstand, "Du wolltest, dass ich da liege. Unter dir. Nackt. Dass ich deinen Name stöhne. Dass ich mich ins Bettlaken kralle und dir in die Augen schaue. Dass ich für dich komme. Aber ich war es nicht.", den letztem Satz betonte ich besonders. Seine Atmung ging schneller. Ich weiß nicht, ob er wütend war oder ob er mich jetzt greifen und aufs Bett schmeißen würde. Ich wusste nur, dass ich ihn gerade geschlagen hatte.
Doch dann griff er mich am Hals und drückte seine Lippen auf meine. Es war kein romantischer, leidenschaftlicher Kuss. Nein. Es war ein Kuss voll mit Energie, Wut und Hass. Ein Kuss, der ihn perfekt definierte. Ein Kuss, der dennoch süchtig machte. Ich löste mich von ihm und sah ihn einfach an. Es war alles gesagt. Keiner von uns beiden würde sich für irgendetwas entschuldigen. Also ergriff ich die Initiative, ließ ihn einfach stehen und ging.

Ich stand aus meinem Bett auf, nahm mir meine Waffe und lief durchs Sanctuary. Ich sagte nichts, ich lief bloß. Meine Träume hatten mich wach gehalten. Ich konnte nicht schlafen, wenn sie noch lebten. Sie mussten sterben. Wie programmiert lief ich nach unten zu den Zellen. Tod. Tod. Sie verdienten den Tod. Ich lief an den Wachen vorbei, schaute sie an. Sie sagten auch nichts. Ich lud meine Waffe, öffnete die erste Zelle und erschoss den Ersten. Blieben noch drei. Ich öffnete die zweite Zelle und erschoss den Nächsten. Und den Nächsten. Und den Nächsten. Es war befreiend. Und lächelnd lief ich zurück auf mein Zimmer.

Butterflies From Hell || TWD NeganWhere stories live. Discover now