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Ich war noch etwas geknickt von den acht Tagen Schlaf und musste erstmal wieder zu Kräften kommen. Negan musste sich um einige Dinge kümmern und ließ mich, auf meinen Wunsch hin, allein. Die Jungs, die mir das angetan hatten, würden schon nicht weglaufen. Außerdem dachten sie, ich schliefe noch. Es tat mir nur ein bisschen leid, dass ich Dwight jetzt loswerden musste. Er stand meinen Vorhaben im Weg. Hätte er es nur nicht bemerkt und wäre leise geblieben. Negan durfte unter keinen Umständen an mir zweifeln.

Alles für die Mission.

Alles für die Mission. Ich lachte. Die Mission, auf die ich fast ohne irgendeine Information geschickt wurde, zu einem Mann, mit dem ich vorher aus irgendeinem Grund Kontakt aufnehmen sollte und nur das Ziel verfolgen sollte, sein Vertrauen zu bekommen und ihn auf Aufforderung meiner Gemeinschaft auszuliefern, die mich auch nur in einem golden Käfig festhielt und mich und meine Fähigkeiten ausnutzte, wenn diese von Vorteil waren.
Ehrlich gesagt fühlte ich mich im Sanctuary langsam viel wohler als bei den Patriots. Bis auf diesen Vorfall. Das hier könnte mein neues Zuhause werden. Negan war ein starker Anführer. Ja, seine Praktiken im Umgang mit neuen Gemeinschaften war fragwürdig. Aber er beschützte seine Leute und zollte ihnen auch ab und an Respekt.
Wenn er wüsste, was meine eigentliche Funktion war, würde er mich erschlagen. Ohne mit der Wimper zu zucken, wie er es so schön sagte. Mein Blick fiel auf meine Waffe, die auf dem Fensterbrett lag. Ich richtete mich aus seinem Bett auf und lief rüber. Ich war so glücklich keine Beißer mehr zu sehen, wenn ich rausschaute. Sie hatten es in der Zeit geschafft, die Beißer zu vertreiben und abzuschütteln. Es hatte auch lang genug gedauert. Unser nächstes Ziel war Rick. Nachdem wir die Wichser beseitigt hatten, die mich verprügelt hatten.

Draußen wurde es dunkel. Die Bäume verloren ihre Blätter durch den starken Wind und der Himmel bedeckte sich mit dichten Wolken. Der Sommer hatte das Land verlassen. Ich liebte die kalten Jahreszeiten. Zumindest damals. Sie ließen die Welt ganz anders wirken. Heute war der Winter eines der schlimmsten Dinge. Die Vorräte wurden knapp, starke Stürme zerstörten noch mehr Gebäude und die lange Nacht verhüllte die Beißer fast perfekt.
Ich stand immer noch am Fenster und sah mir alles an. Draußen liefen noch einige Männer rum und kümmerten sich um die Errichtung einer neuen Barrikade. Negan war auch bei ihnen. Vor ein paar Minuten war er das zumindest noch gewesen. Bei seinem Namen kam mir wieder die Melodie in den Kopf, die ich mal für ihn gesungen hatte. Dieses Lied. Ich fing wieder an es zu summen, schloss die Augen, erinnerte mich an früher und bewegte mich ein bisschen hin und her. Nach einer Weile fügte ich der Melodie ihren Text hinzu. Es dauerte nicht lange bis ich mich in dem Song meiner Mutter verlor. Es war nicht besonderes, aber ich liebte es. Mit geschlossenen Augen stand ich also am Fenster, tanzte ein bisschen und sang. Das war alles, was mir geblieben war.

Das Lied ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Immer und immer wieder sang ich es von vorne und steckte mein gesamtes Gefühl hinein. Auf einmal griffen mich zwei Hände von hinten und wirbelten mich vorsichtig herum. "Sicher, dass du keine Sängerin warst?", lachte Negan mich an. Ich verstummte sofort und lief mehr als nur rot an. "Ich sagte doch, du wirst noch für mich singen." "Das zählt nicht. Ich wusste nicht das du da warst.", lächelte ich ihm schnippisch entgegen und löste seine Finger von mir. "Nein, Nein, Nein. Hier geblieben!" Er zog mich achtsam zu sich und lief mit mir zu dem CD-Player. "Was machst du?" "Wonach sieht das denn aus?" Er lehnte sich mit dem Oberkörper etwas nach hinten und schaltete den CD-Player an. Dabei stieg mir ein nicht gerade angenehmer Geruch in die Nase. Blut. Sein Shirt war wieder voller Blut. Zum Glück war es nicht seins. Ich verdrehte lachend die Augen und konzentrierte mich auf die Musik, die den Raum erfüllte. "Mir hat jemand gesteckt wie sehr du es liebst zu tanzen.", grinste er, legte seine Händen an meine Taille und fing an sich zu bewegen. "Ach ja. Und wer?", schmunzelte ich und legte meine Arme etwas widerwillig über seine Schultern. "Sie hat schwarzes Haar, ist sehr temperamentvoll und summt morgens für dich, wenn du den Abend zuvor nett zu ihr warst." Ich musste so sehr lachen, dass es wehtat. "Muss ich sie kennen?" "Ja! Sie ist wunderschön.", er suchte meinen Blick, ich schaute aber verlegen zur Seite. "Hör auf.", flüsterte ich und wollte meine Arme schon fast von ihm wegnehmen. "Womit?" "Das weißt du. Du bist so nett. Und ich bin deine rechte Hand." Aus einem mir unerklärlichen Grund lachte er. Er lachte. Während ich hier mit ihm etwas verklemmt tanzte. "Ich glaube, es ist nichts Falsches daran, wenn ich mit meiner rechten Hand tanze und auf sie aufpasse. Außerdem hat eine weise Frau mir mal gesagt, ich bin verdammt nochmal Negan, ich kann machen, was ich will." Dieses Grinsen. Dieses verdammte Grinsen, wenn er mich zitierte. "Du bist bescheuert.", lachte ich und ließ mich vollkommen für ihn fallen und tanzte mit ihm.

Butterflies From Hell || TWD NeganWhere stories live. Discover now