KAPITEL 23| Sky

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Skyler 'Sky' Baker
An der Front, Staunton
30. Januar

Nervös knetete ich meine Finger. Doch ich blieb noch immer im Wohnzimmer. Starrte mit verkrampften Händen das Bild in meinen Fingern an. 
Ich war mir nicht so sicher, weshalb ich jetzt so nervös war. Doch vielleicht war ich nervös für Gabe. Denn er hatte mir gesagt, dass er sie das letzte Mal als kleines Mädchen gesehen hatte. Eines der Dinge die er bereute. Eines der vielen Dinge die er bereute. 
"Sky?" Riss mich Miranda aus meinen Gedanken und ich erstarrte. Ich wusste nicht, ob ich nicht einfach die Flucht ergreifen sollte. 
Dieses ständige hin und her nervte mich. Mein Gejammer und dieses konstante Gefühl der Hilflosigkeit waren nervenaufreibend. Was genau tat ich hier? Ich würde Gabe vermutlich nie wieder sehen. Warum also war ich nervös wenn ich seine Familie traf? Warum traf ich sie überhaupt? 
"Komm schon. Wir beißen nicht." Scherzte Miranda und lachte leise. "Naja Alexander vielleicht schon." Diesmal grinste ich leicht und ließ mich von ihr in das Esszimmer führen. Mein Blick fiel sofort auf Alexander, der auf der anderen Seite des Tisches stand und mich missbilligend ansah. Langsam musterte er mich.  Mit einem genervten Schnauben wandte er sich ab. 
Dann aber fiel mein Blick auf eine junge Frau, die erst Alexander mit einem fragenden Blick bedachte und sich dann zu mir drehte. 
Ihre langen, welligen Braunen Haare fielen ihr um die Schultern. Ihre wunderschönen grünen Augen legten sich sanft und etwas verwirrt auf mich. Auf ihren Lippen lag ein zärtliches Lächeln. Sie war Gabe noch ähnlicher als es Alexander war. Sie alle waren sich ähnlich, doch in ihren Zügen, ihrem Auftreten lag etwas, das mich so sehr an Gabe erinnerte, dass ich nach Luft schnappte. Sie war wunderschön und ich wünschte mir Gabe konnte sie sehen. Ich wünschte mir Gabe würde sehen, wie schön sie war. Wie erwachsen sie war und das er ihr Leben nicht ruiniert hatte.
"Hallo." Begrüßte sie mich freundlich und trat um den Tisch herum auf mich zu. Miranda strich mir noch einmal über den Rücken, bevor sie in die Küche ging. "Ich bin Annie." Mein Blick flog wieder zu ihr. 
Langsam ergriff ich die Hand, die sie mir entgegenstreckte. "Sky." Stellte ich mich vor und sie musterte mich. "Wirklich? So wie in I wanna touch the sky?" Sofort erstarrte ich. 
Erinnerungen, wie er sich an mich schob, seinen starken Arm um mich legte und mich sanft an sich zog, sein Gesicht in meinem Nacken verbarg und mich in ein Kokon aus Wärme hüllte. Und wie er leise genau diese Worte in mein Ohr summte. Leise, gedankenverloren und nur für mich bestimmt.  Dabei konnte ich mich nicht Mal daran erinnern wann ich das Lied zuletzt gehört hatte. 
Nur mit Mühe konnte ich mich aus dieser Erinnerung reißen. Konnte ich die Worte abschütteln die in meinen Ohren klangen. Konnte den Geruch ignorieren der in meiner Nase hing. 
"Sky wie in Skyler." Gab ich zu und lächelte entschuldigend, doch Annie lächelte nur sanft. "Ein schöner Name." Bemerkte sie und Alexander schnaubte laut. 
"Was ist los? Warum hast du so schlechte Laune?" Wollte Annie wissen und zwinkerte mir zu, als sie sich setzte. Auch Alexander ging zum Tisch und setzte sich recht neben Annie. Nun war am Kopf eigedeckt, für Miranda und direkt rechts neben ihr. Mit einem kurzen Zögern griff ich nach dem Stuhl und zog ihn zurück, um mich zu setzen. Keine Minute später trat Miranda in die Küche und begann das Essen auf den Tisch zu stellen. 
Doch das peinliche Schweigen, die eigenartige Spannung surrte in der Luft. "Also..." Begann Anie irgendwann und blickte sich verwirrt um. Wir alle aßen schweigend. Ein unangenehmes Schweigen. "Wie habt ihr euch kennengelernt?" Fragte Annie an Miranda gewandt, dann blickte sie mich an. Doch es war Alexander der antwortete.
"Sie hat einfach an der Tür geklingelt." Erklärte er, ein bitteren Ton in der Stimme. Miranda warf ihm einen bösen Blick zu. Annie blickte nur verwirrt zwischen uns hin und her. Ich aber hielt den Kopf gesenkt. 
"Annie?" Begann Miranda und griff nach der Hand ihrer Tochter. Sofort schien sie alarmiert und blickte fragend zu ihrem Bruder, der nur genervt die Augen verdrehte. "Sky ist keine alte Freundin." Erklärte Miranda. "Jedenfalls nicht von mir." Fügte sie, noch immer kryptisch hinzu. -mit einem Stirnrunzeln sah sie mich an. Dann wieder zu ihrer Mutter. 
"Okeeey?" Brachte sie verwirrt heraus, doch noch immer sagte keiner was um ihre Verwirrung zu lösen. Alexander war nur genervt von der Situation. Er sah aus als hätte er mich am liebsten gepackt und eigenhändig aus dem Haus geworfen. Gleichzeitig wirkte er aber auch so unbeteiligt, dass ich mich fragte, ob er überhaupt zuhörte. Hätte nur noch gefehlt, dass er sich die Nägel feilte, während ich hier auf dem heißen Stuhl saß und nicht wusste wie ich mich verhalten sollte. 
Gabe hatte mir von seiner kleinen Schwester erzählt und hatte Alexander mit keinem Wort erwähnt. Ich wusste nicht genau warum. Doch mir war klar, was er von seiner Schwester hielt und ich wollte das sie mich mochte. Bei Alexander war die Sache gelaufen. Doch bei Annie nicht. Und auch wenn ich sie heute zum ersten und auch letzten Mal sah, wollte ich, dass sie mich mochte. Ich wollte das der Wurm zwei coole Tanten hatte. 
Mit einem tiefen Atemzug begann ich zu sprechen. Ich wollte Annie nicht länger zwischen den Stühlen sitzen lassen und abzuwarten, zog die ganze, abgedrehte Situation nur in die Länge. "Ich habe deinen Bruder vor ein paar Wochen kennengelernt." Sie blickte zu Alexander und ich biss mir auf die Lippen. "Mich brauchst du nicht so anzusehen." Schnaubte der jedoch nur genervt. "In Alaska. Gabe hat mir das Leben gerettet. Zwei Mal." Erklärte ich, versuchte das Missverständnis von vor zwei Sekunden aufzuklären, für das ich selbst verantwortlich war. 
"Gabe?" Fragte Annie zögerlich. Ich konnte hören wie sie zuckte. Wieder sah sie zu Alexander, dann aber sah sie Miranda an, welche ihre Hand an ihre Lippen führte und einen Kuss auf ihren Handrücken drückte. Dann nickte sie. Als würde sie meine Geschichte bestätigen wollen. Dabei konnte sie das gar nicht. Niemand konnte das. Nur Gabe. Und doch vertraute sie auf meine Worte. Vertraute sie auf mich, weil sie keine andere Wahl hatte. Weil sie wollte, dass ich die Wahrheit sagte. 

Freezin' Soul ( Freezin' 2)Where stories live. Discover now