KAPITEL 5| Sky

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Skyler 'Sky' Baker
Way off, Seattle
25. Januar

Fünf Tage. Es hatte mich gerade Mal fünf Tage gekostet. Und doch war ich mir noch immer nicht sicher, ob das hier auch das Richtige war. Doch von all den Dingen die ich in den letzten Wochen getan hatte, fühlte sich das am richtigsten an. 
Nervös knetete ich meine Finger und betrat das Gebäude, das groß und eindrucksvoll im Stadtzentrum der kleinen Stadt unweit von Seattle stand. Ich war gut in der Recherche. Immerhin war das mein Job. Dieses Talent half mir nun. 
Doch obwohl diese abstrakte Idee in meinem Kopf nur eine Spielerei war, so stand ich nun hier. Renton, Washington. Der Weg von Seattle war kaum der Rede wert und ich war überrascht, wie nah ich meinem Ziel war. Jedenfalls fühlte es sich so an. Es fühlte sich an, als wäre ich Gabe näher, dabei war ich, rein geographisch, noch weiter von ihm entfernt. 
Mit einem letzten Tiefen Atemzug betrat ich das Community Center von Renton. Ein kleines Gemeinschaftshaus im Stadtzentrum, umgeben von einem Park und dem Gefühl des Zusammenhalts. 
Langsam ging ich durch die kleine, gemütliche Eingangshalle und trat an einen Tresen. Links von mir erkannte ich den Eingang zu einer kleinen Bibliothek. Doch deswegen war ich nicht hier. Ich hatte alle spärlichen Informationen von Gabe aufgeschrieben, aus Angst ich würde es vergessen. Aus Angst ich würde ihn vergessen. 
Bevor ich ein Wort herausbrachte packte mich diese Übelkeit. Ich hatte sie mittlerweile beinahe stündlich. Langsam holte ich Luft. Mit Bebenden Lippen und zitternden Fingern griff ich nach dem Tresen und klammerte mich einen Moment daran fest.
"Geht es Ihnen nicht gut?" Fragte mich die ältere Dame mütterlich und musterte mich besorgt. "Brauchen Sie ein Glas Wasser?" Sofort erhob sie sich. Doch ich schüttelte den Kopf. Meist ging es so schnell wie es kam. "Ist gleich wieder gut." Erklärte ich dankbar und holte tief Luft. Dann lächelte ich und schaffte mich etwas aufzurichten. 
Mit warmem Blick lächelte die Frau, mit roten Locken und strahlenden Augen, mich an. "Wie kann ich Ihnen helfen?" Fragte sie mich dann. Ihre Stimme weich und so freundlich, dass mir beinahe die Tränen kamen. Dabei hatte sie noch nichts getan. Reiß dich zusammen, Sky!
"Ich bin auf der Suche nach Seargent James Townes?" Fragte ich und lächelte sie freundlich an. Sie nickte. Erleichterung schoss durch mich hindurch, doch noch immer war ich gespannt auf ihre Worte. "Jim." Erklärte sie leise und lächelte.
"Er ist gerade oben und hat eine Sitzung." Erklärte sie und ich nickte. "Aber die dürfte gleich vorbei sein." Führte sie weiter aus. "Darf ich fragen, was Sie von ihm wollen?" Fragte sie mich. Wieder begann ich zu zittern, doch diesmal eher vor Erleichterung. 
"Wir haben einen gemeinsamen Freund." Erklärte ich ihr leise und senkte den Blick, strich über meinen Bauch und seufzte. "Oh. Es tut mir sehr leid." Überrascht hob ich den Blick und sah sie an, doch wieder lächelte sie nur mütterlich. "Es ist nicht so, wie sie denken..." Begann ich und sie nickte. "Es ist völlig egal was ich denke. Doch ich sehe Ihnen an, dass es schwer für Sie ist." Perplex sah ich sie an. Sie war die erste Person die mir das sagte. Mir ihr Mitgefühl aussprach. Nicht für den Unfall, sondern für ein Gefühl das ich hatte. "Danke." Flüsterte ich mit belegter Stimme.
"Ich bin übrigens Marlene. Gehen Sie einfach die Treppe hinauf. Die zweite Tür links. Die Sitzung ist in fünf Minuten um." Erklärte sie und zeigte auf das Treppenhaus rechts von uns. Dankbar nickte ich und bedankte mich kurz. Dann steuerte ich die Treppe an.
Mit wackligen Knien erklomm ich die zwei Treppen, Sechszehn Stufen. Wieder stellte ich mir die Frage, was genau ich hier tat. Immerhin war Gabe ein Fremder. Niemand verstand das. Wie konnte ich das auch erwarten? Wäre Gabe sauer wenn er wüsste, was ich machte? Immerhin hatte er ihnen allen den Rücken gekehrt. Dabei erinnerte ich mich noch so gut daran, wie er von Towns gesprochen hatte. Er war sein Ausbilder gewesen. Das Bild auf dem die beiden nebeneinander standen und lachend in die Kamera blickten tauchten vor meinem inneren Auge auf. Ich wünschte Gabe würde nie dieses Lachen verloren haben. 
Gerade als ich die Tür erreichte, öffnete sie sich und mir kamen einige Männer entgegen. Sie musterten mich kurz, doch schenkten mir nicht weiter Beachtung. Sie alle hatten etwas gemeinsam. Einen eigenartigen Blick. Das beklemmende Gefühl das mich packte, zog in mich ein und ich kämpfte einen Moment damit. 
Online hatte ich gelesen, das Seargent James Townes in Renton Veterinäre betreut und in einem Projekt mit der Army eine Eingliederung in die Gesellschaft vereinfachen soll. Etwas das Gabe wohl auch hätte gebrauchen können.
Als mir niemand mehr entgegenkam trat ich durch die geöffnete Tür und sah in den Raum. Ich sah einen großgewachsenen Mann, mit dem Rücken zu mir, an einem Tisch stehen und eine Art Buffet zu sortieren.
Zittrig klopfte ich gegen den Türrahmen und holte Luft, als er sich umdrehte und mich fragend anlächelte. In seinem Blick lag etwas väterliches und sofort spürte ich, was es war das auch Gabe gespürt hatte. War er in der Army auch so gewesen? 
Auf dem Bild das ich gesehen hatte war er wesentlich älter, doch ich erkannte ihn ohne Zweifel. Seine Haare waren heller und er wirkte etwas breiter, doch nicht weniger stolz und eindrucksvoll.
"Seargent Towns? Seargent James Towns?" Fragte ich ihn, obwohl ich die Antwort schon kannte. Er jedoch lächelte nur. "Jim." Sagte er sofort. "Wie kann ich Ihnen helfen, Miss...?" Fragte er und ich lächelte erleichtert. "Baker. Skyler Baker." 
Die Wucht nun hier zu stehen traf mich wie ein Schlag in den Magen und wieder packte mich eine Welle der Übelkeit. Diesmal war es aber eine andere Art. Erleichterung und Aufregung spülten durch meinen Körper. Es fühlte sich an als wäre ich ihm so viel näher. Als wäre ich dem Gabe, der er früher war, näher und es riss mir fast die Füße weg. Schnell blinzelte ich gegen die Tränen an. 
Doch was genau wollte ich von ihm? Ich wollte mehr von ihm wissen, wollte mich Gabe näher fühlen. Wollte etwas über seine Familie erfahren. Wollte etwas über ihn wissen, was ich dem kleinen Wurm später mal erzählen konnte. 

Freezin' Soul ( Freezin' 2)Where stories live. Discover now