KAPITEL 6| Aby

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Aubrey 'Aby' Baker
Allein, allein, Seattle
25. Januar

Ich betrat die Wohnung mit einem Seufzen. Es fühlte sich immer wieder wie ein Kampf an. Das Gefühl in eine leere Wohnung zu kommen. Selbst wenn Sky da war fühlte es sich an als wäre ich allein. Sie blickte durch mich hindurch, sprach nicht mit mir und vermied meine Gesellschaft. 
"Sky?" Rief ich und ging zu ihrem Zimmer. Die Tür stand einen Spalt offen und als ich gegen die Tür klopfte stellte ich fest, dass es leer war. 
Besorgt blickte ich mich um. "Sky?" Dann ging ich zu dem kleinen Bad und öffnete auch diese Tür. Nachdem ich auch in der Küche war, war mir klar, dass sie nicht da war. Aber wo war sie? In den letzten Wochen hatte ich sie immer zwingen müssen, dass Haus zu verlassen. 
Ich griff nach meinem Telefon und wählte ihre Nummer, doch sie nahm nicht ab. Ich versuchte es ein weiteres Mal. Dann drückte sie mich weg. Beim nächsten Mal kam ich nicht mal mehr durch. 
Panisch starrte ich auf mein Telefon. Unruhig ließ ich mich auf einen der Küchenstühle sinken. Doch noch bevor ich saß, stand ich auch schon wieder. 
Wo war sie? Steckte sie in Schwierigkeiten? Schnell ging ich wieder in ihr Zimmer, suchte nach einem Zettel, doch fand nichts. Dann sah ich die Kamera auf ihrem Schreibtisch. Sie lag noch immer unverändert dort. Früher hatte sie ihre Kamera täglich in der Hand. 
Sie hatte sich so verändert. Dieser Absturz, Parker... Er hatte sie verändert. Sky war nicht mehr da. Nicht so wie ich sie kannte und jeden Tag hoffte ich aufs Neue, dass meine Sky wieder auftauchen würde. Doch das tat sie nicht. Stattdessen verschwand sie. Und drückte mich auch noch weg. 
Besorgt blickte ich mich weiter um, doch auch beim zweiten Versuch fand ich keinen Zettel, den sie mir vielleicht hinterlassen hatte. Genervt ging ich ins Wohnzimmer zurück. Ich war extra in meiner Mittagspause hergekommen um mit ihr zu sprechen. 
Wir mussten über einige Dinge reden. Auch wenn Sky sich vehement dagegen wehrte. Und auch wenn ich sie nicht zwingen wollte oder konnte, mussten wir doch über diese kleinen, rosa Elefanten reden der aufgetaucht war. 
Erschrocken zuckte ich zusammen als mein Telefon klingelte. Beinahe hysterisch ging ich ran, ohne auch nur aufs Display zu sehen. "Sky?" Rief ich sofort, doch es war nicht Sky am anderen Ende. "Hey, Schneeflocke." Mein Herz sackte mir in die Hose. Und gleichzeitig fing es panisch an zu schlagen. "State Trooper Silver?" Fragte ich mit einem Lächeln und hörte wie er am anderen Ende lachte. "Was verschafft mir die Ehre?" Hakte ich nach. Doch ich freute mich insgeheim darüber seine sanfte Stimme zu hören. 
Als Sky verschwunden war, war er mein Anker. Noch immer fühlte es sich an, als wäre Sky verschollen. Ich konnte einen Rettungsanker gut gebrauchen.  "Ich wollte eigentlich nur mal fragen wie es dir uns Sky so geht." Erklärte er. Mit einem tiefen Seufzer ließ ich mich auf den Küchenstuhl nieder. "So schlimm, ja?" Fragte er und ich seufzte wieder. 
"Sie ist so anders." Sagte ich schlicht, als wäre das alles was ich sagen konnte. "Sie hat viel durchgemacht." Versuchte er es und sagte genau das, was auch ich mir immer sagte. Doch ich traute mich nicht zu sagen, dass es anders war. Jedenfalls hatte ich es bis jetzt nie sagen können.
"Das ist es nicht. Es ist als wäre sie jemand anderes. Ich kenne Traumata. Aber es ist als wäre sie jemand anderes." Ich klang müde. Und ich klang bescheuert. 
"Die ganzen letzten Wochen hat sie im Bett verbracht. Ich musste sie zwingen das Haus zu verlassen. Und jetzt? Ist sie einfach verschwunden. Ohne ein Wort zu sagen." Jammerte ich mich aus und kämpfte gegen die Tränen an, die hinter meinen Augen brannten. 
"Jeder geht mit Traumata anders um." Versuchte er es wieder. Ich nickte. Doch ich wusste, dass es nicht so war. 
Ich konnte fühlen das Sky litt. Doch ich spürte, dass sie es tat weil sie Parker vermisste. Nicht weil sie so viel durchgemacht hatte. Und es schmerzte. Es schmerzte zu wissen, dass sie litt, während sie zuhause war. Während sie bei mir war, während sie ganz wo anders sein wollte.
"Hast du was von ihm gehört?" Fragte ich leise. Wir hatten ihn immerhin verletzt zurückgelassen. Vielleicht war es das warum Sky so war. Ich konnte sie jede Nacht hören, wie sie nach ihm Rief. Und es brach mir das Herz. Sky war nie jemand die ihre Gefühle herausposaunte. Weshalb ich nicht damit umgehen konnte, dass sie so offensichtlich unter der Trennung litt. Aber was wäre die Alternative? Gerade jetzt? In ihrem Zustand? 
"Die Streckenposten haben mit ihm wohl vor einer Woche das letzte Mal Kontakt aufgenommen. Da ging es ihm noch gut." Ich nickte. Immerhin etwas. Ich konnte Sky das sagen, vielleicht würde sie dann eine Nacht durchschlafen. 
"Immerhin geht es ihm gut." Sagte ich und konnte nicht umhin verbittert zu klingen. Doch auch ich sorgte mich um ihn. Denn wenn ihm etwas passieren würde, würde Sky das die Füße wegreißen, das wusste ich. Auch wenn ich nicht verstand wieso.
Ich wollte ihr helfen, doch meine Hilfe wollte sie nicht. Sie behandelte mich als wäre ich die Böse in dieser Geschichte. Und ein kleiner Teil in mir verstand das. Denn ich war der Grund warum sie wieder zurückgekommen war. Nach Seattle. Nach Zuhause. Obwohl sie dort, bei ihm, so viel glücklicher gewesen zu sein schien.
Ein anderer Teil aber schob den schwarzen Peter dem Mann zu, der mir Sky genommen hatte. Der sie verändert hatte und der sie zu jemandem gemacht hatte, den ich nicht kannte. Er hatte mir alles an Familie genommen, das ich noch hatte und dafür wollte ich ihn hassen. Doch wie konnte ich jemanden hassen, der Sky das Leben gerettet hatte? Wie konnte ich jemanden hassen, der sie aufgenommen und sich um sie gekümmert hatte? Doch am wichtigsten: Wie konnte ich jemanden hassen, den Sky so unwiderruflich zu lieben schien? So sehr, dass es sogar mir wehtat. 


Freezin' Soul ( Freezin' 2)Onde as histórias ganham vida. Descobre agora