KAPITEL 15| Sky

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Skyler 'Sky' Baker
Auf einem anderen Planeten, Staunton
28. Januar

"Miss Baker, warten Sie!" Abrupt blieb ich stehen. "Es tut mir leid. Es ist nur..." Ich hörte wie sie hinter mir stehen blieb und hörbar einatmete. "Ich habe schon eine ganze Weile nichts  mehr von ihm gehört. Ich dachte er sei..." Langsam wandte ich mich zu ihm um.
"Ich dachte er sei nicht mehr zu erreichen und habe es vor einer ganzen Weile aufgegeben." Gab sie zu und schien sich selbst vorzuwerfen, dass sie es getan hatte. 
"Wie geht es ihm?" Fragte sie etwas steif und ich runzelte die Stirn. Glaubte sie mir wirklich nicht? Ich würde es ihr nicht verübeln. Ich wollte gar nicht wissen, was sie sagte, wenn ich ihr erzählte, dass ich schwanger war. 
Mir war klar wie das aussehen musste. Immerhin sah sie aus als würde sie Geld besitzen und ich kam an und wollte ihr erzählen, dass ich schwanger von ihrem verschollenen Sohn war. Das hier war ein Fehler. Sie würde mir nicht glauben und ich würde Gabe so nicht näher kommen. Wie auch? Immerhin war er noch immer irgendwo in Alaska und ich auf einem anderen Planeten. Lichtjahre entfernt. Das hier war sowas von ein Fehler.
"Ich sollte gehen." Erklärte ich schlicht und nickte ihr zu. "Danke für den Tee. Aber ich... Das hier war ein Fehler. Keine Ahnung was ich mir gedacht habe." Erklärte ich ihr und gestikulierte mit den Armen. Doch dann schloss ich kurz die Augen.
"Er liebt Sie. Und er vermisst Sie." Begann ich und wusste wie anmaßend das klingen musste. "In seiner verqueren Logik will er Sie alle beschützen. Er glaubt wir wären alle besser dran ohne ihn." Führte ich weiter aus. Immerhin war es jetzt auch zu spät. 
"Er bereut es kein guter Bruder gewesen zu sein. Er bereut es sie nie wirklich kennengelernt zu haben, seine Schwester." Erklärte ich und senkte den Blick. "Ich wollte nur das Sie das wissen." Gab ich ein letztes Mal aus, dann ging ich zur Tür. Bevor ich den Türknopf berührte hielt sie mich allerdings auf. "Erzählen Sie mir was von seinem Leben, Miss Baker." Bat sie also und ich wandte mich zu ihr um. Fragend hob ich eine Braue. "Ich glaube Ihnen nicht. Aber ich würde es gerne." Mit einer eleganten Bewegung führte sie mich in ein kleines Wohnzimmer, rechts von der Eingangstür. Anders als die Küche standen hier Bilder und ich blieb abrupt stehen. Der ganze Raum war vollgestellt mit Bildern von ihm. Noch vor wenigen Minuten hatte ich mir gewünscht eins zu sehen, doch das hier war zu viel.
Langsam ging ich auf eine kleine Kommode zu und starrte auf ein Bild. Gabe war vielleicht Fünfzehn, Sechzehn. Kurz bevor er zur Army gegangen ist. Neben ihm stand Alexander, der schon da kleiner war als Gabe. Beide strahlten übers ganze Gesicht. Und vor ihnen stand ein kleines Mädchen. Auch sie strahlte. Die Sonne strahlte und alle wirkten glücklich. Losgelöst. Selbst die Weide hinter ihnen schien glücklich. 
Erst jetzt fiel mir ein, dass er von einer Farm erzählt hatte. Er hatte dort früher gearbeitet. Doch das hier war nicht gerade ein Farmhaus. 
Auf dem nächsten Bild sah ich Gabe neben ein paar Unbekannten. Wieder strahlte er übers ganze Gesicht. Auf dem nächsten erkannte ich ihn mit einer älteren Version von sich selbst und mir kamen die Tränen. Ich würde ihn nie sehen, wenn er so alt war. 
Direkt daneben ein Bild von zwei kleinen Jungen. Unverkennbar das haselnussbraune Haar und dieses verschmitzte Lächeln, dass ich in echt von ihm noch nie gesehen hatte und es auch nicht würde. 
"Er lächelt nie so." Flüsterte ich leise und starrte ein Foto nach dem anderen an. "Und selbst wenn erreicht es nie seine Augen." Fügte ich hinzu. Ich erinnerte mich an sein Lächeln. An das Funkeln in seinen Augen, das beinahe sofort immer erlosch. Als würden Erinnerungen in ihm aufkommen, jedes Mal wenn er lächelte. 
Mit bebenden Fingern griff ich in meine Hosentasche und holte das zerknitterte Bild heraus, dass ich von ihm hatte. Er war älter auf meinem Bild. Älter als auf jedem Bild das hier stand. Langsam reichte ich es ihr und sah, wie sie erschrocken ihre Hand zum Mund führte. Sie nahm es mir aus der Hand und sah es lange an, bevor sie zärtlich über sein Gesicht strich. 
"Sein Lächeln war früher so ansteckend." Erklärte ich und lächelte tatsächlich als ich seine stolzen Züge in mich aufsog. Er trug jetzt einen Bart und lange Haare. Er wirkte erwachsener. Er wirkte regelrecht alt. Gerade im Vergleich.
"Heute ist es traurig." Sagte ich dann und schloss die Augen. Erinnerte mich an sein Gesicht. "Früher liebte er es Leute zum Lachen zu bringen." Sagte Miranda und riss mich aus meinen Gedanken. "Er hat immer Witze erzählt, die so blöd waren..." Leise lachte sie auf. 
"Als er wiedergekommen ist war er so anders. Er war ein Fremder." Sagte sie und setzte sich auf das kleine Sofa, dass im Raum stand. "Ich kenne ihn nur so." Sagte ich und ließ mich ihr gegenüber nieder. 
Ich kannte ihn nur als diesen Fremden. Ich liebte ihn als diesen Fremden. Ich... "Wie ist er so?" Fragte sie mich, als würde ich ihr von jemandem erzählen den sie nicht kannte. Nicht von ihrem Sohn. 
"Er ist schroff und rau. Und gleichzeitig sanft und zärtlich. Er ist mutig, furchtlos und stark. Und er liebt bedingungslos." Erklärte ich und wischte mir über die Augen. "Aber er hält sich für das absolut Böse." Ich lachte verbittert. "Er liebt so innig und doch erlaubt er es niemanden ihn zu lieben. Ihm zu helfen..." Ich brach ab. Sie nickte. "Eigentlich hat er sich dann gar nicht so sehr verändert." Wieder strich sie über das Bild. Zärtlich, als hätte sie Angst ihn zu verletzen.
"Als er wiedergekommen ist war er ein Fremder. Er war ein Wrack. Er hatte diese Träume und diese Anfälle. Er hat die Kontrolle verloren, war Aggressiv und..." Diesmal strich sie sich eine Träne weg. "Er kann sich selbst nicht vergeben. Auch wenn es nichts zu vergeben gibt." Sagte ich und sie lächelte mir zu. "Mit mir hat er nie darüber gesprochen was passiert ist. Bei diesem letzten Einsatz. Er kam zurück und war nicht mehr der selbe." Ihr Blick verlor sich hinter mir. "Ich habe bei diesem Einsatz meinen Sohn verloren." Sie zuckte verloren mit den Schultern. "Egal was alle sagen, er ist bei diesem Einsatz ebenfalls gestorben." Ihr Blick fokussierte sich wieder auf mich. "Ich weiß nicht wen du getroffen hast. Aber meinen Sohn, den gibt es nicht mehr. Und ich habe schon lange die Hoffnung aufgegeben ihn zurückzubekommen. Und wenn ich Ihnen einen Rat geben darf, Miss Baker?" Sagte sie erschöpft. "Sie sollten nicht ihr Leben vergeuden, weil sie auf etwas warten, das nie passieren wird." 

Freezin' Soul ( Freezin' 2)Where stories live. Discover now