KAPITEL 8| Gabe

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Gabriel 'Gabe' Parker
In meiner privaten Hölle, Alaska
26. Januar

Die Tage vergingen nicht. Nichts passierte rein gar nichts. Nur meine Fantasie lief auf Hochtouren. Spielte mir Streiche. Quälte mich. Meine Träume hatten sich verändert. Nun sah ich nicht nur Billys Gesicht, sondern ich sah auch ihr Gesicht. Das schönste Gesicht der Welt. Wie es kalt und emotionslos zu mir aufblickte. Wie es gequält und ängstlich zu mir aufblickte. Doch nie lächelte sie. Nie sagte sie meinen Namen. Nie war sie wirklich da. 
Nach drei Wochen wusste ich nicht mehr wann ich wach war und wann ich schlief. Die Kälte war kaum zu spüren, denn sie war nichts im Vergleich zu dem Sturm der in mir tobte. 
Wie konnte es sein, dass ihr Verlust so viel mehr Gewicht hatte, als es Billys je hatte? Lag es daran, weil ich eine Wahl hatte? Aber ich hatte doch nicht wirklich die Wahl? Wie konnte ich Sky dazu zwingen bei mir zu bleiben? Wie konnte ich mit ihr gehen? Ich war kein guter Mensch. Ich war kein Held, kein guter Mann. Und es tat weh das zuzugeben, denn in Skys Blick, in ihrem Gesicht hatte ich sehen können, dass sie mich für gut hielt. Das sie mich für einen guten Mann hielt. Dass sie mich für jemanden hielt, der ihrer würdig war. Auch wenn ich wusste, dass ich es nicht war. Und das es auf dieser Erde auch keinen Mann gab der ihrer würdig sein konnte. Und doch hatte sie mir einen Teil von sich selbst geschenkt. Sie hatte mich gerettet. Für eine kleine Zeit hatte sie mich gerettet und jetzt war ich wieder in meiner privaten Hölle. 
In einer Hölle die mich zerriss. Denn auch wenn sie nur ein paar Wochen bei mir war, hatte sie meinem Leben ein Licht gegeben, das ich nicht verdient hatte. 
Langsam stapfte ich durch den Schnee, es hatte in den letzten Tagen durchgeschneit und noch nie hatte ich mich in der Freiheit Alaskas so eingesperrt gefühlt. 
Ich sah die alte Hütte, doch ich sträubte mich dagegen hinein zu gehen. Denn jedes Mal hoffte ein Teil von mir, dass sie noch da war. Das sie dort sitzen würde und mich ansehen würde. Mich noch einmal anlächelte. Mich noch einmal berührte. Mich küsste. Ich wollte sie nur noch einmal spüren. 
Die Jagd war durch den Schnee erschwert, doch auch meine Gedanken standen mir im Weg. Ich war unkonzentriert und unaufmerksam. Rufus bellte als er aus dem Walt kam. Er schnupperte an mir und rannte zum Haus. "Sie ist nicht da, Kumpel." Flüsterte ich mit einem Seufzen. "Sie kommt auch nicht zurück." Fügte ich schweren Herzens hinzu.
Mit langsamen Schritten ging ich zum Haus und ignorierte den Schmerz der in mir brannte. Ich musste meinen Kopf leeren. Die Fantasien in den Griff bekommen. Mir vor Augen führen, dass meine Träumereien nichts anderes als das waren. Träumereien. 
Ich war nie einer der Menschen gewesen die einen Hang zur Romantik hatten. Ich träumte nicht von der großen perfekten Welt. Ich träumte auch nicht davon irgendwann eine Frau, ein Haus, ein Kind, ein Hund und einen weißen Lattenzaun haben würde. Ich war nie so romantisch gewesen. Doch wenn ich so romantisch gewesen wäre, dann hätte ich von Sky geträumt. 
Ich hätte von einem kleinem gemütlichen Haus geträumt, das voll von ihren Bildern war. Das voll von Leben war. Ich würde nach der Arbeit nach Hause kommen und sie in der Küche finden, oder auf der Couch, oder auf der Terrasse, die Sonne genießend. Und ich würde lächeln, sie umarmen und ihr einen Kuss geben. Und dann würde ich lächeln und nie wieder aufhören. Das alles und noch mehr würde ich mir erträumen. Aber ich war eben nicht romantisch und das Leben war kein Märchen. Die Welt war kein guter Ort. Das hatte ich auf die härteste aller Weisen lernen müssen und doch fragte ich mich immer öfter, warum Sky hier gelandet war. 
Wie gesagt, ich war nicht romantisch veranlagt, glaubte nicht an Vorsehung und Schicksal. Aber ich fragte mich trotzdem, ob es einen Grund dafür gab, das Sky ausgerechnet mir in den Schoß gefallen war. Und wenn es so war, was genau sollte sie mir zeigen? Das es auch gutes auf der Welt gab? 
Genervt betrat ich die Hütte und begann meine kalten und nassen Kleider abzustreifen. Ich würde mir etwas zu essen machen, was vielleicht nicht schmeckte, aber immerhin hielt es mich am Leben.
Gerade als ich mich auf das Sofa fallen ließ, hörte ich das Rauschen des alten Funkgeräts. Verwirrt blickte ich in die Ecke, wo es immer stand und mich mit Schweigen strafte. Doch jetzt gerade rauschte es, als würde es eine wichtige Nachricht für mich haben. Und für eine kurze Ewigkeit hoffte ich ihre Stimme zu hören. Doch nur kaltes, undeutliches Rauschen zerbrach die Stille. Selbst Rufus starrte das Funkgerät an, als konnte er nicht glauben, dass es tatsächlich Geräusche von sich gab. 
Eigentlich hätte ich es ausschalten sollen, doch der kleine Funken Hoffnung, das ich vielleicht doch ihre Stimme hören würde, irgendwann, ließ mich das kleine, rote Lämpchen leuchten. Aber noch immer konnte ich nicht verstehen, was derjenige sagte, der versuchte mich anzufunken. Es passierte ab und an mal, dass die Frequenz angefunkt wurde, doch eigentlich niemand versuchte mich zu erreichen. 
Mit einem seufzen erhob ich mich und trat an das alte Funkgerät. Mit einem letzten tiefen Luftzug betätigte ich den kleinen Schalter und das rote Licht erlosch. 






Freezin' Soul ( Freezin' 2)Where stories live. Discover now