Tag 17: Zettelchen, Nähe und Verlangen...

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Dany:



Es kam ihm vor, als würde Riley noch besser riechen als sonst und es machte ihn dazu auch noch wahnsinnig dem anderen so nahe zu sein. Das letzte Mal, als sie sich so nahe gewesen waren, war vor drei Tagen gewesen, als sie noch unterm Pavillon gesessen hatten.

Er wurde aus seinen Gedanken gerissen, als Riley ihn anstupste und anschließend aufstand. Die anderen waren bereits zu dem Ausgang des Raumes gegangen und warteten dort auf die beiden.

Ein Blick auf die Uhr verriet dem Jungen, dass es in zehn Minuten das Abendessen geben würde. Die Zeit war verdammt schnell vergangen...viel zu schnell. Er vermisste das Gefühl bereits, neben Riley zu sitzen und dessen Körperwärme zu spüren. Dany stand hastig auf und folgte dem anderen dann zu dem Rest der kleinen Gruppe.



,,Setzt ihr euch zu uns?", Caith setzte sich auf den Stuhl neben Adam und deutete auf die beiden freien Stühle.

Dany wollte gerade verneinen, als Nick hastig nickte und sich ans Kopfende des Tisches setzte. Der sechzehnjährige atmete hörbar aus und setzte sich neben Riley. Er wusste nicht genau warum er ohne darüber nachzudenken den Stuhl etwas heraus zog und sich darauf niederließ.

Die einzige Sorge in diesem Moment war, dass alle zusahen wie er aß. Das machte ihn nervöser, als die Tatsache, dass Riley gerade nach seiner Hand griff und etwas hineinlegte. Es fühlte sich an wie ein Zettel. Er war mehr als nur ein bisschen überrascht...Am liebsten hätte er die Hand des anderen einfach nur festgehalten und auf gar keinen Fall mehr losgelassen...Dany verstaute den Zettel in der Tasche des Pullovers und verschränkte schließlich seine Arme vor der Brust.


Ben war sichtlich verwundert als er sie alle gemeinsam an einem Tisch sah.

Er stellte jedem von ihnen ein Tablett hin und ging dann zum nächsten Tisch, nachdem er noch ein paar Worte mit Adam gewechselt hatte. Es war eine Art Eintopf, bestehend aus Karotten, Kartoffeln, Linsen und ein paar kleinen Fleischstückchen. Es sah zugegeben recht gut aus, aber gerade die Kartoffeln machten es Dany schwer. Er bemerkte, dass die anderen noch eine Scheibe Brot dazu bekommen hatten und er stattdessen eine kleine Schale mit Salat. Es machte fast schon den Anschein, dass ihm jemand einen Gefallen tun wollte. Er sah möglichst unauffällig zu den anderen, welche alle mit ihrem eigenen Essen beschäftigt waren und nahm dann den Löffel. Obwohl er genau wusste, dass ihm niemand zusah, fühlte sich Dany dennoch beobachtet.
Er versuchte angestrengt sich auf das Gericht vor ihm zu konzentrieren und begann zögernd zu essen. Er drängte jegliche Gedanken an Kalorien, Zucker und so weiter in die letzte Ecke seines Geistes und achtete nur auf den Geschmack des Eintopfes und seinen Hunger, der nicht besonders groß, aber dennoch da war.

Der Zettel in seiner Tasche regte seine Neugier immer mehr an. Er half ihm aber auch dabei sich vom Essen abzulenken und bemerkte deshalb nicht wirklich, wie viel er eigentlich aß. Erst als er in die Schale sah, fiel ihm auf, dass er bereits die Hälfte gegessen hatte. Dany wurde schlecht, als er realisierte wie viel er bereits gegessen hatte. Er versuchte krampfhaft nicht zu würgen und atmete mehrmals tief durch. Er war keinesfalls satt, es war die Übelkeit, die ihn daran hinderte weiter zu essen. Nicht, dass er unbedingt wollte.

,,Alles gut?", Nick sah ihn halb besorgt, halb fragend an, während er einen Schluck aus der Limo-Flasche nahm.

Alleine der Gedanken an den ganzen Zucker darin....

Dany schüttelte bloß noch seinen Kopf, bevor er beinahe schon aufsprang und gerade noch daran dachte, die Halterung mit sich zu ziehen, bevor er aus dem Speiseraum lief und nach der nächsten Toilette suchte, wo er in der ersten Kabine zusammenbrach und sich übergab. Er wusste nicht wie lange er gebraucht hatte, bis sein gesamter Magen sich entleert hatte und er zitternd halb auf dem Boden saß und halb lag. Dany war verdammt froh, dass der dünne Schlauch der Sonde ausreichend lang war.



Riley:



Es erschrak ihn als Dany plötzlich aufsprang und davon stürmte. Keiner der anwesenden Pfleger schien bemerkt zu haben, dass einer ihrer Patienten fehlte. Ben war nirgends zu sehen, weshalb Riley selbst aufstand und seinem jungen Freund folgte. Er konnte sich schon denken wohin Dany gegangen war, nachdem er recht viel für seine Umstände gegessen hatte und suchte deshalb nach der nächsten Toilette. Er ging an einem Speisewagen vorbei, wo er eine Flasche Wasser mitnahm, bei der er sich sicher war, dass Dany sie brauchen würde.

Das zitternde Häufchen Elend, das sich angestrengt an einer der Kloschüsseln abstützte, ließ ihn kurz Inne halten. Er wartete einige Sekunden lang, oder waren es Minuten? In denen er einfach nur dastand und auf den Rücken des Jungen starrte.

Als die Würge-Geräusche verklangen, klopfte Riley mit einem Finger gegen die Wand der Kabine und kniete sich neben Dany nieder, welcher überrascht zusammenzuckte.

,,Ich hab dir was mitgebracht.", er öffnete und reichte Dany die Flasche, welcher ein kaum hörbares Danke murmelte und sich damit den Mund ausspülte. Riley holte ihm ein paar von den Papiertüchern die man zum Händetrocknen verwendete und reichte diese ebenfalls weiter, bevor er sich auf den Boden setzte und einfach nur wartete.

Es dauerte einige Minuten, bis Dany sich beruhigt und sein Körper aufgehört hatte zu zittern. Riley stand auf und half dann dem jüngeren dabei, sich aufzurichten, welcher es vermied ihn anzusehen. Er konnte sich denken, wie unangenehm es für Dany sein musste, zu wissen, dass Riley schon länger hier gestanden hatte.

Der Junge hievte sich zu den Waschbecken, wo er für einige Sekunden einfach nur dastand und sich selbst im Spiegel betrachtete.

Riley stand einfach nur da und beobachtete ihn dabei, wie sein Brustkorb sich immer schneller hob und sich wieder absenkte, wie er sein Gesicht zu einer traurigen Grimasse verzog und keuchend begann auf den Spiegel einzuschlagen.

Riley brauchte einen Moment, um zu reagieren.

,,Hör auf, Dany.", er griff nach den Handgelenken des Jungen und hielt diese in einer Hand fest, während er den anderen Arm um Danys Taille legte und ihn an sich zog. Die Versuche, sich aus dem Griff des schwarzhaarigen zu befreien, erstarben nach einigen Sekunden und Dany brach in sich zusammen. Er weinte. Er hatte ihn schon manchmal weinen sehen....aber nicht so. Riley starrte auf den blutverschmierten Spiegel. Er ließ die Gelenke des Jungen los und zog ihn an sich. Er schlang den einen Arm fest um die magere Gestalt in seiner Umarmung und fuhr ihm mit der anderen Hand durchs Haar, darauf hoffend, dass sich Dany beruhigen würde. Riley war selbst mehr als nur überfordert. Hilflos. Er hatte keine Ahnung was er sagen oder tun sollte, um seinen Freund zu beruhigen oder zumindest ein wenig Halt zu geben.



Adam musste wohl Ben gesucht und ihm gesagt haben, dass sie beide weg gegangen waren, denn er war gekommen und hatte sich um Dany gekümmert und Riley zurück in den Speiseraum geschickt. Er wäre gerne noch bei Dany geblieben, welcher das sicher auch gewollt hatte, aber nachdem der Pfleger ihn in eines der Arztzimmer gebracht hatte, war er eben wieder zurück zu den anderen gegangen und hatte schweigend fertig gegessen.


Er lag wach in seinem Bett, während Adam bereits schlief. Es war ein wenig egoistisch, enttäuscht zu sein, dass Dany ihm nicht auf den kleinen Zettel geantwortet hatte. Es war sogar sehr egoistisch! Aber auch alles, woran Riley im Moment denken konnte und weshalb er alle fünf Minuten auf sein Handy starrte. Vielleicht hatte Dany den Zettel ja vergessen...



Dany:

Dany lag wach in seinem Bett und starrte aus dem offenen Fenster. Er war erschöpft, aber nicht wirklich müde. Alles in ihm war aufgewühlt, nachdem er das was auf dem Zettel stand gelesen hatte. Er spielte schon länger mit dem Gedanken, Riley zu schreiben. Alles in ihm schrie förmlich danach. Dany versuchte nun schon länger herauszufinden, weshalb alles in ihm sich so sehr zu Riley hingezogen fühlte und kam letztendlich zu einem Entschluss.



Nur zehn Minuten später saß er in seinem Bett und wartete auf Riley, welcher ihm nur eine Sekunde später geantwortet hatte. Nachdem es bereits nach zehn Uhr war, durften die Patienten eigentlich nicht mehr aus ihren Zimmern, aber er war sich sicher, dass Riley zu ihm kommen würde.

Ein leises Klopfen, lenkte seine Aufmerksamkeit von der Stadt schließlich zur Türe. Er sah, wie Riley eintrat und leise die Tür hinter sich schloss. Am liebsten wäre Dany aufgesprungen, aber die Sonde, die nachts an der Betthalterung hing, hinderte ihn daran.

,,Du weißt gar nicht wie froh ich bin, dass du mir doch geschrieben hast, Dany....Geht es dir besser?", der junge Mann setzte sich an die Bettkante und sah dann einen Moment aus dem Fenster.

,,Mehr oder weniger...Ben meinte, ich darf am Wochenende nach Hause, weil es gut wäre, wenn ich mal ein wenig Abwechslung habe. Vielleicht können wir ja etwas unternehmen...gemeinsam."

,,Wenn du das möchtest gerne....aber ich bin eigentlich hier um dir zu sagen, dass ich das ganze was zwischen uns passiert ist, vergessen möchte.", als er Danys traurige Miene sah, fügte er schnell noch hinzu: ,,Natürlich nicht unseren Kuss und die Gespräche und die Berührungen falls du das meinst. Ich möchte einfach unseren Streit vergessen. Ich habe keine Lust mehr, uns beiden zu schaden, indem ich mich an meinen Stolz klammere.", es tat gut, das endlich loszuwerden.

Dany griff nach der Hand des schwarzhaarigen und zuckte leicht zusammen, als dieser über seine offenen Knöchel strich. Es wunderte ihn, dass er tatschlich den Mut dazu aufgebracht hatte.

,,Es ist okay. Ich weiß jetzt, was du damit bewirken wolltest. Ich habe eingesehen, dass diese Freundschaft alleine durch die Dinge, die du dafür getan hast, entstanden ist und ich rein gar nichts dazu beigetragen habe. Ich weiß jetzt, dass ich dich damit verletzt habe und alles was du wolltest ein Einbringen meinerseits war. Es tut mir leid, dass ich nichts für diese Freundschaft getan habe...", er vergaß was auch immer er sagen wollte, als Riley ihn an sich zog und küsste.

Überrascht ließ Dany sich auf den Schoß des Mannes ziehen und legte seine Arme um dessen Hals. Seine Hände vergrub der sechzehnjährige in Rileys dichtem Haar und presste seinen Körper, an die Brust des zwanzigjährigen. Dieser Kuss war...anders als der erste. Weder zögernd noch zurückhaltend von keinen der beiden Seiten. Sie beide ließen ihrem Verlangen freien Lauf.

Dany war ein wenig überfordert, als er die Zunge des anderen auf seinen Lippen spürte. Er öffnete zögernd seinen Mund und spürte gleichzeitig auch Rileys starke Arme die sich um seine Taille schlangen. Er hatte noch nie solches Verlangen nach Nähe verspürt, wie in diesem einen Moment. Nicht einmal bei Collin. In seinen Gedanken, warf er den Zettel mit der Handynummer bereits aus dem Fenster....und tat vielleicht auch noch etwas anderes mit Riley, aber das ließ er jetzt mal außer Acht.

Er spürte, wie Riley mit seinen kühlen Händen unter den zu großen Pullover fuhr und sich auf seine Seiten legte. Obwohl Dany, alles andere als begeistert davon war, wenn man ihn anfasste, kribbelten jene Stellen die der junge Mann berührte, als er mit seinen Fingerspitzen darüberfuhr.

Für einen kurzen Augenblick lösten sich die beiden voneinander um nach Luft zu schnappen. Riley nahm seine Hände von den Hüften des Jungen und legte sie stattdessen auf dessen Wangen.

,,Ich nehme an....du nimmst meine Entschuldigung an?", Dany lächelte verlegen und leckte sich über die Lippen.

,,Ich liebe dich, Dany.", hauchte der schwarzhaarige, während Riley ihm tief in die Augen sah.

Er hatte jetzt mit allem gerechnet...aber nicht damit. Dany öffnete ein paar Mal seinen Mund bis er endlich vernünftige Worte zusammen brachte.

,,Ich...dich auch, auch wenn ich ein bisschen gebraucht habe, um das zu verstehen."

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