Epilog

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"Ich kann das nicht."
Logans Worte waren nur ein Flüstern, aber sie waren so intensiv, dass ich Gänsehaut bekam.
Mit meinen Fingern drehte ich sein Kinn in meine Richtung.
"Logan Drakeson, du wirst da jetzt rein gehen und es hinter dich bringen", meinte ich selbstsicher und nickte leicht.
Er lächelte mich sanft an und legte seine Lippen kurz auf meine.
"Ohne dich, wäre ich schonmal nicht hier, also denke ich, sollte ich etwas daraus machen", meinte er zuversichtlich, obwohl ich immernoch Zweifel in seinen Augen sah.
"Jetzt komm!", wisperte ich und zog ihn am Arm in Richtung Gefängnisgebäude.
Zuerst wurden unsere Personalien aufgenommen, dann wurden wir abgescannt und schließlich in einen Warteraum geführt.
Ich merkte, wie Logan leicht nervös wurde, genauso wie ich. Leicht drückte ich seine Hand, die wir hielten, dann sah er mich lächelnd an.
Ich war mehr als stolz auf Logan.
Er hatte sich tatsächlich dazu aufgerafft seinen Vater nach geschlagenen fünf Jahren das erste Mal zu besuchen, zwar mit ein paar Streitereien, aber er hatte mir schließlich zugestimmt.
"Logan und Annabelle Drakeson, bitte", rief uns ein Polizist auf und brachte uns in einen größeren Raum.
Auf der einen Seite befanden sich Familien, Freunde, Zivilisten jener Art, aber alle frei. Auf der anderen Seite waren alle Sträflinge, die in orangenen Overrolls von Polizisten bewacht wurden. Wir wurden sorgfältig durch eine panzerglasgestützte Mauer getrennt.
Wir liefen vorsichtig zu Platz 8, wo bereits ein Mann mit Gefängnisklamotten auf uns wartete.
Überrascht sah er uns an, dann änderte sich sein Blick zu einem bösen Lächeln.
"Annabelle, Logan! Mit euch hätte ich nun wirklich nicht gerechnet!", sagte Joseph und stützte sich auf den Ellebogen ab.
Logan sah ihn mit einem bedrohlichen Blick an und schob sich vor mich, obwohl das Panzerglas uns schützte.
"Und wie ich sehe, hat sich nicht so viel geändert in den 1826 Tagen, die ich hier bin", schmunzelte er und sah zwischen uns hin und her.
"Manche Beziehungen ändern sich eben nie", gab Logan giftig zurück, sodass ich ihn am Arm mit dem Ellenbogen anstieß.
"Und wie ich sehe, habt ihr euch kein bisschen verändert."
"Wie ich sehe, du auch nicht", schnaubte Logan und lehnte sich zurück. "Du bist genauso abscheulich und bösartig, wie ich dich kenne."
Lachend lehnte Joseph sich zurück.
"Oh, Logan! Der kleine freche Junge geblieben", lächelte er und sah seinen Sohn von oben bis unten an. Sein Blick blieb stehen und raubte ihm für einen kurzen Moment die Gelassenheit.
"Anscheinend hat sich doch etwas geändert", flüsterte er und sah mich an. "Nicht war, Mrs Drakeson?"
Tief atmete ich aus und sah auf meine Hände. Der goldene Ring an meinem Finger verriet den Aspekt, den Joseph meinte.
Es stimmt, Logan und ich hatten vor etwa einem Jahr 'Ja' zueinander gesagt und ich war glücklicher denn je.
"Ja", meinte ich nur und zuckte die Schulter.
Logan beobachte mich von der Seite und drückte mein Knie.
"Wir hätten nicht kommen sollen", flüsterte er eigentlich, aber Joseph bekam es mit.
"Bitte, ich will keinen verscheuchen", lächelte er uns an und faltete seine Hände ineinander.
"Das hättest du dir vorher überlegen sollen", fuhr Logan ihn an, aber ich ging schnell dazwischen.
"Um ehrlich zu sein sind wir hier, um dir eine zweite Chance zu geben", meinte ich.
Joseph sah mich verdutzt an, dann lachte er.
"Ihr wollt mir eine zweite Chance geben?", fragte er ungläubig nach.
Logan presste sein Kiefer zusammen.
"Ich denke, wir sollten gehen."
"Oh, nein, bitte! Ich bekomme so selten Besuch und noch weniger von so hohem", meinte Joseph.
"Dann benimm dich auch so!"
Logans Geduld wurde auf die Probe gestellt.
"Bitte, Joseph!", murmelte ich eindringlich. "Wir wollen nur reden."
Joseph rümpfte die Nase, dann lehnte er sich nach hinten.
Das war wohl seine Art 'okay' zu sagen.
"Also", begann ich und unterbrach somit die Stille. "Wie ist es ... so im ...?"
"Gefängnis?", vervollständigte er meine Frage und lachte dann auf.
Er verschränkte seine Arme und starrte mich belustigt an.
"Mir könnte es hier nicht besser gehen. Die Gitterstäbe, ein hartes Bett, Arbeit für ein paar Cent am Tag - Ja, ich fühle mich wie zu Hause hier."
Seine Stimme triefte vor Sarkasmus, sodass ich mich zusammenreißen musste.
Logan fletschte die Zähne.
"Hör auf, so mit meiner Frau zu reden!"
Seine Worte waren wirklich intensiv und drohend, aber Joseph bekam nichts davon mit.
"Wie geht es euch?", fragte er stattdessen, was mich völlig aus der Fassung brachte.
"Meinst du davor oder nachdem du mich hast verprügeln und brandmakieren lassen?", fragte Logan zynisch nach.
"Es geht uns gut", sagte ich etwas lauter und stieß Logan an. "Wir leben bereits drei Jahre zusammen, etwas weiter außerha-"
Joseph gähnte auf. Logan unterbrach mich.
"Ich fasse es einfach nicht!", fuhr er seinen Vater an. "Wie sollen wir dir eine zweite Chance geben, wenn du dich nicht einmal anstrengst und dir Mühe gibst."
Logan stand auf und zog mich hoch.
"Ich wollte hier von Anfang an nicht herkommen, ich habe das gemacht für Annabelle und nicht für dich."
Joseph lehnte sich nach vorne.
"Weißt du eigentlich, was ich für dich geopfert hatte, für unsere Familie?"
Logan lachte auf.
"Familie? In welchem Universum sind wir eine Familie gewesen? Es gab Mom und mich, und es gab dich."
"Gab?", fragte er nach.
"Mittlerweile habe ich meine eigene Familie", betonte er und drückte meine Hand.
Automatisch lächelte ich und lehnte mich gegen ihn.
"Du und Annbelle", nickte Joseph, aber er fixierte einen Punkt auf mir. "Und euer Kind."
Überrascht sahen Logan und ich uns an. Automatisch fasste ich mit meiner Hand an meine kleine Wölbung, die eigentlich niemandem bis jetzt aufgefallen ist.
Joseph lachte leise auf und lehnte sich zurück. "Glaubt ihr, ich erkenne nicht meinen Enkel, wenn ich ihn sehe?", fragte er sarkastisch nach. "Ich bin auch Vater."
Logan rümpfte die Nase und zog mich zu sich.
"Wenn du das irgendjemanden erzählst, ...", flüsterte er und zeigte bedrohlich mit dem Finger auf ihn.
Joseph hob unschuldig die Hände.
"Keine Sorge", meinte er belustigt. "Mein Enkelkind werde ich, wie meinen eigenen Sohn behandeln."
Es war der Punkt, an dem Logan sich vor Wut nicht mehr halten konnte, deshalb packte ich ihm am Arm.
Voller Tobsucht starrte mein Mann Joseph an, bereit die Scheibe einzuschlagen und sich dann auf seinen Vater zu stürzen.
"Logan", wisperte ich und sah ihn sanft an.
Sein Blick richtete sich nach mir und automatisch atmete er durch und beruhigte sich.
"Wir gehen jetzt", meinte er mit fester Stimme und sah nur mich dabei an.
Wir machten bereits die ersten Schritte in Richtung Ausgang, als Joseph auf stand und sich vor lehnte.
"Ihr könnt euer Kind nicht für immer beschützen", meinte er mit fester Stimme.
Logan dreht sich schwungvoll um und starrte seinem Vater intensiv ins Gesicht.
"Stimmt", murmelte er. "Aber wenigstens werde ich es mit Liebe groß ziehen, sodass es nicht auf die schiefe Bahn gerät."
Sanft zog er mich mit sich nach draußen. Genauso wie er, brauchte ich frische Luft.
Der Sauerstoff füllte meine Lungen und versorgten meinen Körper wieder normal.
"Es tut mir so leid", flüsterte ich nach ein paar Minuten der Stille. "Ich dachte, es wäre eine gute Idee deinen Vater wiederzusehen und ich-"
Mein Gelaber wurde von Logan unterbrochen.
"Annabelle, mir tut es leid."
Sein Blick wurde tiefgreifender. Vorsichtig nahm er meine Hand. "Dieser Mann hat uns so viel leid angetan, dass ich ihm nächstes mal vermutlich an die Kehle gehen würde."
Ich lächelte traurig und nickte.
Logan hatte Recht, Joseph war Schuld an so vielen Dingen, aber eine positive Sache hatte das alles hier.
Sanft legte ich meine Hand an seine Wange.
"Aber sonst wären wir uns nie näher gekommen", wisperte ich und gab ihm ein leichten Kuss. "Wir würden nie zusammen ziehen und heiraten."
Auf seinem Gesicht zeichnete sich ein Lächeln ab, denn er wusste, ich hatte Recht.
"Wir hätten nie unsere eigene kleine Familie gegründet."
Ich nahm seine Hand und legte sie auf meine kleine Wölbung, da wo einige Zentimeter dahinter unser Kind heranwuchs.
In Logans Augen sah ich Tränen.
"Ich liebe dich, Annabelle Drakeson. Egal, was war und sein wird. Ich kann kaum in Worte fassen, wie groß mein Glück ist, dich als Frau zu haben und ein gemeinsames Kind zu bekommen."
Ich sah ihm lächelnd an. Er sprach mir zu hundert Prozent aus der Seele.
"Und ich liebe dich", flüsterte ich und zog ihn an mich ran bis unsere Lippen einander berührten.

Good Badboy ?!Where stories live. Discover now