83

14.3K 327 45
                                    

Abgesehen vom leisen Radio herrschte Stille im Auto.
Logan konzentrierte sich auf die Straße, während ich gebannt aus dem rechten Fenster starrte.
Ich wollte es so, die Stille.
Immerhin hatte ich Logan nichts mehr zu sagen, es war alles gesagt, mehr oder weniger.
Es juckte mich zwar schon in den Fingern Logan zu berühren, entweder sanft oder mit einer fetten Geschichtsklatsche, aber ich ließ es bleiben, indem ich meine Arme verschenkt hatte.
Natürlich würde ich ihn gerne nach Kyla fragen, naja um ehrlich zu sein, würde ich ihn deshalb gerne alles vorwerfen und anschreien. Ich hatte es wochenlang in meinem Kopf angespielt, aber jetzt wo ich die Möglichkeit hatte, fehlte mir mein Mut. Also schwieg ich.
"Ist dir warm genug? Annabelle?", fragte Logan in die Stille und drehte die Klimaanlage etwas runter.
Ich zuckte mit meinen Schultern und starrte wieder nach draußen.
"Du solltest mir schon sagen, wenn du genug hast", meinte er und schaltete die Kupplung um.
Ich schnaubte und verdrehte meine Augen.
Wenn ich genug hatte ...
Von was? Von ihm?
"Was ist?", fragte er nach und sah kurz zu mir herüber.
"Alles in Ordnung, mir geht es gut, besser denn je sogar. Danke der Nachfrage", meinte ich ironisch.
"Willst du mir vielleicht etwas sagen?", wollte er wissen und ich sah aus dem Augenwinkel, dass deine Hände den Lenker fester umgriff.
Jetzt hatte ich die Möglichkeit mir die Seele aus dem Leib zu reden, aber ... tja, aber ich konnte es einfach nicht.
"Ich denke, ich habe dir nichts zu sagen, alles würde klar und deutlich gezeigt", sagte ich stattdessen und versuchte kalt zu wirken, immerhin wollte ich nicht vor ihm flennen.
"Schön, wenn das so ist, dann reden wir nicht", kommentierte Logan und es herrschte wieder dieselbe Stille wie am Anfang.
Wie konnte er einfach locker lassen? Hatte er mich überhaupt gerne gehabt?
"Okay, weißt du was, du willst reden? Reden wir", meinte ich angesäuert.
" Ich weiß bis jetzt nicht, was der Grund war, warum du mir so was angetan hast, aber das ist eine Sache. Aber mit mir zu reden, als wäre nichts passiert, ist eine ganz andere Sache."
Ich merkte, wie Logan sich zurück hielt, da sich seine Kieferknochen anspannten.
"Das war bloß eine nette Geste", wehrte er sich. "Es tut mir leid, dass ich dich vor dem Typen gerettet habe, der sich bestimmt mehr erhofft hatte, als Küsse."
"Ich bitte dich, ich hätte alles unter Kontrolle", sagte ich giftig und sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an.
Logan lachte auf, sodass meine Wut anstieg.
"Ich glaube, du hast nicht wirklich mitbekommen, dass er mich gegen die Wand gedrückt hatte und du dich nicht wehren konntest. Also entschuldige, wenn ich dich vor möglicherweise einer Vergewaltigung gerettet habe", meinte er schnippisch und schaltete eine Gang höher.
"Logan, du musst nicht gleich aus einer Fliege einen Elefanten machen. Was hattest du überhaupt dort oben zu suchen?", fragte ich stattdessen nach.
"Luft, Annabelle, kalte frische Luft. Ein Club hat eben die Hitze so an sich und dann hatte ich dich zufällig beim rummachen erwischt mit diesem Typen. Wo hast du den überhaupt aufgegabelt?", rechtfertigte er sich.
"Dan hatte mich angesprochen und sich verhalten wie ein Gentlman", antwortete ich schnell.
"Dann weißt du aber auch, dass Dan kein Gentleman im Inneren ist", kommentierte er.
"Ach und du bist einer?", fragte ich überraschend sarkastisch nach.
"Mehr als er zumindest", schnaubte er.
"Ach deswegen hast du mich betrogen, du Gentleman", sagte ich ironisch und nickte zusätzlich mit dem Kopf.
"Das ... Ich hatte meine Gründe", meinte er nur leise.
"Deine Gründe? Welche Gründe hattest du bitte, dass du deine Freundin betrogen konntest, gleich nachdem du mir ihr letztes Wochenende geschlafen hattest?", fragte ich nach.
"Nein, ich versteh schon, du bist ja Logan Drakeson, der sich alles erlauben kann."
Ich starrte wieder stur aus dem Fenster um mich zu beruhigen.
Wie lange konnte diese Fahrt wohl noch gehen?
"Ich sagte, ich habe meine Gründe", wiederholte er etwas lauter.
"Ich weiß, dass ich dich verletzt habe, aber es ist besser so, ein Leben ohne mich. Ich bin eben so und keine Frau der Welt kann das ändern, nicht mal eine Annabelle Fields."
Erst jetzt merkte ich, wie schnell wir über die dunkle Straße fuhren, als wir eine rote Ampel überfuhren.
"Ich habe einen Ruf und den zu verlieren ist leichter als ihn aufzubauen."
Logan redete und argumentierte immer mehr, aber ich hörte nur mit halbem Ohr zu. Meine Aufmerksamkeit galt eigentlich eher dem viel zu hohen Tempo.
"Logan", flüsterte ich und sah mich nach anderen Autos um, da ich jeden Moment befürchtete, dass wir einen Unfall bauten.
"... Ich weiß, es ist schwer zu verstehen, aber es ist immerhin mein Leben ... "
"Logan", sagte ich mit festeren Stimme.
"Nein, Annabelle, du verstehst nicht. Manchmal ist es einfach so, dass der Ruf einen zwingt so etwas zu tun und um ehrlich zu sein ich-"
"Logan!", folgte ich ihn an und legte meine Hand ruckartig auf seinen Arm. Abrupt stoppte er seinen Monolog und merkte auch jetzt endlich selber, dass wir viel zu schnell fuhren.
Er nahm den Fuß vom Gas und atmete tief aus.
Meine Hand lag immernoch an derselben Stelle, aber ich zog sich schnell weg.
Es hatte sich tatsächlich sehr vertraut angefühlt.
Jep, ich war noch lange nicht über ihn hinweg!
"Es ..." Kurz räusperte er sich. "Es tut mir leid", meinte er leise.
Ich merkte, dass er es wirklich erst meinte, so wie er es auch sagte.
"Schon okay", flüsterte ich und schaute gerade aus, doch ich fühlte, wie er ab und zu einen Blick zu mir rüber warf.
Die restlichen paar Minuten Sprachen wir wirklich nicht, selbst das Radio war stumm.
Kurz vor meinen Haus an dem Straßenrand blieb er mit seinem Auto stehen und stellte den Motor ab.
Wir beide saßen da und wussten nicht, was wir sagen sollten.
"Annabelle, es tut mir leid, dass ich mich so aufgeregt habe", begann Logan schließlich.
"Und mir, dass ich dich so angefahren habe", stimmte ich zu und sah auf meine Hände im Schoß.
Ich holte tief Luft und öffnete die Tür.
"Danke fürs Bringen", sagte ich nebenbei und wollte die Tür bereits zu schlagen, als er sich rüber lehnte, damit ich ihn sehen konnte.
"Es tut mir leid, dass ich dich verletzt habe", flüsterte er. Ich musste trocken schlucken.
Tatsächlich dachte ich, dass ich so etwas nie aus seinem Mund hören würde, aber hier war es und ich wusste nicht, wie ich darauf reagieren hätte sollen.
"Gute Nacht", flüsterte ich sah ihn an.
"Gute Nacht", wiederholte er und kurz darauf schloss ich die Tür und Logan fuhr weiter bis ihn die Dunkelheit verschluckte.
Der Abend war ein einziges Durcheinander und ich hatte keine Ahnung, wie ich jetzt zu Logan stand.

Good Badboy ?!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt