Kapitel 64

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Ich war komplett überfordert und tat erstmal gar nichts gegen den Kuss, erwidern tat ich aber sowieso auch nicht. Ich wusste nicht was ich tun sollte. Das einzige was ich wusste war, dass es zwar kein ekliger Kuss war (im Gegensatz zu Davids Küssen aber doch eher schlecht), ich aber eindeutig nichts mehr von Luke wollte. Weder einen Kuss, noch mehr.

Die Entscheidung wurde mir abgenommen, als Luke plötzlich von mir weggezerrt wurde.

Ich blinzelte und erkannte dann einen Typen, der ebenfalls nur Socken, eine Jeans und ein schwarzes Shirt anhatte. Das war eindeutig David.

Ich hatte überhaupt nicht mit bekommen, dass er raus gekommen war. Aber ich war wirklich erleichtert, dass ich jetzt nicht mehr von Luke bedrängt wurde, sondern frei gegen die Wand lehnte.

"Was soll das?" fragte Luke mit etwas lauterer Stimme.

"Sie ist deine Ex-Freundin!" erwiderte David mit zusammen gekniffenen Augen. Scheinbar hatte David mittlerweile auch schon gemerkt, wer Luke war.

"Ja eben! Als ob ihr das nicht auch gefallen hätte, geh einfach wieder damit wir da weiter machen können, wo wir aufgehört haben!" Luke redete sich richtig in Rage.

Ich hatte dem Gespräch bis jetzt stumm und verwirrt gelauscht, schnappte aber erschrocken nach Luft, als Luke David in Richtung der Türe schubste.

Das konnte gar nicht gut gehen, trotzdem traute ich mich nicht einzugreifen, was im Nachhinein wirklich ein Fehler war.

"Fass mich nicht an! Und Rose ist durch mit dir, also lass auch sie in Ruhe." David schubste Luke mit ordentlicher Kraft zurück, sodass der weniger bemitleidenswerte Junge fast hinfiel. Aber er fing sich noch und ging wieder drohend auf David zu.

Ich quietschte leise auf und hielt mir kurz die Hände vors Gesicht, als Luke David in die Magengegend schlug. David ließ das nicht auf sich sitzen und schlug sofort zurück, wodurch eine Schlägerei entstand.

Ich wusste absolut nicht was zu tun war, sondern beobachtete erstmal geschockt wie die Fäuste der Jungs sich gegenseitig verletzten. Blut floss noch nicht, aber es war eindeutig dass der kleine Kampf beide jetzt schon mitnahm.

"Fass nie wieder mein Mädchen an!" rief David ziemlich aufgebracht und schlug dabei wieder auf Luke ein.

Ich fand, dass es an der Zeit war einzuschreiten, weswegen ich spontan von hinten auf David zu ging.

"David es reicht jetzt!" rief ich und fasste ihn mit den Händen von hinten an die Schultern. Ich hatte überhaupt keine Ahnung, wie man ihn in so einer Situation beruhigen konnte und scheinbar war ich ihm gerade völlig egal. Er prügelte sich nur gerade wegen mir, aber wenn ich ihn dann bat aufzuhören war ich ihm doch wieder egal. Das sollte einer mal verstehen.

"David! Luke!" versuchte ich erneut die beiden zur Vernunft zu bringen.

Da alles nicht half, ließ ich von David ab und versuchte irgendwie zwischen die beiden zu geraten. Die schlechteste Idee, die ich je hatte, aber die beiden würden sich am Ende noch gegenseitig umbringen.

Also fasste ich all meinen Mut zusammen, schloss die Augen und schob mich in einem ruhigen Moment zwischen die beiden. Die Fäuste waren zwar gerade noch nicht geflogen, aber das ganze passierte schneller, als dass irgendjemand hätte reagieren können.

Ich konnte vielleicht gerade noch einen halben Zentimeter mit dem Kopf ausweichen, die Faust, die auf mich zu schoss, konnte vielleicht ebenfalls gerade noch einen halben Zentimeter meinem Kopf ausweichen, aber es genügte nicht, um keinen Schaden entstehen zu lassen.

Ich hatte das Gefühl, dass alles in Zeitlupe passiert. Der geschockte Ausdruck auf seinem Gesicht, dann die Faust, die direkt auf meiner Wange landete und mir unglaubliche Schmerzen bereitete. Bluten tat es nicht, aber ich wette meine Wange war gerade knallrot, man sah sogar noch den Abdruck und der Schmerz würde vorerst noch bleiben.

Immerhin war jetzt um mich herum Stille eingekehrt.

Ich hielt meine angenehm kühle Hand gegen die warme, verletzte Wange und atmete tief durch, drückte sogar Tränen zurück. Wahrscheinlich wäre ich gleich in mich zusammen gesackt, würde mich da nicht gerade eine Umarmung von David halten. Ich lehnte mich gegen ihn, im Moment zählte eh nur der Schmerz.

"Es ist besser, wenn du jetzt gehst, Luke." sagte David ein bisschen atemlos.

Ich war nicht erstaunt, dass Luke nicht ging. Mir wäre es im Moment aber auch lieber, den Vorfall in Ruhe klären zu können und das ohne Luke.

"Bitte, Luke." bat ich ihn jetzt auch.

"Ist das dein Ernst? Dieses Arschloch schlägt dich und statt dass du zu mir kommst, schmiegst du dich an ihn und willst, dass ich verschwinde?" Luke war immer noch ziemlich aufgebracht, ließ es aber glücklicherweise darauf beruhen und ging daraufhin tatsächlich schnaubend davon.

"Oh mein Gott, Rose, ich ... es tut mir wahnsinnig leid, du kannst mir glauben, dass ist das letzte, was ich jemals machen wollte. Kann ich irgendwas ..." weiter kam David mit seiner Entschuldigung dafür, dass er mich geschlagen hatte, nicht.

"Sei einfach leise. Trag mich hoch ins Bett." murmelte ich gegen seine Brust. So schlimm, dass ich mich nicht bewegen konnte oder das Sprechen weh tat, war es natürlich nicht, aber es tat schon richtig weh, warum sollte ich mich jetzt also noch anderweitig überanstrengen?

David reagierte sofort. Er hob mich wie eine Braut hoch, sodass ich direkt in sein schuldiges Gesicht sah. Es musste ihm wirklich leid tun, immerhin.

Schweigsam trug er mich nach oben in unser Zimmer und legte mich auf dem Bett ab. Er selbst setzte sich an die Kante neben mich.

"Brauchst du irgendwas?" fragte er leise und sah mich dabei direkt an.

Es war ziemlich dunkel im Zimmer, da David das Licht nicht angemacht hatte.

"Bring mir mal bitte meine Schlafsachen." bat ich ihn einfach.

"Aber es gibt doch noch Essen?"

"Ja, das darfst du mir bringen." Jetzt konnte ich schon wieder ein bisschen Grinsen.

Ich wollte David nicht ausnutzen und er musste das alles ja auch nicht tun. Trotzdem hatte er mich nun mal geschlagen, was immer noch ziemlich weh tat, und bot mir als kleine Entschuldigung an, das zu tun, was ich wollte. Warum sollte ich das also nicht annehmen?

"Okay, ich geh mal runter, das Essen hat schon angefangen." sagte er mir, erhob sich und lief auf meinen Schrank zu. Er zog die Schlafsachen heraus, die ich gestern schon anhatte und warf sie mir zu. "Ich lass dich kurz alleine, ja?"

"Ja David und jetzt geh!" Das war keinesfalls unhöflich gemeint, ich fand nur, dass er sich selbst zuviel Schuld gab.

Er hatte mich geschlagen, ja. Aber unabsichtlich und auch nur, weil ich mich so unvorsichtig zwischen ihn und Luke gestellt hatte, während sie sich prügelten. Außerdem hatte er diese Prügelei nicht mal begonnen und sie war auch nur entstanden, weil er mich von Luke befreit hatte. Im Grunde genommen hatte er nichts falsch gemacht, außer, dass er einfach hätte aufhören sollen sich zu schlagen, als ich ihn darum bat.

Ich zog mir die Sachen an und wartete danach auf David, der kurz darauf auch schon mit einem Tablett voll Essen kam.

"Bitteschön." meinte David leicht lächelnd und stellte das Tablett auf dem Bett ab. "Soll ich Licht anmachen?" fragte er noch.

Ich knipste einfach das Nachttischlichtlein an, da mir das große Licht zu hell wäre, aber ich ja schlecht ohne Essen konnte.

"Isst du nicht mit?" David saß wie vorher auf der Bettkante und sah mir lediglich dabei zu, wie ich nach und nach immer mehr Essen verschlang. "Zieh dir mal bequemere Sachen an und komm zu mir."

Es war wirklich mal entspannend und was anderes ihn herum kommandieren zu dürfen und er schien nicht mal was dagegen zu haben. Stattdessen folgte er meinen Anweisungen und tauschte seine Jeans gegen eine Jogginghose.

Nachdem wir dann gemeinsam alles aufgegessen hatten, machten wir uns gleichzeitig im Bad fertig zum Schlafen - duschen tat dabei natürlich keiner.

Kurze Zeit später lagen wir uns gegenüber im Bett und sahen uns gegenseitig in die Augen. Das war irgendwie gruselig, da es ziemlich dunkel war und Davids Augen so hell leuchteten.

"Jetzt erzähl mir mal, warum du dich mit Luke geprügelt hast und wie du uns überhaupt bemerkt hast."

My Best Friends BrotherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt