Kapitel #62

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Verwirrt sah ich Justin aus großen runden Augen an. Das Hämmern an der Tür wurde pro Sekunde heftiger und langsam bekam ich Angst, dass die Tür gänzlich zusammenbrechen würde. Justin jedoch tat meinen besorgten Blick nur mit einem Schulterzucken ab und löste sich daraufhin sanft von mir. Er richtete noch kurz seine zerrissene Jeansjacke, ehe er die Tür mit einer flinken Bewegung öffnete und seinem gegenüber in die Augen sah.

Sofort verengten sich dessen Augen und seine Lippen zogen sich zu einem schmalen Strich zusammen. Ganz kurz, kaum merklich, glitten seine Augen an Justin vorbei zu mir und sahen mich aus einer Mischung von Wut und Enttäuschung an, die mich erzittern ließ. Selbst als er seine Augen wieder hasserfüllt auf Justin richtete merkte ich seinen brennenden Blick noch auf meiner Haut und konnte dieses verzweifelte Gefühl kaum noch unterdrücken, dass mich am ganzen Leib durchfuhr.

"Du kleiner Wixxer, wolltest du so meine Schulden begleichen? Sie ist keine deiner Nutten", schrie mein Bruder Justin ins Gesicht. Mit einem Schlag änderte sich auch Justins Gesichtsausdruck von leicht belustigt zu wütend.
"Wer sagt, dass ich sie gezwungen habe?", fragte er bedrohlich, was wohl das provokanteste war, das er hätte sagen können. Seine Stimme hatte den weichen Unterton, mit dem er neuerdings mit mir sprach, verloren und gewann wieder einen kalten, drohenden Ton, den er jedem entgegensetzte, dem er drohen wollte.
"Weil ich dich kenne", spuckte Sebastian nur als Erklärung aus, als sei es das logischste, was man nur sagen konnte.
Mit beiden Händen stieß er Justin gegen die Brust und drückte ihn solange nach hinten, bis er mit dem Rücken hart gegen eine seiner Wände stieß.

Wie benebelt sah ich zu den beiden hinüber. Mein Inneres sagte mir, dass ich etwas unternehmen sollte, doch keines meiner Glieder bewegte sich auch nur einen Zentimeter, während ich einfach nur meinem eigenem Blut beim Pochen zuhörte und allmählich bemerkte, wie mir langsam schlecht wurde. Das war nicht gut, gar nicht gut.

Immer noch wie benebelt sah ich zu den beiden hinüber. Meine Muskeln wirkten wie versteinert und die Verzweiflung stieg in mir auf, während die beiden sich-immer noch in der Situation verweilten-gegenseitig in den Tod starten. Unfähig etwas zutun sah ich zu wie Justins Lippen sich langsam und provozierend bewegten und irgendwelche Worte aussprachen, die ich durch meine Rausch nicht hören konnte, doch Sebastian ließ ihn nicht mal mehr seine Drohung aussprechen. Mit einem Satz schlug er Justin direkt auf seine Nase, die mit einem lauten Knacken zu Blüten anfing. Mir war klar, dass Justin ihn mit ein paar Schlägen erledigen könnte, und das wusste auch Sebastian, dem war ich mir sicher, doch Juston stand einfach nur reglos da und ließ zu, dass Sebastian ihm abwechseln ins Gesicht und in die Magengrube schlug, ohne auch nur eine Miene zu verziehen.

Irgendwann wanderte sein Blick zu mir hinüber und bohrte sich tief in meine Augen; beinah so, als würde er an mir halt suchen um nicht auszurasten. Ich konnte die Anstrengung und die unterdrückte Wut in seinen Augen nur zu deutlich sehen! als dass ich seinen Blick hätte anderes deuten können. Lange würde Justin das nicht aushalten; es würde nicht lange dauern, bis er explodieren würde und ob mein Bruder dies überleben würde, konnte ich noch nicht mit Gewissheit sagen.

Der nächste Schlag von Sebastian traf Justin genau auf seinen Piercing. Mit einem unangenehmen Geräusch verbog dieser sich und stach merkwürdig in Justins Augenbraue, wodurch ihm Blut über die Schläfe bis hin zu seinem Auge sickerte, das alles andere als gesund mit der roten Farbe aussah.

Ich hörte ein Wimmern hinter mir und drehte mich Augenblick um, wodurch mein Blick auf den traurigsten Anblick meines Lebens traf. Jaxon war durch den ganzen Lärm wach geworden und klammerte sich nun mit aller Kraft gegen seine Bettdecke. Aus ängstlichen, mit Tränen gefüllten Augen sah er zu Justin hinüber, dessen Gesicht immer noch angespannt war.

Hin und her gerissen blickte ich mich im Raum um und versuchte mich selbst zu berühigend. Immer wieder sah ich zu Jaxon und dann wieder zu Justin und wusste mir einfach nicht selbst zu helfen, obwohl ich wusste, dass die Sache nur bei mir hängenblieb.

frightening, completedWhere stories live. Discover now