Kapitel #20

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Geschockt sah ich zu, wie Justins Augen sich immer weiter verengten und schließlich nur noch zwei braun leuchtende Schlitze übrig blieben, die sich immer noch in meine Richtung bohrte. Worauf wartete er noch? Er hat mich gesehen, wieso tat er nichts? Dieses Warten war schlimmer als jede Folter, die er an mir ausüben könnte. 

Immer mehr Tränen rannen mein Gesicht hinunter, während das Aufschreien meines Bruder wie aus weiter Entfernung in mein Gehör drang und mich immer wieder zusammenzucken ließ. Ich musste etwas tun, doch es war so lächerlich; wenn mein Bruder nichts gegen sie ausrichten konnte, könnte ich es doch erst Recht nicht!

Verletzt hob ich meine Hände vor mein Gesicht und unterdrückte ein weiteres Schluchzen, während ich mir selbst einredete, dass es bald aufhören würde. Immer fester presste ich meine Hände gegen meine Haut, hinterließ großflächige Spuren und ließ meine Tränen meine Hände benetzen. Erst nach einer gefühlten Ewigkeit, die in Wahrheit ein paar wenigen Minuten entsprach, wagte ich es wieder aufzusehen. Mein Bruder lag auf dem Boden, die Jungs hatten immer noch nicht aufgehört, auf ihn einzuschlagen, und er regte sich fast gar nicht mehr, während sein Körper sich überall blutrot verfärbte. Hatten Sie ihn in die Ohnmacht geprügelt? Ich wollte aufschreien, doch dann sah ich gerade noch rechtzeitig, wie er leicht mit den Beinen zuckte, und hielt mich doch zurück.
Er war noch bei Bewusstsein, wenn auch knapp. Es würde allerdings nicht lange dauern, bis er ins Schwarze hinabgehen würde. Ich konnte nicht einfach weiter Tatenlos hier rumsitzen und darauf hoffen gleich aufzuwachen.

Mein Blick schweifte beinah schon automatisch zurück zu Justin, sodass er direkt meine Verzweiflung sehen konnte. Er hatte seinen Blick immer noch auf mir und msterte mich mit dieser üblichen, emotionslosen Maske, die er so gut zu pflegen wusste. Ohne zu wissen wieso, sah ich ihn stumm flehend an. Auf meinen Wangen liefen die Tränen in Strömen hinab und meine Lippen zitterten leicht durch die unterdrückten Schluchzer, die meiner Kehle entfliehen wollten.

Doch wie erwartet reagierte er nicht auf mich. Was hatte ich auch erwartet? Warum sollte er mir diesen Gefallen schon tun? Immer mehr Tränen liefen aus meinem Augenwinkel und kullerten tonlos zu Boden. Es tat weh zu wissen, dass sie meinen Bruder jeden Moment todschlagen könnten und ich rein gar nichts tun konnte, um dies zu verhindern.

'Nein! Es reicht! Wenn ihm jetzt etwas passiert, wirst du dir das niemals verzeihen!', ermutigte ich mich selbst, was nur halb so viel Adrenalin in mir auslöste wie erhofft.  Ein letztes Mal atmete ich tief durch und sprach mir damit selbst Mut zu, ehe ich möglichst gewappnet aufsprang und zu meinem Bruder hinüber rannte.

Als die Jungs mich jedoch entdeckten, war es das schon wieder mit der wenigen Mut, die ich mit eingeredet hatte.
"Hört auf", brachte ich kläglich über die Lippen. "Bitte!" Weitere Tränen liefen über meine Wangen und ließen mich wahrscheinlich aussehen wie ein schlechter Pana.

"Wer bist du denn, süße", fragte einer der Jungs schelmisch grinsend und kam langsam auf mich zugelaufen.
Die gute Nachricht: sie ließen wirklich von meinem Bruder ab, der mich jetzt aus verzweifelten, geschwollenen Augen heraus entgeistert musterte.
Die Schlechte: Die beiden Schläger sahen mich beide so an, als wollten sie mich gleich vergewaltigen.

"Keine Antwort?", fragte er und verringerte den Abstand zwischen uns aufs mindeste. Er war mir inzwischen so nah, dass ich seinen Schweißgeruch wahrnehmen konnte, der in meiner Nase brannte wie verdorbene Milch. Seine blauen Augen hefteten sich  erregt  auf meinen Ausschnitt, der in dem ganzen Wimmel ein bisschen zu sehr verrutscht war.
Mit einer Hand fuhr er sich durch die schmierigen Haare, ehe sein Blick wieder hochgleiten ließ und mich lüstern ansah.

Sofort fing ich an wie wild zu zittern und hörte uf die Panik in mir zu unterdrücken, die schon so lange hervorkriechen wollte. So hatte ich mir meine Entjungferung nicht vorgestellt!

frightening, completedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt