Kapitel #27

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Es kam mir vor, als würde alles in Zeitlupe vergehen; als wäre ich nicht einmal dabei, sondern würde es aus weiter Ferne beobachten und doch dadrin integriert sein. Nur grob bekam ich mit, wie Shawn sich mit einem enttäuschten Blick umdrehte und anschließend ging, und wie ich kurz darauf auf Ashley losging und ihr mit meiner Tasche hart eins überzog. All das passierte, ohne dass ich es kontrollierte oder richtig realisierte. Weiter in einem ausdruckslosen Nebel gefangen, drehte ich mich um und sah in duzente geschockte Gesichter, die wie aus dem Nichts hinter mir auf dem Schulhof aufgetaucht waren, um das Szenario zu beobachten, doch ich sah nur eins davon wirklich an; Justins.
Es interessierte mich nicht, woher plötzlich all diese Menschen kamen, es interessierte mich auch nicht, was mit Ashley war; mich interessiert nur, warum Justin nicht sofort gesagt hatte, dass es nicht stimmte. Es würde keinen Stress geben, wenn er es einfach abgestritten hätte. Mir würde Shawn das allerdingsaber niemals glauben.

Er schien meinen Blick sofort zu verstehen, denn er antwortete mit mit einem simplen Schulterzucken. "Warum sollte ich. Du willst ihn doch sowieso nicht. Was sollte ich da eure Beziehung retten? Sei mir mal dankbar; endlich bist du raus aus der Scheiße", sagte er gerade so laut, dass jeder im Umkreis von fünf Metern es verstehen konnte und automatisch ungläubig die Luft einsog.

Ungläubigkeit machte sich in mir breit; wie konnte er so etwas sagen? er hatte keine Ahnung, wie ich zu der Sache stand oder was für Gefühle ich hatte, woher nahm er sich also das Recht zu so einer Behauptung?

Plötzlich nahm ich ein Geräusch hinter mir wahr, das voller Schmerz und Kränkung betäubt war, und drehte mich schnell um, um den Auslöser entgegen zu sehen. Ich sah gerade Wegs in Shawns Augen, die bereits jetzt leicht glänzten.
"Ich...wollte dir eigentlich eine Chance geben, es zu erklären. Du hast gesagt, wir sollen in der Beziehung mehr reden und nicht sofort sauer sein...", versuchte er stockend zu erklären, was er hier tat, doch so richtig zu funktionieren schien er nicht. Als wenn er mir überhaupt Rechenschaft schuldig wäre...

Seine Stimme zerbrach mir dennoch das Herz. Sie klang sowohl kalt, als auch verletzt, was wohl die schlimmste Mischung war, die ein Kerl dir entgegenbringen konnte.
"Stimmt es?", fragte er kurzangebunden und sah dabei zu Justin, anstatt zu mir, was mich nur noch mehr verwirrte. Ich war mir einfach nicht sicher, von wem er jetzt die Antwort haben wollte.

Justin sah mich nur auffordernt an und sein Blick schien soviel wie "ich rette dich nicht" zu bedeuten, was meiner Meinung nach unfair war, immerhin hatte er mich in diese Situation gebracht, oder nicht?

"Was meinst du genau?", fragte ich mit letzter Hoffnunf und drängte ihn somit still mich anzusehen, was er auch sofort tat und mich diese bitte somit wieder bereuen ließ; sein Blick tat weh, sehr weh.
"Hast du mit ihm geschlafen?", fragte er nun mit Nachdruck und ich konnte die Angst in seinen Augen sehen, die sich so sehr erhoffte, dass ich ihm ein Nein geben würde.

Schnell schüttelte ich aufrichtig den Kopf, was allerdings nicht wie erhofft Erleichterung auf sein Gesicht brachte. Nein, er sah mich immer noch an, als hätte ich ihn geschlagen.
"Liebst du mich?", fragte er nun mit noch mehr Nachdruck. Sofort sackte mir das Herz in die Hose und ich starrte ihn nur geschockt an, was wohl mit das Schlimmste war, was ich tun könnte.
"Stimmt es, was er gerade gesagt hat, oder liebst du mich?", drängte Shawn mich verzweifelt ihm eine Antwort zu geben, doch meine Kehle war wie zugeschnürt. Ich konnte ihn nicht einfach anlügen; konnte diese drei Worte nicht sagen, wenn ich sie nicht ehrlich meinte, also starrte ich ihn nur weiterhin an und bemerkte stillschwiegend, wie Tränen sich in meinen Augen bildeten. Ihn ohne Worte anflehend, seine Frage wieder zurückzunehmen, stand ich da und wartete verunsichert auf eine Reaktion, doch als sie endlich kam, war ich noch nicht darauf vorbereitete gewesen: "Das reicht mir als Antwort" Mit diesen Worten drehte er sich um und ging los ohne auf in belustigten Blicke zu achten, die ihm von allen Richtungen her zugeworfen wurden.

Mit einem letzten Blick über die Schulter drehte er sich schließlich noch ein mal um und sprach die Worte aus, vor denen ich mich gefürchtet hatte, seit ich wusste, dass wir bald eine Familie sein würden. "Es ist aus"

Kurz blieb ich wie angebunden stehen, doch dann überkam mich doch noch das Adrenalin und ich rastete völlig aus.
"Oh bitte du kannst gar nicht mit mir Schluss machen! Dafür müssten wir eine Beziehung geführt haben, aber das war das hier nicht!" Ich fuchtelte wild zwischen uns hin und her, um meinen Worten Bedeutung zu geben. "Wir haben eine halbe Woche lang nur gestritten und diskutiert, als wären wir seit 50 Jahren verheiratet. Das hier war doch keine ernstzunehmende Beziehung!" Endlich kamen diese Wahrheit über meine Lippen und hinterließen eine wohlige Leere in meinem Inneren. Es war lächerlich gewesen, was wir gehabt hatten. Und Justin hatte recht; ich konnte froh sein, da jetzt raus zu sein, auch wenn die Art, wie es passiert war, etwas unfair gewesen war.

Shawns Blick war mit Trauer geprägt und ich merkte, dass ihm die Tränen nun vollständig in die Augen traten und er sie nur schwer zurückhalten konnte. Mir wurde das alles deutlich zu viel. Schnell packte ich mir meine Tasche, die bei meiner "Schlag-Aktion" auf dem Boden gelanget war, und ging wortlos los. Jedoch nicht ohne Ashley, die immer noch auf dem Boden saß und sich die Nase hielt, noch einen gehessigen Blick zuzuwerfen! den ich mir einfach nicht verkneifen konnte.

Als ich bei Justin vorbeikam, bemerkte ich seinen anerkennenden Blick auf mir, versuchte aber diesen zu ignorieren, obwohl es mir irgendwie gefiel, wenn er mich so ansah; es war mal etwas anderes als die Nbliche Arroganz.
"Wow hätte nicht gedacht, dass du gemerkt hast, wie lächerlich das zwischen euch war", lachte er leise auf, als ich direkt neben ihm stand. Ich funkelte ihn daraufhin nur wütend an, was ich mich ohne das Adrenalin wohl nie getraut hätte.
"Stell dir vor, ich weiß auch, dass so nur eine Beziehung zwischen zwei Kindergartenkindern ablaufen sollte", fauchte ich ihn etwas übertrieben an, doch es war mir in diesem Moment einfach egal. "Aber angehen tut es dich trotzdem nichts!" So harsch hatte ich es noch nie gewagt, mit ihm zu reden. Die Angst stand mir immer im Weg, aber jetzt gerade war mir alles egal. Ich wollte einfach nur hier weg und mir etwas frisches anziehen und genau das tat ich auch; weglaufen.

frightening, completedWhere stories live. Discover now