Die Wunde der Vergangenheit

By demez34

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Im nächsten Moment wurde ich ruckartig nach hinten gezogen und prallte gegen die harte Brust vom Unbekannten... More

1 - der Einbruch
2 - die Nachricht
3 - unter Trümmern
4 - Doppelidentität
5 - der Sonnenaufgang
6 - das Wiedersehen
7 - Zielscheibe
8 - der Deal
9 - Eiskalt
10 - Tiefen des Meeres
11 - das Geschenk
12 - mit allen Sinnen
13 - einsam und zerbrochen
14 - der Besucher
15 - der Plan
16 - ein Funken Liebe
17 - die Übeltäterin
18 - Unerwünscht
19 - zwei Verbrecher
20 - Vollmond
21 - Grenzen
22 - ein Geheimnis
23 - Belogen
24 - schwach
25 - schön und einfach
26 - Sicherheit
27 - der Auftritt
28 - Vereint
29 - Tunnelblick
30 - unerwünschter Gast (Lesenacht)
31 - diese eine Nacht
32 - Flammen
33 - das wahre Gesicht
34 - Spiegelbild
35 - wertlos
36 - Klappmesser
37 - das Versprechen
38 - Pflaster
39 - eine Spur
40 - alles zu viel
41 - Realität
42 - Fetzen
43 - gescheiterte Liebe
44 - Geborgenheit
45 - warm und kalt
46 - zerrissene Seele
47 - Prinz und Prinzessin
48 - das Weiße im Schwarzen
49 - Posttaube (Lesenacht)
50 - große Leere
51 - gefühlloser Mann
52 - Land der Schneestürme
53 - anonym
54 - Stalker
55 - die Devran Taktik
56 - Albtraum
57 - Durcheinander
58 - Mission Liebe
59 - Henker und Hexe
60 - unter Kontrolle
61 - graue Wolken
63 - Ungeheuer
64 - Beschützer und Feind
65 - neues Ich
66 - bewusstlos
67 - Augen voller Schmerz
68 - 7 Uhr morgens
69 - Herzschmerz
70 - Unschuld
71 - Loyalität oder Verrat
72 - zwischen Leben und Tod
73 - Wunder
74 - Romantik pur
75 - Familie Atahan (Lesenacht)
76 - harte Wahrheit
77 - die letzte Warnung
78 - Fluchtversuch vom Feinsten
79 - Geh nicht
80 - falsche Worte
81 - innere Stimme
82 - nächtlicher Besuch
83 - scheiternder Kampf der Gefühle
84 - zu perfekt
85 - ein Mann wie ich
86 - keine Liebe
87 - Gerüchte
88 - Mörder und Opfer
89 - meine bessere Hälfte
90 - halte durch
91 - selbstverliebter Eisbrocken
92 - die letzte Woche
93 - blutige Hände
94 - der Verräter
95 - Feuer und Wasser
96 - der große Schritt
97 - die schöne Seite der Welt
98 - der Alpha Mann
99 - Demir Bayraktar
100 - Mord und Trauer
101 - unser Schicksal
102 - die letzte Begegnung (Das Ende)

62 - Lebenszeichen

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By demez34

Starr blickte ich auf meine Hände herab.
Ein Gewicht lastete auf ihnen.
Wie ein Mörder fühlte ich mich, obwohl ich niemanden umgebracht hatte.
Nach den Schießübungen machten wir eine kurze Pause. Mich zusammenreißend, hatte ich die grausame Übung hinter mir gebracht. Stolz war ich auf mich schon, da ich über mein Schatten gesprungen war. Nur meinem Herzen ging es nicht gut. Ich fühlt ein Drücken an meiner Brust. Und ich war total aufgedreht. Adrenalin floss durch meine Venen.
Der Nieselregen hatte immer noch nicht aufgehört.
Devran telefonierte etwas weiter entfernt von mir und rauchte dabei. Von seinem Gesichtsausdruck bemerkte ich, dass etwas nicht gut lief. Mir selbst ging es auch nicht besser, denn mein Kopf war bei Umut geblieben. Meinem besten Freund musste ich helfen, aber ich wusste nicht wie. Ein harmloser Auftrag hatte ihn in eine Sackgasse geführt.

„Alles in Ordnung?", tauchte Serkan neben mir auf und spannte einen Regenschirm über mich auf. Ich bedankte mich und ließ die Frage unbeantwortet.
„Warum tut mir das Devran an?", versuchte ich zu verstehen.
„Weil er an dich denkt."
„An mich?", sprach ich vorwurfsvoll aus.
„Ich weiß, dass du nichts von Waffen hältst, aber Devran Abi denkt wirklich nur an dich. Was, wenn dir etwas zustoßen könnte, während er nicht bei dir ist? Du musst dich verteidigen können."
Ich wollte weder, dass mir etwas zustieß, noch, dass ich mich verteidigen musste.
„So ist es Teil der Atahans zu sein."
„Ich bin ein nichts von den Atahans! Ich will einfach nur meine Ruhe.", funkelte ich ihn an.

„Nicht den Kopf senken lassen. Du bist ziemlich gut für einen Anfänger, wirklich. Drei Gegenstände von fünf zu erschießen ist nicht einfach. Ich war schlimmer als du.", behauptete Serkan.
„Als ob?", fragte ich lachend.
Serkans Gesichtszüge erstarrte im nächsten Moment, dass sein Lächeln sich auflöste. Als ich mein Kopf nach vorn drehte, verstand ich auch warum. Devran hatte ihn im Visier.
„Verhält er sich dir gegenüber so seltsam?"
„Was meinst du mit seltsam?", hakte Serkan nach.
„Komisch eben. Mal ist er nett, mal kalt. Ich verstehe ihn nicht."
„Devran Abi hat in letzter Zeit viel um die Ohren. Es sind viele Dinge auf einmal passiert.", erfuhr ich daraufhin.
„Was? Schlimme Dinge?"
„Ich weiß nicht, ob ich es erzählen darf, aber es gibt Streit in der Familie. Das strapaziert ihn ziemlich. Nach der Schießerei hat Yaman unter anderem das Haus verlassen."
Schockiert richteten sich meine Braue in die Höhe.

„Devran Abi wurde für eine kurze Zeit in eine riesige Residenz mit hoher Sicherheit verlegt. Anschließend hat eine Konferenz mit den Oberen stattgefunden und sie sehen ein hohes Potenzial in ihn. Sie wollen ihm größere Geschäfte andrehen."
Erstaunt ließ ich die Worte auf mich wirken.
„Und wie wird es weitergehen?"
„Das wissen wir nicht. Aber Abi ist ab jetzt auch einer der größeren. Heute hat er sich Devran Escobar genannt.", teilte meine Posttaube mit. So viel zu: ich mache keine Witze, Devran.
„Was du nicht sagst...", kam ich ins Grübeln. Deshalb folgten also große Sicherheitsmaßnahmen. Ich fing an Devrans Bedenken zu verstehen.

„Was machen große Namen im Geschäft?", wollte ich wissen.
„Unterschiedliches. Liegt drauf an, welche Aufgabe man bekommt. Aber hauptsächlich riskantere Aufträge. Falsche Pässe organisieren, hochwertige Waffen importieren, Gegner ausspionieren und angreifen - alles mögliche Illegale."
„Das hört sich grausam an. Wie könnt ihr dabei unentdeckt blieben? Was ist mit den Behörden?"
„Die Behörden arbeiten teilweise mit uns. Wir planen unsere Geschäfte mit jahrelangen Erfahrungen. Abi hat einen neuen Auftrag bekommen. Er telefoniert wohl mit dem Vermittler. Kalashnikows aus Russland sollen einer sizilianische Mafia geliefert werden. Während Leute Schlange für den Auftrag stehen, hat Devran Abi die Aufgabe bekommen. Ich nehme an, sie Test ihn. Wenn er die Aufgabe erfolgreich abschließt, werden weitere Anweisungen folgen."
Kurz huschte mein Blick auf den noch telefonierenden Devran. Er kam mir auf einmal gefährlicher vor. Aber ich verstand sein wirres Verhalten. Auf ihn lasteten so viele Dinge und er nahm sich noch Zeit für mich. Ich glaube, ich war die Abwechslung in seinem Leben. Ich war die einzig ungefährliche, normale.
„Das Wirtschaftsmagazin hat übrigens die Ausgabe mit Devran Abis Interview freigegeben. Es ist klasse geworden.", teilte Serkan mit.
„Das will ich sehen."
„Es ist professionell geworden, so wie es sein sollte. Ich bin stolz auf ihn."
Das sah man ihm an.
„Wasser?", bot mir Serkan an, welches ich dankend annahm.

Als die Pause vorbei war, fingen wir mit Messerwurf an. Ersin packte unterschiedliche Messer aus, die sogar beim Anschauen gefährlich wirkten. Die scharfen polierten Klingen spiegelten den Himmel wider.
„Damit fangen wir an.", nahm Devran die rechts liegende in die Hand und warf sie in die Höhe, dass sie sich einmal um die Achse drehte und er sie unverletzt auffing. Überrascht von der Bewegung, schaute ich ihm zu. Ich hätte mich schon längst geschnitten, wenn ich den Wurf nachahmen würde.
„Beim Werfen ist das wichtigste, den Ellenbogen so wenig wie möglich zu bewegen. Sonst wird der Wurf schief."
Zum Messerwurf folgte auch eine Einführung.

„Also dann fangen wir an.", ließ mich Devran an die Sache ran. Zunächst betrachtete ich das hochwertige Klappmesser in meiner Hand. An der Klinge war ein Schriftzug eingraviert.
Veni, vidi, vici.
„Ich kam, sah und siegte.", übersetzte ich den lateinischen Spruch von Julius Caesar.
„Es gibt nur siegen - verlieren gibt es nicht.", blickte mich Devran bestimmt an.
Ich bereitete mich auf den Wurf vor und schloss das linke Auge zu. Mein Fokus lag auf dem roten Punkt in der Mitte des Aufstellers. Innerhalb von Sekunden, landete die Spitze des Messers fast über dem roten Punkt.
Voller Überraschung richteten sich Devrans Augen auf mich.
Ich nahm das zweite Messer in die Hand und traf dieses mal genau die Mitte des Zieles.
„Wie ist das möglich?", versuchte Devrans zu verstehen.
„Sagen wir, dass dir manchmal unwichtige Menschen gute Dinge für die Zukunft weitergeben können."
Meine Antwort schien nicht verstanden zu sein, aber Devran fragte auch nichts Weiteres nach.
Das erste mal konnte ich etwas Positives von meiner Beziehung mit Görkem berichten. Ein paar Mal hatten wir uns in einer Spielehalle getroffen, in der man Packman und alte Videospiele spielen konnte. Techniken zu Dart, hatte er mir damals gezeigt.
„Wie lang wird die Übung noch dauern?", fragte ich mich umschauend. Die Abenddämmerung näherte sich.
„Solange, wie ich noch will."
Ich konnte es nicht ausstehen, wenn ich offene Antworten bekam.
„Das heißt?"
„Eine Stunde noch ungefähr.", ertönte nach einem flüchtigen Blick auf die protzige Uhr an seinem Handgelenk.
Weitere 60 Minuten musste ich mit einer Person verbringen, die mich quälte, an einem Ort, wo ich nicht sein wollte.

Das Training endete früher als gedacht. Nach der Pause verhielt sich Devran distanzierter zu mir und berührte mich kein einziges Mal. Kälte zeichnete sein Gesichts aus. Eine Spur von Wut konnte ich fühlen. Manchmal würde ich wissen, was in Devrans Kopf abging. Es war sicherlich anstrengend Devran Atahan zu sein. Er war noch so jung und trug große Lasten auf seinen Schultern. Trotzdem sah ich ihn nie scheitern. Vielleicht konnte er seine Angst einfach nur gut überspielen. War er manchmal nicht dem Zerbrechen nah? Ich glaube, ich dachte zu gefühlvoll. Devran konnte eiskalt sein, auch wenn er vieles zu sagen hatte.

Malerisch verfärbte sich der Himmel in unterschiedliche Farben, während mich Devran Heim fuhr. Die Straßenlaternen glühten bereits. Die Wege nassen Wege spiegelten die bunten Lichter der Stadt wider.
Wir beide schienen nicht gesprächig zu sein und bewahrten die Ruhe. Ich sprang von Gedanke zu Gedanke, während wir durch die immer voller werdenden Straßen fuhren.
„Was ist heute los mit dir?", riss mich Devrans Stimme von meinen Gedanken weg. Verwirrt wandte ich mich ihm, der starr auf den Weg fixiert war.
„Wie meinst du das?"
„Etwas bringt dich ins Grübeln."
Seine Vorsicht und Feinfühligkeit überraschte mich. Meine bedrückte Stimmung war ihm nicht entgangen.
„Wieso willst du mein Anliegen wissen?"
Stille traf erneut ein.
„Antworte.", gab er befehlerisch von sich und schaute mich an. Seine Miene war emotionslos und verkrampft.

„Mein bester Freund ist in Schwierigkeiten."
„Wer ist das?", ging die Umfrage weiter und er begab sich der Strecke.
„Umut. Seine Hackergeschäfte treiben ihn zur Flucht. Er muss von hier verschwinden, weil sie ihn sonst umbringen werden.", wurde meine Stimme immer zittriger. Seine Hand klammerte sich fester am Lenkrad.
„Wer?"
„Irgendwelche Drogenbosse. Er hat einen Auftrag bekommen, dass er ein gestohlenes Laptop aufknacken sollte. Umut hat etwas über Karacans gesagt."
„Über wen!", machte er auf einmal eine Vollbremsung.
„Über Karacans!", wiederholte ich erschrocken.
Was war plötzlich in ihn gefahren? Fluchend fuhr Devran über sein Bart.
„Was hat Umut gefunden?"
„Ich weiß es nicht."
„Bring mich sofort zu ihn!",
„Was ist los?"
„Das sind meine Feinde! Sag mir jetzt, wo ich Umut finde!", schrie er beinahe. Feinde? Die Ader an seiner Stirn schwill an.
„Beruhige dich! Ich rufe ihn schon an.", zückte ich mein Handy raus.

Nachdem ich Umut die Lage schilderte, verabredeten wir uns in einer Hintergasse.
Der Regen hatte wieder angefangen. Die Scheibenwischer unterbrachen ab und zu die Stille. Wir warteten im Auto auf Umut.
Vielleicht war es keine gute Idee gewesen, Devran von meinem Anliegen erzählt zu haben. Er kam auf 180. Die Karacans musste er ziemlich hassen, um solch eine überspitzte Reaktion zu zeigen. Unruhig tippte er mit der Hand am Lenkrad rum, was mich noch nervöser machte.
Letztendlich bogen Scheinwerfer in die Gasse ein. Das müsste Umut sein. Er verließ das Auto und ging auf uns zu.
„Bleib hier. Ich klär das schon.", gab Devran bescheid und stieg aus. Das würde nicht gut enden. Ich wusste, wie sehr Umut ihn verabscheute. Sein Blick rutschte kurz auf mich.
Aufgeregt beobachtete ich die Beiden. Ich machte das Fenster runter und lauschte ihnen.

„Was willst du von mir?", gab Umut mit einem trotzigen Ton von sich.
„Die Daten, die du über die Karacans gefunden hast."
„Nimm das und verzieh dich danach.", drückte Umut ein USB-Stick in seine Hand. Devrans Haltung versteifte. Bevor Unruhe ausbrach, griff ich ein.
„Umut!", verließ ich mein Platz. Sehnsüchtig nahm er mich unter seine Arme.
„Rufe mich nicht mehr über diese Nummer an Damla. Es ist zu gefährlich.", warnte er mich. Das machte mich trauriger als ich schon war.
„Können wir weiterreden, wenn eure Begrüßung vorbei ist?", fragte Devran, dass wir uns voneinander lösten.
„Dass du immer noch bei ihm bist, kann ich nicht glauben, Damla.", warf Umut vorwurfsvolle Blicke auf ihn.
„Keiner zwingt sie dazu, mein Freund.", trat Devran näher.
„Könnt ihr aufhören zu diskutieren?", stellte ich mich zwischen die zwei. Strenge Blicke tauschten sie miteinander aus.

„Wie bist du an die Datei gekommen?", ging Devran der Sache nach und hielt den Stick hoch. Daraufhin fasste Umut kurz die Geschichte zusammen. Ein Mann namens Alperen Önder gab den Auftrag ein gestohlenes Laptop zu hacken. Das war ein Kinderspiel für Umut. Er hätte aber nie damit gerechnet, dass die Feinde davon Wind bekommen würden. Önder gab ihm dazu genügend Geld für die Flucht.
„Wer dieser Alperen ist, werde ich noch herausfinden. Die Datei über die Karacans wird mir nötig sein. Danke dafür."
Devran bedankte sich? Das hörte man kaum.
„Gut. Und jetzt lasst mich gehen, denn umso länger ich mich draußen aufhalte, umso leichter können sie mich finden.", wollte sich Umut Absatz kehrt machen. Ich wollte nicht, dass er ging. Doch ich wusste auch nicht, was ich für ihn tun konnte.
„Warte.", ertönte Devrans Stimme, dass sich alle Blicke auf ihn richteten.
„Ich kann dich in Sicherheit bringen.", vergewisserte er, dass ich unmittelbar anfing zu lächeln. Hoffnungsvoll schaute ich zu Umut, der jedoch kalte Blicke von sich gab.
„Von dir will ich nichts, ganz ehrlich.", zischte dieser.
„Umut bitte!"
Ich wollte, dass er in Sicherheit war. Aus Vorurteile gegenüber Devran, lehnte er das Angebot ab.
„Wie du willst.", kehrte sich Devran um. Bittend schaute ich ihn an und umgriff sein Oberarm. Zuerst schaute er auf meine Hand, dann zu Umut.
„Nimm es für mich an. Bitte!", wandte ich mich zu Umut.
„Ich muss von hier gehen Damla."
„Nicht, wenn dir Devran helfen kann. Oder?", lächelte ich ihn an.

Zwei Tage später, 25.08.
Es war schon Freitag geworden. Nach einem anstrengenden Tag folgte noch eine Matheübung. Ich quälte mich durch die Übung durch und schaffte es endlich nach ein einhalb Stunden.
Die Semesterferien kamen wie gerufen. Nichts bräuchte ich gerade in meinem wirren Leben mehr als eine kleine Auszeit.
„Geschafft.", freute sich Kaan hinter mir, während er etwas am Laptop eintippte.
„Endlich. Ich bin froh."
„Hast du was bestimmtes in den Ferien vor? Machst du Urlaub?"
„Ich habe nichts geplant, aber kann gut sein.", wandte ich mich ihm.
„Ich werde eine fette Party schmeißen und alle sind herzlich eingeladen.", teilte er lachend mit.
„Das brauchen wir alle."
Vereinzelt verließen die Studenten den Saal.

„Weißt du, was gut ist?", fragte Kaan etwas später, als wir allein waren.
„Was?"
„Über uns gibt es keine Gerüchte mehr, seitdem du ein Freund hast.", fiel ihm auf.
„Ja, das stimmt.", lächelte ich ihn matt an.
,Mein Freund', der eigentlich ein Krimineller war und mein Leben durcheinander gebracht hatte.
„Ich will mich nicht in deine Angelegenheiten einmischen Damla, aber eins will ich dir vergewissern.", fing er an zu reden. Verwirrung fand mich.
„Devran muss ziemlich eifersüchtig sein. Am Tag, als wir uns getroffen haben, hat er mich mit seinen Blicken umgebracht und mir beinahe die Hand gebrochen.", folgte daraufhin.
„Was?", erstarrte ich. Mulmig lief es mich im Magen an, dass ich schwer schluckte. Wofür soll er eifersüchtig sein?
„Ich kenne dich ein wenig. Du bist ein zierliches, liebes Mädchen. Dein Freund scheint das Gegenteil zu sein. Aber naja, man sagt, das Gegensätze sich anziehen."

Unsere Unterschiede schien sogar Kaan bemerkt zu haben, der Devran nur einige Minuten gesehen hatte. Ich wusste nicht, was ich antworten sollte. Die Worte gingen mir beinahe aus.
„Schließen wir das Thema einfach ab. Er - hat nur einen großen Beschützerinstinkt."
Ich packte schnell meine Sachen ein und machte mich fliehend fort. Als ob ich selbst nicht wüsste, wie barsch der Henker ist. Kaan, es gibt so viele Dinge, die du nicht weißt.
Draußen stieg ich in Demirs Wagen ein und machte mich auf den Nachhauseweg.

Tante Gülnur bereitete mir schnell etwas zum Essen vor, als sie eine hungrige Damla zu Gesicht bekam. Genussvoll verschlang ich ihre köstlichen Gerichte runter.
„Vorsicht, du wirst dich noch verschlucken."
„Wenn du so gut kochst, kann ich dem Essen nicht widerstehen.", ließ ich sie wissen.
Schon lange hatte ich keinen so großen Hunger verspürt. Aber heute war mir danach, die ganze Küche zu verspeisen.
Während ich am Essen war, empfing ich eine Nachricht. Ersin teilte mit, dass er in Kürze mein Auto vorbeibringen würde. Bevor ich mein Teller zu Ende essen konnte, klingelte es schon an der Tür. Ich sprang von der Stelle auf und ließ Ersin rein.
„Guten Abend Damla."
„Hallo Ersin.", erwiderte ich das Lächeln.
„Dein Auto wurde repariert. Hier ist dein Schlüssel."
„Vielen Dank. Du hast nochmals Umstände wegen mir gemacht.", nahm ich es an.
„Das will ich nicht gehört haben. Bedanke dich beim Boss, aber nicht bei mir. Wir stehen dir zu Diensten. Übrigens wurden alle Scheiben gegen kugelsichere gewechselt. Noch etwas, das ich für dich tun kann?"
Über die kugelsicheren Scheiben, war mir nichts bewusst.
„Nein, danke."
„Und das soll ich dir noch von Devran Abi geben.", deutete Ersin auf ein USB-Stick.

Neugierig ging ich in mein Zimmer.
Seit zwei Tagen meldete er sich nicht bei mir und plötzlich ließ er mir ein Stick schicken.
Die Spannung stieg an, als ich darauf wartete, dass die Datei hochlud. Es war eine Sprachmemo. Ich drückte auf den Play-Button und hörte aufmerksam zu.
„Wiederhole alles, das du mir erzählt hast.", hörte ich zunächst Devrans Stimme. Ich versuchte zu verstehen, worum es ging. Hatte er Hinweise zu Demir gefunden?
Eine Stille folgte. Mit wem redete er?
„Ich bin unschuldig! Ich habe nichts mit der Sache zutun. Ich bin nur Botschafter, mehr nicht!", begann die unsichere Stimme eines Jugendlichen zu reden.
„Erzähle mir das, was du mir berichtet hast Timur! Danach lass ich dich gehen.", forderte Devran in einem lauteren Ton. Was hat er angestellt? Wer war Timur?
„Ich... ich habe Damla die Post geschickt!", beichtete er Sekunden später.

Jede Zelle in mir erstarrte. Was ich vorhin gehört hatte, konnte ich nicht fassen. Timur war der Unbekannte, der mir die Post geschickt hatte? Er wusste von dem Abschiedsbrief meines Bruders? Schockiert hielt ich mit den Händen mein Mund zu.
„Rede weiter!"
„Demir Bayraktar hat mich beauftragt eine CD an seine Schwester zu schicken."
Was?
„Ich kannte Demir gar nicht, bis er mich eines Tages um etwas bat! Ich bin nur ein unschuldiger Verkäufer im Supermarkt. Mansur Bahtiyars Männer lassen ab und zu Bestellungen liefern. Wie gewohnt lieferte ich an dem Tag die Bestellungen. Ein Hintermann öffnete mir die Tür und Demir stand bei ihm. Wir waren uns zuvor ein paar mal begegnet. Während der andere Kleingeld holen ging, sprach mich der Kriminalpolizist an."

Wie eine Ohrfeige trafen mich die Worte. Ich fühlte mich betäubt und bekam eine Blockade im Kopf. Hatte ich meinen Verstand verloren, oder teilte Timur tatsächlich mit, dass mein Bruder am Leben war? Bahtiyar hatte ihn entführt? Aber wie? Warum? Wo bist du nur Demir!
Mein Herz zog sich zusammen und drohte im selben Moment rauszuspringen. Meine Hände zitterten. Die Sprache verlor mich, dass mir ein stiller Schluchzer entging.
Mein Bruder war am Leben? Ich wusste es! Ich wusste es schon immer!
„Was hat dir Demir gesagt?", holte mich Devrans Stimme zur Realität.
„Du musst mir helfen. Du bist der einzige, der mir helfen kann."

2903 Wörter, 27.10.2020

Fortsetzung folgt

Die ersehnte Nachricht ist gekommen. Demir ist am Leben. Hättet ihr damit gerechnet? Denkt ihr, dass Damla und Devran ihn finden werden?

In der Zwischenzeit habe ich das Cover verändert. Ich hoffe euch gefällt es auch✔️

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