Warum ich James Sirius Potter...

By Nachtwanderin

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Als James eines Abends eine Liste findet, die Gründe aufzeigt, warum man ihn hassen müsste, beschließt er all... More

Prolog
*1. Die Liste
*2. Neue Punkte
*3. Die Party
*4. Projekt "Neue Freunde"
*5. Unerwartete Diagnose
*6. Quidditch Komplikationen
*7. Wie Julie nicht tot war
*8. Auf dem kleinen Weg hinab
*9. Unerwartete Begegnugen
*10. Ernste Gespräche
*11. Auseinandersetzungen
*12. Beschimpfungen
*13. Ein Streich
*14. Der Wandel
*15. Rachepläne
*16. In nur vier Tagen
*17. Verloren
*18. Neue Motivation
*19. Tarot
*20. Der Humor der Gründer
*21. Die Spuren vom Vergangenen
*22. Der Schwindel
*23. Die letzten Schultage vor den Ferien
*24. Zu Hause
*25. Familie vereint
*26. Weihnachten
*27. Jahreswechsel
*28. Jene Tage im Januar
*29. Quidditch und Geburtstage
*30. Erkenntnisse
*31. Der alte Joshua
*32. Valentinstag
*33. Hundertachtzig Grad
*34. Planungen
*35. Der Ausflug
*36. Müdigkeit
*37. Hürden
*38. Wahnsinn
*39. Schlafmangel
*40. Swivenhodge
*41. Streichen

Epilog

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By Nachtwanderin

FÜNF JAHRE SPÄTER

Eine sanfte Brise riss James aus seinen Träumen und er öffnete die Augen, nur um das Fenster in seinem Schlafzimmer offen vorzufinden. Direkt vor dem Fenster stand Julie, welche ihre Arme eng um ihren Oberkörper geschlungen hatte und ruhelos auf die grünen Felder starrte, bis sich am Horizont das Meer auftat.

Seufzend strampelte er die Bettdecke weg und setzte seine Füße auf den Holzboden. Julie drehte sich zu ihm um und ihren Gesicht konnte man die Angst ganz genau sehen. Er wusste, dass sie kurz davor war, eine Panikattacke zu haben, weswegen er sie einfach in seine Arme zog und sie festhielt. Das passierte seit einigen Wochen immer häufiger. Man hätte meinen sollen, sie würde sich langsam daran gewöhnen, doch davon war das Chaos in letzter Zeit wohl ausgenommen.

„Du schaffst das schon", murmelte James und strich ihr sanft über den Rücken. „Sobald du da draußen bist, wird alles wieder ganz leicht sein."

„Ich weiß", erwiderte Julie mit bebender Stimme, wobei sie am ganzen Körper zitterte. Ein leichtes Lächeln schlich sich auf James' Lippen.

„Es ist das Finale der Europameisterschaften, niemand erwartet dir, dass du nicht nervös bist", heiterte er sie auf. Julie entwich ein nervöses Lachen. Nachdem sie während ihrer letzten Wochen auf Hogwarts unglaubliche Anfragen von professionellen Quidditchmannschaften bekommen und sich ihren Traum von den Caerphilly Catapults erfüllt hatte, war ihre Karriere nur bergauf gegangen. Vor zwei Jahren hatte sie aufgrund einer Verletzung nicht bei den Weltmeisterschaften antreten können, wobei sie sowieso nur Ersatzspielerin gewesen wäre, doch in diesem Jahr hatte man ihr den festen Platz als Jägerin in der Nationalmannschaft angeboten und sie hatte diesen nur zu gerne angenommen.

„Du solltest wirklich etwas essen", befand James und zog Julie an der Hand die Treppe hinunter in die kleine Küche des Cottages, in dem die beiden seit etwa zwei Jahren zusammen lebten. In Gedanken hörte James, wie Julie innerlich protestierte, doch diese wusste ebenfalls, dass ihre Proteste keine Wirkung haben würden, weswegen sie es ließ. Beide kannten diese Art von Gespräch bereits so gut, dass es keinen Sinn machte, es laut zu führen, wenn sie es auch im Kopf hinter sich bringen konnten.

„Ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen", gestand Julie und rieb sich über ihre Augen unter denen sich dunkle Schatten zeigten.

„Hab ich gemerkt, so oft wie du mich getreten hast", erwiderte James mit einem schelmischen Grinsen. Julie schlug ihn schwach gegen den Arm und sah schließlich dabei zu, wie er sich daran machte, ihr Frühstück zu machen. James wusste, dass Julie es nicht gerne zugab, aber sie war eine unglaublich schlechte Köchin, die es selbst schaffte, Rührei in Flammen aufgehen zu lassen, weswegen er ihr ausdrücklich verboten hatte, den Herd zu benutzen. Mit ein paar Schlenkern seines Zauberstabs hatte er ein proteinreiches Frühstück zubereitet, welches er Julie vor die Nase stellte, welche sich missmutig die schwarzen Haare aus dem Gesicht strich und anfing zu essen. Seit sie ihre Quidditchkarriere begonnen hatte, hatte sie so einiges an Gewicht zugenommen, da ihr Trainer sie damals als viel zu dürr empfunden und sie auf einen genauen Nährstoffplan gesetzt hatte. James hatte zugegeben viel Spaß daran gehabt, Julie dazu zu bringen, diese Nährstoffe auch tatsächlich zu sich zu nehmen und es dauerte auch nicht lang, bis Julie endlich ein gesündere Figur hatte, was auch noch zu einer deutlichen Steigerung ihrer Leistung führte.

„Die Tritte hast du allesamt verdient", konterte Julie. James verschränkte die Arme vor der Brust und hob fragend seine Augenbrauen. „Du hast dich geweigert, mir einen Schlaftrank zu brauen!"

„Bei meinem Händchen für Zaubertränke, hätte ich dir wohl ausversehen irgendwas falsches gebraut und du wärst niemals wieder aufgewacht, also bedank dich lieber, dass ich es nicht getan habe."

„Dann hätte ich mich zumindest nicht diesem Spiel heute stellen müssen", erwiderte Julie.

„Und England verlieren lassen?"

„Die würden das auch ohne mich schaffen", konterte Julie.

„Sagt diejenige, die dieses Jahr zur besten Jägerin der Britisch-Irischen Liga gekrönt würde." Daraufhin sagte Julie nichts mehr, was ein eindeutiges Zeichen war, dass James diese Diskussion gewonnen hatte. Mal wieder. Obwohl er zugeben musste, dass er nur gewann, wenn es darum ging, dass Julie mal wieder ihr Selbstbewusstsein irgendwo in den Kerkern verloren hatte und sich als deutlich unbedeutender einschätzte, als sie eigentlich war.

„Es wird langsam Zeit", stellte er mit einem Blick auf die Uhr fest und im selben Moment schob Julie ihren leeren Teller von sich weg und sprang aufgeregt und doch nervös von ihrem Stuhl auf. In weniger als fünf Minuten waren sie bereit, um nach Frankreich zu apparieren, wo sie schon erwartet wurde.

„Da ist ja mein kleiner Quidditchstar!", rief Julies Dad und zog seine Tochter einmal fest in seine Arme, ehe er James väterlich auf die Schulter klopfte. „Ich wusste doch, dass man sich auf James verlassen kann und ihr pünktlich ankommt!" Julie warf James einen belustigten Blick zu und sie fingen an zu lachen. Sie erinnerten sich noch zu gut an die Liste, die Julie vor fast sechs Jahren geschrieben hatte, in der sie sich darüber beschwerte, dass James immerzu unpünktlich war.

„Ich habe sogar sichergestellt, dass sie etwas isst, Ed", meinte James und zwinkerte Edmund Llewellyn zu, welcher ihm ein weiteres Mal auf die Schulter klopfte.

„Gute Arbeit, James!", lobte Julies Dad und zwinkerte James ebenfalls zu. „Julie, euer Zelt steht dahinten. Wärm dich gut auf und versuch, dich nicht zu verrückt zu machen. Georgia wartet bereits auf dich!" Julie nickte und schenkte ihrem Dad noch ein nervöses Lächeln, James wiederum bekam einen kurzen Kuss, ehe sie sich auf den Weg zu ihrem Zelt machte. Das war das letzte Mal, dass James sie vor dem Spiel sehen würde und dabei war es noch Vormittag und das Spiel würde nicht vor Abend anfangen.

„Wie ich sehe hat sie nicht gut geschlafen", stellte Edmund fest und James seufzte.

„Nein, sie hat sich dich ganze Nacht nur gedreht und gewendet und kein Auge zu bekommen. Ich hab ein dutzend blaue Flecken, die das beweisen!" Ed lachte über den letzten Kommentar. Zusammen entfernten sie sich von den Zelten der Spieler und machten sich auf den Weg zu den Zeltplätzen, die für die Zuschauer gedacht waren.

„So stolz ich auch auf mein Mädchen bin, ich bin froh, dass die Europameisterschaften nach diesem Spiel vorbei sind. Dieser ganze Trubel kostest Julie etwas zu viele Nerven für meinem Geschmack", befand Edmund.

„Mir geht es genauso. Ich möchte gar nicht wissen, wie es bei den Weltmeisterschaften in zwei Jahren aussehen wird", erwiderte James.

„Wahrscheinlich wird es von Jahr zu Jahr doch irgendwie besser werden. Irgendwann muss sie sich daran gewöhnen, dass sie in der Nationalmannschaft spielt."

„Hoffe ich doch, sonst muss ich wohl oder übel anfangen auf dem Boden zu schlafen", scherzte James, als sie durch einen kleinen Wald auf einmal auf den Zeltplatz kamen. Die Zelte ganz Vorne waren für die Familienmitglieder der Spieler gedacht und Edmund steuerte zielsicher auf ein großes Zelt direkt am Waldrand zu.

„Onkel James!", rief eine Kinderstimme und ehe James sich versah, hing ihm Julies Neffe Andy am Hals. Er war nun seit zwei Wochen vier Jahre alt und obwohl vierjährige meistens nicht viele Personen zuordnen konnten, war sich Andy todsicher, dass James sein Onkel war. Die Versuche von Marlene, ihrem Sohn beizubringen, dass James zwar mit Julie zusammen war, aber erst zu Andys Onkel wurde, wenn die beiden heirateten, waren kläglich gescheitert, doch James und Julie hatten ihr schließlich gesagt, dass es nichts ausmachen würde, wenn James als Onkel bezeichnet wurde, was die Dinge umso einiges leichter gemacht hatte.

„Hey Kleiner!", grüßte James Andy, welcher ihn nicht loslassen wollte, was wiederum darin endete, dass James ihn auf seinen Rücken nahm und ins Zelt trug. Im Zelt war schon die Hölle los. Überall tummelten sich Verwandte und Freunde der Familie Llewellyn, weswegen es auch gar nicht lange dauerte, bis James Max entdeckte.

„Sie haben dich also zum Sanitäter degradiert", begrüßte James seinen besten Freund, welcher ihn überrascht anblickte, dann aber sein Gesicht gequält verzog.

„Ja, da habe ich eine vierjährige Ausbildung zum Heiler hinter mir und arbeite seit einem Jahr im St. Mungos Hospital und dann schickt man mich zu den Europameisterschaften als Sanitäter! Ich bin ein Heiler, kein Sanitäter, ich hab mir nicht umsonst vier Jahre lang den Arsch aufgerissen!", beschwerte sich Max.

„Man soll nicht ‚Arsch' sagen, das ist unhöflich!", kommentierte Andy stolz.

„Tut mir Leid, Andy, kommt nicht wieder vor", entschuldigte sich Max. James konnte seinen besten Freund nur zu gut verstehen. Bei Sanitätern ging es nur um die Erste Hilfe, wobei Max dazu ausgebildet wurde, um die Krankheiten und Verletzungen zu heilen, es war also verständlich, dass er diese Stelle als eine Beleidigung ansah.

„Wo hast du deine Verlobte gelassen?", fragte James an seinen besten Freund gewandt.

„Lorraine ist noch im Hospital. Ihre Schicht geht bis um drei, mehr konnte sie mit unserem Boss nicht vereinbaren", antwortete Max. Es war nicht lange her seit sich Max und Lorraine verlobt hatten und insbesondere James bekam langsam das Gefühl, dass das vielleicht ein Zeichen war, dass es auch langsam für ihn und Julie Zeit war, nur befürchtete er, dass es im Moment einfach viel zu viel Stress gab, um sich auf solche Sachen zu konzentrieren. Vielleicht würde sich nach den Europameisterschaften der passende Zeitpunkt ergeben, wenn der ganze Trubel vorbei war.

„Wie lange dauert es denn noch bis das Spiel endlich anfängt?", quengelte Andy auch schon los.

„Noch eine Weile, Kleiner Mann", antwortete James. „Aber was hältst du davon, nach Hugo, Annabel und Albus zu suchen? Du weißt doch noch, wer die sind, oder?" Andy fing an, auf James' Rücken herum zu zappeln und schien es kaum noch erwarten zu können.

„Ja, ich weiß wer sie sind. Hugo und Annabel sind Tante Julies Freunde, die sich nie trennen und Albus ist Julies Bruder", verkündete Andy stolz, worauf James leise in sich hineinlachte.

„Albus ist mein Bruder, nicht Julies Bruder", erklärte er dem Vierjährigen, welcher allerdings nur verwirrt aussah.

„Also ist er dein Bruder, Max' Bruder und Daniels Bruder?"

„Nein, nur mein Bruder", erwiderte James mit unglaublicher Geduld, wobei sie sich schon aus dem Zelt entfernten. „Marlene, Max und ich nehmen Andy mit zu meiner Familie!" Marlene nickte nur und wandte sich dann wieder ihrem Gespräch mit Julies Mutter zu. Mit Marlene verstand James sich erstaunlich gut und das Beste war, dass sie ihm voll und ganz vertraute, wenn es darum ging, auf Andy aufzupassen. Das mochte nämlich etwas heißen, denn Marlene ließ ihren Sohn nicht einmal mit ihrer Schwiegermutter allein.

„Also nicht der Bruder von Max und Daniel?", hakte Andy nach.

„Genau!", antwortete James, obwohl ihm klar war, dass Andy das in wenigen Minuten wieder vergessen würde. Man konnte von Vierjährigen nun einmal nicht zu viel erwarten, insbesondere wenn sie eine Frühgeburt wie Andy waren. Vor vier Jahren hatte Marlene damals eine Infektion, die dazu geführt hatte, dass Andy zwei Monate zu früh kam. Zwei Monate musste er im St. Mungos Hospital bleiben, bis er endlich nach Hause gehen durfte und selbst da war die ständige Sorge nicht vorbei. Doch bald stellte sich heraus, dass er kerngesund war und alles gut sein würde. Lediglich seine Augen waren furchtbar schlecht, weswegen er eine Brille tragen musste.

„Ist Julie nervös?", fragte Max überflüssigerweise.

„Und wie! Dass wir die Nacht zu Hause verbracht haben, hat auch nicht wirklich geholfen", stellte James fest.

„Ich glaube, es hat zumindest ein bisschen geholfen. Wenn ihr hier geschlafen hättet, dann wäre sie wahrscheinlich die Wände hochgegangen!" James zuckte nur mit den Schultern, doch er wusste, dass Max Recht hatte.

Der Weg zu den Zelten der Weasleys dauerte nicht lang, insbesondere, da Andy beschloss, James wie ein Pferd anzutreiben, sodass dieser über den halben Zeltplatz rennen musste. Doch als er an dem Platz ankam, an dem seine Familie sein sollte, war Caitlin die erste Person, die er erblickte. Dabei hatte er sie nicht einmal hier erwartet.

„Hey alte Quidditchkameraden, wie geht es euch denn so?", grüßte sie die beiden. Ein schelmisches Grinsen zierte ihre Lippen und James wusste genau, was nun kommen würde. „Wie ich sehe habt ihr es immer noch nicht in die Profiliga geschafft!" Schließlich fingen sie alle drei an zu lachen. Caitlin machte immer wieder gerne Witze darüber, dass James und Max es nicht geschafft hatten professionelle Quidditchspieler zu werden, wobei sie selbst als Jägerin bei den Ballycastle Bats spielte. Allerdings war der entscheidene Unterschied, dass James und Max es niemals darauf angesetzt hatten, professionell zu spielen, weswegen sie sich auch kein bisschen beleidigt fühlten.

„Sagt die Person, die nicht einmal ein Angebot von ihrer Lieblingsmannschaft bekommen hat", erwiderte Max grinsend. Caitlin verehrte noch immer die Montrose Magpies, die erfolgreichste Mannschaft der Britisch-Irischen Liga, doch sie hatte nur drei Angebote bekommen: Die Chudley Cannons, Holyhead Harpies und die Ballycastle Bats. James wusste, dass das keine schwere Entscheidung gewesen war.

Caitlin fasste sich theatralisch an die Brust und hauchte: „Du hast meine Schwachstelle getroffen! Hey Andy!"

Andy wollte den Gruß gerade aufgeregt erwidern, als eine aufgeregte Mädchenstimme ertönte.

„Oh Merlin, das ist doch Caitlin Griffiths! Mum, Mum, die hat die Griffiths-Täuschung erfunden! Merlin, ich muss ein Autogramm haben!"

„Dann nur zu, Lily, du bist neunzehn Jahre alt und bist sechs Jahre lang mit ihr zusammen nach Hogwarts gegangen", lachte Ginny und schon kam Lily mit einem breitem Grinsen angesprungen.

„Ich habe so viele Fans!", seufzte Caitlin dramatisch und musste sich anscheinend Mühe geben nicht zu lachen, als Lily ihr tatsächlich einen Stift unter die Nase hielt und auch noch ein Photo von Caitlin aus der Tasche zog. James kannte seine kleine Teufelsschwester gut genug, um zu wissen, was nun kommen würde. Caitlin unterschrieb das Photo grinsend und wusste scheinbar ebenso, was Lilys Pläne waren. Als sie damit fertig war, riss Lily das Autogramm an sich und fing an über den Zeltplatz zu brüllen: „Ich habe ein signiertes Photo von Caitlin Griffiths! Für zwei Galleonen gehört es euch!"

James, Max, Andy zogen es vor, sich in das Zelt zurückzuziehen, während Lily von einigen Quidditchverrückten überrannt wurde, die ihr doch tatsächlich mehr boten, als zwei Galleonen.

„Also wenn ich anfangen würde, Autogrammstunden zu geben, dann hätte Lily es deutlich schwerer, Geld damit zu verdienen", bemerkte Caitlin schulterzuckend.

„Das wäre ein Grund mehr dafür, das zu machen", gab James trocken zurück, doch Caitlin winkte nur ab.

„Ach nein, dann würde meine Hand ja ganz schrecklich wehtun", erwiderte sie. „Und außerdem habe ich keine Lust, stundenlang an einem Tisch zu hocken und nur meinen Namen unzählige Male auf Autogramkarten zu kritzeln."

„Verständlich", gab Max zu und auch James konnte deutlich nachvollziehen, warum Caitlin sich vor Autogrammstunden immerzu gedrückt hatte. Julie nahm diese Stunden immer hin, war immer freundlich, aber schüchtern. Doch nachdem das Event endete, war sie vollkommen erschöpft und fiel todmüde ins Bett.

„Darf ich denn ein Autogramm haben?", fragte Andy unschuldig. Caitlin sah ihn an, als hätte sie ihn gerade erst bemerkt, doch dann lächelte sie ihn an und beschwor eine Autogrammkarte herauf, welche sie kurzerhand unterzeichnete und Andy in die Hand drückte. Dieser sah erstaunt auf das Photo von Caitlin und strich beinahe liebevoll darüber.

„Der ist jetzt für die nächsten zwanzig Minuten abgelenkt", stellte James fest, welcher Andy immer noch auf seinem Rücken trug. Caitlin grinste und verabschiedete sich schließlich von James und Max, da sie noch zu ihrer Familie gehen und einige ihrer Teamkameraden besuchen wollte.

„James!", rief Albus und kämpfte sich zu seinem großen Bruder durch. „Du wirst es nicht glauben: Felisha Hamilton wollte mich doch tatsächlich über dich ausfragen, damit sie eine nette Geschichte für die Hexenwoche hat!" James schloss genervt die Augen. Es war kaum vorstellbar, dass er noch vor vier Jahren mit Felisha zur Schule gegangen war. Nun war sie Reporterin für die Hexenwoche und versuchte andauernd an James und Julie für ihre Klatschseiten heranzukommen.

„Und was hast du ihr erzählt?", hakte James vorsichtig nach. Zwar glaubte er nicht, dass Albus jemals vertrauliche Informationen weitergeben würde, aber man wusste ja nie.

„Das Übliche halt. Dass du alle vier Jahre einmal duschst und Julie noch nie auf einem Besen gesessen hat", antwortete Albus und kassierte dafür einen Schlag gegen den Oberarm. „Erstaunlicherweise versucht sie immer noch, mich zum Essen einzuladen."

„Ist ja tragisch, das einzige Mädchen, das Interesse an dir zeigt, ist eine Reporterin, der nicht einmal etwas an dir liegt", neckte James seinen Bruder.

„Ich nenne das mentale Unabhängigkeit!", erwiderte Albus und lachte. Albus war mittlerweile einundzwanzig Jahre alt und hatte noch nie eine Freundin gehabt. Zwar war er mit einigen Mädchen ausgegangen, wie zum Beispiel Audrey Smith, doch musste immer wieder feststellen, dass seine Dates nichts für ihn waren. Albus wartete noch immer auf die Richtige, obwohl er die Liebe nicht direkt suchte.

James schritt weiter durch das Zelt und stellte fest, dass Andy noch immer mit seinem Autogramm beschäftigt war. James erblickte seine Cousine Rose, welche mit Scorpius bei ihrer Mum stand. Dann waren da noch Victoire und Teddy, die umringt von Leuten waren, die alle einmal Victoires kugelrunden Babybauch anfassen wollten. Es würde das zweite der Lupin-Kinder werden, denn Victoire und Ted hatten bereits eine zweijährige Tochter namens Isabelle, welche etwas abseits ein Nickerchen hielt.

Schließlich entdeckte James Hugo und Annabel, welche wie immer aneinanderklebten. Gerade sprachen sie mit James' Onkel Charlie und hielten dabei Händchen. James war sich beinahe sicher, dass die beiden sogar zusammen aufs Klo gingen, denn es schien, als könnte wirklich nichts die beiden auseinander bringen. James wartete, bis die beiden ihr Gespräch mit Charlie beendet hatten, doch es schien wie eine halbe Ewigkeit und das nächste, was er wahrnahm, war dass Andy auf seinem Rücken eingeschlafen war, was so viel hieß, wie dass er ihn dringend zu seinen Eltern zurückbringen musste.

„Ach James, du wärst so ein guter Vater", ertönte Ginnys Stimme, gerade als James das Zelt verließ. Er verdrehte die Augen und grinste seine Mutter an.

„Ach Mum, du willst doch nur endlich Oma werden", erwiderte er und zwinkerte ihr zu, ehe er sich auf den Weg zu dem Zelt der Llewellyns machte.

James und Thommy saßen nebeneinander auf den menschenleeren Rängen und sahen der Nationalmannschaft dabei zu, wie sie sich aufwärmten. Keiner von beiden wusste so Recht, ob es ihnen überhaupt erlaubt war, da zu sitzen, doch sie waren sich ebenso sicher, dass — selbst wenn sie jemand bemerkte — niemand sie wegschicken würde. Schließlich waren sie die sogenannte andere Hälfte der besten zwei Spielerinnen der Mannschaft.

Thommy und Georgia waren noch immer beste Freunde mit dem Zusatz, dass sie seit vier Jahren ebenfalls ein Paar waren. Georgia hatte nach Ende ihrer Schulzeit ihre Karriere bei den Montrose Magpies angefangen und hatte erfolgreich bei der Weltmeisterschaft vor zwei Jahren spielen können. Es war ihr anfangs nicht ganz leicht gefallen, sich an die Standards der Profiliga zu gewöhnen, denn auf Hogwarts war das einzige Team, dass ihr irgendwie gefährlich werden könnte Gryffindor, nun hatte jede Mannschaft hervorragende Jäger, die ihr das Leben durchaus schwer machten.

„Und du warst mit Nick in China unterwegs?", fragte James Thommy, während er Julie dabei beobachtete, wie sie mit dem Quaffel unter dem Arm auf die Torringe zuflog und Georgia so einige Probleme bereitete.

„Ja, es gab einige Flüche an der Chinesischen Mauer zu brechen und dort ist noch mehr los, als wir vorerst angenommen hatten. Nach der Europameisterschaft müssen Nick und ich wieder ins Camp und weiter forschen. Georgia meinte, dass sie ein paar Wochen frei nehmen wird, um mit mir zu kommen", erklärte Thommy, welcher ein frischgebackener Fluchbrecher war und mittlerweile viel mit Julies großem Bruder Nick zusammenarbeitete.

„Kommen Marlene und Andy auch mit nach China?", hakte James nach, denn er hatte kein einziges Wort davon gehört. Thommy schüttelte den Kopf.

„Nein, Nick wird auch nur eine Woche bleiben und dann wieder nach Hause kommen und je nachdem wie lange es dauert, muss er dann wieder zurückkommen", antwortete Thommy. James nickte und beobachtete, wie Georgia einen wunderbaren Wurf von Julie abwehrte. Die anderen Jäger des Teams hatten es ebenso schwer und kaum einer kam an Georgia vorbei. Sie schien in Hochform.

„Wie geht es Georgia eigentlich mit dem ganzen Trubel?", fragte James.

„Jedenfalls lässt sie sich nicht anmerken, dass es ihr nicht ganz geheuer ist. Sie ist schon nervös, aber nicht so krass wie andere. Sie hat erzählt, dass Julie große Probleme hat, damit umzugehen", erwiderte Thommy.

„Ja, Julie schläft schlecht, hat keinen Appetit und ist total nervös. Ich bin schon froh, wenn die Europameisterschaften vorbei sind", meinte James.

„Ich auch", stimmte Thommy zu, „vor allem weil mein Boss langsam wütend wird, weil ich meinen Urlaub immer wieder verlängert habe, weil England eine Runde weitergekommen ist." Stumm sahen die beiden dabei zu, wie sich die Nationalmannschaft aufwärmte und verließen schließlich das Feld, als sich die Mannschaft zurückzog, um eine Besprechung zu haben, wobei nun die Portugiesen das Spielfeld einnahmen.

„Meinst du, wir werden gewinnen?", fragte Andy, als sie am Abend endlich auf das Stadion zugingen. Daniel lachte und auch Julies Dad war amüsiert über die Frage.

„Aber natürlich gewinnen wir, Andy!", rief Daniel bestimmt. „Portugal hat es nur mit ach und krach ins Finale geschafft. Mit Julie und Georgia Wood haben wir die Sache im Kasten!" James grinste über den Optimismus, denn Portugal hatte auf jeden Fall eine starke Mannschaft. Der Hüter war nicht zu unterschätzen und insbesondere das Treiberteam war etwas, worauf man dringend ein Auge haben sollte, wenn man nicht gerade scharf darauf, mit einer schlimmen Gehirnerschütterung im St. Mungos Hospital zu landen.

Obwohl die Familie Llewellyn einen anderen Eingang verwendete, da sie schließlich Familie waren, konnten sie die lauten Rufe und das Johlen der Fans noch auf der anderen Seite des Stadions hören. James war erleichterte, dass die Unruhen in Korsika und Südfrankreich nun einigermaßen im grünen Bereich waren. Die Rebellen sorgten noch immer für Unruhen, doch mithilfe von Auroren aus aller Welt, hatte das französiche Zaubereiministerium die Situation in den Griff bekommen. James' Dad hatte viele Wochen in Korsika verbracht und wurde erneut von dem Tagespropheten als der Held der Zaubererwelt bezeichnet.

James wusste genau, wie unangenehm das für seinen Dad war, denn schließlich hatte er nie danach gefragt, der Auserwählte zu werden. Für seinem Dad war der Verlust seiner Eltern noch immer eine Bürde und auch seine Kindheit nagte in dunklen Nächten an ihm. Doch am schlimmsten war für ihn das Gefühl zwar die Welt gerettet zu haben, er dafür aber so viele Menschen verloren hatte. Auch wenn Harry verstand, dass alle für die Vernichtung von Voldemort gestorben waren, fühlte er sich noch immer schuldig, denn irgendwie waren sie in seinen Augen auch für ihn gestorben.

Vor etwa fünf Jahren hatte James ein ausgiebiges Gespräch mit seinem Vater geführt. Es war zum ersten Mal wieder leicht gewesen und seine Aussprache mit Albus hat auch seinen Teil dazu beigetragen. Man konnte behaupten, dass Julie einen guten Einfluss auf die Potter-Familie hatte, denn nun waren sie sich nah wie nie zuvor.

Als die Llewellyns endlich an ihren Plätzen ankamen, war das Stadion schon zum bersten voll. Überall waren Briten, Franzosen, Iren und Potuguiesen, welche einen unglaublichen Lärm verursachten. Die Llewellyns hatte Plätze sehr weit oben bekommen, wenn auch nicht ganz oben.

„Meine Damen und Herren, Hexen und Zauberer, ich begrüße Sie zu dem Finale der Quidditch-Europameisterschaften 2028 zwischen Portugal und England!", ertönte eine Stimme, die James im Moment nicht zuordnen konnte. Es war jemand aus dem französischen Zaubereiministeriums, von dem James sich den Namen noch immer nicht merken konnte. Er sprach in klarem Englisch und doch sprach er einige Worte sehr seltsam aus. „Zuallererst begrüßt bitte die Mannschaft aus England!"

Ein Knall ertönte und sieben Gestalten kamen in das Stadion geschossen. Sie flogen so schnell, dass James eine Weile brauchte, bis er Julie ausmachen konnte. Sie sausten in einer geschlossenen Formation durch die Luft, weswegen sie eine Menge Teamgeist ausstrahlten. Abgesehen von einigen von Weasleys Feuerwerken und Konfetti gab es nicht viel zu sehen, denn das französischen Zaubereiministerium hatte genaue Richtlinien veranlasst, um die Sicherheit zu gewährleisten und dazu gehörten deutliche Einschränkungen, was den Auftakt anging.

„Und nun kommen die Nationalspieler aus Portugal!" Das Johlen wurde laut und James hörte viele Rufe in einer Sprache, die er nicht verstand. Die Portuguiesen flogen in einer Linie auf das Spielfeld und formten damit einige Schriftzüge, die James ebenso wenig verstand. Alle Spieler stellten sich schließlich in einen Kreis auf und warteten.

„Die Klatscher und der Goldene Schnatz wurden freigelassen. Nun wird das Startsignal gegeben und die Spieler heben ab. Llewellyn fängt den Quaffel und fliegt auf die Torringe ihrer Gegner zu..."

Wie gebannt sah James bei dem Spiel zu. Julie verfehlte ihre erste Chance und wurde nur haarscharf von einem Klatscher verfehlt, wodurch sie den Quaffel an das gegnerische Team verlor. Einer ihrer Mitspieler nahm ihnen diesen wieder ab und passte den Quaffel zu Julie, welche mit ein wenig Trickserei doch tatsächlich ein Tor landen konnte.

Georgia wehrte so einige Quaffel ab, doch auch Julie und ihre Kollegen hatten große Probleme, Tore zu erzielen. James wusste, dass das Spiel nicht ganz so eindeutig ausgehen würde, wie einige gehofft hatten — insbesondere Daniel.

Es war ein schnelles hin und her, das man beinahe nicht mit dem bloßen Auge erkennen konnte. James erkannte, dass einige spezielle Ferngläser benutzten, die das Spiel langsamer darstellten. Doch schon bei James' ersten Quidditchspiel hatte sein Dad ihm gesagt, dass man die Finger davon lassen sollte, weil man sonst alles nur zeitversetzt mitbekommt. Da fängt die Menge auf einmal an zu jubeln und man sieht das Tor erst in drei Minuten. Am Ende steht man da noch lange nach Spielende mit seinen Ferngläsern in den Hand.

„Spielt Tante Julie denn gut?", fragte Andy ungeduldig und erntete ein empörtes Schnauben seitens Daniel.

„Also wirklich, Andy, das fragst du noch? Deine Tante Julie spielt immer hervorragend!", meinte er.

„Was heißt ‚hervorragend'?", hakte Andy nach.

„Tante Julie spielt immer ganz, ganz gut!", klärte Marlene ihren Sohn auf, welcher nun lächelte.

„Ich mag Tante Julie", stellte er klar und grinste selig. James musste sich ein Lachen verkneifen, ehe er meinte: „Na da mach mal halblang, deine Tante Julie gehört noch immer mir!" Alle fingen zu James' Genugtuung an zu lachen und er wuschelte Andy durch die Haare, ehe er sich wieder dem Spiel zu wendete.

Das englische Jägerteam formierte sich gerade und es gab keine klare Sicht darauf, wer nun im Besitz des Quaffels war. Dann auf einmal brachen sie auseinander und einer von Julies Teamkollegen warf ein Tor. Tausende Zuschauer fingen auf einmal an zu jubeln und das in einer Lautstärke, dass Andy sich tatsächlich genötigt fühlte, sich die Ohren zu zu halten.

Der Jubel klang allerdings schnell ab, als die Portuguiesen den Quaffel erobert hatten und einer nach dem anderen scheiterte, ihnen den Quaffel wieder abzuluchsen. Gerade als der Jäger zum Wurf ausholen wollte, kam die letzte Rettung und ein wohlplatzierte Klatscher traf ihn an der Hand. James konnte sein schmerzverzerrtes Gesicht auf der Leinwand genau sehen und er konnte nicht anders, als sich über den sauberen Schlag des Treibers zu freuen.

Das Spiel wirkte, als könne es für immer so weiter gehen, doch auf einmal ging es ganz schnell. James nahm nur aus dem Augenwinkel war, dass die beiden Sucher zum Sturzflug ansetzten und dann war es auch innerhalb eines Augenschlags vorbei. Es war eine Sekunde der Stille, in der jeder versuchte festzustellen, wer nun den Schnatz gefangen hatte, bis James den englischen Sucher sah, welcher den Arm in die Luft gereckt hatte. Augenblicklich fingen die englischen Fans an zu jubeln, worin auch der Endpunktstand unterging.

Die Llewellyns lagen sich in den Armen und auch James wurde in den Kreis gezogen. Jeder ignorierte die Tatsache, dass das Spiel vielleicht gerade mal zwanzig Minuten gedauert hatten, denn sie hatten gewonnen und das zählte. James konnte kaum erwarten, Julie in die Arme zu schließen und ihr zum Sieg zu gratulieren und dann würde es hoffentlich eine ruhige Nacht ohne Tritte geben und die Normalität würde wieder eintreten.

„Hab ich's dir nicht gesagt, Andy?", hörte James Daniel sagen. Andy lachte nur, als Daniel anfing ihn zu kitzeln.

James musste ehrlich zugeben, dass ihn dieses Spiel sehr an das erste Quidditchspiel in der siebten Klasse gegen Hufflepuff erinnerte, denn damals hatten Julie, Caitlin und Dean kaum Zeit gehabt, überhaupt Tore zu werfen, da Philippa Longbottom bei ihrem ersten Spiel den Schnatz schon nach wenigen Minuten gefangen hatte. Das gesamte Team war damals unglaublich stolz auf ihren Neuzugang gewesen und Lily hatte ihm einen Blick zugeworfen, nachdem das Spiel vorbei war, dass sie es ihm doch gleich gesagt hätte. Hugo war in jenem Jahr auch endlich zum Hüter der Gryffindors geworden, hatte allerdings einen weniger guten Start, insbesondere, da er viel durch Annabel abgelenkt war.

„Der Quidditch-Europameister 2028 ist England mit zweihundertzwanzig zu dreißig Punkten! Herzlichen Glückwunsch!"

James beobachtete, wie Reuben Thompson, der Kapitän der Nationalmannschaft, den Pokal entgegen nahm und das Team schließlich vollkommen ausrastete. Den Zuschauern ging es ähnlich, überall feierten sie, abgesehen natürlich von den Portuguiesen, welche alle etwas traurig und enttäuscht aussahen. Einige Journalisten machten Photos von der Englischen Nationalmannschaft und dann ging es weiter mit der Preisverleihung.

„Wie jedes Mal, verleihen wir nun die Preise für die besten Spieler in jeder Kategorie", verkündete der Franzose. „Der Preis für den besten Hüter in diesem Turnier geht an Georgia Wood!" James jubelte, ebenso zehntausend andere Quidditchbegeisterten. Er hatte sich noch einmal bei ihr entschuldigt und mittlerweile hatte sie ihm verziehen, auch wenn es sehr lange gedauert hatte, aber Georgia hatte mithilfe von Thommy gelernt, wie sie ihren Groll hinter sich lassen konnte. Georgia nahm den Preis mit einem dicken Grinsen entgegen und ging dann wieder zurück zu ihrem Team, welches sie stolz empfing.

„Der Preis für den besten Sucher geht an Liam Murphy!" Der Irische Sucher kämpfte sich aus der Menge auf das Spielfeld. Sie waren im Halbfinale gegen England ausgeschieden, da der Schnatz sich kaum sehen gelassen hatte und das englische Jägerteam in kurzer Zeit viele Punkte gemacht hatte, sodass Liam Murphy zwar den Schnatz fing, aber dennoch das Spiel verlor, da England schon über hundertfünfzig Punkte Vorsprung hatte.

„In diesem Jahr geht der Preis für den besten Jäger an Julie Llewellyn!" James spürte, wie das Adrenalin durch seine Adern pumpte und es war, als würde er auf einmal Julies Emotionen wahrnehmen. Sie war sprachlos, geschockt, geehrt und vollkommen überfordert. Er erkannte, wie sie langsam und zitternd vortrat, um den Preis entgegenzunehmen. Sie stolperte einige Male über ihre eigenen Füße, fing sich allerdings jedes Mal wieder, ehe sie zurück zu ihrem Team kam. James verspürte das Bedürfnis, sie fest in den Arm zu nehmen, um ihr zu versichern, dass der ganze Trubel bald vorbei sein müsste. Es würden nur wenige Minuten sein, dann konnte er zu ihr.

„Und der Preis für den besten Treiber geht an Dado Afonso!" Einer der Portuguiesischen Spieler trat mit einem breiten Lächeln hervor, doch James wusste mittlerweile genau, wie Masken aussahen und wie man dahinter blickte. Dado Afonso war verärgert darüber, dass sie das Spiel verloren hatte, sein Wunsch, den englischen Sucher vom Besen zu hauen, war mehr als offensichtlich.

Das war das Zeichen für die Llewellyns inklusive James, sich auf den Weg zum Spielfeld zu machen. Wie die anderen Familien der englischen Spieler, stürmten sie auf das Feld, um ihren Familienmitgliedern zu gratulieren. James war der erste der Julie erreichte und ihr in die Arme fiel, nur um ihr wenig später einen Kuss zu geben. Er sah, dass sie weinte und strich ihr beruhigend über den Rücken, obwohl er nicht ganz sicher war, ob es nun Stress, Freude oder Erleichterung war. Wahrscheinlich spielte alles eine Rolle.

Er hielt sie eine ganze Weile fest, spürte wie sie am ganzen Körper zitterte, ehe wieder in seinen Kopf kam, dass noch eine Menge Leute darauf warteten, Julie ebenfalls zu umarmen. Und so ließ er langsam von ihr ab und drückte ihr noch einen letzten Kuss auf den Scheitel, ehe er sie an ihren Dad übergab.

Mit einem Mal wurde das Gejubel wieder laut und James fiel auf, dass es zuvor vollkommen gedämpft auf ihn gewirkt hatte. Er beobachtete, wie Edmund seine Tochter durch die Luft wirbelte und schließlich an den nächsten Llewellyn übergab. James sah sich auf dem chaotischen Spielfeld um und entdeckte Thommy und Georgia, welche bei Georgias Eltern standen. Es war nur eine Recht kleine Runde, denn Georgia war ein Einzelkind, genau wie ihre Eltern auch. Mit einem Lächeln auf den Lippen ging James auf die Woods zu.

„Glückwunsch!", gratulierte er Georgia und bekam sogar eine Umarmung, wobei James nicht entging, dass Oliver Wood, Georgias Dad, ihm einen strengen Blick zuwarf. Scheinbar wusste er genau, wie sehr James Georgia damals wehgetan hatte.

„Wie geht es deinem Vater, James?", fragte Oliver. James lächelte.

„Dem geht es gut. Zwar hat er immer noch so einiges auf Korsika zu tun, aber er meint, dass es immer besser wird", antwortete James. Neben Oliver stand seine Frau Katie. James kannte sie von Bildern und aus den Geschichten seines Dads, denn Katie hatte mit Harry Quidditch gespielt und wurde während ihres siebten Schuljahrs das Opfer eines schwarzmagischen Angriffs. Damals war ihr Name noch Katie Bell gewesen. Sie lächelte James aufmunternd an, als wollte sie sich für ihren Mann entschuldigen.

„Das hört sich ja den Umständen entsprechend gut an", bemerkte Oliver. „Und Ginny?"

„Mum geht es auch sehr gut", erwiderte James und wünschte, er könnte noch weiter ins Detail gehen, aber wenn er ehrlich war, dann bekam er nicht mehr ganz so viel davon mit, was seine Mum so machte, schließlich lebte er schon eine Weile nicht mehr mit ihr in einem Haus.

„Das freut mich", meinte Oliver und er wandte seinen Blick ab, womit er indirekt das Gespräch beendete. James sah sich unsicher um. Es gab noch eine ganze Menge Leute, denen er gratulieren musste, weswegen er sich verabschiedete und in die Menge stürzte, damit er möglichst schnell fertig war und wieder an Julies Seite sein konnte.

„Aber Julie, bist du dir sicher, dass du nicht zur After-Party willst?", fragte Caitlin nun zum dritten Mal. Sie hatten sich alle bei James und Julie im Wohnzimmer versammelt und tranken zusammen ein Butterbier.

„Wie oft denn noch, das hier ist meine After-Party", erwiderte Julie grinsend. Nachdem sie aus der Menge heraus war, hatte sie sich sofort entspannt, was James ungemein erleichterte. Es konnte nicht klarer sein, dass dem Stress nun für eine Weile ein Ende gesetzt worden war. Sie kuschelte sich an James' Arm und schien müde.

„Das hier erinnert mich so an unser letztes Jahr zusammen auf Hogwarts", bemerkte Annabel, welche sich an Hugo gelehnt hatte.

„Au ja, nur mit dem Unterschied, dass Mary nicht mit mir zusammen das fünfte Rad am Wagen spielt, sondern dass Craig hier ist", kommentierte Caitlin fast schon etwas bitter. James sah, wie Craig Lufkin entschuldigend lächelte, aber dennoch mit den Schultern zuckte.

„Dafür bin ich ja da, um mit dir und Lily fünftes Rad zu spielen!", rief Albus aus einer der hinteren Ecken. James fühlte sich beinahe etwas schlecht, da er seinen beiden Geschwistern und Caitlin unter die Nase rieb, dass er glücklich vergeben war, aber dann auf der anderen Seite waren Max und Lorraine schließlich verlobt und Mary und Craig ebenfalls.

„Freiheit!", rief Lily. Das war schon seit einer ganzen Weile ihr Schlachtruf. Jedenfalls, wenn sie mal wieder einen Typen sitzenließ. „Ich kann tragen was ich will und muss es nicht auf den Anzug eines Mannes abstimmen!" Die meisten tauschten verwirrte Blicke aus, doch James und Mary waren die ersten, die die kleine Rothaarige verstanden.

„Die Hochzeit ist aber ja erst in vier Tagen, wer weiß, wie es dann aussieht", neckte James seine kleine Schwester. Vor einigen Jahren hätte er das niemals auch nur gewagt, doch mittlerweile konnte sie ihm nichts mehr anhaben, schließlich war er erwachsen, arbeitete für das Ministerium und lebte nicht zu Hause. Lily konnte nur noch halb so gut die kleine Teufelsschwester spielen.

„Du könntest natürlich auch mit Angus gehen", schlug Craig grinsend vor.

„Au ja!", rief Caitlin begeistert und auch ein wenig schadenfroh, da sie wusste, dass Lily Angus Lufkin nicht wirklich mochte. Angus war einer von Craigs Brüdern und war im selben Jahr wie Caitlin, Annabel und Hugo gewesen. Er hatte in der Hausmannschaft der Ravenclaws als Treiber gespielt und war selbstverständlich auf der Hochzeit von Mary und Craig anwesend.

„Lieber tauche ich meine Hände in Basiliskengift", lehnte Lily angeekelt ab, was alle zum lachen brachte. James sag Craig und Mary an, welche so ruhig aussahen. Er konnte kaum glauben, dass sie nun in vier Tagen tatsächlich heiraten würden. Max und Lorraine hatten noch etwa drei Monate Zeit, bis sie ebenfalls den Bund der Ehe eingehen würden und so wie es aussah würde James der nächste von ihnen sein, der heiratete. Es war unglaublich, wie schnell die Zeit doch verging.

„Also wie viele Kinder sollen es denn werden?", fragte Lily, um das Thema wieder von sich zu lenken. Mary lief etwas rot an, doch Craig unterdrückte ein Lachen.

„Ich bin ja dafür, dass wir mindestens fünf Kinder haben", meinte er überzeugt, doch Mary stieß ihm mit dem Ellenbogen in die Seite. In seinen braunen Augen glitzerte der Schalk.

„Das sagst du nur, weil du selbst vier Geschwister hast!", beschwerte sich Mary.

„Ich finde, dass fünf eine gute Zahl ist. Da ist für jeden etwas dabei sozusagen. Denk doch nur mal an dich und Kelly! Ihr könnt auch nicht ausstehen und schon seit ihr fast wieder Einzelkinder", widersprach Craig. Mary blies ihre Wangen auf und gab sich geschlagen. James musste zugeben, dass schon etwas dran war, dass fünf Geschwister gar nicht mal so schlecht waren. Ihm selbst war es auch deutlich lieber, zwei Geschwister zu haben und nicht nur eins. Wenn ihm Albus auf die Nerven ging oder sogar in den Rücken fiel, dann konnte er sich noch immer mit Lily verbünden. Er wusste von Julie, dass sie es liebte, zwei Brüder zu haben. Der eine war für ernste Gespräche und der andere war für lustige Aktionen.

„Scheinbar seid ihr euch in der Frage total einig, seid ihr sicher, dass ihr jetzt schon heiraten wollt?", stellte Lily grinsend fest, doch jeder wusste, dass sie nur Scherze machte. Mary und Craig gehörten einfach zusammen.

Es war spät — fast schon früher Morgen —, als Julie und James nebeneinander in ihrem Bett lagen und an die Decke starrten. Sie hatten die Zimmerdecke mit unglaublich vielen Photos verziert, sodass sie sie immerzu anschauen konnte, wenn sie schlaflos blieben. Julie war ruhig, was James sehr erleichterte, denn er war nicht scharf auf eine weitere Nacht voller Tritte.

Auf einmal drehte sie sich zu ihm un kuschelte sich an seine Seite, ehe sie flüsterte: „Ich bin froh, dass du deinen eigenen Weg gegangen bist, James."

Ihre Worte bedeuteten viel und James war sich nicht einmal sicher, wo sie anfingen und was genau Julie meinte, weswegen er ein fragendes „Hm" machte. Julie kicherte.

„Ich bin froh, dass du entschieden hast, deine Maske aufzugeben und nicht so zu leben, wie andere Leute es erwartet haben. Ich bin froh darüber, dass du nicht zu den Leuten geworden bist, von denen du deine Namen bekommen hast."

„Ich auch, ansonsten wäre ich wahrscheinlich schon tot", erwiderte James und wusste, dass Humor an dieser Stelle vielleicht etwas unangebracht war, doch Julie lachte dennoch und das war alles, was zählte. „Ich meine, ich trage meine Namen mit Stolz, aber ich bin nun einmal nicht die Wiedergeburt von James und Sirius."

„Ich weiß und ich bin einfach froh, dass du das begriffen hast", flüsterte Julie und kuschelte sich noch etwas dichter an ihn. James sog ihren Duft ein und lauschte ihrem Atem, welcher Stück für Stück immer ruhiger wurde, bis sie eingeschlafen war. Und in jenem Moment wurde ihm durch eine kleine warme Kugel bewusst, dass er dieses Gefühl von Wärme, das Julie in ihm auslöste, bis ans Ende seiner Tage haben wollte.



Danke für all die lieben Votes und Kommentare. Danke, dass ihr alle diese Geschichte gelesen habt! Viele von euch wissen wahrscheinlich nicht, wie lange ich tatsächlich an dieser Geschichte gearbeitet habe. Als ich angefangen habe, sie auf Wattpad hochzuladen, hatte ich sie nach knapp drei Jahren endlich beendet. Und nun ist die kurze Zeit des Hochladens komplett vorbei. DANKE für alles! :)

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