Warum ich James Sirius Potter...

By Nachtwanderin

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Als James eines Abends eine Liste findet, die Gründe aufzeigt, warum man ihn hassen müsste, beschließt er all... More

Prolog
*1. Die Liste
*2. Neue Punkte
*3. Die Party
*4. Projekt "Neue Freunde"
*5. Unerwartete Diagnose
*6. Quidditch Komplikationen
*7. Wie Julie nicht tot war
*8. Auf dem kleinen Weg hinab
*9. Unerwartete Begegnugen
*10. Ernste Gespräche
*11. Auseinandersetzungen
*12. Beschimpfungen
*13. Ein Streich
*14. Der Wandel
*15. Rachepläne
*16. In nur vier Tagen
*17. Verloren
*18. Neue Motivation
*19. Tarot
*20. Der Humor der Gründer
*21. Die Spuren vom Vergangenen
*22. Der Schwindel
*23. Die letzten Schultage vor den Ferien
*24. Zu Hause
*25. Familie vereint
*26. Weihnachten
*27. Jahreswechsel
*28. Jene Tage im Januar
*29. Quidditch und Geburtstage
*30. Erkenntnisse
*31. Der alte Joshua
*32. Valentinstag
*33. Hundertachtzig Grad
*34. Planungen
*35. Der Ausflug
*36. Müdigkeit
*38. Wahnsinn
*39. Schlafmangel
*40. Swivenhodge
*41. Streichen
Epilog

*37. Hürden

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By Nachtwanderin

„Julie, dass kann doch nicht dein Ernst sein!", rief Hugo aufgebracht und Albus neben ihm verschränkte die Arme vor der Brust. Scorpius, Mary, Caitlin und ausnahmsweise auch Annabel standen da und versuchten sich so gut wie möglich aus der Sache rauszuhalten. Julie sagte gar nichts, sondern biss sich nur auf die Unterlippe. Es war ihr von Anfang an klar gewesen, dass Hugo und Albus ausrasten würden, dabei hatte Mary ihr doch vor einigen Tagen noch weiß machen wollen, dass niemand ihr den Kopf abreißen würde, sollte sie James mögen.

„Es ist aber mein Ernst", erwiderte Julie so gelassen sie konnte. Hugo fuhr sich durch die Haare und schien nicht zu verstehen, wie sie so gefasst bleiben konnte.

„Von allen Jungen auf Hogwarts, mit denen du ausgehen könntest, entscheidest du dich für James?", rief Albus und schien nicht im Geringsten zu verstehen. Julie nickte nur entschlossen, sie hatte ein wenig Zeit gehabt, um sich auf dieses Gespräch vorzubereiten und war dennoch stark genug, um sich nicht verunsichern zu lassen. Sie hatte James wirklich gern, was ihr insbesondere im Verbotenen Wald klargeworden war.

„Komm schon, Julie! Du versuchst doch nur, uns unser Leben schwer zu machen", jammerte Hugo gequält.

„Warum muss es ausgerechnet James sein?", beschwerte sich kurz darauf Albus.

„Müssen wir das wirklich diskutieren?", fragte Julie genervt und bekam daraufhin ein zweistimmiges „JA!" zurück. Hugo und Albus waren wirklich mies gelaunt seit sie Julie und James Hand in Hand gesehen hatten; um genau zu sein, waren sie nicht die einzigen, die einen großen Aufstand machten, denn ganz Hogwarts kannte seit einem Tag nun kein anderes Gesprächsthema mehr. Und zu Julies Leidwesen schien niemand auch nur ein gutes Wort über die Beziehung von ihnen zu verlieren. Julie warf Mary einen hilfesuchenden Blick zu.

„Jungs, ich denke ihr solltet mal wieder runterkommen", meinte Mary. „In wen Julie sich verliebt ist ihre Sache."

„Es wird aber zu unserer Angelegenheit, wenn der Typ, mit dem sie zusammen ist, ihr nur das Herz brechen wird!", verteidigte sich Albus und Hugo nickte zustimmend. „Ich meine, James hat noch nie eine ordentliche Beziehung auf die Beine stellen können, warum sollte sich das auf einmal ändern?"

„Weil er sich geändert hat!", antwortete Julie.

„Das denkst du! Menschen ändern sich nicht einfach so!", widersprach Hugo. Julie spürte, wie ihre Wangen rot vor Wut wurden.

„Ach was, Menschen ändern sich ständig, wenn auch nur leicht, sodass man es kaum merkt. Selbst du hast dich verändert, Hugo, du bist ständig mies gelaunt und hast einen Wettbewerb mit Annabel, wer den anderen mehr verletzen kann. Sowas würde der alte Hugo niemals tun!" Hugos Blick wandte sich automatisch zu der Stelle, an der Annabel zu Beginn ihres Gesprächs noch gestanden hatte, doch diese hatte sich anscheinend ungesehen aus dem Staub gemacht.

„Wenn wir schon bei dem Thema sind, kann ich dir ja auch endlich sagen, was für ein Idiot du bist", sprach nun Caitlin. Sie klang vollkommen ernst, nicht ein Hauch von Sarkasmus lag in ihrer Stimme, was nicht allzu oft vorkam. Hugo sah sie überrascht und dennoch erwartungsvoll an. „Ihr hattet eine winzig kleine Auseinandersetzung und auf einmal entfernt ihr euch so drastisch voneinander und versucht den anderen so sehr wie möglich zu verletzten. Du musst den Scheiß beenden!"

„Das denke ich auch, du und Annabel seid beste Freunde, das könnt ihr doch nicht einfach auf diese Art und Weise wegschmeißen", kommentierte nun auch Mary.

„Du solltest wirklich mal mit ihr reden und den Konflikt aus der Welt schaffen", gab auch Julie ihre Meinung ab und beobachtete, wie Hugos Gesicht langsam vollkommen rot wurde. Er vergrub sein Gesicht in seinen Händen und massierte sich die Schläfen. Das ursprüngliche Thema schien er vollkommen vergessen zu haben.

„Ich weiß genau, dass ihr es hasst, miteinander zu streiten und keiner von euch beiden ist im Moment glücklich", meinte Caitlin.

„Ist ja schon gut, aber ich habe keine Ahnung, wo ich anfangen soll", meinte Hugo und sah nachdenklich auf den Boden. Seine Wangen hatten mittlerweile das Rot seiner Haare angenommen und er sah aus als würde er jeden Moment ersticken.

„Worauf wartest du noch?", fragte Caitlin genervt und deutete in den Korridor. Hugo sah sie zweifelnd an.

„Woher soll ich denn wissen, wohin sie gegangen ist?", fragte er. Caitlin setzte ein geheimnisvolles Lächeln auf und schien Mühe zu haben, nicht auf der Stelle loszulachen.

„Tu nicht so, du weißt genauso gut wie ich, wohin sie gegangen ist!" Julie war etwas verwirrt, doch Hugo schien zu verstehen. Scheinbar gab es da eine Menge, die Julie noch nicht über das Viertklässler-Trio wussten. Es war beinahe gruselig, wie gut die drei sich kannten, eine übermenschliche Verbindung schien zwischen ihnen zu herrschen, etwas, was man normalerweise eher bei Geschwistern oder Drillingen feststellte. Ehe Julie sich versah, war Hugo auch schon verschwunden und die drei verbleibenden Mädchen grinsten sich breit an.

„Glaubst du, die vertragen sich jetzt wieder?", fragte Mary und Caitlin nickte ernst. Albus räusperte sich hörbar und lenkte damit wieder all die Aufmerksamkeit auf sich.

„Julie, wenn James dir das Herz bricht, dann darfst du von mir kein Mitleid erwarten", nahm er das ursprüngliche Thema wieder auf. Julie verdrehte nur die Augen.

„So sehr ich deine Fürsorge auch zu schätzen weiß, Al, ich erwarte von dir, dass du meine Entscheidungen respektierst und dazu gehört auch, mit wem ich mich treffe und mit wem nicht!"

„Schon gut, es tut mir Leid. Versprich mir nur, dass du nicht sauer auf mich sein wirst, wenn ich James einige Streiche spiele", meinte Albus grinsend. Julie lachte nur und mit einem „abgemacht" war das Thema endlich abgehakt.

Die Freunde verabschiedeten sich voneinander. Albus und Scorpius hatten angeblich noch etwas vor, was sich sehr stark nach Regelbrechen anhörte, Caitlin wollte Hugo und Annabel nachspionieren, Mary wollte ein Nickerchen halten, damit sie während der Astronomiestunde in der kommenden Nacht nicht einschlief, und Julie hatte mit James abgemacht, dass sie zusammen ihre Hausaufgaben in der Bibliothek erledigen würden.

Auf dem Weg zur Bibliothek fielen ihr immer wieder die Blicke ihrer Mitschüler auf. Albus und Hugo waren nicht die einzigen gewesen, die nicht sehr erfreut über die Beziehung von Julie und James waren. Die meisten Schüler auf Hogwarts fanden es beinahe lächerlich, andere waren ziemlich erstaunt, allerdings nicht im positiven Sinne. Immer wieder musste Julie sich anhören wie Schüler um sie herum miteinander tuschelten.

„Die Abneigung ihm gegenüber war doch nur gespielt, eigentlich wollte sie nur seine Aufmerksamkeit", hörte Julie Alicia Richards sagen. Andere bedauerten es, dass James sich eine solch unattraktive Freundin ausgesucht hatte, während andere wiederum bedauerten, dass Julie sich doch noch dazu herabgelassen hatte, ihre Zeit mit James zu verbringen. Die Meinungen waren allesamt unterschiedlich und es kam immer darauf an, wen der beiden die betroffene Person lieber mochte.

Für Julie waren die letzten Tage ziemlich interessant gewesen. Es waren Tage voller Glücksgefühl, Freude und Wut. Denn obwohl sie es nicht gerne zugab, gab es noch immer einige Probleme zwischen ihr und James, welche oft im Streit resultierten. Dazu kam noch, dass Julie versuchte, so selbstbewusst wie möglich rüberzukommen. Sie wollte, dass andere sahen, dass es ihr mit James ernst war, doch das gestaltete sich als schwer und endete nur in Frustration.

„Hey Julie", sprach James, sobald Julie in der Bibliothek eingetroffen war. Ohne dass sie irgendwas dagegen tun konnte, schlich sich ein Lächeln auf ihre Lippen und ihr Bauch schlug Purzelbäume. James kam vor ihr zum stehen und schenkte ihr ein strahlendes Lächeln, ehe er sich zu ihr hinunter beugte und ihr einen Kuss gab.

Es war noch immer seltsam für Julie, wie sich ihre gesamte Beziehung zu James in den letzten Monaten um hundertachtzig Grad gewendet hatte. Ende September hatte sie noch eine Liste geschrieben, warum sie James hasste und nun machte er sie mit einem einzelnen kurzen Kuss zum glücklichsten Menschen auf dem gesamten Planeten.

„Was haben sie gesagt?", fragte James, nachdem er sich wieder von ihr gelöst hatte und die beiden setzten sich an einen Tisch und schlugen ihr Alte Runen Buch auf. Julie verzog ihre Lippen zu einem gequälten Lächeln.

„Wie erwartet haben sie mich für verrückt erklärt", erzählte Julie missmutig, „sie können einfach nicht nachvollziehen, warum es ausgerechnet du sein musst."

„Hätte mich auch gewundert, wenn sie das einfach so hinnehmen würden, schließlich sind zumindest Hugo und Albus mit mir verwandt", erwiderte James und schaffte es, Julie wieder ein wenig aufzuheitern.

„Ja, die Verwandtschaft ist unübersehbar. Mary und Caitlin sehen das Ganze ziemlich entspannt, wobei Caitlin es nicht ganz so toll zu finden scheint, aber ihren Mund hält. Scorpius und Annabel scheint das alles nicht wirklich zu interessieren, jedenfalls waren sie vollkommen teilnahmslos."

„Ich glaube, dass niemand wirklich eine hohe Meinung von uns hat", seufzte James und Julie konnte nur deprimiert nicken, ehe sie sich still dazu entschlossen, sich an ihre Hausaufgaben zu machen. Früher hatte Julie es als furchtbar nervig empfunden, dass sie und James die exakt gleichen Fächer hatten, nun war es keineswegs ein Nachteil mehr, sondern eher eine Entschuldigung, um den ganzen Tag mit ihm zu verbringen. Das Mittagessen war wohl der einzige Zeitpunkt, an dem die beiden sich trennten und sich einzeln zu ihren Freunden setzten. Zum Frühstück waren sie zusammen gegangen und auch das Abendessen hatten sie zusammen mit Max und Lorraine hinter sich gebracht. Julie fühlte sich etwas schuldig, ihre Freunde zu verlassen, schließlich hatte es zuvor kaum eine Mahlzeit gegeben, bei der sie nicht neben Mary gesessen hatte.

Es dauerte nicht lange, da hatten sie ihre Alte Runen Hausaufgaben beendet, was glücklicher Weise das einzige Fach war, in dem sie etwas auf hatten.

„Ich denke, Caitlin, Mary und ich haben Hugo endlich dazu überredet, sich mit Annabel auszusprechen", berichtete Julie, während James ihre Hand ergriff. Durch die Berührung bekam sie eine Gänsehaut.

„Das ist gut, denke ich", kommentierte James, „weswegen streiten die sich nochmal?"

„Ich weiß es nicht genau, sie haben sich gestritten und um Caitlin zu zitieren wie verletzte Hundewelpen geschmollt und mit der Zeit alles nur noch schlimmer gemacht."

„Das klingt nach einer ziemlich intensiven Beziehung, wenn ein kleiner Streit die beiden vollkommen aus der Fassung bringt."

„Ja, die beiden stehen sich ziemlich nahe und sind Streit nicht gewohnt. Es ist manchmal wirklich gruselig, wie gut die beiden sich kennen, was es noch unerträglicher macht, dass sie in den letzten Wochen kein Wort miteinander gewechselt haben."

Daraufhin schwiegen die beiden ein wenig. Während der Stille fuhr James immer wieder mit seinem Daumen über Julies Handrücken, bis sie schließlich seufzte und ihren Kopf an seinen Arm lehnte. Sie verharrten in dieser Stellung eine ganze Weile und es brauchte keine Worte, denn sie hingen beide ihren Gedanken nach.

„Glaubst du, der alte Joshua wird der nächsten Generation von uns erzählen", unterbrach James mit einem Mal die Stille. Julie hob ihren Kopf und sah ihn verwirrt an.

„Du meinst, ob er vollkommen fremden Leuten von dem ersten Potter, der jemals seinen Laden betreten hat, erzählen wird? Das bezweifle ich, er hat eine Menge Erinnerungen in seinem Kopf, aber er wiederholt sie nur für diejenigen, die irgendwas damit zu tun haben", antwortete Julie.

„Also falls ich irgendwann man Kinder haben sollte, würde er ihnen von uns erzählen?", hakte James nach und Julie nickte.

„Falls er zu der Zeit noch leben sollte, dann werden deine Kinder auch irgendwann erfahren, wie er so einige Potters vor seiner Türschwelle gesehen hatte, aber keiner vor dir es hineingewagt hat. Und wahrscheinlich wird er ihnen dann erzählen, wie er dir alles über ihn und meinte Grandma Anthea erzählt hat", erläuterte Julie grinsend. James lachte leise.

„Dieser alte Mann ist ebenso seltsam wie genial!"

„Hast du eigentlich jemals ein Buch gelesen?", fragte Julie James interessiert. Er schien nicht der Typ, der viele Bücher las, auch wenn Julie sich ein Leben ohne Bücher gar nicht vorstellen konnte. Sie hatte keine Ahnung, wie Leute durch das Leben gehen konnten ohne Geschichten zu lesen.

„Vor einer halben Ewigkeit vielleicht", antwortete James und kratzte sich am Hinterkopf.

„Das solltest du dringend ändern", meinte Julie ernst.

„Ich weiß ja nicht, ich bin nicht wirklich der große Leser."

„Das lässt sich ändern. Ach komm schon, es gibt sicher irgendwelche Geschichten, die dich interessieren. Notfalls auch nur die Biografie von Dai Llewellyn!" James lachte.

„Den hab ich schon ganz vergessen. Du bist nicht zufällig mit ihm verwandt, das würde deine lebensbedrohlichen Manöver in letzter Zeit erklären", meinte James grinsend und Julie streckte ihm die Zunge heraus.

„Nein, wir sind nicht verwandt, jedenfalls nicht innerhalb der letzten zwanzig Generationen oder mehr. Und was soll das überhaupt heißen — lebensbedrohliche Manöver?" Julie verschränkte die Arme vor der Brust und entzog sich somit James' Hand. Sie zog eine Augenbraue hoch und sah ihn abwartend an.

„Damit meine ich Dinge wie freihändige Faultierrollen, auf dem Besenstiel stehen und Klatscher-jagen", erwiderte James trocken. Julie funkelte ihn an und spürte, wie die Wut in ihr aufstieg. Sie sah keinen Grund, warum man ihr solche Dinge vorhalten sollte, schließlich tat sie nichts Verbotenes.

„So etwas nennt man Tricks, James", meinte Julie langsam und durch zusammengebissenen Zähne. So langsam schien auch James zu verstehen, dass er sich mit diesem Thema auf dünnes Eis begab, doch er schien nicht locker lassen zu wollen.

„Verdammt gefährliche Tricks!"

„Verdammt gute Tricks", widersprach Julie. „Du hast mir selbst gesagt, dass ich besser sein muss als die anderen Jäger auf Hogwarts, damit ich professionelle Quidditchspielerin werden kann, was ist so schlimm daran, dass ich mich an schweren Tricks versuche?"

„Im Grunde habe ich kein Problem damit, nur die Tatsache, dass du dich dabei hunderte Meter über dem Boden befindest gefällt mir nicht so ganz. Du könntest jederzeit fallen oder den Klatscher gegen den Kopf kriegen!" Julie verdrehte die Augen und packte ihre Sachen zusammen.

„Es passiert aber nichts, ich weiß schon, was ich tue und wenn ich das alles so perfektionieren kann, dass ich die Tricks beim nächsten Spiel anwenden kann, dann werden die Sichter mich ganz bestimmt auf ihre Liste schreiben", meinte Julie überzeugt und schloss ihre Schultasche, ehe sie sich wieder zu James drehte.

„Du stehst doch schon längst auf der Liste! Du solltest lieber weiter Tricks mit Caitlin und Dean erfinden, als freihändige Faultierrollen zu üben!"

„Aber irgendwie muss ich den Sichtern doch ins Auge stechen!", rief Julie und ihr wurde schlagartig bewusst, dass sie sich in der Bibliothek befand. Mit der Hand zur Faust geballt, stand sie auf und ging Richtung Ausgang. James folgte ihr.

„Wie oft denn noch, du stichst schon deutlich hervor, wie viel mehr willst du denn noch?"

„Woher willst du wissen, dass ich wirklich auf dieser Liste stehe?" Sie hatten gerade den Ausgang erreicht, da fuhr Julie zu James herum. Ihre Augen trafen sich und so sehr Julie James' braunen Augen auch mochte, sie hasste sie in jenem Moment dafür, dass sie sie weich werden ließen. James griff nach ihrer Hand und erwiderte ihren Blick.

„Sie wären bescheuert, wenn sie dich nicht zu den zehn besten Quidditchspielern Hogwarts zählen würden. Noch dazu bin ich mir ziemlich sicher, dass du mindestens unter den besten Fünf zu finden bist, eventuell auch gleich nach Georgia Wood." Julie spürte, wie ihre Wut etwas abklang.

„Ich wollte dir gerade sagen, wie lieb deine Worte doch waren, aber dann hast du angefangen, kompletten Schwachsinn zu reden, denn ich bin ganz sicher nicht auf Platz zwei, schließlich gibt es noch die Lufkins!" Und damit drehte sie sich wieder um und entzog sich James' Hand ein weiteres Mal, um durch die Korridore zum Gryffindorturm zu gehen. James folgte ihr wieder einmal, doch dieses Mal versuchte er nciht einmal, nach ihrer Hand zu greifen. Julie spürte, dass das Gespräch zwischen ihnen stand, sie wusste genau, dass noch lange nicht alles geklärt war und ebenso wusste sie, dass sie noch immer wütend auf James war. Es war nicht der erste Streit gewesen, im Grunde stritten die beiden sich noch immer ständig, soweit man das behaupten konnte, wo die beiden doch nur so kurze Zeit zusammen waren. Für Julie schien es immerzu etwas aussichtslos, denn obwohl sie James wirklich gern hatte und er sie glücklich machte, konnte sie nicht leugnen, dass ihre Beziehung unter keinem guten Stern zu stehen schien.

Am nächsten Morgen war die Stimmung schon deutlich besser. Julie konnte ihren Augen kaum trauen, als sie mit James in die Große Halle trat und Annabel und Hugo tatsächlich nebeneinander am Gryffindortisch saßen. Zwar sprachen sie im Moment kein Wort miteinander, doch es zeigte Julie, dass sie sich tatsächlich ausgesprochen haben zu schienen.

Aufgeregt ließ sie James links liegen und lief auf ihre Freunde zu. Wie von selbst ließ sie sich auf ihren alten Platz neben Mary gleiten und sah ihre Freunde mit leuchtenden Augen an.

„Ihr habt es also tatsächlich geschafft, miteinander zu reden?", fragte Julie enthusiastisch und sah zwischen Hugo und Annabel hin und her. Beide mieden ihren Blick und wurden etwas rot, ehe Hugo nickte und sich weiter seinem Frühstück zuwandte.

„Ja, jetzt wird endlich wieder alles wie früher. Irgendwie hat ja seit den Weihnachtsferien gar nichts mehr geklappt", meldete sich Caitlin zu Wort. Sie sah seltsam alt aus und doch strahlte sie eine gewisse Freude aus, obwohl ihre Augen traurig wirkten. Es war ein sonderbarer Anblick. „Ich hab mich gestern Abend von James getrennt."

„Was? Ich dachte, es würde gut zwischen euch laufen?", rief Julie überrascht aus. Mittlerweile war sie nicht mehr ganz so verwirrt, wenn Caitlin von James Cauldwell sprach und es dauerte nur noch den Bruchteil einer Sekunde, bis sie verstand, dass keineswegs von James Potter die Rede war. Caitlin seufzte und zuckte mit den Schultern.

„Ich weiß auch nicht, es war eigentlich auch alles gut zwischen uns und es ist auch nicht so, dass wir im Schlechten auseinander gegangen sind, aber irgendwie ist uns klar geworden, dass es sich nicht entwickelt und wir einfach keine Schritte vorwärts machen. Gestern hab ich mit ihm darüber geredet und wir sind uns einig geworden, dass es wahrscheinlich einfach nicht sein soll. Ich mag ihn, aber ich liebe ihn nicht, wenn du verstehst", erklärte Caitlin sachlich und wirkte auf Julie nicht wie ein fünfzehnjähriges Mädchen, dessen erste Beziehung gerade in die Brüche gegangen war, sondern wie eine erwachsene Frau.

„Ich verstehe", erwiderte Julie und bemerkte, wie Annabel sie ansah und mit den Kopf nickte. Julie folgte ihrem Nicken und ihr wurde schlagartig bewusst, dass James mittlerweile etwas unsicher hinter ihr stand und nicht zu wissen schien, ob er sich setzen sollte oder nicht.

„Hugo?", fragte Julie und Angesprochener sah von ihr zu James und zurück, ehe er die Augen verdrehte und nickte. Und so geschah es, dass Julie nach James' Hand griff und ihn neben sich auf die Bank zog. Es war seltsam für alle Beteiligten, Julie fühlte sich zerrissen zwischen ihren Freunden und James und hatte keine Ahnung, mit wem sie reden sollte und die anderen schienen sich nicht wohl genug zu fühlen, um eine normale Unterhaltung zu führen, jedenfalls nicht im Moment. Es herrschte eine peinliche Stille, ehe Caitlin wieder das Wort ergriff: „Ja, ich denke, ich werde nun eine Weile single bleiben. Das Gespräch gestern hat mir gezeigt, dass ich keine Beziehung brauche, wahrscheinlich bin ich sowieso noch nicht bereit dafür."

„Das wird dir die Zeit dann wohl zeigen, aber zumindest hast du jetzt schon mal etwas an Erfahrung gesammelt", erwiderte Mary lächelnd und auf einmal begann Caitlin zu grinsen.

„Ja, wahrscheinlich habe ich sogar die meiste Erfahrung von uns allen. Soll ich dir Ratschläge geben, wie du Craig endlich dazu bringen kannst, mit dir auszugehen?", fragte sie grinsend und Mary wurde augenblicklich rot. Julies Lippen verzogen sich ebenfalls zu einem Grinsen und sie spürte James' fragenden Blick auf ihr, doch er blieb still und aß sein Frühstück.

„Das wird sowieso nicht mehr lange dauern!", kommentierte Julie überzeugt, während Mary im Scham zu versinken schien. „Glaub mir, er hat seit ich hier bin bestimmt schon zwanzig Mal zu dir geschaut." Julie sah zum Ravenclawtisch, an dem Craig Lufkin mal wieder mit freier Sicht auf Mary saß. Aus dem Augenwinkel nahm sie wahr, wie James ihrem Blick folgte.

„Sieht so aus, als würde Norman genauso viel Spaß an der Sache haben", meinte er und Julie erkannte, wie Norman Knightley seinen besten Freund in die Seite stuppste und in Richtung des Gryffindortisches deutete. Und obwohl der Ravenclawtisch nicht ganz so nahe bei den Gryffindors war, konnte Julie genau erkennen, wie auch Craig hochrot im Gesicht wurde. „Warum ist mir das noch nie aufgefallen?", murmelte James Julie zu.

„Vielleicht, weil du dich zuvor weder um Craig noch um Mary gekümmert hast", antwortete Julie und klang etwas anklagender als beabsichtigt. Sie sah, wie James sie anfunkelte, in seinem Gesicht konnte sie Wut und ebenso Verletzung erkennen, was sie augenblicklich schlecht fühlen ließ. „So war das nicht gemeint", flüsterte sie ihm zu, doch sein Gesicht zeigte ihr deutlich, dass er noch immer wütend war. Julie konnte sich also nur auf einen weiteren Streit gefasst machen.

Eine Woche nachdem Julie und James zusammen gekommen waren, hatten die kritischen Blicke und das Getuschel hinter ihren Rücke noch nicht abgenommen. Es war eine Qual für Julie, denn jeder schien jeden Moment zu erwarten, dass Julie und James sich voneinander trennten. Hugo war, seitdem er sich mit Annabel vertragen hatte, nicht mehr ganz so mürrisch, obwohl die beiden noch immer kaum miteinander sprachen. Albus wiederum nutzte jeden Moment aus, um Julie darauf aufmerksam zu machen, dass James ihr nur das Herz brechen würde.

Im Großen und Ganze gab es nur herzlich wenige Menschen, die nichts gegen die Beziehung einzuwenden hatten und das waren wohl Max, Mary, Lorraine und die Zwillinge Elliot und Duncan. Für Julie fühlte es sich an, als hätte sie eine tickende Zeitbombe bei sich, denn es konnte nicht gut ausgehen, wenn nichts besser wurde.

„Wir streiten eine Menge", gestand Julie ihrer besten Freundin eines Abends in ihrem Schlafsaal.

„Alte Gewohnheit?", hakte Mary nach, doch Julie schüttelte nur nachdenklich den Kopf.

„Ich weiß auch nicht, es ist so, als würden unsere Körper manchmal einfach wütend auf den anderen reagieren und das einfach ohne Grund. James kann mich schneller wütend machen, als jeder andere. Es ist irgendwie seltsam, ich weiß nicht, wie ich es besser beschreiben soll!"

„Also was du sagen willst, ist dass ihr euch geändert habt, aber immer noch Eigenschaften besitzt, die euch zur Weißglut treiben können, oder wie?" Mary sah Julie aufmerksam an und Julie nickte langsam.

„Ich denke, das macht Sinn. Es ist einfach, dass ich gelernt habe, seine guten Eigenschaften wertzuschätzen und sie über seine Schlechten zu stellen", fuhr Julie fort und raufte sich die Haare. Sie wusste nicht einmal, warum sie Mary das Ganze überhaupt erzählte, wahrscheinlich weil es einfach mal raus musste. „Oft streiten wir uns einfach nur wegen Kleinigkeiten."

„Ja, weil ihr beide Sturköpfe seid und insbesondere du ein großes Temperament besitzt", meinte Mary provokant. Und wie Mary wahrscheinlich erwartet hatte, spürte Julie, wie sie wütend wurde und sich am liebsten gegen all diese Worte wehren würde. Sie biss die Zähne zusammen und beobachtete wie Mary ihre Lippen zu einem schadenfrohen Grinsen kräuselte. Julie atmete einmal tief ein und dann wieder aus und sah Mary dann fest in die Augen.

„Vielleicht hast du Recht", murmelte sie.

„Natürlich habe ich Recht!", lachte Mary. „Du hast eben gezeigt, dass du dein Temperament zügeln kannst, warum kannst du das nicht bei James?"

„Keine Ahnung", erwiderte Julie schulterzuckend und stand von dem Bett ihrer besten Freundin auf. „Ich denke, ich lege mich jetzt schlafen. Danke fürs Zuhören!" Letzterer Satz kam Julie nur schwer über die Lippen, es fühlte sich beinahe peinlich an, solche Worte in den Mund zu nehmen. Sie schlich zu ihrem Bett hinüber und kuschelte sich in die Laken. Mit einem Schwenker ihres Zauberstabs, schloss sie die Vorhänge und lag noch eine Weile da, um über Marys Worte nachzudenken.

Wenn sie tief ein und ausatmen würde, wenn James sie wütend machte und dann gefasst ihre Schwächen eingestehen könnte, dann wäre ihr Leben wahrscheinlich deutlich einfacher, doch das Problem war, dass James sie so schnell so wütend machte, dass sie nur rot sah und keinerlei Beherrschung hatte. Sie wusste, dass dies eines der Probleme war, die aus der Welt geschafft werden mussten. Oder zumindest musste sich die Anzahl der Streits drastisch reduzieren. Julie wollte mit James zusammen sein, sie mochte ihn und er machte sie glücklich, doch genauso viel Verzweiflung und Kummer brachte die Beziehung mit sich und Julie wusste, dass sich etwas ändern musste, damit sie überhaupt eine Chance hatten. Es gab so viele Hürden und noch war unklar, ob sie alle überstehen würden.

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