Warum ich James Sirius Potter...

By Nachtwanderin

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Als James eines Abends eine Liste findet, die Gründe aufzeigt, warum man ihn hassen müsste, beschließt er all... More

Prolog
*1. Die Liste
*2. Neue Punkte
*3. Die Party
*4. Projekt "Neue Freunde"
*5. Unerwartete Diagnose
*6. Quidditch Komplikationen
*7. Wie Julie nicht tot war
*8. Auf dem kleinen Weg hinab
*9. Unerwartete Begegnugen
*10. Ernste Gespräche
*11. Auseinandersetzungen
*12. Beschimpfungen
*13. Ein Streich
*14. Der Wandel
*15. Rachepläne
*16. In nur vier Tagen
*17. Verloren
*18. Neue Motivation
*19. Tarot
*20. Der Humor der Gründer
*21. Die Spuren vom Vergangenen
*22. Der Schwindel
*24. Zu Hause
*25. Familie vereint
*26. Weihnachten
*27. Jahreswechsel
*28. Jene Tage im Januar
*29. Quidditch und Geburtstage
*30. Erkenntnisse
*31. Der alte Joshua
*32. Valentinstag
*33. Hundertachtzig Grad
*34. Planungen
*35. Der Ausflug
*36. Müdigkeit
*37. Hürden
*38. Wahnsinn
*39. Schlafmangel
*40. Swivenhodge
*41. Streichen
Epilog

*23. Die letzten Schultage vor den Ferien

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By Nachtwanderin

Es war Donnerstag und Julie fing langsam an zu verzweifeln. Jeden Tag machte sie sich auf den Weg zu den Kerkern, um Tracey Davis auszufragen, doch diese blieb wie vom Erdboden verschluckt. Langsam fürchtete Julie, sie würde nie Antworten auf ihre Fragen bekommen und dabei hatte sie nur noch fünf Tage Zeit, um diese Prophezeiung zu entschlüsseln.

Seufzend sah sich Julie noch einmal im Korridor um und beschloss noch ein Stück weiter zu gehen. Wie schon gefühlte hundert Male, bog sie in diesen Korridor ein und fand wie erwartet keinen Geist vor. Mittlerweile war sie sich sicher, dass sie schon jeden einzelnen Gang und jede Nische in den Kerkern gesehen hatte. Fast schon schlurfend lief Julie den nächsten Korridor ab und wollte gerade aufgeben, als sie Stimmen hörte. Wie eingefroren blieb sie stehen und lauschte, ehe sie sich wieder entspannte, obwohl diese Stimmen näher kamen.

„Was machst du denn schon wieder in den Kerkern?", fragte Scorpius, welcher Julie schon so einige Male über den Weg gelaufen war. Neben ihm stand ausnahmsweise mal nicht Al, sondern Noel Pucey sowie Gillian Lufkin.

„Ich suche immer noch Tracey Davis", gab Julie resigniert zu, weswegen sie sich ziemlich verwirrte Blicke von Scorpius' Begleitern einhandelte. Schorpius selbst runzelte nur die Stirn.

„Und warum suchst du sie nochmal?", fragte er, so als würde er den Grund schon einmal gehört haben, doch Julie war sich sicher, die Jungs nie genau darüber informiert zu haben. Für einen Moment überlegte sie, ob sie die übliche Ausrede verwenden sollte, aber langsam wurde ihr das alles zu blöd.

„Dieses blöde Wahrsage-Projekt über Tamsin Floresca hat irgendwas mit ihr zu tun. Eine Prophezeiung könnte auf die Geschichte von Tracey Davis hinweisen und deswegen würde ich gerne einmal versuchen mit ihr zu reden", gab Julie kleinlaut zu, da sie sich mehr als albern vorkam.

„Warum hast du das nicht früher gesagt, mein Dad ist schließlich mit ihr zur Schule gegangen!", rief Scorpius und machte Gillian und Noel gleichzeitig ein Zeichen, dass sie schon allein weitergehen konnten. Julie wurde währenddessen ziemlich aufgeregt und hoffte, dass sie ihre Deutung endlich handfest machen konnte.

„Also was willst du wissen?", fragte Scorpius grinsend.

„Allgemein ihre Rolle in der Schlacht von Hogwarts."

„Okay", meinte er und atmete laut ein, „laut meinem Dad war sie halbblütig und wahrscheinlich war das auch der Grund, warum sie sich entschieden hat, für Hogwarts und nicht an Seite der Todesser zu kämpfen. Laut Dad war sie schon immer bekannt dafür gewesen, eine sehr ausgeprägte Angst vor dem Tod zu haben, weswegen sie nun ja auch ein Geist ist. Bei der Schlacht hatte sie wohl nicht viel ausrichten können und als ich einmal in der Nähe ihres Geistes war, hat sie irgendwas davon gefaselt, dass sie es in ihrem Leben nie zu etwas gebracht hätte. Da ist alles, was ich über sie weiß."

In Julies Kopf ratterte es. Die Spur der Heldentat. So wie Scorpius es erzählt hatte, konnte man nicht wirklich behaupten, dass Tracey Davis eine Heldin war. Doch war Spur nicht sogar doppeldeutig zu verstehen? Zum einen die Spur einer Seele und zum anderen die Spur einer Heldentat? Die Spur als die Bedeutung von einer sehr kleinen Menge, eine kleine Heldentat. Somit hätte es doch wieder einen Sinn, denn schließlich hatte Tracey Davis gekämpft, wenn auch nicht sonderlich gut, sie hatte etwas ausgerichtet, wenn auch nur wenig, sie musste etwas ausgerichtet haben. Eine klitzekleine Heldentat, die Spur der Heldentat. Der Rest der Zeile deutete noch einmal mehr darauf hin, dass es sich um die Schlacht um Hogwarts handelte und dass Tracey Davis traurig ein ewiges Leben als Geist zubringen musste.

Noch vollkommen in Gedanken versunken, bemerkte Julie, dass Scorpius immer noch vor ihr stand und sie fragend musterte. Nahezu erschrocken blickte sie ihm in die Augen und stellte fest, dass ein Danke wohl sehr angebracht war.

„Bei Merlin Scorpius, du bist eindeutig der Beste!", rief sie. „Du hast ja keine Ahnung, wie sehr du mir geholfen hast!" Sie strahlte ihn an, während er einfach nur grinsend vor ihr stand. Wie gern wäre Julie dem Slytherin doch um den Hals gefallen, doch irgendwas hinderte sie daran. Wahrscheinlich die Tatsache, dass sie fast nie Umarmungen vergab, denn irgendwie hatte sie einen recht großen Sicherheitsabstand, selbst bei Freunden. „Danke", fügte Julie noch hinzu, als sie bemerkte, dass ihr dieses Wort noch immer nicht über die Lippen gekommen war.

„Es war mir eine Ehre, dir zu helfen", erwiderte Scorpius grinsend und setzte seinen Weg fort, welcher hinaus aus den Kerkern führte. Julie folgte ihm schweigend und in ihrem Kopf arbeitete es bereits, wie sie diese Deutung in ihre Unterlagen einbauen sollten und ob es nicht vielleicht noch etwas gab, was sie übersehen hatte, doch ihr fiel nichts ein. Mit dieser Prophezeiung hatten sie und James nun drei ungedeutete Prophezeiungen einem Ereignis zugeordnet, während noch acht ohne Deutung dastanden. Aber das war in Ordnung, Julie musste augenblicklich lächeln, als sie daran dachte, wie weit die Zukunft noch reichte und wie viel noch geschehen konnte.

▫▫▫

Der Montag kam mal wieder viel zu schnell und Julie musste sich am Vormittag noch mit James zusammensetzten, um ihre Tagebücher zu vervollständigen, schließlich würde Professor Wilson genau kontrollieren, ob sie auch alle Vorhersagen gedeutet hatten und inwiefern sie eingetroffen waren.

„Ich habe dir insgesamt viermal den Verrat angekündigt, Potter", meinte Julie leise. „Hast du wirklich keinen blassen Schimmer, was es damit auf sich haben könnte?"

James schnaubte nur. „Wie oft soll ich es dir denn noch sagen? Ich wurde weder verraten noch ist mein Hirn zu dumm, um das zu checken!"

Julie verdrehte nur die Augen, irgendwas sagte ihr, dass er ihr etwas verheimlichte und das gefiel ihr ganz und gar nicht. Sie machte sich eine kleine Notiz, dass der Verrat noch immer nicht eingetreten war, dann sah sie wieder zu ihm auf.

„Und was ist mit Diebstahl und Friede?", hakte Julie nach. James dachte eine Weile nach und zog dabei die Stirn kraus. Schließlich glätteten sich seine Gesichtszüge wieder und er sagte: „Clarisse hat mir gestern meinen Nachtisch geklaut, als ich kurz nicht aufgepasst habe und Lily hat mit mir einen neuen Waffenstillstand nach unserem letzten Streit vereinbart. Fragt sich nur, wie lange der hält."

Julie schrieb alles sorgfältig in ihr Orakelbuch und musste sich angestrengt ein Grinsen verkneifen, denn wenn sie eines an Potter amüsant fand, dann waren das seine Konflikte mit seiner kleinen Schwester, welche es wirklich faustdick hinter den Ohren hatte.

„Bei dir habe ich aber auch noch einige Punkte offen, Llewellyn", meinte James und blätterte in seinem Tagebuch. „In letzter Zeit ein Vermögen geerbt?", fragte James feixend, woraufhin Julie nur böse den Kopf schüttelte.

„Ich habe auch keine Taschengelderhöhung oder sonst was bekommen. Finanziell hat sich bei mir nichts geändert und das wird es hoffentlich auch in Zukunft nicht durch ein Erbe, denn dafür müsste jemand aus meiner Familie sterben, Potter."

„Schon gut. Was ist mit dem Zweig, also neuen Freundschaften?"

„Sind geschlossen worden", sagte Julie knapp und stand von der Bank auf. Sie packte ihre Sachen zusammen und wollte sich gerade auf den Weg zu Wahrsagen machen, als James sie zurückhielt.

„Ich war noch nicht fertig, Llewellyn", rief er wütend, doch Julie winkte nur ab.

„Du bist fertig, Potter, denn auf alle deine anderen Fragen würde ich nur dieselbe Antwort geben können." Scheinbar gab sich James damit zufrieden, denn sie gingen wortlos im Abstand von drei Metern zu Wahrsagen. Julie fiel dabei mit jedem Schritt ein Stein vom Herzen, denn mit jedem Schritt entfernte sie sich ein Stück weit von James, da das Ende des Projekts immer näher kam. Sie hasste es, mit ihm zusammenzuarbeiten, auch wenn sie zugeben musste, dass er sich deutlich gebessert hatte, was die Mitarbeit anging.

Professor Wilson war mehr als begeistert. Schon als sie die Ausführung von den Ergebnissen in den Händen hielt, welche Julie und James gemeinsam erarbeitet hatten, strahlte ihr Gesicht und sie freute sich offenkundig darüber, in dem kleinen Heft zu lesen, welches voll beschrieben war. Julie war sich sicher, dass sie sich mit diesem Projekt die Bestnote holen würden, vor allem nachdem sie die eher bescheidenen Stücke Pergament ihrer Mitschüler erblickte.

So wie es bei Professor Wilsons Projekten immer war, musste nun jeder gezwungener Maßen sein Tagebuch abgeben und es der Lehrerin für mehrere Tage überlassen, was in diesem Fall die kompletten Ferien waren, sollte man zu seiner Familie fahren, wie es bei Julie der Fall war. Es fiel Julie schwer, einen solch persönlichen Gegenstand wie ihr Orakelbuch aus der Hand zu geben, doch gleichermaßen fühlte sie, wie eine Last von ihren Schultern genommen wurde, sodass sie endlich mal eine Pause von den ganzen Vorhersagen und Deutungen hatte.

In der letzten Wahrsagestunde vor den Ferien, fing Professor Wilson an, ihren Schülern die ersten Ergebnisse der Projekte vorzutragen, doch leider fand sie nicht sonderlich viel Gehör, was Julie recht kritisch beäugte. Und ehe sie sich versah, war die Stunde auch schon um und die Schüler strömten nur aus dem Turmzimmer, um so schnell wie möglich vor den warmen Kamin in ihrem Gemeinschaftsraum zu kommen. Und mit jeder Sekunde rückten die Ferien näher, was jeder einzelne Schüler bis tief unter die Haut spüren konnte, wodurch die Stimmung auch zunehmend weihnachtlich wurde und dementsprechend die ersten Mistelzweige kamen und gingen, wie es ihnen passte.

So kam es auch, dass Scorpius am nächsten Tag nicht sehr gut drauf war, als Julie ihn auf dem Korridor abfing. „Alles Gute zum Geburtstag, Scorp!", rief sie enthusiastisch und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln, ehe sie ihm eine Kleinigkeit, verpackt in scharlachrotem Geschenkpapier, in die Hand drückte. Er zwang sich zu einem Lächeln, sah aber dennoch sehr gequält drein. Auf Julies fragenden Blick hin, erklärte Albus auch sofort: „Ihn hat ein Mistelzweig erwischt. Ich glaube zwar, dass er schon immer mal Becky Carmichael küssen wollte, aber scheinbar lag ich da falsch."

Eine Sache, die Julie während ihrer kurzen Freundschaft zu den beiden Slytherins gelernt hatte, war dass Scorpius Rose Weasley wirklich sehr gern hatte. Dementsprechend wusste sich schon so einiges über die rothaarige Ravenclaw, wie zum Beispiel, dass Becky Carmichael ihre beste Freundin war, der sie nie von der Seite wich. Es war also klar, dass Scorpius die beste Freundin seiner Angebeteten hatte küssen müssen, während diese wahrscheinlich äußerst verletzt daneben stand.

„Ach komm schon Scorp, Rose ist nicht dumm, sie weiß sicher genau, dass das allein die Schuld von dem blöden Mistelzweig war", versuchte Julie Scorpius aufzuheitern, scheiterte allerdings kläglich. Albus verzog nur das Gesicht und flüsterte Julie ins Ohr, dass Rose in solchen Fällen nicht gerade die beste Denkerin sei, da ihr emotionales Verständnis deutlich hinter ihrem logischen Denken lag.

„Davon wird die Welt auch nicht untergehen. Du hast Geburtstag, man wird schließlich nur einmal sechzehn!", rief Julie, doch als Scorpius noch immer trübselig da stand, wurde ihr klar, dass sie selbst nicht gerade die beste in Sachen Trösten war. Vielleicht sollte sie einmal ihre Eltern fragen, warum eigentlich Nicholas das ganze Einfühlungsvermögen abbekommen hatte und sie und Daniel nur die letzten Reste abstauben konnten.

Der Tag ging mal wieder viel zu schnell rum, sodass nun auch schon die Abreise anstand. Julie packte am Morgen noch schnell alle ihre Sachen zusammen, ehe sie zum Frühstück ging, um sich für den langen Heimweg zu stärken. Danach musste sie sich von Annabel und Caitlin verabschieden, welche beide über Weihnachten in Hogwarts blieben.

Zusammen mit Hugo und Mary stieg Julie in eine der Kutschen, welche die drei zum Bahnhof nach Hogsmeade brachte. Es war noch um einiges kälter geworden und langsam brach ein Unwetter über Schottland aus. Der Wind wirbelte in eisigen Böen den pudrigen Schnee auf und alle Schüler zitterten elend auf dem Weg von der Kutsche zum Hogwarts-Express.

„Ich kann mich an keinen Tag in meinem Leben erinnern, an dem es so kalt war", rief Mary, als sie ihren Schal enger zog. Es war eine Qual, die Koffer mit sich zu ziehen und Julies Hände schienen schon nach wenigen Sekunden abzusterben.

„Es war ja auch das letzte Mal vor Jahrhunderten so kalt wie jetzt", erwiderte Julie. Sie erinnerte sich an einen Artikel im Tagespropheten, der meinte, dass in Großbritannien noch nie derart niedrige Temperaturen gemessen wurden. Sie zitterte am ganzen Körper und war heilfroh, als sie endlich hinter Mary in den beheizten Hogwarts-Express stieg.

„Hat jemand Tee? Ich friere immer noch", meinte Hugo, woraufhin Mary nur den Kopf schütteln konnte und Julie sich nach dem Imbisswagen umsah. Vielleicht hatten sie ja Glück und es gab heute irgendwas an Heißgetränken. Doch leider war nichts dergleichen zu sehen und so kämpften sie sich durch die Abteile, welche überraschend voll waren. Albus und Scorpius boten die Rettung, als sie die drei Gryffindors zu sich in ihr Abteil wanken.

„Ihr werdet im ganzen Zug sicher kein Freies mehr finden", meinte Albus ernst, als er sich daran machte, Marys Koffer im Gepäcknetz zu verstauen. „Es fahren unglaublich viele Schüler dieses Jahr nach Hause."

„Wahrscheinlich hat es damit zu tun, dass es immer mehr Erstklässler gibt", entgegnete Julie und ließ sich auf der Sitzbank nieder. „So viel zum Thema Demographischer Wandel." An den Fensterscheiben hatten sich Eisblumen gebildet, welche in der Mittagssonne glitzerten. Doch diese Sonne hatte nur wenige Sekunden, ehe sie schon wieder von den tiefschwarzen Wolken des Unwetters verdeckt wurde. Mit einem Mal war es so dunkel, wie am späten Nachmittag. Es lag eine gewisse Spannung in der Luft, es war die Ruhe vor dem Sturm, in der jeder nur angespannt aus dem Fenster sah. Der Blitz kam plötzlich und der Donner folgte ebenso rasch, dass jeder einzelne zusammen zuckte. Ein Gewitter im Winter hatten sie bisher auch noch nicht so häufig erlebt.

„Entstehen Gewitter nicht eigentlich, wenn von unten warme Luft aufsteigt und auf kältere trifft?", fragte Hugo verwirrt, woraufhin alle nickten. „Wie kalt muss es denn dann oben sein?"

Das war eine berechtigte Frage, schließlich stand das Thermometer bereits bei minus 29 Grad, wie weit sollte es denn noch sinken? Sie waren schließlich in Großbritannien nicht in der Antarktis.

Es zog Wind auf, welcher sich schnell zu einem ausgewachsenen Sturm entwickelte, sodass die Fensterscheiben bald komplett zu geschneit waren. Der Sturm rüttelte gespenstisch an dem Wagen und Julie betete, dass bereits irgendwelche Schutzzauber gesprochen wurden, damit sie normal nach Hause fahren konnten.

„So sollten die Ferien immer anfangen", meinte Albus grinsend und wandte sich Hugo zu. „Fahrt ihr wirklich zum Ski fahren nach Frankreich?"

Hugo nickte nur leicht beschämt, denn schließlich wusste er genau, dass Albus ihm gleich vorhalten würde, dass es in England mit Sicherheit auch genügend Schnee gäbe und er zum Ski fahren nicht extra nach Frankreich müsste. Genau das tat Albus auch, als sich der Hogwarts-Express mit einem Mal in Bewegung setzte und nichts mehr von dem rüttelnden Wind zu spüren war. Anscheinend hatten sie alles in den Griff bekommen. Dennoch blieb das Fenster auch weiterhin mit Schnee bedeckt, welcher sich selbst nicht durch die Wärme der Scheibe und den Fahrtwind löste, viel mehr vereiste die ganze Scheibe, sodass Julie jede Hoffnung aufgab.

„Ich kann immer noch nicht glauben, dass James über Weihnachten nach Hause kommt, vor den großen Familienfeiern drückt er sich schon seit drei Jahren!", meinte Albus.

„Dabei hat man mit den Weasleys doch immer so viel Spaß", fügte Hugo lachend hinzu. Er hatte damit zweifelsohne Recht, denn er allein sorgte schon immer für gute Stimmung, wie musste dann wohl der Rest der Familie sein? Vor allem, wenn einer der Gründer von Weasleys Zauberafte Zauberscherze anwesend war, konnte man gar nicht anders, als Spaß zu haben, da war sich Julie sicher.

„Vielleicht wird der es dieses Mal endlich einsehen", sagte Albus und starrte auf die vereiste Fensterscheibe.

„Vielleicht", seufzte Hugo und lehnte sich zurück. Julie sah ihm dabei zu, wie er müde seine Augen schloss und wenig später auch schon in einen tiefen Schlaf gefallen war. Erst in diesem Moment fiel ihr auf, welch dunklen Augenringe der Rothaarige doch hatte. Aus irgendwelchen Gründen konnte sie sich ziemlich gut vorstellen, wie Caitlin und Annabel ihn die ganze Nacht lang wach gehalten hatten. Allerdings hatten die beiden Mädchen nicht sonderlich müde ausgesehen, als Julie sich von ihnen verabschiedet hatte.

„Ich wünschte, ich könnte auch einfach so schlafen", murmelte Mary Julie zu. Diese Verstand sofort, denn Mary hatte die Nacht nicht gut schlafen können. Immer wenn sie nach Hause fuhr, wurde sie von dieser seltsamen Angst geplagt. Mary hatte immer Angst davor, wie Kelly sie behandeln würde, denn Kelly war nie sonderlich nett zu ihrer großen Schwester, besonders nicht, wenn sie viel Zeit miteinander verbrachten. Mary brach das immer wieder das Herz, denn sie liebte ihre ganze Familie über alles und demnach auch ihre kleine Schwester.

„Es wird sicher nicht so schlimm wie du denkst", flüsterte Julie ihrer besten Freundin ins Ohr, welche automatisch ihren Kopf auf Julies Schulter bettete.

Die Fahrt war seltsam kurz, jedenfalls wirkte sie so auf Julie. Nach acht Stunden, die sich anfühlten wie zwei, fuhr der Hogwarts-Express auf Gleis 9¾ ein. Schüler stürmten aus den Abteilen und ließen keinen Platz, damit die fünf selbst hinaus stürzen konnten, weswegen sie noch einige Zeit sitzen blieben und abwarteten. In der Zeit kümmerten sich die Herren darum, die Koffer aus den Gepäcknetzen zu befördern und als sie damit fertig waren, verließen sie auch endlich ihr Abteil.

Auf dem Bahnsteig war es genauso eisig kalt, wie es auch schon in Hogsmeade gewesen war und leider war es auch im gesamten Bahnhofsgebäude nicht anders, denn scheinbar waren die Heizungen ausgefallen, sodass nur mit Gas betriebene Wärmestrahler die Temperaturen ein kleines bisschen hoben.

„Na dann, schöne Ferien!", rief Albus, als er seine Mum in der Menschenmenge entdeckt hatte. Auch Hugo musste sich von ihnen verabschieden, denn wenn Ginny Potter da war, so war auch seine Mum Hermine nicht weit. Scorpius verließ Mary und Julie ebenfalls, als er seinen Dad am Eingang stehen sah und somit waren sie nur noch zu zweit.

„Habt ihr nicht noch ein Zimmer frei?", fragte Mary unsicher, als sie einen kurzen Blick auf Kelly geworfen hatte, welche gerade in den Armen ihres Dads lag. Julie lächelte sanft und verneinte.

„Du schaffst das auch so", meinte sie. „Und falls du im Zweifelsfall eine Unterkunft suchst, kannst du gerne in meinem Zimmer schlafen."

Mary nickte und umarmte Julie noch einmal fest, ehe sie ihren Koffer ergriff und zu ihrer Familie ging. Und schon stand Julie allein zwischen all den glücklichen Familien und zitterte vor Kälte. Immer wieder sah sie sich um, denn vielleicht war ihre Mum doch schon da, was sich wenig später als alberne Hoffnung herausstellte. Die Halle leerte sich, selbst die Muggel schienen bei diesen Temperaturen zu Hause zu bleiben, sodass Julie allein in dem menschenleeren Bahnhof stand. Ab und zu kamen Muggel vorbei, allesamt in dicke Mäntel gehüllt und mit Aktenkoffern in der Hand starrten sie auf die Anzeigetafel und drehten sich danach mit wütender Miene auf dem Absatz um und gingen wieder dahin zurück, woher sie gekommen waren. Die meisten Züge fielen aufgrund von vereisten Schienen und Schneestürmen aus.

Als Julie dem Kältetod bereits ins Auge sah, kam endlich ihre Mum pünktlich zu spät in den Bahnhof und ehe sie sich versah, stand Julie auch schon vor ihrer Haustür in Woodcroft, wo sie bereits mit einem Tee erwartete wurde.


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