Man sagt ja immer, eine psychische Störung "bekommt" man beispielsweise durch ein einschneidendes Erlebnis, wie z.B. Trennung, Tod, familiäre Probleme o.Ä..
Wie kann aber eine Essstörung entstehen, ohne ein solches schlimmes Erlebnis? Bin ich dann überhaupt "berechtigt" eine Essstörung zu haben?
Mein Leben scheint perfekt! Ich lebe in einem Reihenhaus in einer Kleinstadt mit meiner Mutter, meinem Vater und meinem älteren Bruder. Außerdem habe ich zwei Kaninchen, die ich sehr liebe.
Eine typische Klischeefamilie sind wir, mein Vater arbeitet als Lehrer und meine Mutter ist Hausfrau, arbeitet also seit der Geburt meines Bruders nicht mehr.
Außerdem habe ich noch einen Opa. Meine Oma, die Mutter meiner Mutter, ist Anfang 2014 an Krebs gestorben. Zehn Tage zuvor ist mein geliebtes Kaninchen gestorben. Das war das erste Mal, dass ich mit dem Thema Tod in Berührung gekommen bin. Und zehn Tage später, nachdem ich gerade das mit meinem Kaninchen verkraftet hatte, ist dann noch meine Oma gestorben. Das war alles ein bisschen viel... Eigentlich wollte ich meine Oma nicht mehr aufgebahrt anschauen, aber mein Opa hat mich dann doch "überzeugt". Diese Bilder von meiner toten Oma habe ich immer abrufbar in meinem Kopf... wahrscheinlich wäre es besser gewesen, wenn ich sie damals nicht aufgebahrt gesehen hätte...
So, anderes Thema:
Im Sommer 2014 hatte ich mir meine Haare sehr kurz schneiden lassen. Eigentlich wollte ich eine Kurzhaarfrisur, die auch weiblich aussieht, aber die Freundin meiner Mutter, die meiner Familie immer die Haare schneidet, hat das nicht so gut hinbekommen, dass die Frisur weiblich aussieht.
Ich wurde dann von vier Personen, unabhängig voneinander, auf den ersten Blick nicht als Mädchen, sondern als Junge identifiziert. Das hat mich sehr verletzt... Außerdem hatte ich in letzter Zeit zugenommen, sodass auch schon 2013 meine Oma gemeint hat, dass meine Figur "fraulicher" geworden ist. Aber nicht nur meine Oma, sondern auch meine Tante und meine Familie hat bemerkt, das ich zugenommen habe. Mein Gewicht lag zu dieser Zeit im oberen Normalbereich.
Ende 2014 habe ich deswegen dann beschlossen, dass ich "etwas" abnehmen will, ich wollte schlanker, weiblicher und attraktiver werden. Im Nachhinein war das der größte Fehler meines bisherigen Lebens...