Beautiful Nightmares

Od Vereoo

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𝗜𝘀𝘁 𝗲𝗿 𝗶𝗵𝗿 𝗥𝗲𝘁𝘁𝗲𝗿 𝗼𝗱𝗲𝗿 𝗱𝗼𝗰𝗵 𝘀𝗰𝗵𝗹𝗶𝗺𝗺𝘀𝘁𝗲𝗿 𝗔𝗹𝗯𝘁𝗿𝗮𝘂𝗺? Eleonora (Nora) Da... Více

Still und leise
Nora's Playlist
(1) Bevor alles Schwarz wurde
(2) Pardon, mon poussin
(3) Die Büchse öffnet sich
(4) Das Grinsen der Katze
(5) Die Ränder der Zeit
(6) Ein blutroter Feiertag
(7) A little party never killed nobody
(8) Im Bann der Vergangenheit
(9) Frische Minze und alter Whiskey
(10) Casanovas stehen auf Leichen
(11) Stechendes Violett
(12) An Tagen wie diesen
(13) Der Traummann
(14) Das abgef*ckteste Jubiläum aller Zeiten
(15) Eine sexy Steinmaske aus dem Schaufenster
(16) I knew you were trouble
(17) Fremde Vertraute
(18) Kopfgefechte
(19) Der Schlüssel
(20) Wie Motten das Licht
(21) Gewohnte Prioritäten und ihre Ausnahmen
(22) Taktik und Spiel
(23) Glühende Kohlen
(24) Auf Inferno's Pfaden
(26) Von Kammerjägern und Ratten
(27) Ohne zu Zögern
(28) Zombie-Theorien
(29) Das wunderschöne Übel
(30) Ein unwirklicher Film
(31) Eine Schlange auf Eis
(32) Luft voller Elektrizitäten
(33) Hörner des Teufels
(34) Sie glauben diese Geschichte ist wahr?
(35) Du bist nicht allein
(36) Brennende Stiche
(37) Tränen aus Tinte
(38) Züngelnde Flammen
(39) Inside a killer, thriller
(40) Der perfekte Bissen für unterwegs
(41) Am Ende des Einbandes
(42) Die zweiseitige Münze
(43) Im Auge des Sturms
(44) Weich wie Butter
(45) Öl ins Feuer
(46) Zwischen Raum und Holz
(47) Schuppiges Onyx
(48) Das hässliche Gesicht der Wirklichkeit
(49) Das Ungeheuer hinter der Mauer
(50) Der Kreis schließt sich
(0) Aufgang des dunklen Mondes - Die Geschichte des Hisarlık
Danksagung an Mama
Danksagung an Dich

(25) Leuchtendes Purpur

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Od Vereoo

Aiden

Der Unterweltler. Zwischen mehreren Straßenlaternen sah ich ihn wandeln.
Sein Fell, wie es zur Abendstunde glänzte.
Wie ich es bereits schon geahnt hatte, hatte er sie verfolgt. Es war der Rowdy aus der Universität, allerdings nun in einem anderen Körper.

So gut wie sicher war es, dass er Nora bereits gewittert hatte. Der verführerische Duft verriet sie. Dieser lag viel zu intensiv in der Luft, so dass selbst ich ihn wieder überall vernehmen konnte. Es zog das dämonische Umfeld an, wie eine Droge und ich fragte mich, warum nicht schon viel früher dadurch die Dämonen in Ekstase versetzt wurden.

Dieser Duft... er war stärker geworden. Als hätte sich dieser irgendwie vor Kurzem erst so richtig an ihrer Haut manifestiert.

Vor mir rannte die Bestie an mehreren Häuserreihen vorbei. Die wenigen Menschen, welche sich zu dieser Stunde auf den Straßen von Greenville aufhielten, konnten ihn nicht sehen.
Es war die gewöhnliche Tarnung, welches es möglich machte, auf Erden unbemerkt zu wandeln. Das Privileg jedes Dämons oder Unterweltlers.

Auch ich hechtete durch die Lampen hindurch, wie ein nächtlicher Schatten und folgte der Fährte. Mit geradezu purer Leichtigkeit sprang ich auf einer der wenigen Leuchten und beobachtete ihn.

Seine Pfoten kamen langsam zur Ruhe und tatsächlich hielt er nur wenige Meter vor dem Blumenladen. Nun stand er im Schatten des „Frenzie's Flowers".
Das Licht sickerte durch die Ladenfenster und bestätigten ihren Aufenthalt.

Der Wolf hob die Schnauze in die Höhe, als hätte er den Kern des Duftes, welcher dort innewohnte, nicht schon längst vernommen.
Es war Nora.
Sie arbeitete noch zu dieser trüben Stunde. Nora, die Frau, welche mir bis heute ein Rätsel war. Ich dachte an ihr taffes Auftreten und ihre unverfrorene Sturheit.

Ein Wunder, wenn überhaupt ein Dämon es schaffen würde, sie zum Schweigen zu bringen und gefügig zu machen, brodelte es in mir.

Doch schnell schüttelte ich auch schon wieder den gehässigen Gedanken von mir, denn er bewegte sich. Still beobachtete ich den Unterwellter weiter. Nur wenige Meter hielt ich mich entfernt und verfolgte sein Handeln.
Es bestätigte sich mir: Der Wolf lauerte.

Ich war mir jedoch so gut, wie sicher, dass er nicht einfach durch eines der Fenster brettern würde. Es war ein anderer Trieb. Diese Art von Dämon verfolgte eine gewisse Taktik und Spiel.

Die Ladentür öffnete sich und ich konnte das Glöckchen leise klirren hören. Da trat Nora über die Schwelle. Francine musste sie also gerade in den Feierabend geschickt haben.

Fast raubte es mir den Atem. Wie sie dort stand. Unwissend. Ihren Blick ließ sie immer wieder durch die hereinbrechende Nacht schweifen.
Die Sehnsucht, die in ihrem Ausdruck lag, war kaum zu übersehen. Wären meine Augen menschlich, hätte mir die Düsternis wohl die Sinne geraubt. Doch ich war kein Mensch und meine Augen waren bei Weitem schärfer als die eines Adlers und besser als die Nachtsicht jeder Katze. Somit erkannte ich jeden ihrer sanften Gesichtszüge und sah die winzige Ehrfurcht darin funkeln, welche sie in ihrer feierabendlichen Vorfreude zu ertränken versuchte.

Allerdings war für mich ihr Gesicht einfach zu lesen: Keine neue Nacht, ohne einen neuen Traum. Ich weiß Bescheid, Eleonora Davis.

Das Mondlicht ließ ihr Bild noch deutlicher werden. Ich sah ihr zu, als würde die späte Stunde ihre Gestalt malen.
Das leicht bronzefarbene Haar hatte sie zu einem Pferdeschwanz zusammengeknotet. Trotzdem endete dieser knapp über ihrer Taille. Sie sah erschöpft aus und trug die mir bereits bekannte Alltagskleidung. Ein Pullover Kleid und diese lässigen Springerstiefel.
Abrupt unterbrach ich meine Musterung, denn der Dämon zu meinen Füßen kam seinem Ziel gefährlich nahe.

Ein Jäger in Wolfsgestalt.
Nein, nur Menschen würden ihn naiver Weise einen „Wolf" nennen. Das Fell war viel zu struppig und matt. Außerdem war er viel größer als ein gewöhnliches Rudeltier. Der Rücken des Dämons erreichte mindestens die Höhe eines Pick-Ups. Ein Kopf vergleichbar mit dem Umfang einer Litfaßsäule. Abgesehen von den Reißzähnen, war er bewaffnet mit Krallen, welche größer waren als die dazugehörigen Tatzen.
Definitiv handelte es sich hierbei um keinen gewöhnlichen Wolf, denn anders als Wölfe es taten, jagte er allein und teilte seine Beute nicht.

Nein, dieser Unterweltler hier ist viel schlimmer...
Er kam direkt aus der Anderswelt um zu töten. Dies tat er nicht um zu überleben, denn Dämonen benötigten keine Nahrung. Sie waren nicht einmal auf ein Gramm Menschenfleisch angewiesen. Ihre Jagd bedeutete ihnen weitaus mehr.
Dieses übernatürliche Raubtier ließ sich von seinem Blutdurst lenken. Dafür setzte es sich immer wieder einen neuen Meilenstein. Für gewöhnlich fixierte es nur ein Opfer und jagte diesem hinterher, bis es vor Erschöpfung schwach war. Eine Kopfgeldjagd, angetrieben von einem nahezu unstillbaren Mordhunger.
Die einzige Befriedigung, die es verlangte, war dessen Bezahlung in Blut. Dies war der Preis und wahrscheinlich verfolgte es, um diesen zu bekommen, seine Beute bis zum anderen Ende der Erdkugel.
Doch es lief auf den einen wichtigen Zweck hinaus: Die Ausrottung des Ziels. Das Opfer war zu einem grausamen Tode verdammt.

Und selbst jeder Mensch, mit meinem Wissen, hätte wohl erkannt, wer die neue Zielscheibe im Daseins des Unterweltlers geworden war: „Eleonora Davis".

Das Untier wartete nur auf ihre Unachtsamkeit. Die Studentin hatte überhaupt keine Ahnung, in welcher Gefahr sie überhaupt steckte und dass man ihr bereits auflauerte. Natürlich nicht.

Jedoch wunderte es mich nicht. Man hätte ihr das Wort „Köder" auf die Stirn schreiben können und sie wäre wahrscheinlich immer noch über einen Angriff verwundert gewesen.

Verärgerung ließ mich leise einen Seufzer ausstoßen: »Du wolltest nicht auf mich hören, Nora.«

Ich ging in die Hocke. Die Abdeckung der Straßenlaterne knarrte leicht unter dem Einfluss meines Gewichtes. Zwar konnte ich meine Schwere kontrollieren und halbieren, wenn ich wollte, dennoch schien sie ihm nicht ganz Stand zu halten.

Gedankenverloren grub Nora in ihrer Handtasche und holte ein Schlüsselbund hervor.

Der Dämon bewegte sich.
Das leuchtende Purpur um seine Pupillen fing an zu glühen.
Da war der gefährliche Moment, auf welchen ich gewartet hatte. Die Laterne knarzte vor Entlastung. Mein Gewicht fuhr in vielfacherem Ausmaß hinunter, denn diesmal wollte ich schwer sein.

Diesmal krieg' ich dich.
Diesmal breche ich dir das Genick.

Es zog mich rasend schnell abwärts, so dass meine Hände sich direkt in das Fell des Wolfes gruben. Meine Nägel verformten sich und wurden länger. Gnadenlos verfingen sich die Spitzen in der dicken Haut der Bestie. Ein gequältes Heulen durchdrang die Nacht.
Ich konnte das dämonische Blut praktisch in der Luft schmecken.

Musik in meinen Ohren, raunte eine innere Stimme.

Aus dem Augenwinkel konnte ich erkennen, wie Nora notgedrungen aufzuckte. Eine tobende Energie berauschte mich und meinen Körper. Nora schien plötzlich weit entfernt und am Ende eines Tunnels zu sein, denn nur erschwert konnte ich hören, wie ihre Handtasche zu Boden fiel.

»Aiden?« die verwackelte Stimme nach einem Aufschrei. Nora's Worte.

Es brachte mein inneres Beben kurz zum Schweigen. Mein Blick wirbelte um sich.
Da stand sie, starrend auf das Raubtier.
Nein, ihr Ausdruck galt mir.
Ihre Furcht galt mir.
Völlig hilflos sah sie aus und das Silber in ihren Augen fing an sich zu verflüssigen. Der Schreck saß ihr todesängstlich im Nacken und ließ sie zu Eis werden. Ihr Anblick löste vollkommen den Rausch aus meinen Gliedern. Das heiße Blut pumpte zurück. Doch mehr Aufmerksamkeit konnte ich ihr nicht schenken, denn mich packte eine Wucht und diese schlug meinen Angriff zurück.

»Aiden! Nein!« hörte ich sie schreien.

Ein brennender Schmerz.
Wild fuhr der Dämon um sich und mich erfassten die purpurroten Augen. Sie glühten.

Nora... Bitte hab keine Angst, Nora.

Für einen kurzen Augenblick verlor ich mich, bis ich erkannte, dass sein Maul sich aufgerissen auf mich zu bewegte. Er schnappte nach meinem Kopf. Ich wich zurück. Doch er erwischte meine rechte Schulter. Eine Vielzahl von Reißzähnen stahlen sich in meine Haut.
Doch ich spürte ihn kaum, den Schmerz. Stattdessen stieg eine betäubende, innere Hitze in mir auf. Eine ungezähmte Wut pulsierte bereits durch meine Adern, begleitet von einem unglaublichen Verlangen und dem Reiz zu Töten.

Es ist mir ein Vergnügen, knurrend schüttelte ich den Wolf ab, wie einen Fetzen losen Stoff.

Ein fast jämmerlicher Anblick gestaltete sich mir. Mein Schlag packte den zotteligen, übergroßen Hund und schleuderte ihn gegen die nächste Straßenbeleuchtung.
Ein darauffolgendes Jaulen unterbrach das Zischen der Elektronik. Als würde man einen Stein gegen eine Lampe werfen, erstarb ihr Leuchten.

Glassplitter und die restlichen Funken regneten auf den Auslöser herab. Der gefallene Körper zuckte kläglich.
Doch der Unterweltler ließ die Erniedrigung nicht lange über sich ergehen. Schnelle Pfoten suchten Halt und brachten den Körper in seine Ursprungshaltung. Das Haar seines Nacken stand nun zu Berge. Sie rahmten seinen wölfischen Kopf in grausige Zacken. Er sah nun noch grauenhafter aus als vorher. Völlig aufgewühlt. Saber lief ihm aus allen Maulenden, während ein weiteres Heulen laut die Nacht erschütterte. Erneut fletschte er die Zähne.

Oh, da habe ich ihn wohl verärgert, flüsterte mein zynisches Ich.

Die Augen, welche Feuer gefangen hatten, wurden nun zu einem Großbrand.

»Leider muss ich dein Spielchen unterbrechen. Diese Frau darfst du nicht fressen,« mein Blick blieb kurz an Nora haften.

Anders als erwartet, war diese nicht weggerannt. Nur wenige Meter entfernt stand sie, noch am selben Fleck und bedachte das Schauspiel. Strähnen hatten sich aus ihrem Zopf gelöst und ihr schockierter Ausdruck, erinnerte mich umgehend an einen Karpfen.

Ich schüttelte die Belustigung, welche völlig fehl am Platz war, von mir und bewegte mich langsam auf den Feind zu.
Es versetzte dem Wolf einen Schub. Wie vom Blitz getroffen rannte er unentwegt los. Wutentbrannt und mit Bewegungen, welche rastloser und teuflischer nicht sein konnten. Wirre Sprünge voller dämonischer Wildheit.

Da erkannte ich es. Das Ziel seiner Liste hatte sich schlagartig geändert. Er erkannte ein neues Hindernis seiner Jagd: Ich war es.

Die innere Belustigung versuchte ich im Zaum zu halten: Dämonen. Sie sind so leicht gestrickt.

»Sieh es doch endlich ein-,« meine Tonlage stand im kompletten Kontrast, zu seinen wilden Ausflüchen.

Ungehemmt sprintete die Bestie in einem Affenzahn weiterhin auf mich zu.
Jedoch rührte ich mich keinen Millimeter.
Nur eine Körperbreite trennte uns.
Brennendes Feuer traf das Gift der Schlange.

»-Dass du keine Chance gegen mich hast,« beendete ich und zog den Dolch zurück.

Er hatte die Schärfe in meiner Rechten nicht bemerkt und jetzt steckte dessen Schneide direkt in seinem linken Auge. Sie wandelte das leuchtende Purpur in Blut. Es sickerte aus der Einstichwunde des Wolfes, bis sein Körper sich verformte. Kurzzeitig wandelte er sich zurück in seine menschliche Erscheinung, bevor er sich schließlich auflöste und sich vollends zu Asche verwandelte.

Mein dämonisches Auftreten wandelte sich zurück zum gewohnten Äußeren.

Aus dem Nichts trat Nora hinzu: »Der Unterweltler! Wie hat er mich gefunden?!« kaum kam sie zu Atem, »Schon wieder! Er wollte mich töten!«

Ich nickte: »Er hat es aber nicht geschafft,« versuchte ich die Stimmung zu heben.

Nur ein wenig Verblüffung hatte in ihrer Stimme gelegen, unerwartet, denn gerade hatte sie die hässlichste Seite an mir gesehen.
Plötzlich stand sie vor mir, so nahe und fürchtete sich kein bisschen.

Ein Blick in Noras schieferfarbenen Augen genügte. Ich konnte das Lächeln, welches sich bei ihrem Anblick auf meine Lippen stahl, nicht unterdrücken.

Gekonnt wich ich in die Dunkelheit aus.
Sie schien es nicht zu bemerken, »Ist er denn wirklich tot

Erneut nickte ich. Anscheinend eine Bestätigung, die sie brauchte, denn unerwartet zügig trat wieder Farbe in ihr Gesicht. Für eine Irdische schien sie sich schleunigst schnell zu erholen. Noch ein weiterer Punkt, der sie zu etwas Besonderem machte...

Ob sie jetzt wohl wieder die Flucht ergreift, wie nach ihrer letzten Rettung?

Ich zog meinen geliebten Dolch aus dem Schmutz und blickte dem Elend hinterher: »Das war's das dann wohl.«

Noras Ausdruck schwang von der Asche und mir hin und her. Er blieb schließlich an mir hängen und endete in einem Starren.
Sie stemmte die Hände in die Hüften.

Da ist sie wieder, die taffe Lady,
endlich erkannte ich Nora wieder.

»Was war's dann wohl?« äffte sie mich provokant nach.

Da ebbte ein böser Gedanke herüber, welcher im Nachhinein bereute sie nicht dem Dämon überlassen zu haben.

Leise schnaufend zog ich meine durchlöcherte Lederjacke von den Schultern. Anschließend schmiss ich sie in eine der Hecken.
»Das war's mit der Jacke. Verdammt ich hatte die echt gern,« murmelte ich.

Es erzielte den gewünschten Effekt, denn ihre Nasenflügel weiteten sich. So wie ich es schon einmal bemerkte, dass sie es taten, wenn sie sich aufregte. Okay, Punkt-Landung.

»Ist das wirklich das Einzige, was dir in den Sinn kommt? Du wurdest verletzt!« sie zeigte auf die Stelle an meiner Schulter.

Es stimmte. Selbst das T-Shirt unter meiner Jacke war durchlöchert. Blut besudelte das Weiß des Stoffes und zerschundene Haut kam zum Vorschein. Doch die Wunde pochte nur noch wenige Sekunden, bevor diese sich schloss.

»Dämonische Selbstheilung,« unterbrach ich Nora, bevor sie etwas Weiteres einwenden konnte. Es funktionierte.

Zur Feier des Tages zündete ich mir eine Überlegenheits-Zigarette.

»Du rauchst?« ich hatte schon befürchtet, dass sie Nikotingegnerin war, doch ihre Stimme klang tatsächlich wenig überrascht.

Meine Schultern zuckten: »Ja, zur Feier meines eintausendsten und jährlichen Tötungsdeliktes.«

»Ah.«

»War'n Witz.«

Ein brodelndes Schweigen.

Ich verdrehte die Augen: »Lass mich raten. Mindestens zehn Schritte Abstand?«

Doch Nora schien es gar nicht mehr zu hören, sie hatte sich längst wieder dem Aschehaufen zugewandt. »Dieser Unterweltler, der mich in der Universität angegriffen hat, war also ein... Werwolf? Er hat mich bis hierher verfolgt und ist mir aufgelauert.«

Ich schmunzelte über die fast lächerliche Bemerkung, „Werwolf" - Natürlich denkt sie an ein Fabelwesen.

Doch wann kapierte sie endlich, dass sie es mit weitaus bösartigeren Kreaturen zu tun hatte?

Es wurde Zeit, dass diese Märchenstunde ihr Ende fand. Allerdings wusste ich noch nicht, wie ich das Buch am besten an mich reißen und es zu schlagen konnte. Am besten mit der Hoffnung, dass es sich nie wieder öffnete. Es ärgerte mich.

»Nein,« gab ich schleunigst zu erkennen, »Werwölfe gibt es nicht. Das hier war, wie du bereits weißt, ein sogenannter „Unterweltler" oder auch „Halbdämon". Es ist die wildeste und unberechenbarste Dämonengattung die es gibt. Aber, - nicht zu vergessen, auch die gleichzeitig geistlich Schwächste.« Ich starrte auf dessen Überbleibsel, den riesigen Haufen Dreck zu meinen Füßen.

Es war wahrhaft verwunderlich. Normalerweise wurde die niedrigste Gattung unseres Gleichen ausgemerzt, wie eine lästige Rattenplage. Häufig geschah dies kurz nach deren Entstehung. Doch dieser hier wurde wohl ausgelassen. Das hieße wohl, dass die „Kammerjäger" mit weitaus wichtigeren Dingen beschäftigt sein mussten, wenn ihnen solche Missgeschicke passierten.

Meine geistigen Zahnräder reihten sich nur zaghaft aneinander: Nora muss in noch größerer Gefahr stecken, als ich dachte.

»Ausgewachsen sind sie sogar weitaus gefährlicher als gewöhnliche Dämonen. Sie sind hier nicht erwünscht und deshalb eigentlich auch äußerst selten. Doch sie können Tierformen annehmen, wie zum Beispiel die eines übergroßen Wolfes. Ich wundere mich, dass dieser hier es überhaupt geschafft hat, eine solch' beachtliche Größe anzunehmen. Aber ja,- mit Einem hast du Recht, er hat dich bis hierher verfolgt,« führte ich weiter an.

Es würde sich als weitaus einfacher gestalten, wenn sie endlich mit mir mitkommen würde.
Doch Nora war sturer als jeder Esel.

Angestauter Frust, legte sich auf meinen Ober- und Unterkiefer und ich ließ sie ungebändigt mahlen.

»Dieser Fehler wurde anscheinend schon behoben,« drang es kalt zu mir herüber.
Aus einer Mundhöhle, welche nicht Nora's war.

Schnell wandte ich mich um.
Raue Worte waren erklungen, welche einem dunkel umschlungenen Mann gehörten.
Ich blickte in den einzigen unverhüllten Streifen und in blassgraue Augen. Stoff verdeckte den Rest seines Gesichtes, doch er konnte seine Identität vor mir nicht verbergen.

Fuck. Wie lange steht der schon da?

Pokračovat ve čtení

Mohlo by se ti líbit

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