days at bakerstreet

By septemberdreaming

22.7K 1.7K 262

Die 27-jährige Louise James ist froh, so kurzfristig eine Bleibe in London gefunden zu haben. Nach ihrem Einz... More

Ankunft in London
Gewöhnung an den Wahnsinn
Mein erster Mord(fall!) (the blind banker)
gehe direkt ins Gefängnis, gehe nicht über Los (the blind banker)
Märchenpalast (the blind banker)
Eine schrecklich nette Familie (the blind banker)
Date Night (the blind banker)
Meine Nahtoderfahrung No. 1 (the blind banker)
Babysitter
CSI: Baker Street (the great game)
Die Medikamente sprechen (the great game)
Janus (the great game)
Herzlos (the great game)
• [Extrakapitel Sherlock POV] (the great game)
Schlaflos in London
Warum sind die Guten immer vergeben... oder Soziopathen
Liliennächte
Bonnie und Clyde
Atemlos
Pretty Woman (a scandal in belgravia)
[Extrakapitel Merry Christmas ♥]
Harmlos, aber nervig (a scandal in belgravia)
And a happy new year (a scandal in belgravia)
Verwandte Gehirne (a scandal in belgravia)
I AM SHERLOCKED (a scandal in belgravia)
Die (un)gewöhnlichen Fällen
Blaubeeren und Dunkelheit
09:16
● [Extrakapitel SHERLOCK]
Selbsterklärte Inseln (the hounds of baskerville)
Ängste (the hounds of baskerville)
Oxymoron (the hounds of baskerville)
Trugbilder (the hounds of baskerville)
● [Extrakapitel SHERLOCK] (the hounds of baskerville)
Zeitkapseln
Matthew
Theodore
Tommy I/II
Tommy II/II
Raubtiere
Auftakt
Umbruch I/II
Umbruch II/II
Champagner für den Pöbel

Gewinnerseite (the hounds of baskerville)

388 36 9
By septemberdreaming

>>i have been reliably informed that I don't have [a heart]<<

„Projekt HOUND, ein neues Delirantium das zu einer erstaunlich hohen Suggestivität führt", liest Sherlock vor. „Sie wollten es als Anti-Personen-Waffe einsetzen. Totale Desorientierung des Feindes durch Angst und Stimulus. Es wurde eingestellt und geheim gehalten seit 1986."

„Wegen der Auswirkung auf die Testpersonen?", hakt Stapleton nach.

„Und weil die gewalttätig wurden", erklärt Sherlock. „Längere Einwirkung führte zu Wahnsinn. Sie wurden so aggressiv, dass sie kaum noch zu kontrollieren waren. Um Ihre Frage von eben zu beantworten, Louise, ja, es hat unser Verhalten beeinflusst."

„Es hat doch nicht wieder jemand angefangen Experimente damit zu betreiben, oder?"

„Davon ist auszugehen", sagt Sherlock. „Jemand wollte das Mittel verbessern und zwar über die letzten zwanzig Jahre."

„Aber wer?", fragt Dr. Stapleton verwirrt. „Die Namen der führenden Wissenschaftler sagen mir gar nichts."

„Vielleicht ist unser Freund irgendwo im Hintergrund auf dem Foto", meint Sherlock und zoomt heran. „Es muss jemand sein, der alt genug war damit er 86 dabei gewesen sein konnte."
Plötzlich hält der Consulting Detective inne. „Möglicherweise jemand der längere Zeit in Amerika gelebt hat und daher Cell Phone sagt. Erinnern Sie sich John? Er hat uns seine Nummer gegeben, falls wir ihn brauchen."

„Meine Güte. Bob Franklin."

„Wer ist das?", frage ich nach.

„Ein Wissenschaftler hier in Baskerville. Aber er ist Virologe, er arbeitet nicht an chemischer Kriegsführung", erklärt Dr. Stapleton.

„Damit hat er aber angefangen", meint Sherlock. „Und er hat nie die Zuversicht verloren, dass diese Droge funktionieren könnte. Nett von ihm uns seine Nummer zu geben. Wir werden ein Treffen arrangieren."

Dewer's Hollow, Dartmoor
21:05
Die alten Bäume knarren über uns im Wind.
Lange Wurzel winden sich umeinander, ranken sich wie ausgestreckte Finger über den Boden.
Nichts davon ist real sage ich mir und unterdrücke ein Schaudern. Was Sherlock und John gesehen haben, was ich gehört habe. Nichts davon ist real. Ich wiederhole die Worte still, während wir durch die Sträucher laufen.
Der Nebel hinterlässt ein feuchtes, kalten Gefühl auf meiner Haut.
,,Er muss hier sein!", sagt John neben mir.
Schemen scheinen sich zwischen den Baumstämmen zu bewegen und ich wende den Blick jedes Mal ab, bevor ich etwas in der Dunkelheit erkennen kann, das nicht existiert.

Wir finden Henry in der Schlucht. Er hält sich die Pistole an den Kopf. Zögerlich noch, aber dazu verleitet jeden Moment seine Entscheidung zu treffen und abzudrücken.

Ich komme zu einen abrupten Halt, als würde sich eine unsichtbare Wand vor mir auftun. Und ich sehe nicht mehr länger Henry Knight, sondern William Flynn. Und ich höre Paul und Sherlock meinen Namen rufen, und ich höre den Schuss.
Angst strömt durch meinen Körper, lässt mich erstarren.

„Nicht Henry!", ruft Sherlock und Henry sieht überrascht auf.

„Nein!" Er stolpert einige Schritte zurück und richtet die Waffe auf uns. ,,Bleiben Sie weg von
mir!"

Rot. Rot. So rot, dass mir schlecht wird. Flynns Blut an der Wand, an seiner Hand, die schlaff auf dem Boden liegt.
Die Bilder schieben sich vor meine Augen und ich kann kaum noch den Wald vor mir erkennen. Ich stöhne leise.

Es ist zu spät. Ein schwaches Lächeln auf den Lippen, und so viel Schmerz in den Augen.

,,Ich weiß, was ich tun wollte", stammelt Henry.

Ich presse die Augenlider zusammen, bis mir weiße Punkte vor den Augen schwimmen, bis die Bilder langsam beginnen zu verschwinden.

,,Es wird alles gut. Nehmen Sie die Pistole runter", höre ich John sagen.

,,Nein. Ich weiß, was ich bin!"

Ich öffne die Augen und meine Schritte sind unsicher, aber meine Sicht ist klar.

,,Ja, dann bin ich mir sicher, Henry", sagt Sherlock und ich zwinge mich nach vorne zu gehen, zu Sherlock und John. ,,Das hat man Ihnen alles erklärt. Und zwar sehr sorgfältig."

,,Was?", fragt Henry verwirrt.

„Da wollte jemand, dass Sie den Mund halten", erklärt Sherlock weiter und machte einen vorsichtigen Schritt auf Henry zu. „Sie sollten sein wie der kleine Junge und den Traum am Leben halten, an den Sie sich klammerten. Doch Sie haben angefangen sich zu erinnern. Sie müssen sich jetzt an jene Nacht erinnern, Henry. Das ist wichtig. Als Sie als kleiner Junge hier waren, was ist da passiert?"

„Ich dachte ... ich ... Ich er hätte meinen Vater erwischt. Der Hound. Oh Gott, ich weiß es nicht mehr! Ich weiß es nicht mehr!", ruft Henry panisch aus und hebt wieder die Pistole an seinen eigenen Kopf.

,,Henry!", rufen wir alle gleichzeitig und schnellen einen halben Schritt nach vorne.

,,Henry, erinnern Sie sich!", ruft Sherlock laut.

,,Henry", sage ich sanft und Henrys Blick flackert zu mir. ,,Es wird alles gut. Sie müssen nichts tun, versuchen Sie sich nur zu erinnern. Das Monster? Es lebt nicht nur in Ihrem Kopf. Aber es ist anders, als Sie es erwarten. Es ist hat sich lange hinter einem Trugbild versteckt."

Er zittert und sein Blick huscht zwischen uns hin und her.

,,Henry?", rufe ich erneut, versuche seine Aufmerksamkeit zurück zu bekommen ,,Aber wir lassen Sie nicht mit ihm alleine." Seine Augen sind weit aufgerissen, aber er nickt kaum merklich. ,,Schließen Sie die Augen. Liberty In. Zwei Wörter, die Sie vor zwanzig Jahren hier gesehen haben."

,,Sie fingen an sich langsam zu erinnern, was wirklich passiert ist", fügt Sherlock hinzu. ,,Das war kein Tier. Nicht wahr, Henry? Es war kein Monster. Sondern ein Mann. Sie waren noch ein Kind. Also hat Ihr Verstand etwas ganz anderes daraus gemacht. Dann begannen Sie sich zu erinnern und daran mussten Sie gehindert werden. Sie mussten um Ihren Verstand gebracht werden, damit Ihnen niemand mehr glaubt."

,,Sherlock!", ruft eine andere Stimme plötzlich.

Henry zuckt zusammen.

,,Alles okay", sagt John beschwichtigend zu ihm, als Lestrade die Schlucht hinunter steigt. ,,Es ist alles in Ordnung."

,,Aber wir haben ihn gesehen", protestiert Henry mit dünner Stimme.

,,Es war ein normaler Hund. Aber wir haben ihn so gesehen, wie unsere drogenbeeinflussten Gehirne es uns vorgaukelten. Mit Angst und Stimulus. So funktioniert das. Es gab nie ein Monster", sagt Sherlock, als plötzlich ein Heulen durch den Wald schallt.

,,Sherlock?", fragt John und leuchtet mit der Taschenlampe über den Abhang.

Mein Atem stockt. Am oberen Rand der Schlucht läuft etwas entlang.

Tiefschwarzes Fell, das mit der Dunkelheit der Nacht zu verschmelzen scheint. Und dann - Rote Augen glühen inmitten der Schwärze.

,,Sie sehen das auch, oder?", fragt Lestrade uns und schluckt.

,,Ich befürchte schon", erwidert John. ,,Sherlock, er steht nicht unter Drogen, also was ist das?"

,,Sherlock?", frage ich ebenfalls und meine Stimme wird lauter. ,,Sherlock, was ist das?"
Wir sehen alle zu dem Wesen, das den Rand der Schlucht entlang läuft. Krallen kratzen über den Stein. Ein lautes Knurren ertönt und weiße Reißzähne blitzen im Schein der Taschenlampen auf.

Sherlock reagiert noch immer nicht.

,,Sherlock!", wiederhole ich panisch.

,,...es ist nicht real", sagt Sherlock. ,,Nur ein gewöhnlicher Hund."

,,Gewöhnlicher Hund, wollen Sie mich verarschen?!", schreie ich und mein Herz pocht laut in meiner Brust. ,,Nichts daran ist gewöhnlich!"

Ich weiche zurück. Jede Faser meines Körper schreit danach los zu laufen.

Das Wesen knurrt erneut und setzt zum Sprung an.
Risse ziehen sich durch seine schwarze Haut, als würde sie sich ablösen, und rote Glut kommt darunter zum Vorschein.

Weg von hier. Weg von hier, ist mein einziger Gedanke. Ich drehe mich um, aber bevor ich mich bewegen kann, greift Sherlock nach meiner Hand.

,,Lassen Sie los!", rufe ich und kratze mit der anderen Hand über seinen Handrücken.

,,Bleiben Sie stehen!", befiehlt er und verschränkt seine Finger mit meinen. ,,Weglaufen wäre ein großer Fehler. Louise."

Ein undeutliche Silhouette erscheint vor uns im Nebel. Dieses Mal ist kein Monster, sondern ein Mensch. Aber ich kann sein Gesicht nicht sehen.

,,Nein", keucht Sherlock erschrocken auf und lässt mich los. ,,Nein, das sind nicht Sie!"

,,Sherlock!", rufe ich verzweifelt und strecke den Arm nach ihm aus, aber ich bin zu spät und meine Hand greift ins Leere.

Er kann nicht weit entfernt sein, aber der Nebel ist so dicht und ich fühle mich betäubt, als würde Angst jeden Zentimeter meines Körper füllen, aber meine Sinne wären dennoch gedämpft.

Das Wesen knurrt lauter.

,,Oh Gott", höre ich Lestrade rufen.

Und dann - Sherlocks Stimme.

,,Der Nebel!"

,,Was?"

,,Es ist der Nebel, raus da! In dem Nebel ist die Droge. Aerosoldispersion, so stand es in den Unterlagen. Ein chemisches Mienenfeld."

,,Um Himmelswillen töten Sie ihn! Töten Sie ihn!", schreit eine fremde Stimme. Und als ich aus dem Neben heraus trete, erkenne ich Bob Franklin von dem Foto in den Unterlagen.

Lestrade und John schießen beide mehrmals. Der Hound schreit auf und ein dumpfes Geräusch ertönt.
Dann ist es still.


*

,,Sie haben den Tod Ihres Vater aufgeklärt. Fühlt es sich so an, wie erwartet?", frage ich Henry. Lestrade und John gehen den Strampelpfad zu dem Platz, wo die Autos stehen, vorne weg und Sherlock befindet sich mehrere Meter hinter uns.

,,Ja und nein. Ich fühle mich erleichtert. Klar, zum ersten Mal seit Jahren", sagt Henry. Dann senkt er die Stimme und fügt hinzu: ,,Aber es tut auch weh, es loszulassen. All das- Dewer's Hollow, Baskerville, war so lange ein Teil von meinem Leben."
Ich beiße mir auf die Unterlippe und sage dann heiser: ,,Sie dachten der Abschied von der Vergangenheit würde leichter fallen?"

,,Es fühlt sich an, als hätte ich einen Teil von ihm verloren", gesteht Henry leise.

,,Tut mir leid, Henry."

Henry lächelt und legte eine Hand auf meine Schulter. ,,Das muss es nicht. Danke für alles."

,,Sie sollten Sherlock danken", sage ich verwirrt. ,,Er hat Ihren Fall gelöst."

,,Ja, aber Sie haben an mich geglaubt", sagt er, bevor er zu den Wagen geht.

,,Dann konnten Sie Ihr Versprechen wohl halten."

Ich zucke leicht zusammen, als Sherlock plötzlich neben mich tritt.

,,Sieht so aus...", sage ich und bleibe dann stehen. Ich hole tief Luft. ,,Hören Sie - Es tut mir leid, dass ich eben ein wenig... ausgeflippt bin", sage ich zerknirscht und senke den Blick. ,,Ich meine, ich wusste, dass es nicht echt seien kann. Aber das hat die Panik kaum in Schach gehalten."

Sherlock betrachtet mich nachdenklich.
,,Angst ist oft irrational", sagt er nur.

Überrascht blicke ich auf und lächle dankbar.

,,Damit hätten wir dann wohl endgültig festgestellt, dass ich zum Team Flucht statt Kampf gehöre", scherze ich halbherzig. Sie lenken mich ab.

,,Das hätte ich Ihnen auch vorher sagen können", erwidert Sherlock und geht weiter.

Ich bleibe stehen und seufze.
Kampf oder Flucht. Kampf oder Flucht. Ich weiß nicht, ob meine nächsten Worte einem plötzlichen Anflug von Mut entspringen oder ob ich das Fliehen einfach müde geworden bin.
,,Dann sprechen wir also nicht über gestern Abend?", rufe ich ihm hinterher. Die andere sind weit genug entfernt, dass sie meine Worte nicht hören können.

Sherlock hält inne, aber dreht sich nicht zu mir um. Seine Schultern spannen sich an.

,,Sie haben es immer noch nicht verstanden oder, James?", sagt Sherlock kalt.

Verwirrt starre ich seinen Rücken an. ,,Was verstanden?"

Sherlock dreht sich um und macht einen Schritt auf mich zu. ,,Alles ein Experiment", wiederholt er die Worte aus Baskerville. ,,Ich war verwirrt", gesteht er dann, sein Ton beinah nachdenklich. ,,Und ich wollte eine, im Rückblick lachhafte, Theorie überprüfen. Für einen Moment dachte ich tatsächlich... ich hätte G e f ü h l e."
Kälte durchströmt mich bei seinen gleichgültigen Worten.

,,Die Drogen haben wohl ihren Teil dazu beigetragen. Außerdem war ich sicher, dass es der letzte Todesstoß für Ihre sowieso schon wacklige Beziehung mit Dimmock sein würde."

,,Was?", frage ich tonlos.

,,Er ist ständig in der Baker Street oder an Tatorten und stört mich beim Arbeiten. So bin ich gleichzeitig auch ihn los geworden. Effizient, oder?"

,,Sie wollten meine Beziehung killen, damit Sie in Ruhe arbeiten können?", frage ich ruhig.

,,Ein netter Nebeneffekt, oder?", erwidert Sherlock zufrieden. Er neigt den Kopf leicht und mustert mich forschend.
,,Dachten Sie- Dachten Sie denn tatsächlich, ich hätte mich in Sie verliebt?", fragt er ungläubig und lacht auf.

Grausam. Die Worte lösen einen beinah körperlichen Schmerz in mir aus.
Mit jedem Atemzug bereitet sich ein dumpfer Schmerz in meinem Brustkorb aus, als würden sich blaue und violette Blutergüsse über meinen Oberkörper erstrecken.
Sherlock ist oft unsensibel, aber jetzt gerade ist er unerklärlich grausam.

Natürlich würde ich nie denken, dass er in mich verliebt wäre.

Aber Sherlock ist auch mein Freund und eine Sache haben wir gemeinsam: Wir haben nicht viele Freunde. Und jetzt gerade fühlt es sich an, als würde er sich von dieser sehr, sehr kurzen Liste entfernen.

Ich habe ihm vertraut und jetzt verlassen seine Worte mich nur gedemütigt, verletzt.
Am liebsten hätte ich ihn geschüttelt, um ihn wieder zur Besinnung zu bringen.
Mit einem Mal vermisse ich den "alten" Sherlock.
Der Detektiv, der mit mir an der Themse sitzt und Fish&Chips isst. Der Merry Christmas auf der Geige spielt, während es draußen schneit. Aber vielleicht hat er nie existiert.
Ich beiße mir auf die Lippe.

,,Und Ihre Theorie?", frage ich erstickt.

Sherlocks Lippen kräuseln sich zu einem Lächeln, und das Weiß seiner Zähne blitzt kurz auf.

,,So wie ich es mir gedacht habe. Nichts."

Ich straffe die Schultern und nicke nur.

,,Es war nur ein Experiment," wiederholt Sherlock und fügt dann beinah spöttisch hinzu: ,,Ich hoffe, ich habe Ihre Gefühle nicht verletzt."

Ich neige den Kopf leicht.

,,Oh, Sherlock", sage ich samtweich. Meine Lippen verziehen sich zu einem Lächeln.

,,Welche Gefühle denn?", frage ich kalt, bevor ich mich abwende und das halb amüsierte, halb höhnische Lächeln verlässt erst mein Gesicht, als er mich nicht mehr ansehen kann.

Ich vergrabe die Hände in den Taschen meines Mantels und halte den Kopf hoch, während ich mich entferne.
Die kalte Luft brennt in meinen Augen.
Ich hätte nie herkommen sollen.


16. März, Baker Street
In meinem Briefkasten liegt eine Visitenkarte.

Desinteressiert blättere ich durch die Rechnungen, einem Brief meiner Versicherung und einem Werbekatalog. Bis die blütenweiße Karte dazwischen herausfällt.

James Moriarty

und darunter Consulting Criminal.

Als Adresse ist der Buckingham Palace angegeben und mit einem gelben Stift ist eine kleine Krone darüber gezeichnet und ich muss beinah lachen.

Wäre mein Leben nicht in Gefahr, wäre es lustig.
Und so bleibt mir das Lachen im Hals stecken und ich fühle mich, als würde das nächste Monster in der Dunkelheit knurren und warten.

Mit klopfendem Herzen und bebenden Finger drehe ich die Karte um.

Letzte Chance auf der Gewinnerseite zu stehen, Darling.

Ich presse mir eine Hand auf den Mund. Wann hört das endlich auf?

Mit einem Mal höre ich Schritte im Treppenhaus.
,,Louise?", fragt John.

Eilig stecke ich Moriartys Visitenkarte zwischen die Seiten des Kataloges und wirble herum.

,,Alles okay?", fragt er stirnrunzelnd. Schlecht, schlecht - Der Schock ist mir wohl doch anzusehen.
Ich zwinge meine Gesichtsmuskeln dazu sich zu entspannen.
,,Alles bestens", antworte ich lächelnd und ich weiß nicht, wie glaubhaft die Lüge wirkt, aber es scheint John gut genug zu täuschen.

,,Sie sind in letzter Zeit so selten bei uns. Gehen Sie Sherlock momentan aus dem Weg?" Er hält die Hände hoch. ,,Nicht, dass mich das wundern würde. Würde ich oft auch gerne, aber zusammen zu wohnen macht das etwas schwer", meint er seufzend.

,,Ja, sowas in der Art."


19. März, Duke's Bar, Westminster
21:45
Ich wünschte, ich wäre zuhause und könnte in meinem Pyjama auf dem Sofa liegen und die Wiederholungen von Pride & Predjudice mit Colin Firth gucken.

Leise seufzend nippe ich an meinem Drink, während der Bass der Musik und das Stimmengewirr an der Bar auf mich eindröhnt.
Jemand in der Runde scheint einen Scherz gemacht zu haben, denn alle beginnen zu lachen und ich beeile mich zurückhaltend mit einzustimmen, auch wenn ich keinen Schimmer haben, worüber wir lachen.
Maddy wirft mir einen skeptischen Seitenblick zu.

Ich passe hier nicht hin. Aber Maddy hat mich eingeladen, den Abend mir ihr und einigen Kollegen in der Bar zu verbringen und ich will nicht unhöflich sein und mich beklagen.

Mein Handy leuchtet auf und ich wische über das Display.
Ich bin trotzdem immer für dich da, falls du reden willst, denn...
Ich seufze erneut und höre auf zu lesen.

,,Sag nicht, dass war schon wieder dein Ex", meint Maddy.
Er bedrängt mich nicht wirklich, die Wahrheit ist, dass er mir vielmehr Leid tut, aber auch meine Geduld hat ihre Grenzen.

,,Brauchen Sie Hilfe? Ich bin Anwalt, eine Kontaktsperre ist ein Klacks", sagt jemand plötzlich und ich blicke hoch. Maddy verdreht die Augen.
Ein blonde Mann steht neben uns und legt mir eine Hand auf den Unterarm. ,,Ich kann Ihnen auch anders mit ihrem Ex helfen."
Ich glaube, es ist einer von Maddys Bekannten, aber ich habe mir seinen Namen nicht gemerkt.
Mit der freien Hand streicht er sich über den breiten Kragen seines Anzuges, der sicher 700 Pfund wert ist.
Aber er ist unsicher und obwohl der Anzug maßgeschneidert ist, trägt er ihn so nur wie eine schlecht sitzende Verkleidung.
,,Danke, aber ich verzichte und jetzt nehmen Sie Ihre Flosse da weg, bevor SIE das Kontaktverbot bekommen."
Er hält die Hände hoch. ,,Okay, ganz ruhig, Kleine", sagt er verständnislos und zieht davon.
Ich sehe zu Maddy und kratze die Reste meines Taktgefühles zusammen. ,,Tut mir leid, wenn ich gerade einen Freund von dir vor den Kopf gestoßen habe."
Maddys Augen funkeln amüsiert. ,,Kein Freund", sagt sie und lehnt sich mit dem Drink in der Hand vor. ,,Und Ethan hat das mal verdient."
Mein Handy summt erneut.
,,Sag bloß, es ist schon wieder der Polizist?"

Bringen Sie Milch auf dem Rückweg mit? -SH

Ich schnaube. Träumen Sie weiter. denke ich.

,,Schlimmer", sage ich nur.

Ich habe Ihre Ohrringe gefunden. -SH

Verdammt! Ich suche schon seit Tagen die Gold-Creolen, die ein Geschenk meiner Tante zu meinem zwanzigsten Geburtstag waren.

,,Weißt du welcher 24/7 Shop am nähesten ist?"

19. März, Baker Street
00:03
,,Hier, Ihre Milch", fauche ich und halte die Flasche hoch, bevor ich mich an ihm vorbei in die Wohnung dränge.
,,Ich habe leider keine abgelaufene im Laden gefunden, also habe ich die mit dem frühesten Ablaufdatum genommen."

,,Sie kriminelles Mastermind", spottet Sherlock und tritt zur Seite, um mir Platz zu machen.

,,Halten Sie die Klappe, Sherlock", sage ich ungeduldig und halte die Milchflasche hoch, als würden wir einen wertvollen Tauschhandel eingehen. ,,Wo sind meine Ohrringe?"

,,Keine Ahnung", sagt Sherlock und geht zu der Tür seines Schlafzimmers. ,Passen Sie besser auf Ihre Sachen auf."

Ich lasse den Arm mit der Flasche sinken. ,,Aber Sie haben geschrieben-"

,,Ich wollte nur Ihre Aufmerksamkeit erregen. Und die Milch. Hat doch funktioniert, oder?"

Ich werfe die Hände in die Luft. ,,Sie gehen mir gehörig auf die Nerven!", rufe ich. ,,Ist John ausgegangen?"

,,Ja! Mit Dimmock! Sie ziehen zusammen durch die Pubs um ihn "aufzuheitern"", ruft Sherlock erzürnt und malt mit den Finger Anführungsstriche in die Luft.

Ich seufze und reibe mir über die Stirn. ,,Das geht also immer noch so..", murmle ich. Denn seit einigen Tagen versucht Paul nämlich nicht mehr mit mir zu reden, sondern heult sich bei John aus.

,,Und wegen Ihrem Ex-Freund habe ich keinen Assistenten mehr!", beschwert sich Sherlock.

Ich verdrehe die Augen. ,,Kleinste Violine der Welt, Sherlock!" fauche ich und drehe mich um und gehe zur Küche, während ich höre wie Sherlocks Tür zuschlägt.

,,Super Abend", murmle ich, während ich die Milch in den Kühlschrank stelle.

Schwungvoll schließe ich die Kühlschranktür und will nach oben gehen, als ich mit der Hüfte gegen einen Stapel von Papier und Plastikdosen auf dem Küchentisch stoße. Ich strecke noch die Hände schützend aus, aber der Großteil fällt herunter.

,,Verdammt", fluche ich leise und bücke mich, als Sherlocks Tür gerade aufgeht.
Achtlos sammle ich die Sachen zusammen und lege sie nach oben, bis mir ein brauner, dicker Umschlag auffällt.

James-
Ich streiche einen leeren Notizzettel bei Seite, der daran klebt.

,,Fassen Sie das nicht an. Das ist für einen Fall!", fährt mich Sherlock an und kommt auf mich zu, aber ich bin schneller.

James, Thomas Scott steht auf dem Aktenumschlag und für einen Moment scheint die Welt still zu stehen.

,,Sherlock", sage ich und meine Stimme ist gefährlich ruhig. ,,Warum haben Sie eine Akte, auf der der Name meines Bruder steht?"

---------------
schreibt mir gerne was ihr denkt!! 😊
Die nächsten Kapitel werden mal abseits der Serie spielen (davor aber nochmal ein Sherlock POV Kapitel!) und Sherlock, John & Louise aus London heraus bringen 🌊

Continue Reading

You'll Also Like

32.7K 776 34
Sara, die Tochter eines renommierten Fußballtrainers, steht vor einer unerwarteten Wendung in ihrem Leben. Ihr Vater, der die Nationalmannschaft zur...
42.2K 1.1K 38
𝐩𝐫𝐢𝐯𝐚𝐭𝐞 𝐛𝐮𝐭 𝐧𝐨𝐭 𝐚 𝐬𝐞𝐜𝐫𝐞𝐭. Aïssata ist wie jedes andere Mädchen in ihrem Alter: Sie hat ihr Abitur in der Tasche, hat danach direk...
49.7K 2K 94
"Ich bin der böse, Avery. Denk daran. Ich tue, was ich will, ich nehme was ich will, und ich will dich." Avery war die Letzte, die lebte. Er nahm ih...
6.2K 139 17
Es gibt einfach keine fanfics über den geilen Macker