Kapitel 31 _ Hygge

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Bei den Proben gab ich mein Bestes und ich versuchte auch alles so gut wie möglich um zu setzen was mir meine beiden Coaches rieten. Und in den Pausen ging ich meinem Job nach und tüftelte an den Entwürfen für das Label.

Und so kam es, dass ich am Tag vor den Sing Offs auf mein Verhalten angesprochen wurde. Dabei hatte ich bis dahin gedacht, dass so eine normale Beziehung zwischen Coaches und einem Talent aussehen sollte. "Ist was passiert?" Ich sah von meiner Zeichnung auf. "Nein, warum?" fragte ich Yvonne und verstand nicht ganz was sie meinte. Yvonne setzte sich neben mich. "Ihr drei wirkt plötzlich so distanziert." Oh, das meinte sie. "Dafür gibt es doch einen Grund, hn?" "Schon, aber etwas Distanz zu den Kandidaten ist doch normal, oder?" Yvonne verzog nachdenklich das Gesicht. "Bisher war von dem professionellen Verhältnis nicht viel zu sehen." Da hatte sie recht. "Ist das schlimm?" "Die Jungs belastet es. Wie geht es dir damit?" Ich sah auf meinen Entwurf. "One last song." las ich die Aufschrift des gezeichneten Pullis vor. "Ich weiß ehrlich gesagt nicht wie lange ich noch dabei sein kann." offenbarte ich Yvonne. "Was? Wieso?" "Da gab es... ein paar Vorkommnisse." Ich sah Yvonne an. "Ich will nicht gewinnen, weil die beiden Coaches mich mögen. Ich will gewinnen, weil ich es verdiene. Und das sehe ich gerade einfach nicht." Yvonne lächelte. "Es ist egal was die beiden von dir denken, okay? Am Ende entscheiden die Zuschauer über den Sieg." Sie hatte recht, aber "Und wenn der Sieg nicht anerkannt wird? Diese Möglichkeit besteht doch auch." "Dazu gibt es keinen Grund. Du hast gute Chancen Anny, mit oder ohne den beiden." beschwichtigte sie mich. "Danke." "Erzähl wenigstens den beiden was los ist, sie machen sich Sorgen." Ich lächelte traurig. "Das geht erst nach den Sing Offs. Erst wenn sie keinerlei Einfluss mehr auf den Verlauf haben, dann erklär ich ihnen alles. Das habe ich den beiden versprochen und das bin ich ihnen auch schuldig." "Du machst dir wirklich Sorgen, hn?" stellte Yvonne fest.

Das Gespräch mit Yvonne hatte mich nachdenklich gemacht und ich fragte mich, ob ich wirklich zu hart gewesen war. Doch ich hielt an meinem Plan fest und änderte nichts an meinem Verhalten. Wenn ich an Sympathiepunkten verlor machte es einen verdienten Sieg wahrscheinlicher als zusätzliche Punkte. Da würde ich mich echt scheiße fühlen und meinen Einzug ins Halbfinale selbst nicht anerkennen.

Die Sing Offs selbst liefen ziemlich gut. Ich war die letzte Kandidatin und musste so nicht ewig um meinen roten Stuhl bangen. Mein Auftritt hatte sich echt gut angefühlt. Ich hatte ihn ein wenig dem dänischen Begriff Hygge angepasst. Hygge war eigentlich nur ein Begriff für Wohlbefinden. Wohlbefinden im Sinne von Gemütlichkeit, Spaziergänge, mit Freunden sein und und und. Das Bühnenbild war dementsprechend eine große Bergkette, das Licht war gedimmt und ich trug Wohlfühlklamotten. Ich hatte mir auch nicht die Mühe gemacht und meine Haare gebändigt, sondern trug sie einfach mal offen. Und statt dem deprimierenden Spruch auf meinem Pullientwurf, hatte ich groß "Hygge" von Dennis drauf drucken lassen. Und ich fühlte mich wirklich wohl beim Auftritt. Gut, vielleicht passte es nicht zu 100 Prozent zu dem Song, aber darum ging es mir auch nicht. Ich wollte mich wohlfühlen können. Ich hatte beschlossen: Sollte das mein letzter Song werden, würde ich ihn nicht mit einem Bühnenbild das nur so vor Langeweile strotzte vortragen. Ich wollte für meinen letzten Auftritt ein Feuerwerk an Emotionen, Farben und Verwirrung. Oh ja. Ich setzte auf Verwirrung. Überraschenderweise störte es auch niemanden, dass ich meine Ideen so sehr einbrachte. Ein Techniker verriet mir, dass meine Pullis als mein Markenzeichen betrachtet wurden und meine Ideen verrückt genug waren, um die Einschaltquoten zu steigern. Ich glaube er sprach hier hauptsächlich von dem Auftritt mit Emily. Meine persönliche Vermutung war ja, dass ich irgendjemandem einfach genug seiner Arbeit abnahm und er keine Lust hatte sich selbst damit auseinander zu setzen und was Neues zu entwickeln. Aber vielleicht war das auch nur die Sonderrolle die ich inne hatte, die mir all das ermöglichte.

Chris und Bastian waren die anderen beiden Kandidaten die es durch die Sing Offs geschafft hatten. Mit Chris hatte ich bisher wenig zu tun, weil er in der Menge irgendwie immer unterging. Er war ein ruhiger Typ, der nur beim Singen aus sich raus zu kommen schien. Bastian war das komplette Gegenteil. Mit diesem Macho war ich am Abend des ersten Karaoke schon zusammengestoßen als er meinte, dass zwischen uns noch mehr laufen sollte. Ekelhaft der Typ. "Na Süße, hast es ganz schön weit geschafft." begann Bastian mich wieder voll zu labern als wir drei backstage auf die beiden Coaches warteten. Ich ignorierte seinen dummen Spruch gekonnt und sah Chris an. "Warst du vor den Battles auch schon im Team Fanta?" Chris sah unsicher zu Bastian, der mich wiederum ziemlich böse anschaute. "Nein. Ich war bei Yvonne." "Cool." sagte ich. "Du hast dein Team gewechselt und dann so lange einen Sitz in den Sing Offs besetzt. Du musst echt gut sein." Er lächelte verlegen. Und von lange konnte man hier tatsächlich reden, denn ich hatte die Show vor meinem Auftritt mitverfolgt und Chris war der zweite der gesungen hatte. "Soweit ich gehört hab, hast du dafür einen guten Draht zu den Coaches." Ehhhhh... "Seit dem Karaoke reden wir ab und an, aber ich hab deshalb keinen guten Draht zu ihnen." Ich zuckte mit den Schultern. "Das täuscht sicher." "Hm, achso." "Pfff, gewinnen kann eh nur derjenige der die Zuschauer überzeugt, also macht euch keine Hoffnungen, das werde nämlich ich sein." Ich hob eine Augenbraue, hatte aber keine Lust mich weiter mit Bastian auseinander zu setzen.

(K)ein StarWhere stories live. Discover now