Kapitel 7_ das andere Ufer

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Ein wenig Vorwürfe machte ich mir schon, da ich Mark ja irgendwie gezwungen hatte auf zu treten. Und ich war mir echt nicht sicher, ob er es mir tatsächlich übel nahm oder diese Aufmerksamkeit total genoss. Doch egal was er nun von mir dachte: Mark rockte seinen Auftritt! Er nahm sich ein Talent mit auf die Bühne und gemeinsam sangen sie „Wir sind groß". Ich muss zugeben, dass mir dieser Song als Duett ebenfalls sehr gefiel. Wie zuvor bei uns machten auch bei Mark alle Kandidaten fleißig mit. Yvonne und Paddy mussten schließlich auch noch auf die improvisierte Bühne. Danach war es erstmal vorbei mit dem Karaoke, denn keiner wagte es erneut vor den Coaches auf zu treten. So dudelte ein bisschen Musik im Hintergrund und wir standen in kleineren Grüppchen herum und quatschten.

Die Talente die mit den Coaches auf der Bühne gestanden hatten, genossen- freiwillig oder nicht- die Aufmerksamkeit aller anderen Talente. Um uns hatten sich kleine Träubchen gebildet und wir wurden von allen Seiten zu gelabert. Mein frisch gebildeter Fanclub fragte beispielsweise wie viele sich für mich umgedreht hatten. Ich sah das Mädchen an, das diese Frage gestellt hatte. "Ist doch scheißegal. Ich stand eben zufällig auf der Bühne als sie rein gekommen sind." "Aber was hast du bei den Auditions gesungen?" kam die nächste Frage. "Leute! Lasst sie in Ruhe. Ihr seht doch, dass sie da keine Lust drauf hat." drängte sich nun ein kräftiger Kerl dazwischen. Er war tätowiert und trug einen Bart und wirkte auf den ersten Blick nicht wie jemand mit dem man sich anlegen sollte. Die Meute um mich herum wurde ruhiger und verteilte sich etwas. "Danke." "Kein Ding, Süße." Süße? Hab ich das gerade richtig gehört? "Ich bin Bastian." Ich versuchte seinen vorherigen Kommentar zu ignorieren und lächelte ihn an. "Ich weiß, du hast vorhin beim Karaoke gerappt." Er war ebenfalls ein Kandidat von Team Fanta und hatte mit zwei anderen Jungs den Song "Bring it back" gerappt. Ihr Auftritt wurde dann allerdings von einer jungen Rapperin aus einem anderen Team auf meisterliche Weise unterbrochen, die einfach den letzten Part des Songs mit sehr ernster Miene rappte und so die Gruppe mit offenen Mündern stehen ließ. Ich fand ihren Auftritt absolut geil! Besser als mit dem Original Text von Schwester S hätte man "Bring it Back" beim Karaoke echt nicht bringen können!

Bastian hatte auf der Bühne jedoch nicht so entspannt reagiert. Er war wegen des Auftrittes offensichtlich angepisst gewesen. "Falls du morgen noch nichts vor hast, würd ich dich gern auf einen Drink einladen." Sein Ernst? Spielte er deshalb den Helden? Wollte er bei mir landen? "Hier gibt es doch auch Getränke, was ist an denen so falsch?" fragte ich unschuldig. "Süße, reden wir nicht lange um den heißen Brei. Ich hab gesehen wie du mich vorhin angeschaut hast. Du bist heiß, ich bin heiß, da geht doch mehr." Ich musste echt lachen bei dieser Aussage. Bastian lachte nicht. "Oh Moment, du meinst das ernst?" fragte ich noch immer grinsend nach. Sein Blick verfinsterte sich kaum merklich. "Pass auf, ich bin dir für deine Hilfe echt dankbar, aber ich bin garantiert nicht an einer schnellen Nummer interessiert." "Bin ich nicht dein Typ, oder was?" Ich schüttelte den Kopf. "Quatsch, daran liegt es nicht. Man scheißt einfach nicht wo man arbeitet. Und ganz ehrlich, ne billigere Anmache gibt's wohl kaum." Bastian öffnete den Mund um etwas zu sagen, kam aber nicht dazu.

"Du kannst ja rappen!" freute Tiron sich und war drauf und dran mich zu umarmen, aber Bastian schaltete wieder auf Macho und stellte sich ihm in den Weg. "Lass die Kleine durchatmen, Tiron. Der Kandidat aus deinem Team war doch auch nicht übel." Die kennen sich? "Stimmt, aber mit Anny hab ich mich schon etwas länger unterhalten." Ich trat an Bastian vorbei. "Danke Bastian, aber ich bin nicht klein und ich bin auch alt genug, um mit anderen Menschen zu reden." "Der will dich doch eh nur in die Kiste bekommen." Die Vermutung teilte ich keinesfalls, denn Tiron hatte mir stolz von seiner Freundin erzählt die Zuhause auf ihn wartete. Bei Bastian war diese Absicht allerdings offensichtlich gewesen. So sagte ich das Bastian jedoch nicht, denn mein innerer Schalk kam an dieser Stelle zum Vorschein. Ich lächelte Bastian bittersüß an. "Na und? Wer sagt, dass ich mich für Kerle interessiere?" Bastian wurde kreidebleich. Fassungslos sah er mich an. "Du bist-" "Enttäuscht?" stellte ich eine simple Gegenfrage ohne seine Frage zu beantworten. Dann wandte ich mich an Tiron. "Lädst du mich auf eine kostenlose Cola ein?" Tiron begann zu grinsen und hielt mir Gentleman-like den Arm hin. "Natürlich, M'lady." Ich ergriff seinen Arm und gemeinsam stolzierten wir zur Getränkebar mit den Gratisgetränken.

"Welches Team bist du eigentlich?" fragte ich. "Forest Skirt." sagte er toternst. Ich hatte keine Chance dagegen an zu kämpfen und lachte einfach laut los. Denn der Name Forest Skirt war Mark Forsters Alias, der in der vorherigen Staffel entstanden war. Tiron grinste über meine Reaktion. "Du machst mich fertig!" verkündete ich unter Lachtränen.

Der Abend wurde widererwartend noch sehr lustig. Tiron nahm mich mit zu seinen Teamkollegen und wir machten viele Späße miteinander. Wir rissen auch Witze darüber, wer am Ende als Sieger hier raus gehen würde. Durch diese Unbeschwertheit kamen ab und zu auch andere Talente dazu, sodass wir am Ende eine bunt gemischte Gruppe aus allen Teams waren. Es störte uns auch nicht, dass wir ganz am Ende die letzte Gruppe waren. "Lasst uns das jedes Mal machen." schlug Fabio vor. "Ein paar Kandidaten treffen sich und quatschen. Keine große Sache." "Dann aber mit Karaoke, so wie heute." Wir lachten. Uns war aber auch klar, dass wir dann alle so weit wie möglich kommen mussten. "Was passiert wenn wir uns in den Battles gegenüber stehen?" stellte Mara die alles entscheidende Frage. Ruhe legte sich über die Gruppe. Als Tiron jedoch zu grinsen begann, ahnte ich, dass etwas ganz Blödes aus seinem Mund kommen musste. "Ganz einfach, wir schmeißen uns den anderen Coaches an den Hals und bringen sie so dazu, uns zu sich zu holen." "Da habt ihr ein Problem, Boys. Denn die einzige Frau ist glücklich verheiratet." Tiron grinste dreckig. "Dann wechseln wir halt das Ufer. Kann ja nicht so schwer sein."

"Ihr wollt das Ufer wechseln? Nur für uns?" fragte jemand und trat aus dem Schatten des Türrahmens. "Solange wir nicht ständig angebaggert werden" erwiderte Michi und grinste Smudo an "habe ich kein Problem damit." "Gerade das macht doch den Reiz aus." mischte sich Mark Forster ein. Paddy und Yvonne sagten zwar nichts, doch auch sie grinsten wie Honigkuchenpferde. Fabio schlug Tiron indes gegen den Arm. "Du Idiot, jetzt kennen sie unseren Plan." Nach ein paar Sekunden brachen alle, Kandidaten und Coaches, in lautes Gelächter aus.

Die Coaches setzten sich schließlich zu uns. Michi und Smudo konnten sich natürlich mal wieder nicht voneinander trennen und setzten sich zu den Jungs rüber. Paddy, Yvonne und Mark verteilten sich einfach im Sitzkreis. So kam es, dass Mark sich einen Platz neben mir sicherte. Während sich alle weiter angeregt über die skurrile Idee wegen the Voice das Ufer zu wechseln unterhielten, lehnte ich mich zu Mark rüber. "Sorry wegen vorhin." Er sah mich überrascht an. "Dafür brauchst du dich doch nicht entschuldigen." Mir fiel ein Stein vom Herzen. "Ich hab dich ganz schön überrumpelt." "So ist das Showbusiness. Man weiß nie was als nächstes passiert. Du machst dir deswegen aber keine Sorgen oder?" Ich zuckte mit den Schultern. "Naja, ein wenig Gedanken hab ich mir schon gemacht. Ich bin es nicht gewohnt so im Mittelpunkt zu stehen und weil das bei dir immer so leicht aussieht dachte ich halt, dass ich das an dich abwälzen kann. Sorry deswegen." Er lächelte mich aufmunternd an. "Ich mach dir da keinen Vorwurf und es stimmt auch, ich genieße es meine Musik zu machen, egal vor wem."

Er lächelte mich an. Ganz unverblümt sah er mir in die Augen und hatte das ehrlichste Lächeln auf den Lippen, das ich jemals gesehen hatte. Zum ersten Mal wurde mir bei einem Lächeln so richtig warm ums Herz. Und dieses Gefühl war so faszinierend, dass ich ihn im ersten Moment regelrecht anstarrte. Mark war in der Öffentlichkeit immer so professionell und haute einen blöden Spruch nach dem anderen raus... Aber nun? Er war ruhig, nett und fast schon einfühlsam. Es stimmte also, dass Menschen vor der Kamera nur Schauspieler waren. Wie er wohl im Alltag war? Dass er ohne seinen Humor aufgeschmissen war, konnte ich mir gut vorstellen. Aber wie war er sonst so? Irgendwann fiel mir mein Starren auf und ich wandte mich peinlich berührt ab.

(K)ein StarWo Geschichten leben. Entdecke jetzt