Kapitel 13 _ Kartoffelsack

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Nicht ganz so selbstverständlich fand ich den darauf folgenden Tag. Mark war tatsächlich keiner dieser Kunden die hundert Extrawünsche hatten. Er war eher jemand der einen persönlichen Wasserholer brauchte, um die letzten organisatorischen Dinge zu erledigen. Während er beispielsweise mit jemandem über das Styling und ein damit verbundenes T-Shirt diskutierte, besorgte ich ihm etwas zu Trinken und platzierte auch gleich eine Flasche auf der Bühne. "Was hältst du von dem Shirt?" fragte Mark mich völlig ohne Vorbereitung sobald ich den Raum wieder betreten hatte. Ich war im ersten Moment total überfordert. Doch ich nahm die Aufgabe an und betrachtete das Shirt. "Ist das ein Witz?" fragte ich sicherheitshalber nochmal nach. Mark verneinte. Aber ich verstand noch immer nicht was diese Frage sollte. Das war doch einfach nur ein dunkelgrünes Oberteil. Das T-Shirt hatte einen typischen Rundausschnitt und keine besonderen Ärmel oder so.

Es war einfach nur ein grünes T-Shirt.

Das einzig besondere an diesem Oberteil war, dass Mark Forster darin steckte. "Sieht gut aus." sagte ich mehr in Gedanken, als zu Mark. Doch er hörte es trotzdem. "Echt? Ist das nicht zu viel Farbe?" fragte er völlig verunsichert. Um die Ernsthaftigkeit meines Jobs nicht zu gefährden, biss ich mir auf die Zunge und gab mir die größte Mühe nicht laut los zu lachen. Problem an der Technik war die fehlende Möglichkeit verbal zu antworten. "Anny?" fragte Mark nochmal nach, da er seinen Blick stur auf das grüne T-Shirt gerichtet hielt und so mein Kopfschütteln nicht bemerkte. Ich kicherte. Mark sah mich verwirrt an. Ich räusperte mich und versuchte ernster zu werden. "Das ist grün." sagte ich möglichst ohne eine Miene zu verziehen. Mir war natürlich klar, dass dieser Versuch absolut in die Hose ging. "Findest du das lustig?" fragte er. "Ja." gab ich offen zu und grinste. "Das ist doch einfach nur ein T-Shirt." Er betrachtete sich zum bestimmt tausendsten Mal im Spiegel und lächelte. "Nur ein T-Shirt, he?"

Ich nickte, noch immer grinsend. "Du bist Mark Forster, deine Fans würden dich auch in einem Kartoffelsack feiern." Ich zuckte mit den Schultern. "Dein Image ist dann zwar im Arsch, aber du hättest immerhin genug auf dich aufmerksam gemacht um ganz viele neue Fans zu bekommen." "Soll das heißen, ich soll in einem Kartoffelsack auftreten?" Vor meinem inneren Auge tanzte Mark in einem halb zerfressenen Kartoffelsack und ich fand die Vorstellung irgendwie lustig. Ich besann mich aber eines Besseren. "Das habe ich nie behauptet." "Aber vorgeschlagen." "Na und wenn ich dir vorschlage es nackt zu machen, heißt es ja noch lange nicht, dass du ernsthaft darüber nachdenken solltest." Mark sah mich nachdenklich an. Ich wusste nicht worüber er solange nachdachte, aber mit der Zeit fühlte ich mich ein wenig unwohl unter seinem seltsamen Blick. Dachte er vielleicht über meinen total bescheuerten Vorschlag mit dem Kartoffelsack nach? Oder fragte er sich womöglich weshalb ich gesagt hatte, dass er auch nackt auftreten könnte? Im Nachhinein hätte ich das wahrscheinlich echt nicht so einfach raus hauen sollen. Irgendwann räusperte Mark sich. "Dann kann ich das T-Shirt ja anlassen." Er sah mich nun mit einem zufriedenen Blick an und sah auf die Uhr.

"Kurz vor 19 Uhr, du hast jetzt eigentlich Feierabend. Also wenn du willst zeig ich dir noch was die Band und ich gerne vor einem Konzert machen." Ich zögerte. Das Angebot reizte mich natürlich, allerdings hatte ich Bedenken. Mal davon abgesehen, dass ich die Truppe nach nur zwei Tagen schon fast in mein Herz geschlossen hatte, machte ich mir auch etwas Sorgen um meine The Voice Teilnahme. "Ich danke dir, aber ich fürchte das ist alles ein bisschen viel. Ich sollte lieber zu meinen Leuten gehen und euch aus der Ferne bewundern." "Ist es meinetwegen?" "Was?" fragte ich leicht verständnislos. "Ich wollte nicht, dass das direkt falsch rüber kommt. Und ich frage auch wirklich nur, weil die Band dich offenbar gut leiden kann. Das war auch keine Anmache oder so. Falls das so rüber kam, dann..."

Ich lächelte über seinen Redeschwall der gar nicht mehr aufhören wollte. Wie war es möglich, dass ich diesen wahnsinnig tollen Menschen vor unserem Treffen nur so falsch eingeschätzt hatte? Mark wirkte im Fernsehen immer so eingebildet, falsch und das war er im realen Leben einfach nicht. Er war süß, freundlich, offen und auch ein wenig verpeilt was den Umgang mit anderen Menschen anging. Von Sekunde zu Sekunde wurde er mir sympathischer. Nein, ich glaube über diesen Punkt waren wir langsam hinaus. Das war der Moment in dem mir bewusst wurde, dass ich nicht Gefahr lief mich in diesen Menschen zu verknallen, sondern es war längst geschehen.

"Verstehst du was ich meine?" kam Mark zum Ende. Ich nickte. Ehrlich gesagt hatte ich keine Ahnung was er die letzte Minute gesagt hatte, aber ich hoffte einfach, dass ein Nicken Antwort genug war. "Gut." seufzte mein Gegenüber erleichtert. "Dann wünsch ich dir morgen eine gute Heimfahrt und wir sehen uns bei den Battles." Wieder nickte ich nur, doch dann viel mir etwas ein. "Ich schreib dich nachher an, ja?" schlug ich vor. "Dann können wir schreiben, wenn es sich ergibt." Jetzt war es an Mark zu nicken. "Ich werde euch heute Abend vom Hotel aus zuhören, gebt euer Bestes." "Davon kannst du ausgehen."

Als knapp eine Stunde später die Vorband zum Ende kam, lag ich frisch geduscht auf meinem Bett und schloss die Augen. Ich wollte Mark einfach mal beim Singen lauschen. Live. Auf CD und im Fernsehen klang das manchmal nicht so gut, aber live war doch gleich viel besser. Und obwohl ich sie nicht sah, konnte ich mir lebhaft vorstellen wie die Gruppe auf der Bühne stand und Spaß hatte. So wie ich sie die letzten beiden Tage erlebt hatte, könnte es womöglich auch gar nicht anders sein.

Während ich der Musik lauschte, merkte ich wie ich langsam abdriftete bis ich schließlich eingeschlafen war und tief und fest schlief.


(K)ein StarWo Geschichten leben. Entdecke jetzt