Kapitel 5 _ Seegurke

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Meine Absicht war es schnell duschen zu gehen und mich dann für die Party her zu richten. Was nicht zu meinem Plan gehörte war auf dem Weg in mein Zimmer den Coaches über den Weg zu laufen. Doch schon in der Empfangshalle standen Yvonne, Mark und Paddy und unterhielten sich. Meine Hoffnung unbemerkt an ihnen vorbei zu schlüpfen wurde von Smudo und Michi zerstört. Denn die beiden Coaches kamen just in diesem Moment aus einem der Fahrstühle. „Du bist ja völlig durchnässt." „Mit Klamotten baden zu gehen war offensichtlich nicht meine klügste Entscheidung." Smudo grinste dreckig. „Ich sags mal so, ne, an die Wäsche konnte dir keiner gehen." Michi lachte und schlug seinem Kollegen freundschaftlich gegen den Arm. Ich grinste und zuckte mit den Schultern. „So ganz unrecht hat er damit ja nicht."

Da Michi Probleme hatte aus dem Kichern wieder raus zu kommen, wurden auch die anderen Coaches auf uns aufmerksam und kamen zu uns herüber. „Anny, why are you so wet?" Sehr zu unserer Erheiterung konnte man das Wort „wet" nicht nur mit „nass" sondern auch mit „feucht" übersetzen. Smudo und Michi lachten dementsprechend laut los, als Paddy diese Frage stellte. Es hatte einfach zu gut zu Smudos vorherigem Kommentar gepasst. Bei dem Lachen von den beiden Coaches konnte ich dann auch nicht mehr ernst bleiben. Für den verwirrten Paddy tat mir das ein wenig leid. „Ihr seid echt unmöglich." verkündete ich unter Lachtränen. „Wir? Wer hat denn damit angefangen?" „Du!" riefen Michi und ich wie aus einem Mund und prusteten direkt wieder los.

Schwer atmend wischte ich meine Lachtränen weg. „Ich glaub ich geh besser auf mein Zimmer." verkündete ich. „Aber was ist hier passiert?" „Frag Smudo." wies ich Mark an und machte mich schnellst möglich aus dem Staub. Bevor sich die Türen des Fahrstuhls schlossen, hörte ich noch wie Smudo gespielt empört „Verräter!" rief. Der Typ hatte echt zu viel Energie. Im Fahrstuhl konnte ich erstmal durchatmen und beruhigte mich von diesem spektakulären Gespräch. „Das hätte man eigentlich aufnehmen müssen." warf ich mir selbst grinsend vor.

Aufnehmen, Kameras, Papa. Ich ärgerte mich über mich selbst. Wie konnte ich mich innerhalb von Sekunden nur wieder so unterziehen lassen und eine lustige Situation gleich wieder mit meinem Dad in Verbindung bringen? 

Auf meiner Etage angekommen kramte ich meine Zimmerkarte heraus und betrat mein Zimmer. Meinem ersten Impuls mich auf das Bett zu schmeißen, widerstand ich tapfer. Stattdessen schnappte ich mir ein großes Handtuch und huschte ins Bad. Unter der Dusche ließ ich bestimmt fünf Minuten lang einfach nur das warme Wasser über meinen Körper laufen, ohne mich zu bewegen. Langsam erwachte mein Körper wieder zum Leben. Das Einseifen und Shampoonieren waren längst Tätigkeiten, über die ich nicht mehr nachdenken musste. Auch das Ab-und Ausspülen verlief ohne größere Denkprozesse.

Dadurch hatte ich Zeit, um über Anderes nach zu denken, denn ich hatte einiges worüber ich nachdenken musste. Vor sieben Jahren war ich schon einmal an diesem Punkt gewesen. Ich hatte damals monatelang meine Eltern genervt, dass sie mich bei The Voice anmelden sollten. Sie hatten irgendwann nachgegeben und hatten mich nach Berlin begleitet. Auch meine beste Freundin war mitgekommen. Smu und Michi hatten mich auch damals in ihr Team aufgenommen, das erste Kennenlernen mit den anderen fand ebenfalls im Studio statt. Ich hatte mich auch vor sieben Jahren sofort gut mit den beiden Coaches verstanden. Mich wunderte es jedoch auch nicht, dass die beiden mich nach all den Jahren nicht wieder erkannten. Damals hatte ich pinke lange Haare, war sehr aufgedreht, war vor meinem Auftritt nicht nervös und damals hatte ich noch einen anderen Namen. Seit meine Mutter wieder geheiratet hatte, hieß ich nicht mehr Meyer sondern Sander. Ich seufzte. Der Unfall hatte alles verändert.

Ich versuchte die Gedanken daran ab zu schütteln, aber so richtig funktionierte das nicht. Ich hatte noch immer die Bilder vor Augen wie ich mich mit meinen Eltern im Auto gestritten hatte. Sie hatten nie gewollt, dass ich bei the Voice mit machte, aber das hatte mich nicht aufgehalten. Als wir dann auf dem Heimweg von den Auditions einen schweren Unfall hatten, habe ich mir die Schuld gegeben. Ohne mich, wären wir schließlich nie auf dieser Straße gewesen. Meinen Gedanken nachhängend, wickelte ich mich in das große Handtuch und verließ das Badezimmer. Barfuß lief ich zu dem Schrank im Hotelzimmer und betrachtete nachdenklich meine Klamottenauswahl. Unterwäsche brauchte ich ja sowieso, deshalb zog ich die schon an während ich noch meinen Schrank abscannte. Mit einer schwarzen lockeren Hose und einem grauen Bugs Bunny T-Shirt gab ich mich dann auch schnell zufrieden.

(K)ein StarWhere stories live. Discover now