Teufelstopf

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[Donnerstag, 10 Tage bis zum Spiel]

Tatsächlich. Als ich heute Morgen aufgestanden bin, hatte es aufgehört zu regnen. Mein Vater war arbeiten, weshalb ich beim herausgehen, nach einem Apfel greife und das Haus verlasse. Ich gehe irgendwo hin, habe keinen Plan, als plötzlich jemand in mich reinläuft.

„Verdammt, was soll das?" Ich sehe die Person sauer an und muss feststellen, dass es sich dabei um die Wilden Kerle handelt.

„Das sagt ja genau die richtige", sagt Leon und schaut mich finster an.

„Halt ja den Mund!" Sauer sehe ich meinen ehemaligen besten Freund an und stehe dabei wieder auf.

„Wir haben dafür keine Zeit. Schon vergessen? Wir sind zu spät! Hört ihr zu spät! Der dicke Michi, er ist im Teufelstopf!" Raban scheint total außer sich zu sein und schreit seine gesamte Mannschaft an.

Ich verdrehe belustigt meine Augen und möchte meinen Weg fortführen, als mich jemand am Handgelenk packt und mich hinter sich herzieht.

„Marlon! Lass mich los. Sofort!", schreie ich sauer und sehe den Jungen mit den orangen Haaren sauer an.

Doch der zehn-jährige scheint nicht auf mich hören zu wollen und zieht mich einfach mit sich. Mit zusammengekniffenen Augen folge ich ihm und puste mir dabei immer wieder Haarsträhnen aus dem Gesicht. Marlon zieht mich mit sich in den Teufelstopf und lässt endlich mein Handgelenk los.

„Warum hast du sie mitgenommen?", höre ich Leon seinen Bruder fragen und sehe wie er mich mit gekrauster Nase musterte.

„Glaub mir, ich wäre jetzt auch lieber woanders", gebe ich schnippisch zurück.

„Nein, nicht. Das ist eine Falle! Ich bin ihnen in der letzten Sekunde entwischt."

Ich hatte gar nicht gemerkt, dass Raban den Hügel heruntergerutscht und in einer Mülltonne gelandet war.

„Los! Stellt euch alle Rücken an Rücken. Raban, komm her." Leon sieht sauer aus.

„Und was soll das noch bringen? Sie sind alle da: Sense, Krake, Fettauge und Kong", sagt Raban.

„Fehlt nur noch der dicke Michi", flüstere ich und sehe besorgt zu Marlon hoch.

Dieser greift meine Hand und schaut mich aufmuntern an.

„Ich bin für dich da", erwidert er genauso leise und drückt als Bestätigung meine Hand.

„Hottentottenalptraumnacht!" Mit aufgerissenen Augen sehe ich zu Raben und folge seinem Blick.

Da ist er: der dicke Michi.

„Alles ist gut", sagt Leon und sieht Fabi an.

„Solange du wild bist", vollendet er den Satz.

„Genau das hat der Pitbull auch gedacht, als er den dicken Michi angriff. Doch der hat ihn an den Ohren gepackt und solange um sich geschleudert, bis er nur noch die Ohren in der Hand hatte."

„Alter, Raban! Halt die Klappe!", motze ich ihn an und schenke ihm meinen giftigsten Blick.

„Damals war der Mistkerl erst neun", fügt er hinzu.

„Danke Raban, das macht mir echt Mut", meint Leon sarkastisch.

„Jetzt ist er fünfzehn."

„Raban!" Ich sehe ihn Verständnislos an und schüttle dann den Kopf.

„Zu fett, wenn du mich fragst", höre ich Fabi sagen und halte bei seinen Worten den Atem an.

„Michi, hast du das gehört?" Sense sieht zu dem Fettsack, welcher nur nickt.

„Und ob ich das hab. Krake!" Er sieht zu einem seiner Freunde, welcher ihm einen Fußball zuwirft. Dann wirft er ihn in den Magen von Fabi, welcher auf den Boden fällt und sich den Bauch hält. „Und ich glaube nicht, dass er das wiederholt." Dann drehte er sich zu Leon und nahm ihm seinen Ball weg. „Darf ich? Dieser Bolzplatz gehört ab heute uns. Den einzigen und unbesiegbaren Siegern. Unbesiegbar! Hast du das gehört? Deshalb habt ihr Zwerge, hier nichts mehr verloren."
„Eins" Er wirft den Ball gegen die Schulter von Leon, was ihn nach hinten taumeln lässt.
„Zwei" Diesmal wirft er den Ball, wie bei Fabi vorhin in den Bauch, was Leon zu Boden bringt.
„Drei" Er schmeißt den Ball auf Leon, doch dieser fängt ihn und steht wieder auf.

„Kacke verdammte. Ich gebe dir zehn Tage Schwabbelbauch. Solange kannst du mit deinen Dumpfbacken träumen, dass das euer Stadion ist. Aber wir kommen wieder und dann fordern wir euch heraus. Oder hast du vielleicht Angst?" Leon sieht den Jungen vor sich herausfordernd an.

„Angst? Ich weiß gar nicht, was das ist", erwidert er nur selbstgefällig.

„Dann sind wir uns ja einig. In zehn Tagen, abgemacht?"

Michi packte Leon am Kragen und schnaubte ihm ins Gesicht.

„Das ist der Moment, an dem ihr weglaufen solltet."

Er lässt Leon wieder los und wir alle laufen wieder nach oben auf den Hügel. Marlon hält noch immer meine Hand, wofür ich ihm außerordentlich dankbar bin.

„Oh Backe, Leon. Das war echt wild", sagt Fabi und stützt sich schwer atmend auf seinen Beinen ab.

„Ich gib dir zehn Tage, Schwabbelbauch", wiederholt Joschka Leons Worte, was mich zum Schmunzeln bringt.

„Solange kannst du mit deinen Dumpfbacken träumen", macht Raban weiter.

Dann drehen wir uns alle wieder zum Teufelstopf um und sehen, wie der dicke Michi den Ball gegen die Torlatte schießt.

„Bis in zehn Tagen. Ich freu mich schon."

Dann drehen wir uns um und gehen zurück. Marlon hatte meine Hand bereits losgelassen, weshalb ich die letzte bin und nur langsam aufschließe.

„Halt, wartet!", höre ich Leon sagen und mein Kopf schießt nach oben. „Was machst du eigentlich noch hier?", fragt er mich und sieht dabei mehr als sauer aus.

„Keine Angst. Ich verlasse euch ja schon", sage ich und drehe mich um.

„Sloane, warte!" Marlon erscheint neben mir und sieht mich mit einem schiefen Lächeln an. „Das, was ich vorhin im Teufelstopf gesagt habe, das ist wahr. Ich bin immer für dich da", wiederholt er die Worte von eben.

„Wo warst du dann vor einem Jahr?", frage ich aufgebracht und sehe Marlon mit Tränen in den Augen an.
„Wo? Da hast du dich nicht für mich eingesetzt. Du standest da einfach neben deinem Bruder und hast nichts gesagt. Keiner hat das! Weißt du, wie ich mich gefühlt habe? Alleine! Meine Fußballmannschaft, Meine Freunde, haben mir den Rücken zugedreht. Ich habe mich verraten gefühlt", sage ich und die Tränen laufen nun über meine Wange.

„Es tut mir unglaublich leid. Wirklich, das musst du mir glauben." Ich sehe den Schmerz in seinen Augen.

„Dafür ist es zu spät, Marlon." Erst da bemerke ich, dass die Wilden Kerle noch immer in unserer unmittelbaren Nähe stehen und alles gehört haben. Ich sehe, dass sie meine Worte verstanden hatten. Ihre Blicke sind zum Boden gerichtet und sie trauten sich kein Wort zu sagen. Nur Leon, sieht mir fest in die Augen. „Das Machen keine besten Freunde!", schreie ich nun Leon an und lasse die Jungs hinter mir.

Zumindest für diesen Tag.

ANALYSE » 𝗆𝖺𝗋𝗄𝗎𝗌 𝗏𝗈𝗇 𝗍𝗁𝖾𝗎𝗆𝖾𝗋Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt