Der letzte Schultag

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[Mittwoch, 11 Tage bis zum Spiel]

Nur noch eine Stunde und ich würde endlich zu Hause sein und endlich meine Ruhe haben. Die Osterferien über würde ich meine Bücher lesen und an meinem Lieblingsort sein.

Gedankenverloren kritzle ich in mein Notizbuch und folge dem Unterricht nur mit einem Ohr. Hinter mir höre ich leises Gemurmel und muss noch nicht mal lange darüber nachdenken, zu wem die gehören. Leon und sein bester Freund Fabi sitzen in der letzten Reihe und lachen wieder Mal wegen irgendeinem Mist. Augen verdrehend versuche ich die beiden zu ignorieren. Es gelingt mir nur halb. Die beiden sind so laut, dass ich mich frage, warum die Lehrerin nichts sagt.

„Könnt ihr nicht die Klappe halten? Merkt ihr nicht, dass ihr den Unterricht stört!", sage ich laut und drehe mich zu den beiden um.

„Als ob du aufpasst!", spottet Leon und klatscht mit Fabi ab.

„Ich habe nie behauptet, dass ich aufpasse. Nerven tut ihr trotzdem." Ich drehe mich wieder nach vorne um und sehe in das Purpurrote Gesicht von Frau Ehrenberg. „'Schuldige", murmle ich und sehe auf mein Heft.

„Wenn heute nicht der letzte Tag wäre, würden Sie drei heute Nachsitzen. Ihre Zankereien gehen mir allmählich auf die Nerven. Ihre Streitereien können Sie in der Pause klären!" Damit dreht die Pest sich wieder um und ich strecke ihr die Zunge raus.

„Sehr erwachsen, Sloane", sagt Fabi hinter mir und ich drehe mich mit zusammengekniffenen Augen zu ihm um. „Uh, jetzt habe ich aber Angst." Er und Leon lachen und ich drehe mich wieder nach vorne um und verschränke die Arme vor der Brust.

Nur noch 45 Minuten und ich bin diese Idioten für zwei Wochen los. Und das Problem: Es gibt noch mehr von dieser Sorte. Maxi, Marlon, Raban, Joschka, Juli und natürlich Fabi und Leon. Sie alle spielen in einer Fußballmannschaft die sich die Wilden Kerle nennen. Und ich war eine von ihnen. Und Leon mal mein bester Freund.

Als es endlich klingelt, springe ich auf, greife nach meinem Rucksack und verlasse den Klassenraum ohne große Umschweife. Ich wollte nur noch weg. Draußen angekommen, bemerke ich das es regnet. Und das nicht leicht. Nein. Es schüttet wie aus Eimern. Mist! An den Fahrrädern angekommen, sehe ich dort schon Marlon stehen. Er ist der ältere Bruder von Leon und war auch mal einer für mich. Doch das ist Vergangenheit. Ich gehe mit eiskaltem Blick an ihm vorbei zu meinem Fahrrad und löse das Fahrradschloss.

„Hey, Sloane." Marlon steht plötzlich neben mir und sieht mich unsicher an. Doch ich drehe nur meinen Körper von ihm weg und gehe mit meinem Fahrrad Richtung Ausgang. „Du kannst mich nicht ewig anschweigen." Er wird lauter und stellt sich mir in den weg.

„Mit schweigen solltest du dich doch am besten auskennen", lache ich höhnisch und sehe ihn giftig an. „Und wenn nicht, solltest du Maxi fragen. Der kann dir bestimmt ein paar Nachhilfestunden geben", necke ich ihn weiter. „Und jetzt geh mir aus dem Weg!"

Ich setzte mich wieder in Bewegung und Marlon macht mir platz.

„Es tut mir leid."

„Deine Entschuldigung kommt dafür zu spät! Ihr könnt mich mal!" Und damit verlasse ich endlich den Schulhof und fahre im Regen nach Hause.

Richtig angepisst komme ich zu Hause an und schmeiße meine Jacke in eine Ecke und die Schuhe direkt daneben. Der Regen wurde immer schlimmer und meine blonden langen Haare hängen im ganzen Gesicht.
Ich stoße einen kurzen verfluchten Schrei aus und gehe nach oben in mein Zimmer.

„Dieser blöde Idiot!" Mit einem weiteren Schrei lasse ich mich auf mein Bett fallen und bleibe mit dem Gesicht nach unten so liegen.

„Schatz? Ist alles in Ordnung?" Mein Vater taucht in meinem Zimmer auf und sieht mich besorgt an.

„Ja, alles bestens", murmle ich und sehe meinen Vater an.

„Erzähl schon, wer ist ein Idiot?", fragt er mich und setzt sich zu mir aufs Bett.

„Leon. Er... er. Argh! Ich bin einfach sauer auf ihn. Er bringt mich zur Weißglut! Und jetzt regnet es auch noch, obwohl die Osterferien morgen beginnen. Das ist doch alles Kacke." Ich lasse mich rücklings aufs Bett fallen und mein Vater sieht mich schmunzelnd an.

„Der Regen hört sicherlich morgen schon wieder auf. Sei nicht so negativ. Und was Leon angeht, lass ihn einfach. Ich weiß, du bist sauer auf ihn, mit gutem Grund. Aber lass dir nicht die Ferien durch ihn vermiesen. Das ist er nicht wert."

Dankend sehe ich meinen Vater an, umarme ihn und gebe ihn einen Kuss auf die Wange.

„Danke." Ich löse mich und mein Vater steht wieder auf.

„Heute Abend bestelle ich Pizza. Was nimmst du?", fragt er mich.

„Das übliche", antworte ich und nehme mir ein Buch aus meinem Bücherregal.

Mein Vater verlässt mein Zimmer, macht die Türe hinter mir zu und ich lasse mich auf meinen Lesestuhl nieder.
Während ich lese, schaue ich immer mal wieder aus dem Fenster. Der Regen würde heute nicht mehr aufhören. Hoffentlich hat mein Vater recht.

ANALYSE » 𝗆𝖺𝗋𝗄𝗎𝗌 𝗏𝗈𝗇 𝗍𝗁𝖾𝗎𝗆𝖾𝗋Where stories live. Discover now