30 | You will never be forgotten.

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Gerade machte Lennox sich daran, die kleinen Boxen zu öffnen, die mittlerweile von innen beschlagen waren und nur vermuten ließen, was sich in ihnen befand.

„Ich wusste nicht richtig, worauf du Lust hast, als ich heute morgen im Diner die Bestellung aufgegeben habe. Deswegen habe ich von allem etwas bestellt, hauptsächlich aber kleinere Dinge", informierte er mich und klang dabei, als müsse er sich bei mir für etwas rechtfertigen.

Es dauerte nicht lange, bis sich der Duft von köstlichem Fastfood im Wageninneren verteilte und meinen Magen aufgeregt knurren ließen.

Lennox hatte zwei verschiedene Arten Pommes bestellt, Nuggets, Käsesticks und weitere Kleinigkeiten, die mir das Wasser im Mund zusammenlaufen ließen. Die Aussicht auf diese Mahlzeit, den wunderschönen Sonnenuntergang und das, was noch kommen würde, sorgten für ein Kribbeln, das meinen gesamten Körper durchzog. Meine Bedenken, die diesen Abend in Frage gestellt hatten, wurden von dem schwachen Hauchen des Windes Richtung Horizont getragen.

Die Sonne war inzwischen hinter den hohen Bergen in der Ferne verschwunden, doch die Färbung am Himmel war noch immer vorhanden.

Das warme Licht hüllte uns vollkommen ein und legte einen romantischen Flair über den Moment der Stille. Romantik war nichts gewesen, mit dem ich mich in meinem Leben bisher befasst hatte. Ich hatte nicht geglaubt, dass ich der Typ davon war. Aber ich wurde eines besseren belehrt.

Lennox machte sich gerade daran, die restlichen Sachen zusammenzuschieben und mir einen Becher mit Wein zu reichen, ehe auch er sich nach hinten lehnte und gemeinsam mit mir zum Horizont sah. Vereinzelt blitzten die Sterne am Himmel auf und leiteten die Nacht ein.

„Wie bist du an diesen Ort gekommen? Ich kann mir kaum vorstellen, dass man ihn einfach mal so entdeckt", fragte ich nach einer Weile und malte mit den Fingern kleine Anführungszeichen in die Luft. Es war der Hügel eines Berges. Eine versteckte Lichtung über der Stadt, in der ich aufgewachsen war und die ich, samt Umgebung, auswendig kennen müsste. Trotzdem hatte es mich nie in diesen Teil verschlagen, nicht auf diesen Hügel oder auch nur in die Nähe dessen.

Er richtete den Blick stur nach vorne, nippte an seinem Becher und fuhr sich schließlich mit der Zunge über die geröteten Lippen. „Es ist noch nicht lange her, dass ich diesen Ort gemeinsam mit meiner Schwester entdeckt habe", fing er schüchtern an zu erzählen. An dem Lächeln, dass sich auf seinen Lippen ausbreitete, sobald er seine Schwester erwähnte konnte ich erkennen, wie wichtig diese ihm war. Aber das leise Bedauern, dass seiner Stimme beiwohnte, ließ ein ungutes Gefühl in meinem Inneren zu. Schnell richtete ich den Blick erneut an den Himmel, betete, dass nichts mit ihr geschehen war, dass es ihr gut ging und ich ihn womöglich nicht gerade an ein traumatisches Ereignis erinnert hatte.

„Marley ist zwölf und sehr verträumt für ihr Alter. Sie ist nicht dumm, aber naiv und immer mit dem Glauben an die Magie in allem unterwegs. Sie kommt nicht damit zurecht, wenn sich Leute streiten, wenn sie nicht friedlich miteinander umgehen, vor allem nicht, wenn es Menschen sind, die ihr nahe stehen", erzählte er. Fröhlich klang er bei seiner Erzählung keinesfalls, aber etwas in seinem Inneren schien ihn weiter voran zu treiben. Ich hielt den Mund deswegen geschlossen und drehte mich mit dem Oberkörper in seine Richtung.

„An jenem Tag hörten wir wie so oft unsere Eltern streiten. Durch das gesamte Haus waren ihre Stimmen zu hören und Marley hatte sich in ihrem Zimmer versteckt, die Hände auf die Ohren gelegt und die Augen fest geschlossen. Ich habe sie ablenken wollen, weswegen ich mir meine Schwester geschnappt, und sie in meinen Wagen gesetzt habe. Zusammen sind wir einige Stunden lang durch die Gegend gefahren, bis wir ein älteres Ehepaar beim Eisessen getroffen haben, das uns schließlich von diesem Ort erzählt hat."

Paralyzed | ✓Where stories live. Discover now