Engelsgleich

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Fox

In einer anderen Zeit, in einer anderen Welt...

Frau Donner hat bereits seit zehn Minuten mein Büro verlassen, doch ich sitze immer noch in der gleichen Pose am Tisch und denke nach.

Eine Fliege umschwirrt mein fast leeres Cognac-Glas und ich scheuche sie träge fort.

Nur allzu widerwillig hat die Gute letztendlich doch zugesagt, mir Dirners Büro mitsamt all seinen Abgründen zu zeigen. Und mit ›Abgründen‹ meine ich eigentlich ›Schmutzwäsche‹ – von der die feine Dame nicht das geringste ahnt.

Ja, ganz recht: Ich bin fest davon überzeugt, in Hans-Jochen Dirners geheimen Ecken und Schubladen den ein oder anderen Beweis für krumme Machenschaften zu finden.

Nachdenklich mahle ich mit dem Kiefer. Irgendwas ist da gewaltig faul an der ganzen Sache, davon bin ich fest überzeugt! Er kann nicht grundlos von einem auf den anderen Moment verschwinden – da ist was im Busch.
Leider weiß ich noch nicht, was genau das ist.

Dass diese blauäugige, engelsgleiche Frau das nicht wahrhaben will, ist mir ein Dorn im Auge. Naive Kuh.

Grimmig kippe ich den Rest meines Whiskys runter und genieße das Brennen im Hals.

Wie man nur so verblendet durch die Welt laufen kann, ist mir ein wahres Rätsel. Sie mit ihren ach so feinen Manieren! Doch unter der polierten Oberfläche verbirgt sich eine ganz Andere, dessen bin ich mir sicher.

Morgen Nachmittag. Sie wird mich zu Dirners Büro geleiten und die Ungewissheit hat endlich ein Ende!

Grimmig lächelnd stiere ich in mein leeres Glas.

Ich kann es kaum erwarten zu sehen, wie ihr die feinen Gesichtszüge entgleiten und Erkennen sich in ihrer Miene breit macht. Der Moment, wenn sie begreift, dass dieser Widerling sie die ganze Zeit belogen hat. Der Moment, wenn ich das Arschloch endlich dingfest machen kann – zu oft ist er mir schon durch die Finger geglitten, wie ein glitschiger Aal.

Doch das ist jetzt vorbei.

»Diesmal nicht, mein Freund...«

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