Jung und dumm

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Ella

Es war, als wäre alles plötzlich eingefroren und keiner könnte sich bewegen. Mein Magen fühlt sich an, als hätte ich einen Stein verschluckt, ich möchte gar nicht wissen, wie Fox sich fühlt.
Er ist dermaßen kreidebleich, dass ich mir fast sicher bin, er fällt gleich in Ohnmacht. Aber Fox wäre schließlich nicht Fox, wenn er sich nicht zusammenreißen würde.

»Aber... Finn sagte, dass der Nachname seines leiblichen Vaters Adam wäre...« Annamarie nickt.

»Das stimmt auch, mit diesem Namen wurde er geboren. Als deine Mutter und er sich haben scheiden lassen, hat er diesen Namen wieder angenommen.« Fox starrt sie aus großen, schwarzen Augen an.

»Aber... ich dachte der Name Fuchs wäre von ihm...« Sie schüttelt den Kopf. »Er hat bei der Heirat ihren Namen angenommen.«

Ich fasse mir geschockt an die Wange. Das muss ein Albtraum sein. Das kann einfach nicht real sein.

Zaghaft schaue ich nochmal zu Fox rüber.
Ich habe ihn noch nie so geschockt gesehen.
Es sieht so aus, als würde er langsam in seine Einzelteile zerfallen, Stück für Stück.

Ich muss etwas tun.

Nachdem ich mich geräuspert habe, sage ich: »Annamarie, ist es in Ordnung, wenn Fox und ich kurz nach draußen gehen? Wir kommen gleich wieder.« Sie nickt langsam.

»Aber natürlich, nehmt euch so viel Zeit, wie ihr braucht.« Ich lächle sie flüchtig an und gehe zu Fox.

Als ich ihn bei der Schulter berühre, zuckt er heftig zusammen und sieht mich irgendwie verwaschen an – der sonst so messerscharfe Blick in seinen Augen ist verschwunden.

»Komm«, flüstere ich und er lässt sich tatsächlich von mir nach draußen in den Garten etwas abseits von der Fensterfront führen.

Ich weiß, dass er im Moment nicht reden kann, also nehme ich ihn nur ganz fest in den Arm und streiche ihm beruhigend über den Rücken.
Seine Arme hängen schlaff an den Seiten und die Wange hat er auf meiner Schulter abgelegt.
Ich schließe die Augen und ziehe mit meiner Handfläche weiter Kreise an seinem Kreuz, als er sich ein Stück von mir löst, mir einen kurzen Kuss auf die Wange gibt, und sich dann ein Stück aufrichtet.

Mit entrücktem Blick sieht er mich an. »Ich... das ist... viel«, sagt er schließlich und ich weiß genau, was er meint.

Als wir zurück ins Wohnzimmer gehen, steht Annamarie auf. »Ich denke, es ist das beste, wenn ich jetzt gehe. Ich kann es sehr gut verstehen, wenn du dich ärgerst und mich eine Weile nicht mehr sehen willst. Nimm dir soviel Zeit, wie du brauchst. Ich werde immer für dich da sein.«

Damit will sie sich schon umdrehen und gehen, doch Fox räuspert sich und hält sie an der Schulter zurück. »Anna... das ist alles... etwas überwältigend im Moment. Ich möchte das verarbeiten. Aber das heißt nicht, dass ich dich hasse, oder sowas.« Er schüttelt den Kopf.

»Wie könnte ich denn? Du hast soviel für mich getan, du bist meine zweite Mutter! Wir werden uns auf jeden Fall nochmal zusammen hinsetzen und weiterreden, wenn sich alles ein wenig gesetzt hat. Du kannst aber trotzdem noch bleiben, wenn du willst.«

Es sieht aus, als wäre eine zentnerschwere Last, die Annamarie Jahrzehnte lang mit sich rumgetragen hat, von ihr gewichen. Unter Tränen nickt sie und Fox nimmt sie ganz fest in die Arme.

Irgendwie fühle ich mich ein wenig merkwürdig, die beiden bei einem so emotionalen Moment zu beobachten. Doch bevor ich mich dazu entschließen kann, mich in die Küche zu verziehen, lösen sie sich schon voneinander.

Annamarie murmelt leicht lächelnd: »Ich werde jetzt doch lieber gehen, ich muss auch ein bisschen zu mir kommen.«

Sie seufzt: »Ach, mein Junge. Ich habe dich so lieb. Und eine Sache sollst du noch wissen: Ich bereue jeden einzelnen Tag, dass ich Finn zur Adoption freigegeben habe. Jeden einzelnen. All die Jahre hat es sich so angefühlt, als hätte ich einen Teil von mir selber verloren. Ich hoffe so sehr, dass er mir irgendwann verzeihen wird. Ich möchte, dass er das weiß... dass es mir unheimlich leid tut. Ich war jung und dumm. Ich habe einen Fehler gemacht und gelogen, weil ich keinen verletzen wollte. Man sieht ja, wohin das geführt hat. Ich hoffe, dass ich das Finn irgendwann selbst sagen kann, dass er mir in die Augen schauen kann.«

Sie tut mir so schrecklich leid, wie sie da steht und ihr wieder die Tränen in die Augen steigen. Ich kann gar nicht anders und nehme sie in den Arm. »Ich habe Finn kennengelernt... er ist ein ganz wunderbarer junger Mann... gib der Sache noch ein wenig Zeit... das wird schon«, murmle ich ihr ins Ohr.
Schniefend löst sie sich von mir. »Danke, Ella-Schatz.«

Nachdem Annamarie gegangen ist, seufze ich leise vor mich hin

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Nachdem Annamarie gegangen ist, seufze ich leise vor mich hin. Ich fühle mich merkwürdig machtlos.

Ich kann fast nichts für Fox tun... außer für ihn da sein...

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