Kapitel Zweiundzwanzig

5.1K 200 1
                                    

Annes pov

"Wie lange war ich so abwesend?" flüstere ich und er blickt auf den Boden. Meine Gefühle haben sich in den letzten Tagen stabilisiert. Ich bin nicht mehr so sensibel und kehre allmählich in meinen Alltag zurück. Nur in die Gesellschaft traue ich mich noch nicht. Henry hat mir erzählt, dass der Hof denkt, dass ich mich nicht blicken lasse, weil ich zu schwanger dafür wäre. Es wird noch geheim gehalten, dass das Baby tot ist. Erst wenn ich mich dafür bereit erkläre, werden der König und die Königin dem Volk die schlechten Neuigkeiten zukommen lassen.

"Ein paar Wochen. Du hast auch fast nichts gegessen." Mein Gatte runzelt die Stirn und hebt seinen Kopf. "Es tut mir so leid." haucht er und umarmt mich wieder. Ich küsse ihn auf die Wange und drehe mich in seinen Armen in Richtung Fenster. Das Wetter ist schön warm und die Vögel zwitschern wieder fröhlich vor sich hin. "Warum hat der König dem Hof nicht gesagt was passiert ist?" frage ich nach einer Weile und Wut keimt in mir auf. Ich weiß nicht wieso, vielleicht weil Georg an allem Schuld ist. Vielleicht auch, weil ich dem Arzt nicht Bescheid gegeben habe, dass ich vor dem Tag, an dem ich mein Kind verloren habe, Bauchschmerzen hatte und sogar blutete. Ich werde wohl nie wissen was oder wer an dem Tod meines Babys Schuld ist. 

"Er wollte dich vor Gerüchten schützen. Ich glaube, er hat gemerkt, dass dich das sehr mitnimmt, und deswegen schweigt er."

Ich nicke und kneife die Augen zusammen. "Wie geht es Melodie?" lautet meine nächste Frage und er streicht meinen Arm entlang bis zur Hand. Diese nimmt er in seine und verschränkt sie miteinander. "Ein Arzt durfte sie untersuchen. Sie ist gesund und kurz vor der Entbindung." Das letzte murmelt er und ich entreiße ihm meine Hand. Dann wirbele ich herum und schaue ihn mit riesigen Augen an. Er erwidert meinen Blick, was mich zum schmunzeln bringt. "Ich will dabei sein."

Er schüttelt den Kopf und blickt mich verständnislos an. "Das wird Vater niemals erlauben."

"Dann bitte ich ihn darum."

Henry verdreht seine Augen und lacht. "Das will ich sehen."

___

"Nein." sagt er und schaut mich wütend an. 

"Ich will nicht unhöflich werden, Eure Majestät. Aber warum?" erwidere ich ruhig und schaue Georg an. "Anne, sie hat Unzucht betrieben, sie.." er redet nicht weiter. 

"Ja?"

"Ich habe sie immer wie meine Tochter behandelt. Aber diese Tat hat mein Vertrauen in ihr erschüttert. Ich dulde es nicht, wenn du mit ihr Zeit verbringst." sagt er streng und reckt sein Kinn in die Höhe. Ich seufze leise und knickse kurz.

Als ich gehen will, hält mich seine zitternde Stimme auf. "Anne? Es tut..." er stockt und blickt auf seine Hände. Wollte er sich etwa entschuldigen? Ich schreite aus dem Saal.

"Und?" empfängt mich mein Gatte draußen und nimmt meine Hand. "Nein." gebe ich die Wörter des Königs wieder und schaue auf unsere Hände. Ich verstehe nicht warum ich nicht bei der Geburt meiner besten Freundin dabei sein darf. Sie hat sonst niemanden und Georg tut ihr so etwas an.

"Hey." Er hebt mein Kinn an, so dass ich in seine Augen schauen muss. "Irgendwie wirst du dabei sein okay? Im schlimmsten Fall verkleiden wir dich als eine Dienerin." lächelnd zieht er mich in eine Umarmung.



Liebe PrinzessinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt