sechs

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Ich freue mich tatsächlich auf den Abend, denn ich bin davon überzeugt, Magnus Bane ist eigentlich, vielleicht, also eventuell doch ganz nett. Zumindest bin ich wild entschlossen, mehr über ihn zu erfahren. Gerade räume ich das Geschirr vom Abendessen in die Spülmaschine, als Cat in der Küche erscheint. Sie trägt mehrere Tüten bei sich, die sie jetzt auf den Tisch fallen lässt. "Welchen Laden hast du denn ausgeraubt?" frage ich amüsiert und sie schnauft.

"Das, mein Lieber, sind alles deine Sachen." Erstaunt komme ich näher. "Ich dachte, wir reden von ein bißchen Unterwäsche und vielleicht ein paar Shirts, nicht davon, dass du alles kaufst, was du bekommen kannst." Sie streckt mir die Zunge heraus und beginnt die Tüten auszuleeren. "Ein bißchen was zum wechseln sollte jeder Mensch haben. Also, hier sind zwei neue Jeans, fünf Shirts, drei Pullis, eine Jogginghose, mehrere Unterhosen und Socken, eine Badeshorts, Sneakers, eine Jacke und sogar ein Hemd. Reicht das erstmal?"

Sprachlos sehe ich sie an. "Sollte reichen aber eine Badeshorts? Wozu?" Sie grinst. "Man weiß nie." antwortet sie und ich nehme die Jacke in die Hand. Sie ist aus feinstem Leder und fast schon ehrfürchtig ziehe ich sie mir über. "Cat, die muss ein Vermögen gekostet haben. Das kann ich unmöglich annehmen." Sie lächelt mich warm an. "Alec, sie steht dir hervorragend. Das wusste ich schon, als ich sie gesehen habe. Sie ist wie für dich gemacht." Ich bin gerührt und nehme meine Freundin in den Arm. "Danke. Wirklich."

Sie nickt. "Gerne. Und wie war der erste Tag?" Ich deute ihr an, sich zu setzen. "Ganz gut schätze ich. Mr. Bane und ich haben uns heute Nacht noch unterhalten." Sie reisst die Augen auf. "Nachts? Wo und worüber?" Kurz denke ich nach. "Hier in der Küche, allerdings stand er nur in der Tür und wir haben über Brot geredet und über die Temperatur hier im Haus." Sie verzieht das Gesicht. "Klingt ja spannend."

Mir ist klar, dass sie es sarkastisch meint aber ich nicke trotzdem. "War es auch und er hat sogar heute Morgen meine Brote probiert und er mochte sie." Cat pfeift anerkennend durch die Zähne. "Wow, er scheint also auch mal von seinem üblichen System abzuweichen. Vielleicht tust du ihm ganz gut, Alec." sagt sie und wirkt nachdenklich. "Er könnte einen Freund gebrauchen."

Ich ziehe die Augenbrauen hoch. "Wie meinst du das?" frage ich. "Er hat Freunde, aber mit Ragnor ist es etwas schwer, weil er ihn immer nur motivieren will und nie fragt, was Magnus will. Hodge ist halt Hodge und kein Freund und mit mir redet er zwar, aber seit dem Unfall ist er sehr verschlossen." Plötzlich lächelt sie.

"Alec, du hättest ihn früher erleben sollen. Er war fröhlich, aufgeschlossen, spontan und immer so voller Energie. Da wo Magnus Bane war, war immer etwa los. Die meisten seiner sogenannten Freunde haben sich abgewendet, weil er sich verändert hat. Es gab keine Parties mehr, Magnus hat aufgehört das Geld mit vollen Händen aus dem Fenster zu werfen und da trennte sich dann die Spreu vom Weizen. Viele sind nicht mehr über geblieben." Ich nicke. "Verstehe. Und hatte er vor der Sache eine Freundin?"

Cat seufzt. "Darüber rede ich nicht. Vielleicht erzählt er es dir eines Tages selbst." Ernst sehe ich sie an. "Okay, ich frage nicht weiter. Eine Frage habe ich allerdings noch. Was ist genau passiert bei seinem Unfall?" Sie zuckt mit den Schultern. "Auch das wird er dir vielleicht selbst erzählen. Ich sage dir nur so viel, das es tragisch war."

Nach dem duschen am Abend, ziehe ich mir wieder eine Jogginghose an, streife mir aber diese Mal auch ein Shirt über, bevor ich in die Küche gehe. Es ist wie gestern still und ich stelle erneut das Radio an. Dann überlege ich, was ich dieses Mal backen kann und entscheide mich dafür, einen Brötchenteig für den nächsten Morgen vorzubereiten und mache mich ans Werk.

Auch dieses Mal bemerke ich meinen Boss zuerst nicht, aber dann entdecke ich ihn. "Mr. Bane." rufe ich erfreut und winke ihn herein. Als er zögert, fällt es mir wieder ein. "Ach ja, Cat erwähnte so etwas, dass Sie die Küche nicht betreten aber wollen Sie die ganze Zeit da stehen bleiben?" Er verzieht den Mund. "Cat ist eine ganz schöne Tratsche." sagt er und rollt ein kleines Stück in die Küche. "Ist sie nicht. Sie hat mir von dem Kaffeeproblem erzählt." Er zuckt mit den Schultern. "Er schmeckt mir eben nicht, wenn ihn jemand anderer zubereitet und ich selbst, naja, sehen Sie selbst." Er kommt noch näher und dann erkenne ich das Problem. Er kommt nicht an die oberen Schränke.

"Dann zeigen Sie es mir." Er sieht mich an. "Was zeigen?" Ich lächel breit. "Zeigen Sie mir, wie Sie Ihren Kaffee mögen. Sie sagen, was ich machen soll und ich mache es." Er scheint nachzudenken aber dann zuckt er erneut mit den Schultern. "Warum nicht. Okay, öffnen Sie den Schrank links oben. Da finden Sie einen Filter aus Porzellan." Ich öffne den Schrank und finde den gewünschten Gegenstand.

"Daneben stehen Kaffeefilter, davon brauchen Sie einen, den Sie dann da rein machen." Ich rolle mit den Augen. "Gut, dass Sie es sagen." sage ich ironisch aber er geht nicht darauf ein und fährt unbeirrt fort. "Setzen Sie jetzt Wasser auf, aber nicht im Wasserkocher. Nehmen Sie den Kessel." Ich nicke und fülle ihn mit Wasser und stelle ihn auf den Gasherd. "Es darf nicht kochen, aber es muss kurz davor sein. Jetzt nehmen Sie das Pulver aus dem Kühlschrank."

Irritiert sehe ich ihn an. "Kühlschrank?" Er nickt. "Ja, da bleibt er aromatischer. Machen Sie genau sechs Löffel hinein, aber gestrichene, nicht gehäufte. Das ist wichtig." Wieder mache ich es genau nach Anweisung und dann warten wir gemeinsam auf das Wasser.

Als es soweit ist, gieße ich das Wasser langsam hinein und lausche auf das Plätschern, als die Kanne auf der, der Filter steht, sich langsam füllt. "Sieht gut aus. Gießen Sie mir bitte eine Tasse ein?" fragt er schließlich und ich nicke. Etwas nervös reiche ich sie ihm und beobachte genau seine Reaktion, als er probiert. Er trinkt langsam und schließt dann die Augen. Als er sie wieder öffnet, lächelt er tatsächlich. "Er ist perfekt, Alexander." Ich grinse ihn an. "Dann gibt es ab jetzt wohl wieder Kaffee statt Tee."

Free meWhere stories live. Discover now