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| Josefine |

~ 10 Jahre später ~

Ich war am Arsch.
Erledigt.
Völlig fertig.

Okay, keine Sorge. Ich hatte niemanden ermordet und wurde jetzt vom FBI gesucht und das hatte ich auch nicht vor. Genauso wenig hatte ich eine Bank überfallen und war jetzt eine der gesuchtesten Verbrecherinnen Deutschlands, obwohl das vielleicht sogar noch ganz spannend gewesen wäre.  Aber nein, mein Leben war langweilig und ich hatte lediglich einen ziemlich anstrengenden Tag hinter mir.

Angefangen hatte er schon heute Morgen um 6 Uhr mit einem aller letzten Morgen in Aachen. Auf dem Hof, den ich jetzt die letzten achtzehn Jahre mein Zuhause genannt hatte und auf dem ich jede Ecke und jeden Winkel kannte. Der Hof und das Haus, in dem ich alle meine Kindheitserinnerungen gesammelt hatte und in dem jetzt nur noch meine Großeltern leben würden, für die das alleine eigentlich viel zu viel Arbeit war.

In der großen Scheune hinter dem Haus standen jetzt zwar nur noch wenige Pferde, Esel, und auch Schafe hatten wir viel weniger als früher, trotzdem war es immer noch ein Haufen Arbeit. Schon als meine Mutter vor zwei Jahren ausgezogen war, hatten wir beschlossen keine Tiere mehr zu Züchten und nur noch den Rest bist zu ihrem Ende zu behalten.

Meine Großeltern hatten damals schon immer wieder betont, was für ein Loch meine Mutter in unserem alten Bauernhaus hinterlassen hatte und ich wollte gar nicht daran denken, wie es ihnen jetzt alleine gehen würde. Ich wollte hier auch eigentlich gar nicht weg, aber da mein Vater seinen Job verloren hatte, hatte er aus verschiedenen Gründen beschlossen nach Köln zu ziehen. Und ich hatte beschlossen, das Positive darin zu sehen und auch einen Neustart zu wagen. Mein Kater Nudel würde deswegen mit umziehen, von ihm konnte ich mich einfach nicht trennen.

Das Auto voll beladen mit den letzten Umzugskartons ging es also ein letztes Mal auf die Autobahn Richtung Köln, geradewegs in mein neues Leben. Die letzten Wochen waren wir diese Strecke so oft hin und her gefahren, dass ich gefühlt jedes Verkehrsschild auswendig kannte, doch heute beachtete ich sie kaum.

Stattdessen hing ich meinen Gedanken nach. Ich war schon ein bisschen aufgeregt, was mich so erwarten würde. Neue Schule, neue Freunde, neue Stadt. Vielleicht war da auch ein ganz kleines bisschen Angst vor all der Ungewissheit, doch mein Vater und ich waren ein gutes Team und ich war fest davon überzeugt, dass wir jede Hürde zusammen schaffen würden.

Unsere Wohnung war von den Möbeln her zum Glück schon komplett fertig. Nächte lang auf ungemütlichen Luftmatratzen schlafen, die über Nacht immer dünner werden und bei denen man am nächsten Morgen gefühlt auf dem Fußboden aufwacht, konnte ich mir nämlich wirklich sparen.

So verbrachte ich den heutigen Tag ganz mit Umzugskartons schleppen, ausräumen und damit, die Dinge an ihren endgültigen Platz zu räumen. Und glaubt mal bitte nicht, das wäre nicht anstrengend genug, das war es alle male. Dass wir ab jetzt in einem Zwei-Familienhaus im ersten Stock wohnen würden, machte die Schlepperei zudem nicht angenehmer.

Mittlerweile hatten wir 16 Uhr und ich schmiss mich auf mein Bett, um meinem Körper eine kurze Pause zu gönnen, immerhin hatte ich gerade den letzten Umzugskarton fertig ausgeräumt. Innerlich jubelte ich kurz, wurde aber natürlich sofort wieder unterbrochen.

„Josefine!", hörte ich meinen Vater dumpf rufen, vermutlich aus der hintersten Ecke unseres Kellers und ich stöhnte genervt auf. Ich war gerade mit meinen Sachen fertig, da bekam ich anscheinend schon die nächste Aufgabe. Na toll.

Ich band meine braunen, brustlangen Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen, weil sie mir nur noch ins Gesicht hingen und schnappte mir noch meine Wasserflasche, bevor ich die Treppe runter lief.

melody of memories | kai havertz Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt