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"Oh H-Hallo." Etwas nervös sehe ich den Mann vor mir an. Kookies Vater lächelt mich an.

"Guten Abend Yuri. Kannst du auch nicht schlafen ?"
Er greift zu einem Wasserglas und trinkt einen Schluck.
"Ja genau und Sie ? Finden Sie auch keinen Schlaf ?"
Er lacht etwas auf und setzt sich auf einen der Sessel.
"Setz dich doch und leiste mir Gesellschaft." Ich nicke und lasse mich ebenfalls auf einen der Sessel nieder um seiner Bitte nachzukommen.
"Und wie gefällt es dir bei uns ? Hast du dich schon etwas eingelebt ?"
Freundlich sieht er mich an, doch seine Augenringe verraten ihn das er total übermüdet und abgeschlagen ist.

"Ja ich fühle mich hier sehr wohl und ich bin Kookie sehr dankbar das er mich mitgenommen hat und das Sie und Ihre Familie mich so herzlich aufgenommen haben."
"Ja das war wirklich sehr nett von meinem Sohn."
Seine Miene verdunkelt sich schlagartig und ich merke wie die Stimmung kippt, aber ich möchte jetzt nicht locker lassen. Ich möchte Kookie helfen, dass das Verhältnis zu seinem Vater wieder besser wird. Er tut mir so leid und er quält sich Tag für Tag mit den Schuldgefühle und vielleicht kann ich etwas dazu beitragen das sie wieder zueinander finden.
Ich möchte es wenigstens versuchen.

"I-Ich hab gehört das Sie eine große Firmenkette besitzen. Beeindruckend."
Ich versuche das Gespräch wieder aufzunehmen und die Stimmung wieder etwas zu heben.
"Ja das stimmt. Ich leite diese Firma nun seit 30 Jahren und habe sie durch Höhen und Tiefen gebracht. Weißt du, ich habe diese Firma mit 20 Jahren vom meinem Vater übernommen, der diese Firma schon von seinem Vater bekommen hat. Ich wollte eigentlich meinem mittleren Sohn die Firma übergeben, aber wie du sicherlich schon weißt hat er andere Pläne in seinem Leben."
Die letzten Worte nuschelt er eher vor sich hin und sein Griff um sein Glas verfestigt sich. Ich sehe auf meine Hände und versuche unser Gespräch mehr auf Kookie zu lenken.
"Ja ich weiß, I-Ihr Sohn hat es mir erzählt."

Mit einem lauten seufzen steht er auf und geht mit langsamen Schritten auf eines der Fenster zu und sieht nach draußen. Er lockert sich die Krawatte und fährt sich durch die etwas gräulichen Haare.
"Ja das habe ich mir schon gedacht. Auch wenn ich und mein Sohn nicht viel miteinander reden habe ich schnell bemerkt das er dich mag und dir vertraut. Du musst wissen er hatte es nicht immer leicht in seinem Leben, deswegen sind ihm die wenigen Freunde die er hat umso wichtiger und eins kannst du mir glauben. Du bist eine dieser Personen die er nie wieder loslassen wird."

Bei diesen Worten seines Vaters werde ich etwas rot da er mir schmeichelt.
"Ich möchte ihn auch nicht mehr verlieren." gebe ich entschlossen von mir, da das die pure Wahrheit ist die aus meinem Herzen stammt. Ich möchte 'Oppa' für immer bei mir haben, auch wenn es nur als Freund ist.

"Er und Kiyomi scheinen sich auch schon sehr lange zu kennen oder ?" frage ich etwas unsicher und unbeholfen, doch versuche so entspannt wie möglich zu klingen.
Mein Gesprächspartner schmunzelt und dreht sich wieder zu mir, um mir in die Augen zu sehen.
"Ja die zwei kennen sich schon seit sie zusammen in den Kindergarten gegangen sind."
Ich nicke verstehend.
"Du musst wissen die Beiden waren unzertrennlich in jungen Jahren, doch das änderte sich mit der Zeit. Kiyomi ist ein Mensch, der sehr viel auf das Äußerliche und den Stand in der Gesellschaft legt. Innere Werte sind für sie außen vor und das musste auch mein Sohn leider erfahren. Es wirkt auf den ersten Blick vielleicht so, dass sie sich sehr nahe stehen doch tief in seinem Inneren weiß er, dass sie nicht mehr diesen unschuldigen Charakter in sich trägt und das es diese Freundschaft zwischen ihnen nie wieder geben wird. "

Neugierig höre ich zu und nach und nach verstehe ich die seltsame Beziehung zwischen den beiden.
"Das tut mir wirklich sehr leid."
Mein Gegenüber nimmt nochmal einen Schluck aus seinem Glas.
"Ja das war eine sehr schwere Zeit für meinen Sohn und er ist auf dieser Ebene immer noch sehr empfindlich. Diese Tatsache hat auch die ein oder andere Diskussion zwischen mir und ihm hervor gerufen, was unser Verhältnis nicht gerade verbessert hat."
Schnell versuche ich mir die passenden Worte zurecht zu legen, da wir nun in unserem Gespräch in die richtige Richtung steuern.

"Ja ihr Sohn hat da etwas angedeutet, dass Ihr Verhältnis nicht mehr das Beste ist. E-Es hat mit der Firma zu tun hab ich recht ?" Ganz vorsichtig und behutsam spreche ich diese Worte aus, da ich nicht weiß wie er darauf reagieren wird und ich das zerrüttete Verhältnis nicht noch mehr schädigen möchte.
"Ja du hast recht. Ich wollte ihn damals in meine Firma miteingliedern, doch er hat damals schon ganz andere Ziele verfolgt... Und zwar die Musik."

Ich spüre das es ihm nicht leicht fällt darüber zu reden und man merkt wie er in alten Erinnerungen eintaucht und sich immer mehr in diesen verliert.
Er erzählt weiter.
"Ich wollte schon immer nur das beste für ihn und ich wollte eben nicht, dass er sinnlosen Träumen hinterher jagt. Für ihn und seinen älteren Bruder habe ich die Firma weiter aufgebaut und am Leben erhalten, doch anscheinend waren diese Mühen umsonst."
Er lässt sich wieder in den dunkelgrünen Sessel fallen und es scheint das ihn diese ganze Sache immer noch genauso beschäftigt wie Kookie. Nun ist es an mir zu versuchen seinen Vater vom Gegenteil zu überzeugen, dass sie wieder zueinander finden.

"Aber ist es denn nicht richtig Träumen hinterher zu jagen bis man sie ergreifen und ausleben kann ? Das zu machen was einem gefällt ? Den Beruf ausleben zu dürfen der einen erfüllt ? Ich habe mir früher immer ausgemalt eines Tages ein Idol zu werde. Die Welt zu bereisen und Leute glücklich mit meiner Musik zu machen. Ich habe damals sehr hart trainiert und dafür gekämpft. Ich habe dutzende von Bewerbungen weggeschickt, doch nur habe ich eine Zusage erhalten und das hat dazu geführt, dass ich meinen Traum aufgegeben habe und jetzt ? Sehen Sie mich doch an. Ich arbeite in einem kleinen Café und komme kaum über die Runden. "
Traurig muss ich lächeln.
"Ich stelle mir oft die Frage ob es ein Fehler war. Vielleicht hätte ich mehr für meinen Traum kämpfen sollen. Vielleicht hätte ich es sogar geschafft und ich wäre jetzt irgendwo ein Trainee, doch auf diese Frage werde ich niemals eine Antwort bekommen. Ich denke es ist eine der schlimmsten Alltagssituationen eines Menschen, wenn man einen Beruf ausleben muss der einen nicht erfüllt oder einen nicht bestätigt..... Und auch wenn ich vielleicht nicht weiß was ihr Sohn arbeitet denke ich, dass er sehr glücklich und zufrieden ist mit dem was er tut und das sollten Sie ebenfalls, auch wenn es schwer ist das zu akzeptieren. Kookie....ist sehr traurig darüber, dass sie ihr gutes Verhältnis verloren haben und er gibt sich die Schuld an der gesamten Situation."
Vosichtig schiele ich zu meinem Gegenüber, der mir aufmerksam und ruhig zuhört.
Ich fahre fort.

"Und auch wenn Kookie nicht in Ihre Firma einsteigen möchte haben Sie doch immer noch Ihren ältesten Sohn, der vielleicht Ihr Familienunternehmen gerne eines Tages übernehmen möchte."

Etwas außer Atem beende ich meinen kleinen Vortrag und warte geduldig auf eine Reaktion. Er sitzt gedankenverloren in seinem Sessel und scheint über etwas nachzudenken.
Habe ich mein Ziel erreicht ?

"Er macht sich wirklich Vorwürfe ?"
Er hebt den Blick und etwas trauriges und besorgtes liegt in seinen Augen.
Ich nicke.
"Sehr große sogar."
Etwas überfordert fährt er sich über die Augen und ich glaube Tränen erkennen zu können.
"Ich wollte immer nur das beste für ihn, aber stattdessen habe ich ihm sein Leben schwer gemacht. Natürlich werde ich ihn immer unterstützen, egal was er tut."

Ich lächel ihn erleichtert an.
"Dann sagen Sie es ihm, dass würde ihn sehr freuen."
Sanft sehe ich ihn an und spreche ihm aufmunternd zu. Auch er trägt nun ein freundliches Lächeln auf seinen Lippen.
Als ich auf die Uhr sehe ist es nach 3 Uhr und ich sollte nun Schlafen gehen.

"Ich sollte nun ins Bett gehen."
Entschuldigend lächel ich ihn an und stehe auf um mich für einige Stunden zu verabschieden. Er tut es mir gleich.
"Vielen Dank Yuri."
Ich nicke ihm lächelnd zu, verbeuge mich und gehe nach oben in mein Zimmer wo ich mich müde ins Bett lege und auch direkt einschlafe.

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𝙸𝚗 𝚕𝚘𝚟𝚎 𝚠𝚒𝚝𝚑 𝚊 𝚜𝚝𝚛𝚊𝚗𝚐𝚎𝚛   [ ʲᵘⁿᵍᵏᵒᵒᵏ ˣ ʳᵉᵃᵈᵉʳ ᶠᶠ]Where stories live. Discover now