#223 Mad

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Taehyung

Am liebsten hatte sich Taehyung einfach nur als lustiger Flieder in die Sonne gestellt. Irgendwo an eine Wand, die von der Sonne beschienen wurde, windgeschützt und trocken und alle konnten ihn mal kreuzweise, während er duftend vor sich hin blühte. Früher hätte er das wahrscheinlich auch gemacht, wenigstens für ein paar Stunden, doch früher hatte er auch keinen Mate, er mitbekam was er so fühlte, weil sie am Dauerncountern waren und sich nicht mal mehr ansatzweise Mühe gaben das sein zu lassen. 

Jungkook ließ nicht lange auf sich warten. 

Kommentarlos setzte er sich neben Taehyung und umarmte seine Mitte. Taehyung wandte sich ihm zu und schloss ihn in seiner Arme. Er vergrub seine Nase in dem weichen Haar seines Mates und lehnte sich an ihn. "Ich hab gehört, was heute das Thema bei der Sitzung war", ließ Jungkook vernehmen und Taehyung löste sich etwas von ihm. Er sah den Jüngeren an und seufzte. "Bist du sauer?", fragte Jungkook. Taehyung biss nur wieder die Zähne zusammen. "Nun ja, im Grunde zusammengefasst hieß es: Yo, lass mal deine Schwester und deinen Schwanger killen, dann sind wir den Odiomare los", knurrte er. 

Jungkook nickte leicht. "Ich weiß, dass es schwer für dich ist. Das ist für uns alle", sagte er, "aber Jae macht es sich auch nicht leicht, wenn er das sagt. Und es ist auch nicht so, als ob Jaehyung nur eine große Klappe hätte. Wenigstens verlangt er nichts, was er nicht selber schon geleistet hätte." Taehyung schnaubte wütend. "Und das soll mich trösten?", fragte er. Jungkook schüttelte den Kopf. "Ich wollte es nur mal erwähnt haben, bevor wir dazu über gegen Jae die Pest an den Hals zu wünschen."

Taehyung seufzte schwer. "Es muss einen anderen Weg geben", meinte er verzweifelt, worauf ein schiefes Grinsen sich auf dem Gesicht seines Mates bildete. "Mir brauchst du das nicht sagen, ich bin der, der Suppenlöffel und Circarya gerettet hat, obwohl alle gesagt haben es ist unmöglich. Du glaubst doch nicht, dass ich Namjoon so einfach aufgebe?" Taehyung strich ihm ein paar Haare aus der Stirn und lächelte dankbar. "Das war genau das, was ich grade gebraucht habe", meinte er und Jungkook zog lässig eine Augenbraue hoch. "Ich weiß was du hören willst", meinte er gespielt selbstgefällig. Doch dann wurde er ernst. 

"Aber nein, wirklich jetzt. Ich denke es ist ganz gut, wenn wir Namjoon und den Odiomare erst mal einfangen, da bin ich ganz bei Jae. Und dieses Symbol, von dem er erzählt hat, wird uns dabei ja auch helfen. Doch warum sollte man irgendwas überstürzen, wenn man die beiden erst einmal in Sack und Tüten hat?" Taehyung nickte angestrengt. "Bevor wir überhaupt darüber nachdenken irgendwen zu opfern, sollten wir sicherstellen, dass der Odiomare so verwahrt wird, dass er nicht noch mehr Leuten schadet. Lilly ist schwanger. Das weiß zwar noch so gut wie niemand, aber ich werde sicher nicht zulassen, dass Namjoon sich in diesem Körper den Arsch abkämpft, um Lilly am Leben zu erhalten und irgendein Typ daher kommt und meint ihn dabei stören zu müssen, weil er ihn aus Sicherheitsgründen abmurkst." Jungkook nickte. 

"Ich denke aber auch nicht, dass Jaehyung da ein Problem wird, wahrscheinlich ist der auch dankbar für jede Lösung, die von seinem Vorschlag unterscheidet. Er hatte sich auch nicht zu Waffe gegriffen, wenn er Yulinna schon gehabt hätte", murmelte er. Wahrscheinlich hatte Jungkook recht, trotzdem war Taehyung noch deutlich zu aufgewühlt, um es dem Lotus nicht übel zunehmen. Taehyung kuschelte sich wieder an Jungkook und hielt ihn fest.

Sie hatte in dieser Krisenzeit schon so viel überstanden. Sie sollten sich glücklich schätzen. Jimin, Yoongi, er selbst, sie waren alle noch da, obwohl sie eigentlich schon mehr tot als lebendig gewesen waren. Namjoon konnte sich da gerne einreihen. Sie würden dafür sorgen, dass er sich einreihte. Sie durften nur den Kopf nicht in den Sand stecken. 

Jungkook nahm Taehyungs Hand und zog ihn damit aus seinen Gedanken. "Genug den Kopf zerbrochen", meinte er leise und strich mit seinen Fingerspitzen über Taehyungs Handfläche, was ein sanftes Kribbeln in ihm auslöste. Jungkook hatte recht. Sie konnten sich weiter darüber Gedanken machen, wenn es so weit war. "Wann hast du dir das letzte Mal wenigstens ein paar Stunden Pausen gemacht?", fragte er. Taehyung schnaubte. "Das fragst grade du, du bist doch auch nicht besser", erwiderte er. "Touché", meinte Jungkook leise. 

"Wir sollten beide einfach eine Pause mache", schlug er vor und sah Taehyung mit großen Rehaugen an. Wann war Jungkook so niedlich geworden? "Seit der Sache in dem verfluchten Dorf hatten wir kaum Zeit für uns. Ich will ein Date. Jetzt." Taehyung lachte. Das waren ja mal ganz neue Töne von seinem ständig beschäftigten Mate, der sich so gerne vor ihm versteckte, doch Taehyung würde sich sicher nicht beschweren. Er nickte nur. Chancen wie diese wollten genutzt werden. 

Taehyung überlegte einen Moment, was er mit Jungkook alles anfangen wollte, als sich ihm eine Erinnerung aufdrängte. Tatsächlich hatte Taehyung sich in seinem Leben mal ein Ziel gesteckt, das er erreichen wollte, wenn er endlich den Einen oder die Eine gefunden hatte und dieses war sogar ziemlich simpel. Zumindest auf den ersten Blick. Auf den zweiten Blick hatte er Jungkook und der hatte genug Phobien, um ganz sicher nicht begeistert von der Idee zu sein. Auf den dritten Blick wäre es nicht das erste Mal, dass er Jungkook an diesen Ort schleifen würde. Vielleicht war es einen Versuch wert. Zumal er ihm Counterpartbindung sei Dank doch auch die Hälfte der Ängste irgendwie abnahm? Ein bisschen?

"Es gibt da tatsächlich was, was ich immer mal machen wollte, sobald meinen Mate gefunden habe und das schon mein halbes Leben", meinte er amüsiert. Jungkook blinzelte. "Na, wenn das so ist, worauf warten wir? Alles, was du willst", sagte er und löste sich etwas von ihm. Taehyung zog nur eine Augenbraue hoch. "Bist du dir sicher? Dazu müsstest du die Hell Gates noch mal runterspringen", offenbarte er. Jungkook seufzte. 

"Reden wir von dieser Höhle, in der wir mal fünf Minuten waren?", fragte er. Taehyung nickte unschuldig. Jungkook übte sich an einer betont ausdruckslosen Miene. "Ich wusste, du hast nicht alle Tassen im Schrank", erwiderte er und gab sich alles andere als begeistert. "Ach komm, das wird lustig", meinte Taehyung ironisch. Jungkook umrahmte sein Gesicht. "Ich wusste, du nimmst Drogen. Du musst damit aufhören, Taehyung. Wirklich." Taehyung seufzte ergeben. "Wir müssen das nicht machen, Jungkook", meinte er und Jungkook schnaubte. "Ich wusste, du machst einen Rückzieher, du Lappen", sagte er nun und verdrehte die Augen, "das schleift, Weichspüler-Boy." 

Taehyung beugte sich zu seinem Mate. "Na, wenn du das so siehst, können wir da auch zweimal runterspringen", meinte er nüchtern, "du weißt doch, dass ich nicht ohne eine wöchentliche dumme Aktion auskomme." Jungkook nickte gespielt genervt. "Das ist der Grund, warum ich dich so hasse, Hyung", regte er sich weiter auf, während er aufstand und den Protector mit auf die Beine zog. 

"Bringen es hinter uns." 



Curare - Teil IIWhere stories live. Discover now