#204 Loss Intoxication

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Yoongi

Wie fühlte sich sterben an? Yoongi war sich nicht sicher, er wusste nur das die Loss Intoxication es sich scheinbar zur Aufgabe gemacht hatte ihn nun richtig leiden zu lassen. Er verkraftete es einfach nicht mehr. Er hatte keine Energie mehr, um zu kämpfen. Alle seine Glieder schmerzten und er hatte das Gefühl kaum noch Luft zu bekommen. Also hatte er etwas getan, was für ihn eher ungewöhnlich war: Er hatte die Segel gestrichen und sich in sein Zimmer zurückgezogen, um sich hinzulegen, in der Hoffnung, dass es besser wurde. Aber vielleicht ging es auch einfach nur zu Ende, wer wusste das schon?

Wie hatte er eigentlich die Beisetzung überlebt? Am liebsten hätte er sich einfach nur daneben gelegt und es gut sein lassen, mit Leben und all dem Scheiß. Das Loch in seiner Brust war nicht mehr lustig und wenn es Namjoon und Lilly dann auch noch wegriss, dann wollte er eigentlich nicht mehr dabei sein, verdammte Hacke.

Die Tür flog auf und es wunderte Yoongi nur wenig, schließlich war ihm klar, dass die anderen sich Sorgen um ihn machen würden. Sie würde ihn schon nicht alleine sterben lassen. Zu seiner Überraschung war es jedoch nicht Thannam, Taehyung oder Lilly, die sich ins Zimmer drückten, sondern Estelle. Nicht, dass er nicht mit Estelle an sich gerechnet hatte, aber die klopfte in der Regel an. "OH NEIN, JUNGER MANN!", rief sie aus. In bester Mom-Stimme. Sie kam zu ihm rüber und setzte sich zu ihm. "Ich hab dir gesagt, dass Sterben keine Option ist, also ist es offiziell verboten", sagte sie und Yoongi entlockte es ein kleines, schwaches Lachen. Er war hier der König, okay? Er fuhr sich durch die schwarz gewordenen Haare und zog eine Augenbraue hoch.

"Ist es das, Eure Hoheit?", fragte er. Er ließ die Hand sinken und musterte die Prinzessin. "Estelle, mir tut alles weh", gab er zu, worauf Estelle sich zu ihm legte und seine Hand nahm. "Ich weiß, Yoongi", sagte sie sanft, "ich weiß, aber du kannst nicht gehen." Sie seufzte. "Dieses Königreich kann dich nicht hergeben." Yoongi schnaubte leise. "Das rede ich mir seit vier Jahren ein, doch in Wahrheit kann es sehr wohl", meinte er unüberzeugt, "Thannam macht das schon. Ich will gar nicht anders darüber denken..." Das wollte er wirklich nicht. Sollte er es diesmal nicht schaffen die Loss Intoxication runter zu kämpfen, dann wollte er nicht in Sorge um das Königreich gehen, sondern in Frieden und der Überzeugung, dass alles in guten Händen war.

Yoongi fühlte sich völlig erdrückt. Jimins Tod, die Entführung von Namjoon, die vielleicht darin endet, dass er auch noch Lilly und ihn verliert, der Wahnsinn aus dem Norden und die Tatsache, dass ständig jemand versuchte seinem Königreich zu schaden. Irgendwie fühlte er sich all dem nicht mehr gewachsen. Das alles ließ ihn sich nur noch schlechter fühlten. "Thannam kann das auch nicht allein!", meinte Estelle eindringlich, "Wie soll sie alles händeln? Sie ist noch immer nicht ganz gesund, du kannst ihr das nicht aufbürden." Yoongi seufzte leise. "Sie hat dich", schlug er müde vor, "du kannst ihr helfen." Egal, wie schlecht es ihm ging, Estelle ein bisschen zu teasen ging immer.

Die Prinzessin schnappte auch gleich empört nach Luft. "Entschuldigung, der Herr?! Ich hab ein eigens Königreich, um das ich mich kümmern muss", beschwerte sie sich und Yoongi sah sie einen Moment an. "Ach ja", sagte er leise, "noch eine schlechte Nachricht." Estelle legte den Kopf auf ihren Armen ab und musterte den König besorgt. "Yoongi", sagte sie sanft, "wenn da noch Lebenswillen in dir ist, dann bitte..." Sie strich ihm zärtlich über seine Hand und irgendwie fühlte sich das gut an. "Halte dich daran fest." Sie biss sich auf die Lippe und runzelte die Stirn. "Du kannst nicht einfach gehen. Lass mich nicht alleine."

Yoongi wusste gar nicht, was er dazu sagen sollte. Dabei sollte es ihn eigentlich nicht wundern. Er hatte sie genauso aufgehalten, als sie gehen wollte. Es war nicht dasselbe, aber ähnlich war es dennoch. Ohne weiter zu zögern, zog er Estelle zu sich und schlang die Arme um die zierliche Butterfly. "Ich fühle mich so schwach", gestand er leise, "ich habe Schmerzen." Er seufzte tief und musterte das hübsche Gesicht der Jüngeren. Er nahm sich einen Moment ihre regenbogenfarbene Iris genauer zu betrachten. Warum hatte er nie bemerkt, wie schön das Farbspektakel war? "Ich will nicht gehen", sagte er rau. Er wollte wirklich nicht einfach so abdanken, doch er fühlte sich so schwach, wie nie. 

Curare - Teil IIWhere stories live. Discover now