#177 Geisterstadt

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Taehyung

Es wäre auch zu schön gewesen, wenn einmal alles glatt gehen würde. Hätte er gewusst, wie diese Reise von statten gehen würde, dann hätte er Jungkook sicher zu Hause gelassen. Eigentlich war das auch der Plan gewesen, als Taehyungs Großmutter durchgesetzt hatte, dass er, als Protector der Hauptstadt, seinen Hintern nach Quinn schwingen sollte, um sie zu unterstützen. 

Die Probleme fingen schon damit an, dass er Nada hatte zu Hause lassen müssen. Seine Kapsel war ein Goldstück und er hatte sicher keine Lust mit öffentlichen Kapseln zu fliegen, doch Nada war nicht für kalte Temperaturen ausgelegt, sie war angepasst auf die schwüle Hitze von Vicarli. Das Risiko, dass sie Schaden nahm war ihm definitiv zu hoch. 

Jungkook hatte er genauso zu Hause lassen wollen, doch sein Mate hatte absolut nicht mit sich reden lassen. Also hatten sie sich schließlich zusammen auf den Weg nach Quinn gemacht, wobei sie erst die öffentlichen Kapseln nach Ara und schließlich über Ron und Sea genommen hatten. Ab Seatharn hatten sie den Sumpf hinter sich gelassen und Jenson Port war die erste Bodenstadt, die sie erreichten. Von da aus waren sie mit einem Vehikel weiter.

Wohl möglich ein ganz dummer Fehler. Sie hätten einfach die Zugverbindungen nehmen sollen. Das wäre ein Umweg gewesen, aber sie wären sicher nicht in den Niemandslanden zwischen Jen und der nächsten größeren Stadt Onechat liegen geblieben. 

Jungkook stützte sich über den Motorraum ab und seufzte. "Warum klingt das, als ob es schlimm ist?", fragte Taehyung und Jungkook sah ihn an und schlug die Motorhaube runter. "Ist es nicht", meinte er, "aber der Wasserbehälter des Kühlers hat einen Riss und darum ist die Kühlflüssigkeit aus dem Behälter ausgelaufen und der Motor wurde heiß. Es ist gut, dass du angehalten hast." Taehyung fuhr sich durch die Haare und musterte seinen Mate beunruhigt. "Hattest du denn Erfolg?", fragte Jungkook ihn und er schüttelte den Kopf. Er hatte versucht irgendwen zu erreichen, der ihnen helfen  könnte, doch sein Comp war zu schwach und wenn sie ihn durch das Boardsystem des Vehikels stützen wollten müssten sie den Motor starten und er würde wieder heiß laufen. 

"Also? Nehmen wir jetzt den Behälter, suchen Wasser ,um ihn zu füllen und fixen den Riss?", fragte Taehyung, worauf sein Mate nickte. Der Schwarzhaarige wedelte mit einem Behälter aus Kunststoff, den er nur kurz zuvor ausgebaut hatte. "Ganz genau", bestätigte er. "Auch wenn ich noch nicht weiß, wie wir den Riss los werden." Taehyung schnaubte und nahm ihm den Behälter ab. Locker lehnte er sich gegen die Seite des Gefährts und musterte den Behälter. "Das ist doch Kunststoff", meinte er und ging an einen seiner Oberschenkelgürtel, an dem kleine Klingen und eine Art Feuerzeug verstaut waren. Mit einem schnellen Handgriff schnappte er sich dieses und drehte den Behälter. 

Mit einem Schulterzucken und nüchterner Miene entzündete er das Feuerzeug, fackelte den Riss zwei Sekunden an und der Riss schmolz zusammen. "Gefixt", meinte er zufrieden und warf das Ding Jungkook zu, bevor sein Freund was dagegen sagen konnte. "Ich hätte da sicher eine elegantere Lösung gefunden", beschwerte Jungkook sich und Taehyung lachte leise. "Jetzt müssen wir nur noch Wasser finden", meinte er fröhlich und ging zu Jungkook. Er drückte ihn einen kurzen Kuss auf, denn der Jüngere zärtlich erwiderte, und fuhr ihm durch die Haare. Jungkook seufzte. "Was für ein Abenteuer", meinte er ironisch. 

Taehyung sah über die Ebene, auf der sie gelandet waren. "Ich wünschte wir hätten jetzt Jimin dabei, der weiß irgendwie immer in welcher Richtung es Wasser gibt", sagte er und rieb sich den Nacken. "Wie wäre es, wenn wir auf die Karte schauen?", meinte Jungkook und Taehyung schnaubte amüsiert. "Das war mir zu einfach, Jungkook", meinte er und Jungkook verdreht gutmütig die Augen. "Entschuldige, ich wollte dir die Herausforderung nicht versauen, Tae", meinte er und verschwand einmal im Inneren des Gefährts, um die Karte hervor zu kramen. 

Er musterte die Karte kurz und sah dann Richtung Norden. "Wir haben Glück", sagte er und sah wieder zu Taehyung. Wir haben da einen Fluss, allerdings sind das bestimmt sechs Kilometer. Taehyung zuckte mit den Schultern und nickte. "Das kostet uns so viel Zeit. Aber was muss, das muss, was?", meinte er und schlenderte los. Jungkook nickte nur und gesellte sich an die Seite seines Mate. Taehyung murrte nicht mal. Das brachte schließlich auch nichts, davon kamen sie nicht voran und sechs Kilometer waren noch immer besser als zehn. 

Eine Weile legte sich angenehmes Schweigen über die beiden, bis Taehyung dann doch das Schweigen brach und einfach über dieses oder jenes Thema sprach, während Jungkook darüber nachdachte. Die beiden verstanden sich schon. Taehyung war fast überrascht, wie schnell sie die sechs Kilometer doch rum gebracht hatten und schon bald konnten sie in der Ferne eine Ortschaft erkennen. Offensichtlich hatte sich an dem Fluss ein Dorf oder sowas in der Art gebildet, doch irgendwas war komisch an der Sache.

"Ist dieses Dorf auf der Karte verzeichnet?", fragte Taehyung Jungkook, der darauf die Karte öffnete. Er schüttelte den Kopf. "Nein, so gar nicht", meinte er nachdenklich. "Eine Geisterstadt?" Taehyung seufzte geschafft und sah auf die entfernt liegenden Häuser. "Ich hab irgendwie kein gutes Gefühl bei der Sache, aber wir brauchen das Wasser und irgendwie macht mir der Gedanke das Dorf zu umlaufen noch mehr Bauchschmerzen", meinte er und zog sein Schwert. Jungkook reichte er einen Dolch. "Also Augen zu und durch?", fragte dieser. Taehyung nickte. 

Er war hin und her gerissen zwischen der Idee Jungkook zurückzulassen und ihn mitzunehmen, um ihn beschützen zu können, doch irgendwie waren beide Vorstellungen einfach nur Mist. Vorsichtig bewegten sie sich weiter und Taehyung behielt angespannt die Umgebung im Augen. Irgendwie hatte er ein komisches Bauchgefühl, auch wenn er nicht sagen konnte, woran das lag. Alles sah völlig normal aus. Harmlos, ruhig, sonnig. Und trotzdem wurde der Warrior das Gefühl einfach nicht los. 

"Meinst du, da ist vielleicht doch noch jemand?", fragte Jungkook und Taehyung schüttelte den Kopf. "Das halte ich für unwahrscheinlich, wir sind ziemlich weit draußen und dann auch noch weit weg von der Straße", erklärte er, "sehen wir uns das einfach mal an." Er ließ seinen Blick wieder über die ganze Umgebung schweifen. "Es wird schon schief gehen." 

Er hatte ja keine Ahnung. 

Curare - Teil IIWhere stories live. Discover now