27 * Berühmte letzte Worte

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Der Schein der Straßenlaternen bildete einen löchrigen Teppich aus flackernden Lichtern. Isaacs Kopf lehnte am Autofenster, als seine Mutter mit zu hoher Geschwindigkeit durch die sternenlose Nacht raste. Alles war still, lediglich der Motor des Autos gab ein regelmäßiges Brummen von sich. Keine Menschenseele war auf dem Bürgersteig zu sehen, die Straße wirkte gespenstisch.
Nach einer Weile wurde die Gegend trostloser, die Häuser kleiner und der Weg ruckeliger. Isaac kam die Umgebung bekannt vor und sein Gesicht erhellte sich, wenn auch kaum merklich. “Fahren wir zu Mick?“, war es mehr eine Feststellung als eine Frage. Lona nickte nur. Der Blonde drehte seinen Kopf zu ihr. “Aber warum?“
“Weil du Zuhause scheinbar nicht sicher bist und ich muss dich schützen.“
“Ist es dadurch nicht schlimmer?“
“Nein, wenn du weg bist, dann kann dein Vater sich beruhigen und ich nochmal mit ihm reden.“
Isaac sank zurück in den Sitz.
“Sollte ich nicht mit ihm sprechen?“
“Hast du doch versucht. Außerdem glaube ich, dass sein 'Problem' tiefer geht als es scheinen mag.“
“Aber ich kann nicht für immer bei Mick bleiben“, gab Isaac seine Bedenken zu. Lona seufzte. “Das nicht, aber zumindest übers Wochenende und was dann kommt werden wir schon herausfinden“, sie bemühte sich ruhig und gelassen zu klingen, doch innerlich brach ihr Herz.
“Aber wir können nicht einfach zu ihm fahren.“
“Mick hat dein Handy angerufen, ich bin dran gegangen, als dein Vater im Bad war. Ich habe mit ihm und seiner Mutter gesprochen, wir können.“
Isaac schloss kurz die Augen und überlegte. Als sein Vater ihn und Mick im Zimmer erwischte, war die perfekte Welt, ohne jegliche Zweifel und Ängste, zusammengebrochen.

“Mama? Warum machst du das für mich? Warum bist du nicht wütend?“, fragte er vorsichtig. Erneut seufzte Lona. “Weil ich es wusste. Ich habe euch schon letztes Wochenende gesehen und ich war wütend. Nicht auf dich, aber mich und zwar dafür, dass ich mich nicht für dich gefreut habe. Aber ich habe viel nachgedacht, mich belesen und mit Mick geredet, was mir sehr viel bedeutet hat.“
Erstaunt drehte sich der Kleine wieder zu seiner Mutter. “Du hast mit Mick geredet? Warum hat er mir das nicht erzählt?“
“Weil ich es dir sagen wollte. Weil ich dir sagen wollte, dass ich dich so liebe wie du bist.“
Sie bremste ab und lenkte das Auto an den Straßenrand, wo es zum Stehen kam. Sie zog die Handbremse an und den Zündschlüssel raus. “Wir sind da.“
Im Auto war es still und dunkel. Weder Isaac, noch seine Mutter rührte sich. In dem Haus, welches kaum 30 Meter von ihnen entfernt war, brannte noch Licht, während die Lampen sonst aus waren. Es war Micks Haus und Isaac konnte umherlaufende Schatten erkennen. “Komm Schatz, sie warten bestimmt schon“, Lona legte eine Hand auf Isaacs Knie und lenkte damit seinen Blick auf sich. Sie war müde und fühlte sich Elends, es war weit nach Mitternacht und dennoch wollte sie nicht nach Hause.
Isaac saß noch immer stumm im Auto, er wusste nicht, was er sagen oder tun sollte. “Und du liebst mich?“
Lona schluckte unbemerkt, hob jedoch ihre Hand von seinem Knie und strich ihm leicht über die Wange. “Ja, das tue ich. Ich möchte nur, dass du an einem sicheren Ort bist und hier gibt es noch jemanden, der dich genau dafür liebt, der du bist. Du musst nur aussteigen“, sie griff zur Rückbank und zog einen Rucksack mit Isaacs Kleidung hervor. “Hier nimm, wir müssen langsam raus, das Auto schliesst uns sonst ein“, Lona wollte die Tür öffnen, da hörte sie ein gehauchtes “Danke“.

Kaum war der Blonde aus dem Wagen gestiegen, wurde die Tür von dem nahegelegenen Haus aufgestoßen und Mick kam hinausgestürmt. Seine Haare waren in einem unordentlichen Zopf gebunden und er trug eine ausgeleierten Joggingshose, sowie ein kurzes T-Shirt und zwei verschiedene Socken.
Mit schnellen Schritten war er bei Isaac und drückte ihn erleichtert. Dabei hob er ihn ein bisschen hoch und flüsterte: “Newton, ich hab so lang gewartet und Ma ist noch wach und wir waren so unsicher und ich hab am Fenster gestanden und gewartet, dass ein Auto hält und-“ Er schnitt sich selbst das Wort ab, indem er Isaac küsste. Lona stand indes ein wenig abseits und beäugte die Szene mit gemischten Gefühlen. “Micki los rein mit dir, aber zackig, du hast nichts an den Füßen!“, wurde der Moment unterbrochen. Eine hagere Frau lief langsam auf sie zu. Mick ließ Isaac runter und drehte sich zu ihr. “Aber Ma-“
“Kein Aber. Du wirst nur krank, also hopp, rein. Isaac bleibt doch erstmal.“
Lona war von Kristas durchgreifender Art beeindruckt und beobachtete erstaunt, wie Mick nach Isaacs Hand griff und ihn in das Haus zog. Derweilen tauchte Krista neben ihr auf. Sie bemerkte Lonas beinahe wehmütigen Blick.

Mitternachtsaffäre   (boyxboy)Where stories live. Discover now