24 * Götter und Monster

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Mick fühlte sich, als wäre das Blut in seinen Adern gefroren. Ertappt blickte er in die hellen Augen von Lona. Er war noch immer über Isaac gebeugt, welcher friedlich schlief. “Los, komm“, flüsterte sie und verschwand wieder in Richtung Küche. Mick stoppte.
Die Gedanken in seinem Kopf drehten sich, doch eine Begründung für seine Position wollte ihm schier nicht einfallen. So tat er das, worum er gebeten wurde. Vorsichtig löste er sich von seinem Freund, wohl bedacht, dass dieser nicht aufwachte und lief aus dem Zimmer. Seine Hände zitterten und kalter Schweiß bildete sich auf seinem Rücken. Lona saß ruhig am Küchentisch und musterte ihre Hände. Sobald Mick Isaacs Zimmertür geschlossen hatte, sagte er aufgeregt: “Das ist nicht das wonach es aussieht.“
Lona richtete ihren Blick auf ihn und lächelte leicht. “Mick, setz dich“, erwiderte sie freundlich. Der Große ließ sich mit gesenktem Kopf ihr gegenüber nieder. “Das ist nur ein Missverständnis, ich wollte nicht-“
“Hey, Mick, ich weiß, dass es genau das war, wonach es aussah.“
Er sah sie mit seinen braunen Augen abwartend an. “Aber, wie? Waren wir so auffällig?“
“Nein, ich habe zufällig gesehen, wie ihr euch letztes Wochenende verabschiedet habt“, Lona lächelte noch immer. Mick nickte bedächtig, er konnte sich sehr gut daran erinnern. “Und du hast nichts gesagt?“
Die blonde Frau zuckte mit den Schultern. “Ich wusste nicht, was ich zu sagen hatte. Es gibt sicherlich einen Grund, warum ihr nichts gesagt habt.“
“Dann ist es okay für dich?“

Ein Seufzer ertönte, Lona blinzelte und sah Mick ernst an. “Tja, ich habe ein bisschen Zeit zum Nachdenken gebraucht, aber hier bin ich“, sie machte eine ausladende Geste mit ihren Händen, “und rede mit dir. Kann ich dich was fragen?“
“Fast alles.“
“Ihr seid ein Pärchen, oder?“
Mick nickte.
“Wie lange?“
Der Große zögerte, entschied sich aber für die Wahrheit. “Seit Anfang Herbst“, überrascht riss Lona die Augen auf. “Oh, okay, länger als ich dachte. Und deine Familie? Wissen die was?“
Mick lachte auf und nickte heftig. “Ja, die wissen fast alles, Details natürlich nicht. Aber ich hatte es nicht so schwer, schließlich habe ich noch vier Geschwister“, grinste er. Jedoch verdunkelte sich Lonas Miene schlagartig. “Du denkst also, Isaac hat es schwer?“
Das Grinsen auf Micks Gesicht verschwand schnell und ein verdutzter Ausdruck bildete sich.
“Na ja“, er stockte, “ich denke, dass ähm, also, jetzt nicht du, aber ähm, dass Heinrich ihm nicht unbedingt das Gefühl gibt, dass er eine Beziehung haben darf, dass er er selbst sein darf, verstehst du?“
Lona nickte ruhig. Sie verstand sehr wohl, was der Jugendliche ihr gegenüber meinte. Ihr war bewusst, wie unhöflich und ungerecht ihr Mann zu seinem Sohn sein konnte. Deshalb konnte sie auch nach kurzem Überlegen Isaacs Handlungen nachvollziehen. Beinahe beschämt wendete sie ihren Blick von Mick ab. All die Gemeinheiten, die Heinrich über ihn gesagt hatte, fielen ihr ein und all diese hatte sie kommentarlos hingenommen.

“Es tut mir leid, wenn ich dich verletzt habe“, erklang Micks tiefe Stimme. Sie zuckte zusammen und sah ihn an. “Nein, nein, hast du nicht, ich muss mich entschuldigen, dafür, dass ich mein Kind nicht vor diesem schrecklichen Vater gehütet habe. Ich hätte mich mehr kümmern müssen“, ihre Stimme brach. Mick ergriff ihre Hand mit den gepflegten Nägeln. “Mach dir keine Vorwürfe. Manchmal sind wir blind vor Liebe“, seine Augen zwinkerten ihr aufmunternd zu. “Danke, Mick, ehrlich.“
Lona lächelte wieder, wenn auch ein wenig erschöpft. Das Gespräch bedeutete ihr sehr viel, sie wollte endlich die Wahrheit wissen und Mick schien bis jetzt aufrichtig zu sein. “Aber eine Frage beschäftigt mich noch.“
“Die da wäre?“
“Ist Isaac- ist Isaac schwul?“
Der Große zögerte, es war ihm unangenehm mit ihr darüber zu sprechen.
“Also, eigentlich hab ich wirklich nicht das Recht ihn jetzt zu labeln und um ehrlich zu sein; darüber haben wir auch nicht gesprochen“, er seufzte, “aber wenn du mich nach meiner Meinung fragst, dann denke ich ja. Ich glaube nicht, dass er jemals ein ehrliches Interesse an Mädchen hatte. Besonders nicht an Maike“, beendete er seine Antwort. Als Reaktion rollte Lona mit ihren Augen. “Ach Maike, das war auch Heinrichs Idee. Er dachte, wenn Isaac schon mal mit einem Mädchen mehr oder weniger eingeschlossen ist, dann wird er sicherlich Interesse entwickeln. Er hat ja absolut keine Ahnung, dass sein Sohn in der Hinsicht bereits glücklich ist“, säuselte sie. Die noch eben empfunde Scham und Blöße war verschwunden, sie war erleichtert, dass Mick so freundlich und verständnisvoll war.

Mitternachtsaffäre   (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt