8 * Gravitationstheorie

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Nach der stürmischen Begrüßung ebbte die Aufregung langsam ab. Dennoch wollte sich Isaacs Herz nicht beruhigen und hämmerte vehement gegen seine Brust. Verträumt sah er Mick in die tiefbraunen Augen, welcher ebenfalls von seinem Gegenüber fasziniert war.

Sie lagen nebeneinander, Mick mit dem Rücken zur Wand. Eine mächtige Stille lag zwischen ihnen. Die Hand des Großen hielt die des Kleinen, so, als würden sie gleich auseinander gerissen werden. Des Weiteren ruhte Micks andere Hand auf Isaacs Hüfte. Er konnte durch den Stoff der karierten Pyjamahose den spitzen Beckenknochen spüren.
"Ich glaube, deine Eltern mögen mich nicht sonderlich", brach Mick die Stille. Isaac sah ihn belustigt an. "Ach, wie kommst du da drauf?"
"Hm, ich glaube es wäre ihnen lieber, ich würde auch hier in der Nähe wohnen", bedrückt sah der Große auf die Matratze. Er spürte wie sich eine mickrige Hand auf seine Wange legte. Er genoss die zärtliche Berührung. Doch als er aufschaute, um Isaac anzusehen, zog dieser seine Hand erschrocken zurück. "Oh, tut mir leid, ich wollte dir nicht zu nahe treten", nuschelte er in ein Kissen. Mick schmunzelte, er drückte mit seiner einen Hand Isaacs und die andere ließ er von Isaacs Hüfte auf- und abwandern. "Newton, du hast aber schon bemerkt, wo ich bin, oder?", fragte er neckend. Der Kleine hob sein Gesicht vom Kissen und grinste zaghaft. "Ich denke nicht, dass meine Eltern dich nicht mögen, sie sind nur skeptisch, weil du in einer kurzen Zeitspanne ohne weiteren Grund hier warst", überlegte er laut. Mick hing gebannt an seinen Lippen. "Dann habe ich mich nicht sonderlich gut geschlagen?"
"Doch schon, irgendwie. Aber nimm es nicht so, sie haben sogar während der Grundschule meine beste Freundin vergrault und die war meine Cousine." Beide Jungen lachten leise.

"Trotzdem, die haben was gegen mich. Sind es meine Haare?" Mick griff nach hinten, er trug noch immer den Dutt, "sie wären nicht die ersten, die es nicht mögen, wenn ein Junge lange Haare hat." Isaac schüttelte nur den Kopf. "Ich finde deine Haare wunderbar", auch er ließ seine Hand zu dem Haarknoten wandern. Er schaute seinen Gegenüber verträumt an, zog aber blitzartig seine Finger zurück. Er hatte unerwarteterweise Micks Finger berührt. Dieser grinste nur amüsiert. "Alles gut, Newton. Es macht mir nichts aus", flüsterte er. Den Blonden überkam ein angenehmer Schauer. Er fühlte, wie sein Herzschlag sich beschleunigte, wenn die tiefe Stimme des Großen erklang. Er wurde mit der Zeit immer nervöser und die Tatsache, dass Mick seine Hand wieder auf Isaacs Hüfte gelegt hatte, half ihm auch nicht sonderlich, sich wieder zu beruhigen.
Mick hatte den Haargummi gelöst, sodass ihm nun die schwarzen Locken vor den Augen hingen. Vorsichtig streifte Isaac sie hinter das Ohr des Braunäugigen. Er verharrte noch kurz in dieser Position. Da Mick sich nicht wehrte, ließ er seine Hand weiter über dessen Wange gleiten. "Trotzdem, vielleicht sollte ich mal zum Friseur", zerstörte Mick den sinnlichen Moment. Empört zog Isaac seinen Körper ein Stück zurück, er löste sich komplett von dem anderen Jungen. "Absolut nicht! Mach das nicht, nicht für irgendwelche fremde Menschen, meine Eltern oder sonst wen. Außerdem glaube ich, dass deine Eltern auch etwas dagegen hätten", stellte er fest. Der Große schmunzelte herzlich. Er war wie verzaubert von dem Kleinen. "Kein Grund zur Panik, Newton. Dann würde mein Vater mich endgültig zu meiner Oma schicken", murmelte er und tastete nach dem schmalen Körper. Er wollte den Jungen wieder bei sich haben. Dieser merkte, was er wollte und rutschte ein bisschen näher. "Wie ist es, mit einer großen Familie zu leben?", fragte er. Mick zog eine Augenbraue hoch und formte seinen Mund zu einer Schnute. "Nun", sagte er gedehnt, "es ist wunderschön und anstrengend zugleich. Weißt du, es gibt Situationen, da ist es herrlich jemanden um sich zu haben, der einen widerstandslos unterstützt, aber es geht so oft viel zu chaotisch daheim zu."
" Wie genau, zum Beispiel?"
"Da ist zum Beispiel Jim. Er versucht, sich ständig davon zu stehlen und mit seinen, ach so coolen, Freunden irgendeine hirnlose Aktion zu starten. Oder Paps, früher, da war er sicherlich mal beliebt und musste sich um nichts Gedanken mache, seine einzigen Sorgen waren, dass bestimmte Bands keine Konzerte in Deutschland hielten, doch jetzt ist er den ganzen Tag über irgendwo unterwegs und abends betrinkt er sich, sodass er meist auf dem Sofa einschläft und am nächsten Morgen verkatert aufwacht. Nebenbei kümmert er sich mehr oder weniger um seine Kinder", Mick sah mit leerem Blick auf die Matratze. Diesmal war es Isaac, welcher ihre Hände verschränkte. Ein Lächeln bildete sich im Gesicht des Großen. "Weißt du, ich liebe sie alle von ganzen Herzen, aber ich bin mir nicht sicher, ob sie älter als siebenundzwanzig werden."
"Wieso denkst du so?"
"Amy und Janis, die Zwillinge, sie sind nicht gerade das, was man klug nennt. Ja sie sind noch jung und wurden auch erst dieses Jahr eingeschult, doch sie wissen jetzt schon kaum, was sie da eigentlich lernen. Bei David ist es ähnlich, nur das er durchaus besser sein könnte, wenn er nicht so abartig faul wäre und Jim, der gibt sich einfach mit den falschen Leuten ab. Ich versuche ständig ihn zu animieren sich neue Freunde zu suchen, welche die nicht vorbestraft sind und kein Drogenproblem haben." Mick seufzte und es wurde still in dem dunklen Zimmer. Isaac hatte keine Ahnung, was er hätte sagen können, deshalb schwieg er und kuschelte sich näher an den Großen.

Mitternachtsaffäre   (boyxboy)Kde žijí příběhy. Začni objevovat