Das Geheimnis der Schneekugel

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Als das Glas zerspringt, staunt Quirin.  Das Schloss in der Schneekugel ist ein genaues Ebenbild von seinem Schloss. Weihnachtlicher Schneeglitzer verteilt sich in der Eingangshalle. Das Schloss in der zerschlagenen Schneekugel schimmert nun in allen Farben. Ein wunderschönes weihnachtliches Lichterspiel zieht auch die Schneeflockenkönigin und die Tiere in ihren Bann. Wie gefesselt  starren alle dahin, als das Miniaturschloss die Vergangenheit zeigt.

Es wirft auf wundersame Weise Bilder an die Wand. Das Glück von Quirins Eltern, als der kleine Schneeflockenprinz geboren wurde. All die Liebe, die sie ihrem kleinen Sohn entgegenbrachten. Und auch die Eifersucht und den Neid der Schneeflockenkönigin, die nicht wollte, dass ihr jemand das Königreich der Schneeflocken streitig macht. Die ganzen Erinnerungen an seine Kindheit leben in Quirin wieder auf. Bis hin zu dem Moment, als Quirin krank wurde und dieses unheilbare Fieber bekam. Und wie die Schneeflockenkönigin das Fieber erfor und seine Eltern ihn verlassen mussten, damit die Schneeflockenkönigin die Alleinherrschschaft übernehmen konnte. Aber auch die Gnade, die die Schneeflockenkönigin Quirin's Mutter erwies, indem sie seine Mutter als Schneeeule über ihn wachen lies. Quirin's ganze Lebensgeschichte zeigt die Kugel. All die vielen Bilder, die er immer im Herz getragen hat.

Gleichzeitig verströmt die Schneekugel eine magische Wärme und Liebe. Es ist auch die Wärme, die die Schneeflockenkönigin einst tief im Inneren empfunden hat. Als sie den neugeborenen Quirin das erste Mal gesehen hatte. Da hatte sie gespürt, dass Quirin der perfekte und gutmütige Herrscher über das Schneeflockenreich werden könnte. Doch sie hasste dieses warme Gefühl. Deshalb hatte sie es in diese Schneekugel, ihrem Geschenk zu Quirin's Geburt, für immer eingesperrt und war seitdem von Kälte und Neid zerfressen.

Nun gibt die geöffnete Schneekugel diese verschlossene Wärme endlich wieder frei. Und die Liebe. Die Liebe, die Jaron und Quirin füreinander empfinden. Die Liebe von Quirin's Eltern für ihren Sohn. Alles kommt nun hervor. Die Eingangshalle schimmert voller Schneekristalle in unschuldigen und friedlichen Weiß.

Quirin reibt sich seine Augen. Tatsächlich wandelt sich auch das kühle Weiß der Schneeflockenkönigin in ein sanftes, reines Weiß. Es schimmert sogar etwas rot durch. Ein Herz? "Ich kann das nicht ertragen, diese Wärme, diese Liebe in euch", stöhnt die Schneeflockenkönigin. "Ich hab genug von Schnee, Eis und Hass. Ich mache mich auf den Weg zur Sonnenfee. Ich will nur noch Wärme. Ihr seid frei. Du bist der neue Schneeflockenkönig, Quirin!"

Wie durch ein Wunder verwandelt sich das Schneehäschen in Jaron zurück. Und Uhuja wird tatsächlich zu seiner Mama, die Quirin 15 Jahre nicht mehr gesehen hat. Ganz fest drückt sie ihren Sohn an sich, streicht ihm über seinen Blondschopf und flüstert ihm zu: "Alles wird gut mein Schatz." Dann liegen sie sich minutenlang in den Armen und weinen vor Wiedersehensfreude. Quirin's Mutter drückt Jaron's Hand ganz fest und sagt: "Danke Jaron für deinen Glauben, deine Ausdauer, deine Liebe." Auch Jaron ist völlig ergriffen.

Quirin schaut seine Mama an und fragt: "Und Papa?" "Schau mal raus", antwortet sie. Quirin sieht aus dem Fenster, wie sich ein einsamer Schneewolf in seinen Papa verwandelt. "Er war Gefangener im Wolfsrudel der Schneeflockenkönigin. Er konnte nie zu dir", erklärt Quirin's Mutter. 

Endlich haben die drei sich wieder, sind wieder eine Familie. Endlich können sie wieder zusammen Weihnachten feiern. Jaron steht traurig etwas abseits. Quirin streichelt ihn, drückt ihn fest an sich und küsst ihn liebevoll. "Du willst auch mit deiner Familie Weihnachten feiern, oder?", fragt Quirin. Jaron senkt seinen Kopf, nickt und antwortet: "Ja aber wir sind hier oben in den Wolken und es besteht keine Aussicht auf Schnee."

SchneeflockenprinzenWhere stories live. Discover now