Verlassen

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Völlig außer Atem steht Jaron an dem kleinen See. Es ist kalt geworden. Die erste Schneeflocke fällt leise. Sie landet auf Jaron's Nase und vermischt sich mit dem Salz seiner Tränen. Die fließen nun hemmungslos. Schließlich hat sein erster Freund gerade mit ihm Schluss gemacht. Jaron hat dann einfach die Tür zugeschlagen und ist zum kleinen See gelaufen. Den Ort, den er schon als Kind mochte und wo er nun Trost sucht. Nur dass er kein kleines Kind mehr ist, sondern num schon 17. Er war zum ersten Mal verliebt und hatte geglaubt, dass es mit ihm und Kilian die große Liebe ist. Doch nun fühlt er sich einfach nur einsam und enttäuscht.

Traurig schaut Jaron auf den See. Wie still er da liegt. Doch es ist auch zu spüren, dass der Winter in der Luft liegt. Jaron schaut ins Leere und denkt an die zärtlichen und schönen Momente mit Kilian. Plötzlich friert er. Er ist ohne Jacke fortgerannt. Steht ganz verlassen und allein an dem See, wo sich nun weitere kleine Schneeflocken aus dem Himmel auf die Erde bewegen. Da vibriert sein Smartphone. Das Bild von seinen geliebten Kilian taucht im Display auf. Soll er drangehen? Die Sehnsucht ist einfach zu groß. Kilian fängt sofort an zu reden.

"Hi, warum bist du denn einfach so abgehauen?"

"Du hast doch mit mir Schluss gemacht."

"Na und? Sowas passiert doch alle Tage. Hat halt nicht gepasst für mich. Ey Jaron, wir können doch auch so Spaß haben."

"Du bist ein Arschloch, Kilian", schreit Jaron noch und wirft sein Smartphone in den See. Als könnte er damit alle Erinnerungen an Kilian auch einfach wegwerfen. Wenn es nicht nur so verdammt kalt wäre. Hätte er doch wenigstens schnell noch die Jacke angezogen. Aber nun steht er da im Shirt. Sowohl auf seiner Haut als auch in seinem Herz spürt er den aufkommenden Frost.

Das war ganz schön blöd, nun auch noch das Smartphone fortzuwerfen. Jetzt kann er nicht mal seine Eltern anrufen, dass sie ihn abholen. Jaron schaut sich um. Hier am See ist nichts weit und breit zu sehen. Keine Zuflucht. Oder ist da noch etwas? Durch die Schneeflocken hindurch sieht er in der Ferne ein kleines Schloss. Komisch, das ist ihm vorher noch nie aufgefallen. Obwohl er schon so oft hier gewesen ist. Es scheint erst mit der ersten Schneeflocke aufgetaucht zu sein.

"Jetzt drehst du völlig durch. Als ob einfach so ein Schloss aus dem Nichts auftaucht", spricht Jaron mit sich selbst und reibt sich die Augen. Das muss einfach seine Fantasie sein, die ihm da einen üblen Streich spielt. Aber nein, das Schloss ist immer noch da und es ist ganz weiß. Es sieht aus wie mit Puderzucker überzogen. Schnee kann es eigentlich nicht sein. Dafür hat es noch nicht lang genug geschneit. Jaron spürt die Gänsehaut auf seinen Armen. Die feinen Härchen stehen leicht ab. Vor Kälte? Oder jagt ihm dieses mysteriöse Schloss einen Schauer ein? Angesichts der Kälte sieht Jaron nur diese eine Möglichkeit. Er muss zum Schloss. Er muss sich irgendwo aufwärmen. Mutig setzt er auf den engen, allmählich weiß werdenden Pfad einen Fuß vor dem nächsten.

SchneeflockenprinzenWhere stories live. Discover now